wenn ich mich

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klimperer

Beitragvon Klimperer » 01.08.2016, 10:45

mit katzen und hunden
vergleiche
würde ich sagen
ich bin ein hund
niemals eine katze
ein kleines raubtier
stolz
unbeugsam
im wagen der zivilisation
transportiert
halte ich ganz brav still
während die katze
ungestüm
dem fahrer in den nacken springt

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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 01.08.2016, 11:40

Hallo Klimperer,

Der Eigensinn der Katze, als Extrempositionierung eines Individualisten, kann eine Gemeinschaft (Zivilisation) sprengen, wenn siech zu viele oder gar alle so verhalten. Soweit kann ich deinen Gedanken nachvollziehen.

Aber ist ein Hund unbeugsam?

Auch ohne den Menschen würde er in streng hierarchischen Gruppen leben.
Er ist bestimmt kein leuchtendes Beispiel eines unbeugsamen Geistes.
Hier hinkt das Gedicht ganz erheblich.

Und die Katze würde dem Fahrer sicher auch nicht in den Nacken springen, wenn sie die Folgen überblickt. Hier kommen Metaphern und Analogien an ihre Grenze.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 01.08.2016, 12:50

Ich habe "ein kleines raubtier/stolz/unbeugsam" zunächst auf die Katze bezogen, weil Hunde ja sehr verschiedene Größen haben; einen Dobermann würde man kaum klein nennen.

Zaunkönig hat Recht, so richtig stimmt es nicht. Der Gedanke, der dahintersteht, gefällt mir aber sehr. Vielleicht habe ich später einen Vorschlag dazu - muss gerade arbeiten :o(

Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 01.08.2016, 13:03

Genau so ist es gemeint, liebe Zefira.

Eben hatte ich eine längere Erklärung für ZaunköniG geschrieben, der Versuch aber, sie einzustellen, ist fehlgeschlagen, weil du im selben Moment deinen Kommentar gepostet hast.

Faul wie ich bin, und in Anbetracht deiner richtigen Interpretation, vergesse ich meine Antwort.

ZaunköniG: Vielen Dank auch dir, für deine Rückmeldung.

Carlos

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 01.08.2016, 13:19

Ein Korolarium:

Die Reaktion der Katze im Wagen entspringt nicht meiner Phantasie, es war ein reales Erlebnis, was ich selbst erlebt habe.

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Beitragvon ZaunköniG » 01.08.2016, 13:56

Klimperer hat geschrieben:Ein Korolarium:

Die Reaktion der Katze im Wagen entspringt nicht meiner Phantasie, es war ein reales Erlebnis, was ich selbst erlebt habe.


Hattest du das Gefühl, dass die Katze überschaut, welche Gefahr sie heraufbeschwört?
Wenn du dein eigenes Auto zum Wagen der Zivilisation hochstilisierst ändert sich der Kontext und die Sichtweise.
Ein Hund hätte sich in der Situation nicht "schlauer" verhalten, sondern nur fügsamer.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 01.08.2016, 14:13

Lieber Zaunkönig,

Nach der Erfahrung haben wir einen Katzenkorb gekauft.

Natürlich benutzte ich das symbolisch. Ich denke an Menschen, die die Welt, die sie aufnimmt, in die Luft sprengen wollen.

Zur Entstehung und Erhaltung der Zivilisation gehört einen gewissen Grad Anpassung, von mir aus Fügsamkeit. Deswegen vergleiche ich mich mit einem Hund.

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Beitragvon ZaunköniG » 01.08.2016, 14:33

Klimperer hat geschrieben:
Zur Entstehung und Erhaltung der Zivilisation gehört einen gewissen Grad Anpassung, von mir aus Fügsamkeit. Deswegen vergleiche ich mich mit einem Hund.


Natürlich muss man Kompromisse machen, nenne es Anpassung, wenn man in größeren Gruppen zusammenleben will. Aber ein einzelner hätte nie die Macht, die Welt in die Luft zu jagen, wenn nicht genügend andere fügsam sind.
Ich denke nicht, dass man pauschal beantworten kann, welches Verhalten besser ist. Es kommt darauf an, die Situation richtig einzuschätzen.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

pjesma

Beitragvon pjesma » 01.08.2016, 19:27

das ganz devote touch gefällt mir nicht, carlos. gottseidank hab ich katzeneule und keine mäuße.

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Beitragvon Pjotr » 01.08.2016, 21:18

Immer diese fabelhaften Tiersymbole für menschliche Eigenschaften. Die unermessliche Vielfalt der Realität eingepfercht in ein paar stumpfe Kategorien, damit die Welt überschaubar bleibt. Mich langweilt das unendlich. Kein Hass, Klimperer, nur Langeweile. Die Welt ist bunt: Ich sehe auch dumme Füchse, nicht nur schlaue; und ich sehe schlaue Esel, ebenso protestierende Hunde, nicht nur fügsame, und anschmiegsame Katzen, geschickte Elefanten ... -- Fabeln taugen nichts.

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Beitragvon Zefira » 01.08.2016, 22:01

Ich hatte mal eine Art Schlüsselerlebnis mit Stallkaninchen. Es waren nicht meine, sondern die der Nachbarn, die ich während deren Abwesenheit versorgen sollte. Einfach einmal am Tag Mist rauskratzen und Futter und Wasser nachfüllen. Ich habe das drei Tage lang gemacht und sie davor und danach ein paar Minuten beobachtet und mit ihnen geredet. Am vierten Tag kam mir plötzlich die Erkenntnis: Das sind wilde Tiere.

Ich hatte davor schon Katzen und Sittiche, aber diese Erkenntnis bei den Kaninchen war für mich etwas Neues.
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
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Beitragvon Pjotr » 01.08.2016, 23:38

Das Gedicht hat Recht darin, dass Katzen, außer Löwen, keine Rudeltiere sind, sofern das Gedicht das meint. Aber das Gedicht zielt auf die Katze im Genick, und stellt das als Katzenangriff dar, als Undisziplin im Rahmen einer Norm anderer Lebewesen, solcher, die sich als höherwertig verstehen, höher, auf einem höheren Ast eines Baumes, der selber gar nicht weiß, was Höherwertigkeit ist. Dabei wollte die Katze doch nichts böses. Sie hat sich nach Streicheleinheiten gesehnt, innerhalb ihrer Gefangenschaft.

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Beitragvon Zefira » 02.08.2016, 00:17

Sie hat sich nach Streicheleinheiten gesehnt


Das ist Spekulation. Ich habe keine eigene Katze, das wäre auch überflüssig, da es in der unmittelbaren Nachbarschaft Stücker sieben schon gibt. Die von nebenan ist ständig in unserem Garten. Sie rennt in scheinbar völlig unmotiviertem Zickzackkurs umher und springt wie ein Gummiball gegen die Bäume. Vorgestern abend wollte ich in Ruhe "Parsifal" gucken und hatte es mir gerade auf dem Sofa bequem gemacht, da schoss sie durch die Terrassentür (die noch einen Spalt offenstand) herein und sprang zu mir aufs Sofa, um sich an mir zu reiben. Ich hatte ein Strickzeug mit 900 Maschen auf der Rundnadel in der Hand und auf der Stelle waren 100 von den 900 abgerutscht. Ich habe bis zur letzten Enthüllung des Grals gebraucht, alle wieder korrekt auf die Nadel zu bekommen. Und das ist wohlgemerkt eine Katze, die sich von mir nicht anfassen lässt. Jede körperliche Berühung muss von ihr ausgehen. Wenn ich sie anfasse, kratzt sie.
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