Meine alte Mutter

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 20.10.2006, 17:52

Meine alte Mutter

..und doch
sind da
die Hieroglyphen
im Geruch deiner
Fußnagel-Schere
nach den Warzen
die nur noch
schwach da
hängen an dir
jenseits des gEbens,
jenseits der inTENsion
und jenseits meiner schReie.

Im Anfang der Feuchtigkeit
kam der Raum zu mir
dringend
zeitlos wedelnd
zur Zeugung,
gebar mich
mein Tönen
nach Allem
Gebrechen

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 23.10.2006, 21:27

Lieber moshe
- ein "schönes" (weil tiefes) Thema, mit Bildern, die nach echter Erinnerung riechen - das mag ich sehr.

Die Stelle hier erinnert mich an die Konstruktion der Symbiose und lässt grammatisch wieder Fragezeichen entstehen:

und doch sind da die Hieroglyphen im Geruch deiner Fußnagel-Schere....IM Geruch deiner Fußnagelschere? Das hieße ja, die Fußnagelschere riecht immer noch? weil ja Hieroglyphen etwas zu entschlüsselndes aus vergangener zeit sind....


Die zweite Strophe driftet für mich dann ab...erstens vom Thema "meine alte Mutter" auf das lyr. Ich (warum muss es Fokus werden?)...zweitens vom Konkreten ins zu...Vorbewusste..Weltgeistliche...mich erinnert das Wendungen von Hegel, die mir auch immer ein bisschen "suspekt" sind...das passt für mich an der Stelle nicht, auch wenn die Mutter sicher auch immer über das Ich begriffen wird, das ist ja der Zauber dieser Bindung von Mutter und Kind - aber warum es mir suspekt ist, dass ich solche Art zu denken von mir selber kenne und bei mir ist es so, dass es dann manchmal unsauber wird...man lässt zu früh die Anspannung fallen...und verfällt ins Allgemeine...indifferentes Assoziieren...letzlich aber natürlich eine geschmacksache, ganz klar!

Was mich als zweites stört sind die Buchstabenspiele, nicht weil es Formspiele sind, sondern wiel sie mir an der Stelle etwas unvermutet scheinen - zum einen extrem an der einen Stelle gebündelt, da erschlagen sie einen förmlich, zum anderen sehr ...schwierig:

gebens - ebens (wobei es eben heißt) kann ich noch entziffern
ntension - ten ---englisch zehn?
schreie - reie...Reihe??

hmmmmm....erinnert mich auch zu stark an noel...

Bleibt für mich: berührender Ansatz, nach Wirklichkeit schmeckende Erinnerung ein zwieter Teil in mosheart, der mir nicht so nahe liegt, aber eben moshe ist...und ein bisschen formale Fragezeichen...ein interessantes Gemisch würde ich sagen :-)

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 24.10.2006, 19:58

Liebe Lisa!

....und doch sind da die Hieroglyphen im Geruch deiner Fußnagel-Schere....IM Geruch deiner Fußnagelschere? Das hieße ja, die Fußnagelschere riecht immer noch? weil ja Hieroglyphen etwas zu entschlüsselndes aus vergangener zeit sind....

Ja, das siehst du ganz richtig, im Geruch IHRER Fußnagelschere, denn es ist ja eine Ansprache im Sinne von ansprechen.


Die zweite Strophe driftet für mich dann ab...erstens vom Thema "meine alte Mutter" auf das lyr. Ich (warum muss es Fokus werden?)...zweitens vom Konkreten ins zu...Vorbewusste..Weltgeistliche...mich erinnert das Wendungen von Hegel, die mir auch immer ein bisschen "suspekt" sind...das passt für mich an der Stelle nicht, auch wenn die Mutter sicher auch immer über das Ich begriffen wird, das ist ja der Zauber dieser Bindung von Mutter und Kind - aber warum es mir suspekt ist, dass ich solche Art zu denken von mir selber kenne und bei mir ist es so, dass es dann manchmal unsauber wird...man lässt zu früh die Anspannung fallen...und verfällt ins Allgemeine...indifferentes Assoziieren...letzlich aber natürlich eine geschmacksache, ganz klar!

Hier geht es ein wenig durcheinander, weil du erst die zweite Strophe erwähnst und dann die 'Buchstabenspiele' in der ersten.

Die 'Buchstabenspiele' öffnen zur zweiten Strophe durch 'Ergebens', 'Eben' 'ebenen', vor allem durch ein Jenseits der glatten, ebenen Oberfläche, die immer so gern dargestellt wird, vor allem zwischen Eltern und Kindern.
Sodann ist dann nicht das englische 'Ten' gemeint, sondern die Wortwurzel 'ten' mit allen ihren Spielarten wie intensiv, Intention, Intendanz, usw., also zu Subjektivem, was mal gemeint war, natürlich hier auch jenseits.......
Sodann zur Reihe der Schreie des Lyr-Ichs, das dagegen in seiner Welt protestiert hatte.

Und dann führt es in der zweiten Strophe zu einer nahen Einsicht des Lyr-Ichs zu seinem Werden von der Zeugung an.

Was mich als zweites stört sind die Buchstabenspiele, nicht weil es Formspiele sind, sondern wiel sie mir an der Stelle etwas unvermutet scheinen - zum einen extrem an der einen Stelle gebündelt, da erschlagen sie einen förmlich, zum anderen sehr ...schwierig:

gebens - ebens (wobei es eben heißt) kann ich noch entziffern
ntension - ten ---englisch zehn?
schreie - reie...Reihe??

hmmmmm....erinnert mich auch zu stark an nound doch sind da die Hieroglyphen im Geruch deiner Fußnagel-Schere....IM Geruch deiner Fußnagelschere? Das hieße ja, die Fußnagelschere riecht immer noch? weil ja Hieroglyphen etwas zu entschlüsselndes aus vergangener zeit sind....


Die zweite Strophe driftet für mich dann ab...erstens vom Thema "meine alte Mutter" auf das lyr. Ich (warum muss es Fokus werden?)...zweitens vom Konkreten ins zu...Vorbewusste..Weltgeistliche...mich erinnert das Wendungen von Hegel, die mir auch immer ein bisschen "suspekt" sind...das passt für mich an der Stelle nicht, auch wenn die Mutter sicher auch immer über das Ich begriffen wird, das ist ja der Zauber dieser Bindung von Mutter und Kind - aber warum es mir suspekt ist, dass ich solche Art zu denken von mir selber kenne und bei mir ist es so, dass es dann manchmal unsauber wird...man lässt zu früh die Anspannung fallen...und verfällt ins Allgemeine...indifferentes Assoziieren...letzlich aber natürlich eine geschmacksache, ganz klar!

Was mich als zweites stört sind die Buchstabenspiele, nicht weil es Formspiele sind, sondern wiel sie mir an der Stelle etwas unvermutet scheinen - zum einen extrem an der einen Stelle gebündelt, da erschlagen sie einen förmlich, zum anderen sehr ...schwierig:

gebens - ebens (wobei es eben heißt) kann ich noch entziffern
ntension - ten ---englisch zehn?
schreie - reie...Reihe??

hmmmmm....erinnert mich auch zu stark an noel...

Bleibt für mich: berührender Ansatz, nach Wirklichkeit schmeckende Erinnerung ein zwieter Teil in mosheart, der mir nicht so nahe liegt, aber eben moshe ist...und ein bisschen formale Fragezeichen...ein interessantes Gemisch würde ich sagen biggrin
el...

Bleibt für mich: berührender Ansatz, nach Wirklichkeit schmeckende Erinnerung ein zwieter Teil in mosheart, der mir nicht so nahe liegt, aber eben moshe ist...und ein bisschen formale Fragezeichen...ein interessantes Gemisch würde ich sagen biggrin

Natürlich ist das eine Inspiration aus Noel's Gedicht, wie ich ja ganz deutlich zur Kenntnis brachte.

So long

Moshe


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