Ninon im Rosenhag

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 19.10.2012, 23:34

zweite Fassung:

Ninon im Rosenhag


Die Grande Dame der Liebe,
Der ein Knabe, der spätere Voltaire
die erste Liebe schenkte.
fand Zuflucht im Rosenhag.

Dort saß sie still,
verwittert, zitternd vom Alter
nicht von Schwäche.

Im Rosenhag saß verwittert Ninon
und ihrer Hand entgegen
streifte sie das Kätzchen
im Mai geboren,

Ein halbes Jahr. Schon so alt.
Im Mai geboren. das Kätzchen
geschmeidig eilte es davon
zur Küche. Dort wartete ein Leckerbissen.

Und im Rosenhag saß sie, die Vielfach-Favoritin der Könige, allein
und lächelte der Freundin entgegen, die da kam.


"Die Freundschaft grüß ich", sagte
sie und barg tief im Herzen den Nachsatz,
der in ihr ungesagt verhallte:
"solange sie besteht".

Und dachte noch: So viele Freunde...
lächelte munter fort,
Täten viele nicht besser daran
zu gehen, wenn sie nur noch trügen können,
und nicht zu warten
auf das große kalte Schweigen
das niemanden täuscht?
Auch nicht
Frau Schwester, die Einsamkeit?

Die Freundin schwieg erbost,
als von Ninon sie hörte, was der Knabe,
der jetzt schon über ihren Geist hinausgewachsene
Philosoph, in seinen Briefen schrieb.

Kein vorwurfsvolles Wort verließ die Lippen
der jungen Frau.
Doch Ninon kannte jenen Blick,
den raschen, der zum Urteil kaum die Augen
schließt.
















Ursprüngliche Fassung:
Ninon im Rosenhag

Zuflucht fand Ninon im Rosenhag
dort saß sie still,
verwittert, zitternd vom Alter
nicht von Schwäche.

Im Rosenhag saß verwittert Ninon
und ihrer Hand entgegen
streifte sie das Kätzchen
im Mai geboren,
schon so alt.

Im Mai geboren. das Kätzchen
geschmeidig eilte es davon
zur Küche. Dort wartete ein Leckerbissen.

Und im Rosenhag saß sie allein
und lächelte der Freundin entgegen, die dort kam.


Die Freundschaft grüß ich, sagte
sie und grub tief ins Herz den Nachsatz,
solange sie besteht.

Soviele Freunde dachte sie noch und
lächelte munter fort,
so viele täten besser daran
zu gehen, wenn sie nur noch trügen können,
und nicht zu warten
auf das große kalte Schweigen
das niemanden täuscht.
Auch nicht
Frau Schwester, die Einsamkeit.
Zuletzt geändert von Renée Lomris am 30.10.2012, 13:28, insgesamt 1-mal geändert.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 29.10.2012, 10:40

Hallo Renee,

ein Text mit einem sehr gelungenen und einprägsamen Titel. Allerdings fühle ich mich immer etwas unwohl bei Namensnennungen, weil ich nie weiß, ob dieser Name für jemanden Bestimmtes steht, den ich nicht kenne, und also etwas wichtiges verpasse.

Wie sieht es denn hier damit aus?

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 29.10.2012, 11:47

Ich vermute, Renée hat dabei an Ninon de l'Enclos gedacht, die (laut Wiki) eine wichtige Gesellschaftsdame des 17. Jahrhunderts war und wegen ihrer Schönheit und Intelligenz viele Liebhaber hatte, sich aber nie auf eine engere Bindung einließ. Darauf könnte die letzte Strophe anspielen.
Das Gedicht erschafft ein sehr lebendiges und liebenswertes Bild der Frau. Nicht ganz klar bin ich mir über die Rolle des Kätzchens. Gibt es hier eine Anspielung auf Dein anderes "Kätzchengedicht", Renée? Oder handelt es sich vielleicht um ein Symbol für Unverbindlichkeit, so etwas wie gedankenloser Eigen-Sinn (für den Katzen ja bekannt sind)?

Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 29.10.2012, 17:37

oh, Kommentare, das ist sehr nett ..
@Ferdi: der Titel? das wundert mich ein wenig. ich finde den Titel recht banal. Würde es dir etwas ausmachen etwas ausführlicher zu sein?
@Zefira: du hast natürlich Recht. Das Kätzchen ist wie Kätzchen sind. Es schnurrt und läuft davon ... es folgt der Stimme des Magens ...

Danke für die Meldungen

lG
Renée

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 29.10.2012, 23:00

Hallo Renee,

würde es dir denn etwas ausmachen, auf die dir gestellte Frage einzugehen? "Ich hab zuerst gefragt!", wie das früher immer so schön hieß ...

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 29.10.2012, 23:50

Nun, Ferdi, ich habe auf deine Frage geantwortet. Indirekt, indem ich bestätigte, was Zefira herausgefunden hat. Es ging mir um zwei Dinge: um eine Überhöhung der Gestalt der Ninon ( Rosenhag, Kätzchen, ) und um die Charakterisierung der Freundschaft . Ja, Ninon wurde als bekannte Figur verwendet. Dabei ist es nicht NOtwendig Ninon zu kennen.
LG r.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 30.10.2012, 00:23

.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 30.10.2012, 02:40

hallo Ferdi,
ich bin nicht sicher, dass wir die selbe Sprache sprechen. Da ich gerade völlig schlaflos durchs Haus irre und keine einzige Schlaftablette mehr zu mr nehmen möchte, ist der frühe Morgen wohl die richtige Zeit, um mir ausführlichst Gedanken zu deinem aus einem winzigen, kaum wahrnehmbaren Punkt bestehenden Kommentar zu machen.
Entweder ist der klickende Finger auf der Taste abgerutscht und hat einen (etwas) längeren Text gelöscht, oder aber ... du wolltest mir damit anderes bedeuten.

Dass ich nicht ordentlich geantwortet habe zB, oder ähnliches ...

Vielleicht habe ich deine Frage nicht verstanden?

<<<<<<zurück zum <Anfang also.

Das ist dein Kommentar 1:
Hallo Renee,

ein Text mit einem sehr gelungenen und einprägsamen Titel.

Das war eine Feststellung, keine Frage ...

Allerdings fühle ich mich immer etwas unwohl bei Namensnennungen, weil ich nie weiß, ob dieser Name für jemanden Bestimmtes steht, den ich nicht kenne, und also etwas wichtiges verpasse.

Auch das ist eine Feststellung, die allerdings eine indirekte Frage enthält ,

Wie sieht es denn hier damit aus?

Das war die Frage.

Unter "damit" verstehst du wohl die Bedeutung oder Nichtbedeutsamkeit der genannten Person.

Wie sieht es also mit der genannten Ninon in diesem kleinen Textlein aus.

Wenn man weiß, dass mit Ninon die von Zefira genannte Dame d'Enclos gemeint ist, hat man zumindest eine Antwort auf die Frage: wer ist sie? Wenn ich dann dazu schreibe, dass sie nicht notwendig erkannt werden muss, denn sie ist einfach eine elegante Dame im Rosenhag mit Kätzchen, die über Freundschaft nachdenkt. Dann ist das schon eine Antwort, finde ich. Das reicht als Verständnisebene völlig. Dass es darüberhinaus noch eine zweite Verständnisebene gibt, spricht ja nicht gegen den Text??Und dann kann man noch ins mystische Bild der Maria im Rosenhag (Grünewald, Colmar??)eintreten und die Bedeutung der Rose als Symbol der Wahrheit und des Wissens auffassen. Freundschaft wäre dann eine der zahllosen Leidenschaften, die von der Weisheit ablenken.

Ferdi, war das nun eine Antwort??
lG
Renée

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Beitragvon Zefira » 30.10.2012, 08:51

An diese Bedeutung des Rosenhags habe ich gar nicht gedacht. Ich stellte mir eine Umgebung vor, die schön ist, aber zur Bewegungslosigkeit zwingt, ähnlich wie ein schöner Bilderrahmen oder ein "Altersruhesitz". :mrgreen:

Nasskalte Grüße,
bibbernde Zefira
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Beitragvon Amanita » 30.10.2012, 08:58

Ich hatte sofort dran gedacht, weil ich Rosenhag nur in Verbindung mit Maria kenne. Und glaube, dass er - wie das Paradiesgärtlein, der Hortus conclusus - auf die Jungfräulichkeit Mariens anspielt. Passt das hier denn?

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 30.10.2012, 09:17

Hallo Renee,

der Punkt war mal ein Beitrag, der mir aber dann unpassend erschien.

Danke für deine Ausführungen. Ich glaube allerdings nicht, dass man einfach einen noch dazu seltenen Namen in ein Gedicht aufnehmen kann, ohne ganz fremde umd wahrscheinlich verzerrende Wahrnehmungen auszulösen. Für mich z.B. als alten und beständigen Hesse-Leser und Mit-Hesse-Beschäftiger ist "Ninon" eben Ninon Hesse. Auch wenn das Gedicht ohne das Wissen um den zugrundeliegenden Menschen gelesen werden kann (deine Ansicht; ich zweifle), ist es doch trotzdem nicht schwierig, durch einen kleinen Hinweis (zeitlich, räumlich, geschichtlich) für Klarheit zu sorgen. Was verlöre das Gedicht?

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 30.10.2012, 13:10

Hallo Ferdi,

danke für deine Erklärung. Ich will mal eine kleine Änderung versuchen und komme dann nochmals auf die erwähnte Problematik zurück. Im Wesentlichen bin ich mit dir einverstanden.

Bis später ..
lG
Renée

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 30.10.2012, 13:37

so jetzt habe ich das ein wenig vervollständigt. Ich bin mir nicht ganz sicher. Eigentlich mag ich das allzu explizite nicht wirklich. Die Geschichte mit Voltaire (die historisch belegt sein soll), ist mir jetzt gewissermaßen rausgerutscht, sie war nicht mein thematisches Ziel...
lg
Renée

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Beitragvon carl » 03.11.2012, 08:51

Hallo Renee,

mir gefällt das Gedicht! Die 2. Fassung ist besser.
Ich kannte Ninon auch nicht und habe den Namen gegoogelt, Dann kam die d'Lenclos noch vor der Hesse ;-)
Das kann man dem interessierten Leser zumuten.

Liebe Grüße, Carl


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