Erkenntnis (Dreizeiler-Triptychon Nr.2)

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Cara

Beitragvon Cara » 17.07.2006, 13:47

Erkenntnis
(Dreizeiler-Triptychon Nr.2)


Intellektuelle sind gefangen
im Netz der Selbsterkenntnis
analytischer Machart

Suchen nach Sinn
hinter den Phänomenen
Dabei sind diese selber die Lehre

Erkenntnisblasen
platzen abrupt und münden
in Einverständnis

(c)Cara

aram
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Beitragvon aram » 17.07.2006, 14:10

hallo cara!

wow -
ein varianten vorschlag:

Intellektuelle sind gefangen
im Netz der Erkenntnis
analytischer Machart

oder

Intellektuelle sind gefangen
im Netz der Machart
analytischer Erkenntnis

(selbsterkenntnis finde ich zu lang, und inhaltlich vielleicht unnötig eng?)

Suchen hinter Phänomenen
nach Sinn
dabei sind sie selbst die Lehre

oder

Suchen nach Sinn hinter
Phänomenen
die doch Lehre in sich sind

Erkenntnisblasen
platzen abrupt
münden in Einverständnis

(~nur so zum spielen von mir gedacht, nicht ausgereift)

das thema gefällt mir sehr gut und dein ansatz der umsetzung ebenfalls!

s2 finde ich formal noch etwas schwierig.
(dass ich ihr inhaltlich nicht zustimme, weißt du ja bereits ;-)

s3 ist eine herausforderung bezügich zeilenumbruch, finde ich - eigentlich ist es fast ein vierzeiler (was das konzept analytischer machart aber sprengen würde :-)

vom bilde her ist es schwer vorstellbar, dass geplatzte blasen in etwas münden...
vielleicht:

Erkenntnisblasen
platzen abrupt
legen Einverständnis frei

?

sehr gern gelesen ;-)
liebe nachnmittagsgrüße,
aram

Cara

Beitragvon Cara » 17.07.2006, 14:21

Lieber Aram,

da dieses Triptychon sozusagen noch ofenwarm ist -
ich habe es gerade eben nach einem interessanten Telefonat mit jemandem geschrieben - bin ich emotional noch garnicht in der Lage, deinen Vorschlägen gerecht zu werden.

Du kennst das sicher, man hängt noch mitten drin im frisch Geschriebenen, ist sozusagen durch die Nabelschnur noch damit verbunden.

Kurze Frage vorab: Warum kannst du S2 inhaltlich nicht zustimmen?


Aber hab schon mal direkt vielen Dank für deine Reaktion!!!

Liebe Grüße
Cara

aram
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Beitragvon aram » 17.07.2006, 14:37

Cara hat geschrieben:Warum kannst du S2 inhaltlich nicht zustimmen?


*lächel*
siehe unseren kurzen austausch über ein gedicht namens "komposition" -

damit ein "phänomen" überhaupt erkannt werden kann, ist meines erachtens schon interpretation erforderlich - die frage ist aus meiner sicht eher, ob diese interpretation bewusst oder unbewusst geschieht -

dann stimme ich dir natürlich zu, dass bewusste interpretation auch mannigfaltige fallstricke bewusst werden lässt.

(der einzige ausweg aus diesem dilemma ist für mich "gefühlssicherheit", also eine klare kompetenz-teilung von gefühl und intellekt - intellekt kann nicht gefühl ersetzten, läuft ohne gefühl ins leere; gefühl kann intellekt nicht ersetzen, unterliegt sonst willkürlichen prägungen und erkennt sich selbst nicht.)

aram

Cara

Beitragvon Cara » 18.07.2006, 12:26

Grüß dich Aram,

für deinen Kommentar hatte ich dir ja gestern schon gedankt, war aber aus o.g. Gründen noch nicht näher drauf eingegangen. Das will ich jetzt mal tun:

Zunächst zu den einzelnen Strophen.

Strophe 1:

Hier stimme ich dir zu, die "Selbsterkenntnis" kann durchaus zur "Erkenntnis" werden , ohne dass sich
dabei für mich "mein" Inhalt verändern würde.
Ich finde deine erste Variante (von mir leicht verändert) gut (die zweite ist wäre mir etwas zu verschachtelt):

Intellektuelle sind gefangen
im Netz ihrer Erkenntnisse
analytischer Machart

~~~~

Strophe 2:

Hier gehe ich auch ein wenig in deine Richtung..(stimmt, es ist nicht so geschickt ausgedrückt, wenn ich mit "Dabei sind sie...." beginne.
Ich werde aber letztendlich die Strophe so ändern:

Suchen nach Sinn
hinter den Phänomenen
die doch Lehre in sich selber sind

~~~~~~

Strophe 3

Hiermit hatte ich dieses Triptychon begonnen, es war zunächst ein Senryu.
Daher ist die Silbenverteilung zu verstehen und die Beifügung des "und".
Dein Vorschlag ("legen Einverständnis frei") gefällt mir von daher nicht so gut, als das "Freilegen" mir zu viel Aktivität enthält. Ich wollte durch das Verb "münden" betonen, dass es ein fließender Übergang ist, ein fließendes Hinübergleiten von Erkenntnis zu Einverständnis. Das war mir sehr wichtig!
Ich werde die Strophe aber (deinem ersten Vorschlag entsprechend) ändern in:

Erkenntnisblasen
platzen abrupt
münden in Enverständnis

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Zu deiner Erklärung zu Strophe 2, inhaltlich gesehen:

Danke für deine Ausführung".
Du sprichst von "Gefühlssicherheit".........ein außerordentlich wichtiges Wort, finde ich.
Ich sehe das aber wohl etwas anders als du. Ich sehe nicht so als vordergründig wichtig, dass man zum Erreichen von Gefühlssicherheit eine Teilung von Emotion und Intellekt vornehmen muss, wobei das eine nicht ohne das andere ausreichend ist, sondern ich sehe bei "Gefühlssicherheit" eher solche psychologischen Phänomene wie

-Ahnungen
-Intuition
-Wissen aus dem Bauch heraus
-Erfahrungsweisheit

als ausschlaggebend an. Und "Bauchwissen" kann schon doch das Intellekt ersetzen, muss dabei nicht unbedingt "willkürlichen Prägungen" unterliegen und muss meiner Meinung nach irgendwann nicht mehr unbedingt sich selber erkennen, da es einfach in sich selber ruht (fraglos, rechtfertigungslos usw.).


Vielen Dank dir fürs Lesen und "Resonieren" :antwort:

Cara

aram
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Beitragvon aram » 18.07.2006, 13:07

hallo cara

schön, wenn das tryptichon runder geworden ist,
mir gefallen s1 und s2 jetzt sehr gut!

zu s3: wenn du einen "fließenden übergang" beschreiben willst, ist wohl "platzen" noch nicht das treffende wort.


ich sehe bei "Gefühlssicherheit" eher solche psychologischen Phänomene wie

-Ahnungen
-Intuition
-Wissen aus dem Bauch heraus
-Erfahrungsweisheit

als ausschlaggebend an. Und "Bauchwissen" kann schon doch das Intellekt ersetzen, muss dabei nicht unbedingt "willkürlichen Prägungen" unterliegen und muss meiner Meinung nach irgendwann nicht mehr unbedingt sich selber erkennen, da es einfach in sich selber ruht (fraglos, rechtfertigungslos usw.).


ich stimme dir 100% zu. (ach so, 90% - "erfahrungsweisheit" ist wieder ne andere ebene, finde ich)
zu all dem "braucht" es keinen intellekt, im gegenteil, dies "befreit" erst den intellekt. (unter anderem natürlich)

einerseits hatte ich mich schlecht ausgedrückt, andererseits liegt die schwierigkeit darin, dass wir unter "gefühl" ganz verschiedene ebenen verstehen, die wir gar nicht klar differenzieren können, weil wir keine sprachlichen begriffe dafür haben, und umgekehrt.

(so steht hier jedes individuum mit sich selbst und den kindheitserfahrungen seiner herkunftsfamilie am anfang, es gibt keine ausdifferenzierte kollektive erfahrungssprache, die uns helfen würde, auf die erfahrung unserer 'vorfahren' aufzubauen, und nur wenige streben danach - z.b. robert musil mit seiner forderung nach der 'genauigkeit der seele')

... in sanskrit z.b. (vor allem, wenn das unsere 'muttersprache' wäre) würden wir uns über dieses thema ganz anders unterhalten, mit ganz anderen und vielschichtigeren begriffen...und würden so in einer ganz anderen erfahrungswelt leben.

schön, dass dein gedicht so rund wird - scheint wirklich ein interessantes telefonat gewesen zu sein!

alles liebe,
aram

Cara

Beitragvon Cara » 18.07.2006, 14:27

Wie Recht du hast, Aram!!!

Es bringt mir grad viel, dass wir so über das Triptychon reden.

Du schreibst:

"zu s3: wenn du einen "fließenden übergang" beschreiben willst, ist wohl "platzen" noch nicht das treffende wort. "

Angeregt durch das, was wir schrieben, gefällt mir das mit den "platzenden Erkenntnisblasen" nicht mehr....
es muss weicher klingen, ich ändere es in:

"Erkenntnisblasen
öffnen sich
münden in Einverständnis"


wobei "Erkenntnisblasen" noch nicht das Gelbe vom Ei ist....
ich überlege, ob "Erkenntnisschleusen", "Erkenntniswege".....nein, das ist alles noch nicht optimal.....es braucht noch ein wenig, das Wort muss noch reifen.....


Aber es wird schon noch kommen.... :pfeil: :-) :cool:

LG
Cara


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