da war alles

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klara
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Beitragvon Klara » 06.07.2015, 15:11

Zweite Überarbeitung

Da war alles

Es gab eine Zeit in my life
da war alles Leben
feucht durch den Filter zu pressen
in Wortschnellen

Jetzt ist ein langsames
Sinken der Buchstaben
rückwärts

Satz für Satz bleiben sie
im Regen liegen


Erste Überarbeitung

Es gab eine Zeit in my life
da war alles Leben
erregende feuchte Masse
durch den Filter zu pressen
Wortschnellen

Es ist eine Zeit in my life
da sinken die Buchstaben
rückwärts

Ich lasse gefallene Steine
im Regen stehen

---

Vorher (noch ungeordneter)

Es gab eine Zeit in my life
da war alles Leben Stoff
ein Abenteuerland
bis auf den letzten Tropfen
durch den Filter der Worte
zu drücken
und glauben
es werde schon genug Leben dabei rauskommen

Es ist eine Zeit in my life
da wird alles Fragen
wie rückwärts verrück nach dem Los
alles Fallen ein Hinstellen
Alles Aufgehen ein Fallen

So lass ich die Zweifel
im Regen stehen
Zuletzt geändert von Klara am 04.08.2015, 10:53, insgesamt 2-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 12.07.2015, 13:18

Hallo Klara,

mir hüpfen hier die Bilder vor allem in der ersten Strophe zu wild durcheinander, weshalb ich sie dann nicht ernst nehmen kann und für mich das Gedicht in sich zusammenfällt. Ein Abenteuerland, aber aus Stoff, der aber flüssig ist und durch ein Filter gedrückt werden kann und in der zweiten Strophe springt es dann noch zum Monopoly und es gelingt dem Gedicht nicht, mich von einem zum anderen zu führen, oder mir dadurch etwas Neues, eine andere "Welt" sichtbar werden zu lassen, oder mich inhaltlich zu überzeugen.
bis auf den letzten Tropfen
durch den Filter der Worte
zu drücken
und glauben
es werde schon genug Leben dabei rauskommen

Dieser Abschnitt ist für mich der Kern. Von ihm ausgehend würde ich mir die restlichen Zeilen und Bilder noch einmal anschauen.
Der Regen am Ende nimmt die Tropfen schön auf.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Klara
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Beitragvon Klara » 12.07.2015, 13:31

Liebe Flora,
danke für deinen Kommentar!
Ich kann ihn gut nachvollziehen.
Mal schauen, wie ic da ins Textwerkeln komme...

De Monopoly-Bedeutung beim Los wäre allerdings eher eine Ko-Notation, mag auch das "rückwärts" in die Irre führen. Wichtiger für mich beim Notieren dieses Wortes war/ist das Anklingen an etwas wie Schicksal bzw. ein Los ziehen. Die Würfel sind gefallen, die Lose gezogen, und damit fällt und steht scheinbar alles, ehe es eventuell in Flammen aufgeht. Fallen, Hinstellen, Aufgehen, oder als Sonne? Das ist vermutlich eher der "Kern" als das Leben, das es herauszupressen gilt bzw. GALT, denn das ist ja vorbei. Die Frage ist: Was ist HEUTE? Mit dem Schreiben, den Worten, den Leben? Das ist, wenn überhaupt, vermute ich (denn was weiß ich denn schon von meinem eigenen Gedicht-in-work-progress, ich kannmag nicht eigene Worte interpretieren, da käme ich vom Hölzchen aufs Stöckchen oder gar in Teufels Küche? -wobei interessant wäre, DANACH zu fragen: Wie sieht es in der Küche des Teufels eigentlich aus? Pardon für diese lange, assoziative Klammer, die, fürchte ich, dir auch arg wild durcheinander hüpfen lässt, was sicherlich klarer zu sagen wäre, doch mag es mir zumindest im Kommentar durchgehen ;)) das heutige Fallen, HInstellen, Stehenbleibenwollen, Nichtkönnen, In Bewegung sein, auf und ab - ohne Schreiben. Zweifelnd, natürlich, wie anders, aber ohne Schreiben, ohne FESTHALTEN am Schreiben. Weil ich es nicht mehr kann: mich daran festhalten. Vielleicht auch nicht mehr mag oder sollte.

Zuerst ist ein Abenteuerland, und da hast du recht, dass das Bild missglückt ist, wegen der folgenden Tropfen. Da muss ich nachdenken. Dann ist kein Abenteuerland, sondern ein kartografiertes Gebiet, wegen des Monopoly, verzeichnete Straßen, Gealtertsein, unliebsames Wissen wissen müssend, Erfahrungen nicht nicht wissen könnend etc.
Wie ich die beiden zusammenbringe im Bild, ohne das Getrenntsein, das voneinander-Abgeschnitten-Sein zu verlieren, muss ich schauen. Es gilt wohl, genauer zu sein...

Herzlich
Klara

Klara
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Beitragvon Klara » 15.07.2015, 10:46

... hab noch mal dran gearbeitet, bin noch nicht zufrieden, würde mich über Leseeindrücke freuen ...

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birke
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Beitragvon birke » 15.07.2015, 15:11

hallo klara,

ich mag den text!
sehr bildlich, das leben bzw dessen verarbeitung früher, das jetzt und die schlusszeilen, die quintessenz.
doch würde ich nun eine mischung aus beiden versionen machen, und zwar fand ich die erste strophe der ersten fassung viel schlüssiger, stimmiger.
einzig das abenteuerland passt für mich nicht so richtig ins bild, vielleicht eher üppiges/ überquellendes/ überbordendes land??
die zweite strophe der zweiten fassung finde ich dann sehr stimmig hierzu passend, unbedingt ohne dieses monopoly.
zum schluss würde ich ruhig die zweifel noch drinlassen, vielleicht folgendermaßen:


Ich lasse die Zweifel
gefallene Steine
im Regen stehen


was mir übrigens nicht ganz klar ist, warum du das englische "my life" benutzt?
ist das eine anspielung, wenn ja, auf was?


soweit erstmal mein senf hierzu ... hoffe, du steigst durch :)

lg,
birke
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Klara
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Beitragvon Klara » 15.07.2015, 15:25

Liebe Birke,

danke für deinen Kommentar!

Ja, es ist noch lange nicht fertig...

Ich bedenke deine Vorschläge und Lesesichten und werde weiter werkeln.

Danke erstmal:)

klara

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 15.07.2015, 16:23

Hallo,

wann immer dieser Faden unter "Neueste Beiträge" wiedererscheint, lese ich ...

"... in my life"

... weil es so heraussticht, und frage mich jedes Mal, was für ein Gefühl diese wohl bewusst englisch verfasste Phrase auslösen kann oder soll. Mir kommen da Gedanken wie ...

- Es klingt runder als die vielsilbige deutsche Variante.
- Es überdeckt ein bisschen das in der Lyrik oft benutzte Wort "Leben".
- Es soll das Bild einer Weltbürgerin oder eines Weltbürgers zeichnen.
- Es soll ein Zitat aus der Musikwelt sein (die Phrase kommt in Lyrics häufig vor).
- Das Leben des Ichs findet auch im englischen Sprachraum statt.
- ...

... aber ich bin von diesen meinen Gedanken noch nicht überzeugt, und frage mich weiter ...


Gruß,

P.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 23.07.2015, 19:12

Liebe Klara,

auf mich wirkt der Text so (nur Version zwei gelesen), als hättest du zu Empfindungen schon treffende Bilder gefunden, die dann auf dem Weg des Wortefindens verloren gegangen sind - wasja ein bisschen dazu passt, was der Text erzählen will. Oder andersherum: Wennich mir vorstelle, was die Worte für Bilder erzeugen sollen, dann komme ich bei Empfindungen an, aber beim Lesen passiert nicht so viel.

Das ist jetzt nur so getrennt, um zu veranschaulichen.

Wenn ich nach dieser Entdeckung den Text wieder lese, dann schüttert es durchaus. Es ist eine Art gegen die Fellrichtung schreiben, was ja zu dir passt, auch wenn ich den Text sonst nicht dir zugewiesen hätte.

Ich kenne das Gefühl, das du beschreibst, glaube ich auch, ähnlich möchte ich jedenfalls beanspruchen. Bei mir ist es nicht mehr da, irgendwann hat es sich diese Form der Trauer künstlich angefühlt. Ich bin jetzt zufrieden, dass ich keinen Drang mehr habe, "erregende feuchte Masse durch den Filter zu pressen". Vermutlich werde ich deshalb kaum noch etwas schreiben und habe es auch nicht, aber, bei dem, was ich schreibe, fühlt es sich viel leichter, schöner und ehrlicher an. Das liest sich jetzt so, als ob das besser wäre, das meine ich gar nicht, und weiß es auch nicht, denn ich nun jetzt mal so, aber das heißt ja nichts, das weiß ich -ich habe es nur beschrieben, weil mir es durch deinen Text erst bewusst geworden ist.

Liebe Grüße
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Peter

Beitragvon Peter » 24.07.2015, 14:34

Für mich passt "my life" als diese Art Entfremdungsausdruck: dynamisch aufgehobenes So tun als ob-Leben.

Mir gefällt auch das Wetter in dem Text, es ist so ursprünglich.

"Ich lasse gefallene Steine
im Regen stehen"

erschließt sich mir allerdings nicht.

Liebe Grüße

Klara
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Beitragvon Klara » 26.07.2015, 08:12

Hallo,

... seltsam, ich dachte, ich hätte vor Tagen eine Antwort an Pjotr gesendet, also hier, als Antwort auf seinen Kommentar. Wo ist der?? WAs hatte ich geschrieben???
Jedenfalls danke dafür. Ich bin mir selber nicht sicher, warum das Englische, und ob es sinnvoll ist, innertextlich.


... Lisa, du schreibst interessante Anregungen zum Denken, manches verstehe ich nicht (oder alles), z.B. "DAs ist jetzt nur so getrennt" ==?? oder "gegen die Fellrichtung zu schreiben".
Ich bin mir nicht sicher, ob du dasselbe (oder ein ähnliches) GEfühl wie ich meinst, das du herausliest, weil es mir - also mir jetzt, KOmmentarschreiberin - ich weiß ja nicht, welches Ich diese Zeilen da oben mit welcher Intention geschrieben hat - es ist kein Thesentext -, nicht um eine Trauer ging (weder im Ausdrückenwollen noch als Auslöserempfindung), sondern um den Versuch eines Schauens, eines Feststellens: Was ist, was war, was hat sich verändert? (Erstmal ohne Warum, was ich ziemlich schwierig finde wegzulassen)

Und: Die Bezeichnung "Drang" scheint es nicht zu treffen, in meinem (erinnernden Nach-)Fühlen vergangenen Schreiben(wollens/müssens).
Dein "leichter, schöner, ehrlicher" bei deinem heutigen (Was auch immer?)Schreiben verstehe ich für mich nicht, freut mich aber für dich :) Unwillkürlich frage ich mich, neugierig, was für Texte du damit meinen könntest - Kurzmitteilungen? Briefe? Nichtgezeigtes? Tagebuch?
Das wäre überhaupt noch spannend zu fragen, ob das Tagebuch mitgemeint ist beim obigen...

... Peter: Danke fürs Annehmen des englischen Fremdkörpers, der sich da eingeschlichen hat. Und das Bemerken des (scheinbar?) ursprünglichen "Wetters".
Die Steine im Regen sind ein vermutlich nicht funktionierendes Kompromissprodukt, elliptisch aus Gedankenverknotungen oder -enthedderungen ge-filtert... (vgl. erste Version). Ich bin noch nicht fertig damit. Muss einen besseren Filter finden. Oder eine feuchtere Masse Worte. Griffiger werden :)

herzlich
klara

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 26.07.2015, 20:17

Hallo Klara,

entschuldige, dass ich an dieser Stelle das erzählende Ich und dich gleichgesetzt habe, ich habe es so erlebt und nicht weiter drüber nachgedacht, das passiert mir nicht oft und ist wirklich doof.

Ansonsten hab ich nicht das Gefühl, dass dich zu den Stellen, die du nicht versteht oder meinst nicht verstanden zu haben, noch Erklärung lockt, also lass ich es bleiben.

Dein "leichter, schöner, ehrlicher" bei deinem heutigen (Was auch immer?)Schreiben verstehe ich für mich nicht, freut mich aber für dich :) Unwillkürlich frage ich mich, neugierig, was für Texte du damit meinen könntest - Kurzmitteilungen? Briefe? Nichtgezeigtes? Tagebuch?


Auch das scheint schief angekommen zu sein. Nun ja, vielleicht auch mein was auch immer.

sondern um den Versuch eines Schauens, eines Feststellens: Was ist, was war, was hat sich verändert? (Erstmal ohne Warum, was ich ziemlich schwierig finde wegzulassen)


Kam bei mir wiederum gar nicht so an und kann ich mit dieser Beschreibung auch nicht so lesen.

Bis ein andermal,
viele Grüße
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Klara
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Beitragvon Klara » 04.08.2015, 10:55

Hallo,
oben steht eine weitere Überarbeitung.
Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich "im Regen" streichen werde, lasse das aber mal so stehen.

Liebe Lisa, nach deiner Antwort bin ich auch nicht klüger, aber auch das lasse ich so stehen :)

herzlich
klara

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Eule
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Beitragvon Eule » 16.08.2015, 09:45

FANPOST. Lass es unbedingt stehen ! HG.
Ein Klang zum Sprachspiel.


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