Schnee

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Xanthippe
Beiträge: 1312
Registriert: 27.06.2008
Geschlecht:

Beitragvon Xanthippe » 18.01.2015, 10:53

Heute telefonierte ich
Mit meiner Freundin
Die Brunnen sind tief
Sagte sie
Und die Spindel
Immer noch blutig
Ich kann das Blut nicht stillen
Das sagte sie auch
Sie klang verzweifelt
Du wirst doch nicht springen
Rief ich
Und irgendetwas antwortete
Verteil mich unter den Hungrigen
Und dann mach dass du zum Apfelbaum kommst
Da saß ich nun so weit vom Paradies entfernt
Und dachte an Äpfel
Aus dem Telefon kam jetzt ein Freiton
Ich legte es zur Seite
Und schüttelte die Betten auf

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5457
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 18.01.2015, 15:17

eine adaption des frau holle-themas, gefällt mir gut in seiner desolaten, irgendwie aussichtslosen stimmung, die für mich zum schluss mit dem „betten aufschütteln“ eine wende erfährt.
(hier frage ich mich, ob das grammatisch, zeitlich, möglich bzw richtig ist: „kam jetzt“?)
liebe grüße
birke
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

DonKju

Beitragvon DonKju » 18.01.2015, 16:47

Hallo Xanthippe,

insgesamt sehr schon atmosphärisch dicht geschrieben; mir persönlich gefällt das einbringen des biblischen motivs zum ende hin nicht so sehr und der schluss wirkt lakonisch, freiton = ende und wir gehen mal locker die betten aufschütteln, schnee drüber und gut ist - das ist schon ziemlich heftig ...

lg donkju

Xanthippe
Beiträge: 1312
Registriert: 27.06.2008
Geschlecht:

Beitragvon Xanthippe » 19.01.2015, 07:29

birke: danke für den kommentar. und was das grammatikalische angeht: ich lass das mal unter dichterische freiheit laufen ;-)
donkju: auch an dich mein dank. gerade auch für die formulierung dessen, was dir nicht so behagt.
xanthi

Quoth
Beiträge: 1853
Registriert: 15.04.2010
Geschlecht:

Beitragvon Quoth » 23.01.2015, 08:57

Die Schlusswendung gefällt mir besonders gut, Xanthippe: Wie man von allem Beängstigenden dann ins Alltägliche nicht nur zurückkehrt - es tröstet auch!
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 19 Gäste