Abendregen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
königindernacht

Beitragvon königindernacht » 11.08.2006, 22:13

Der Abendregen

hängt
Seidengardinen
bis auf die Erde
und legt sie
am Horizont
in Falten.

In ihren
Lichtfadensaum
webt sich Wangenröte.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 11.08.2006, 23:12

Hallo,

schön. der Regen, aber wer ist Sie wie 'ihren' ?

moshe.c

Gast

Beitragvon Gast » 11.08.2006, 23:44

Liebe königindernacht, dieses "Kurze" ist runder...
Regen mir Gardinen aus Seide zu vergleichen finde ich reizvoll, so weiß man als Leser gleichum welche Art von Regen es sich handelt...

moshes Frage verstehe ich nicht, das "ihren" bezieht sich doch auf Seidengardinen, deren Lichtfadensaum usw...
"Lichtfadensaum" übrigens schöne Wortzusammensetzung..
Ja, und die Wangenröte schlägt einen Bogen und lässt viel Platz fürs Gedankenspiel.

Schön!

Liebe Grüße
Gerda

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 11.08.2006, 23:57

Liebe Gerda, lieber moshe,

an einem Seeufer beobachtete ich eben dieses Bild des Abendregens irgendwo weit weg. Vom Himmel zur Erde sah es aus, als hätte sich ein zarter Seidenstoff in verschiedenen Grautönen in Falten gelegt. Dirket über dem anderen Ufer aber hellte sich der Himmel auf, färbte sich zartrosa, wie ein Saum.
Und so hat Gerda Recht, lieber Moshe.

Gute Nacht und vielen Dak, ihr Zwei, für eure schnelle Reaktion,

herzlichst, Kö

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 12.08.2006, 00:44

Sorry, ich lese ein Gedicht von oben nach unten, und das letzte Wort worauf sich das 'ihren' somit bezieht sind die Falten. Gibt es eine Erklärung, warum dies nicht so ist?
Die genannte Möglichkeit schloß ich nicht aus, sehe aber diese Zwangläufigkeit nicht.

moshe.c

Gast

Beitragvon Gast » 12.08.2006, 00:49

ich glaube, dass man es schlicht so lesen kann, wie königindernacht es offensichtlich gemeint hat: Die Gardinen haben Falten und einen Saum.

LGG

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 12.08.2006, 10:42

Hallo,
also für mich bezieht sich das ihren auch klar auf die Seidengardinen. Natürlich ist das Pronomen ihren freier bezüglich als "dieser" oder "jener", wo die Bezüglichkeit genau geregelt ist, aber wenn man schaut, dass es heißt ihren Lichtfadensaum, dann ist die Bezüglichkeit doch klar geklärt, denn wer hat einen Saum? Die Gardinen...

Außerdem: Wenn man sich das Bild vorstellt, dann weiß man ja, wo das Licht steht....

Ich finde das Gedicht schildert wunderschön...ich denke noch über die Wangenröte nach..steckt darin ein Bezug, der über die bloße Naturbeschreibung hinausgeht? Oder verbindet dieser Farbton nur die Stimmung des Menschen mit der des Himmels? Oder entsprach die farbe wirklich nur genau dem Wangenrot?

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 12.08.2006, 17:16

Lieber Moshe, auch die Falten haben einen Saum, so haben wir wohl alle Recht
Ja, in der "Wangenröte" steckt mehr- die Freude darüber, wenn das Graue weicht, wenn sich das Leben wieder öffnet- der Himmel erneut aufreißen wird.
Lisa, ich freue mich über deine Lesart und Frage,

herzlichst, Kö

Max

Beitragvon Max » 12.08.2006, 17:35

Liebe Kö.,

finde ich wieder ganz stark von Dir - diese kurzen Naturbeobachtungen scheinen eine wirkliche Stärke vvon Dir zu sein. Das Bild ist sehr stimmig und gut durchkomponiert, wobei ich mir das Ende von Strophe 1 auch als

und legt
den Horizont
in Falten.


vorstellen könnte. Na, Du wirst Deine Gründe gehabt haben, es so zu schreiben ...

Liebe Grüße
max

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 12.08.2006, 17:59

Lieber Max, das ist ein spannender Gedanke von dir, der den Text weiter, aber anders verdichten würde. Meinen Schwerpunkt legte ich auf das Regenbild als Seidengardinen, die, wie weiter oben beschrieben, so aussahen. Dennoch habe ich mir deine Anrgung notiert und hebe sie mir auf. Wer weiß... *lächel*

herzlichst, Kö

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 12.08.2006, 18:01

Liebe KÖ,
danke für deine fachliche Unterstützung, Ich habe auch mal genäht und gestrickt :smile:
Nun ist also beides möglich, und das nimmt mich zusätzlich noch für dein Gedicht ein.

moshe.c

Max

Beitragvon Max » 12.08.2006, 21:38

Liebe Kö.,

na, vielleicht findet sich ja die Zeile irgendwann mal in einer fernen Zukunft in einem deiner Gedichte hier wieder, das würde mich freuen.

Liebe Grüße
max

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 12.08.2006, 23:28

Jetzt macht mich der moshe aber neugierig auf seine Strickkünste- die lyrischen gefallen mir wohl, wie wird es dann mit den anderen sein? Hoffentlich nicht mit der heißen Nadel gestrickt...*lachfröhlich*

Ja, Max, ich erahne es. *s*

herzlichst, Kö


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