Allein sein II

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Last

Beitragvon Last » 01.10.2006, 11:50

Vater, Vater
was macht der Mann?
Er sitzt am Weiher.

Vater, oh Vater
was macht der Mann?
Er füttert die Enten.

Sohn, mein Sohn
was mache ich?
Du behütest mich.

Warum gruselt es mir?
Du hast auch gestern hier gesessen.

Max

Beitragvon Max » 01.10.2006, 12:56

Hi Last,

bei diesem Gedicht habe ich erstmal Schwierigkeiten es thematisch einzuordnen. Meine sponatne Assoziation war der Mann, der kleine Kinder mit Schokolade lockt, aber ich finde eigentlich nichts im Gedicht, um dieser Idee Nahrung zu geben. Vielleicht können mir ja andere einen Hinweis geben.

Übrigens ist mir nicht ganz klar, ob gruseln mit Dativ oder Akksuativ geht.

Liebe Grüße
max

Last

Beitragvon Last » 01.10.2006, 13:24

Hallo Max,

ich hatte hier selbst Bedenken, ob das Gedicht beim Leser ankommen kann. Wir werden sehen, ob sich da jemand findet :confused:

LG
Last

Cara

Beitragvon Cara » 01.10.2006, 13:35

Hi Last,


es gruselt mich
und
es gruselt mir
geht komischerweise beides....*g*(grusel)

Hinter den Sinn deines Textes komme ich auch nicht, da geht es mir wie Max.

Mal sehen, was andere darin erkennen....


LG
Cara

Gast

Beitragvon Gast » 01.10.2006, 13:51

Lieber Last,
du hast den Erlkönig neu gefasst, so lese ich dein Gedicht...
Die Stimmung trifft mich total und ich ich fühle regelrecht das Gruseln...

Gefällt mir sehr.
Liebe Grüße Gerda

Max

Beitragvon Max » 01.10.2006, 14:01

Hallo Last,

siehst Du, da haben sich zwei gefunden, die es besser verstehen (wobei mir die Assoziation zum´Erlkönig auch kam - und Dein Gedicht hat den Vorteil, dass es deutlich kürzer ist ;-) )

Liebe Grüße
max

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 01.10.2006, 19:28

Hi Last

Die Assoziation zum Erlkönig hatte ich zwar auch, kriege aber keine logische Verbindung zum Titel, geschweige denn zu Teil eins.

Mit fragenden Grüßen

Jürgen

Last

Beitragvon Last » 02.10.2006, 15:50

Hey,

an den Erlkönig hatte ich persönlich nicht gedacht, muss aber zugeben, dass die Stimmung eine sehr ähnliche ist, ich hatte persönlich ein sehr nebliges Bild im Kopf. Naja, für mich entspricht das Gedicht einer sehr bedrückenden Vorstellung, die Erkenntnis des lyr. Ich empfinde ich als überaus gruselig, aber gleichzeitig auch ernüchternd.

LG
Last

P.S.: Die meisten meiner zur Zeit geschriebenen Texte haben die gleiche Inspirationsquelle, nächste Woche kann ich hierzu einen Textausschnitt posten (je nachdem wie das mit den Urheberrechten ist), der euch evtl. weiterhilft.

Last

Beitragvon Last » 22.10.2006, 16:33

Aus Sartres Roman "Der Ekel":
"Als ich acht Jahre alt war und im Jardin du Luxembourg spielte, war da so einer, der sich immer in ein Wärterhäuschen vor dem Gitter setzte, das an der Rue du Auguste-Conte entlangführt. Er redete nicht, aber von Zeit zu Zeit streckte er das Bein aus und sah erschreckt auf seinen Fuß. An diesem Fuß trug er einen Schnürstiefel, aber der andere Fuß steckte in einem Pantoffel. Der Parkwächter hat meinem Onkel gesagt, das sei ein ehemaliger Konrektor. Man hatte ihn in den Ruhestand versetzt, weil er zum Verlesen der Schulzeugnisse im Talar in die Klassen gekommen war. Wir hatten gräßliche Angst vor ihm, weil wir spürten, dass er allein war. Eines Tages hat er Robert zugelächelt und hat vom weitem die Arme nach ihm ausgestreckt: Robert wäre fast in Ohnmacht gefallen. Nicht das armselige Aussehen dieses Typs machte uns angst, auch nicht die Geschwulst, die er am Hals hatte und die an seinem Kragen scheuerte: sondern wir spürten, dass er in seinem Kopf Krabben- oder Langustengedanken bildete. Und es erfüllte uns mit Grausen, dass man über das Wärterhäusschen, über unsere Reifen, über die Büsche Langustengedanken bilden konnte.
Ist es etwa das, was mich erwartet? Zum ersten mal langweilt es mich, allein zu sein. Ich würde gern mit jemandem über das, was mit mir geschieht, sprechen, bevor es zu spät ist, bevor ich den kleinen Jungen Angst einjage. Ich wollte, Anny wäre da."


Ich hatte ja angekündigt meine Inspiration als Erklärung zu posten, hoffe das ist von den Urheberrechten her in Ordnung?

LG
Last

Mucki
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Beitragvon Mucki » 22.10.2006, 17:21

Hallo Last,

also, jetzt wundert es mich nicht mehr, dass du so gruselige Texte schreibst ;-)
Dieser Ausschnitt von Sartre allein jagt mir eine Gänsehaut den Rücken runter :angst_2:

gegruselte Gabriella

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 23.10.2006, 12:11

Lieber Last,

also geht es doch warum, was ich ganz zu Anfang dachte: Junge und Mann zusammen und der Blick darauf, dass der Mann auch mal ein Junge war und es immer so fort geht...? Aber ganz greifen konnte ich es bisher auch nicht...

Du magst es jam zu verschlüsseln, ich frage mich, ob es nicht am Ende ein Schloss zuviel ist, indem du die letzten beiden Zeilen reduziert hast auf:

Warum gruselt es mir?
Du hast auch gestern hier gesessen.


Ich würde hier dem Leser eine Hilfestellung geben und kenntlich machen, wer die Zeilen spricht, so wie in den Zeilen darüber auch...es ist klar, du willst das eigentlich in der tendenz offen lassen...ich glaube, aber du verlangst dem Leser hier zuviel ab... ich würde mich für eine dominante Wendung entscheiden und sagen, wem es gruselt

...kommt halt drauf an wie lesbar du bleiben möchtest...

Sartres Beschreibung und Empfindung hast du gut eingefangen, finde ich, und die Assoziation Erlenkönig ist dem ganz sicher nicht abträglich.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.


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