An einem Himmel so blau

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 20.06.2006, 00:00

An einem Himmel so blau

Was kann dieser unschuldige Tag dafür
dass der Himmel einem Meer toter Fische gleicht
ausgenommen und filetiert
von einem unbarmherzigen Schlächter
der den treibenden Hälften höhnisch zuruft:
„Schwimmt ruhig noch ein wenig
bevor ihr gefressen werdet
von diesem gierigen Tag“

carl
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Beitragvon carl » 20.06.2006, 09:58

Hallo Perry,

ein sehr eindrucksvolles Bild!
Ich lese es als eine Impression, die ein von persönlichen Erfahrungen überlagertes (also expressionistisches) Ventil sucht. Von daher schließen sich mir keine Fragen an, etwa nach einem tieferen Sinn, bzw. erschließt er sich mir nicht...
Vielleicht würde "Schlachter" genügen?
Und wenn er den Hälften (ohne Adjektiv) einfach nur hönisch nachruft:
"Treibt ruhig noch ein wenig..."
dann hättest Du immer noch die ganze Farbpalette...

Liebe Grüße, Carl

Gast

Beitragvon Gast » 20.06.2006, 10:45

Hallo Perry, eindrucksvoll, ja der Meinung bin ich auch, aber ich denke, dass unbarmherzig kannst du getrost weg lassen, ist sonst etwas zu dick aufgetragen...
Das Gedicht insgesamt reduzieren, Carl hat ja Vorschläge gemacht, hinsichtlich des Schluss' und ich denke auch das unschuldige am Beginn kannst du weglassen, zu abgegriffen...

Das " filetiert" nimmt sich für meinen Geschmack zu "versnobbt" aus.
Ich glaube du warst überwältigt von deiner Idee und hast dann ein wenig zu viel in deinen Text gepackt, der für mich aber auf jeden Fall packend ist.

LGG

scarlett

Beitragvon scarlett » 20.06.2006, 10:49

huch.... lieber Perry, da läufts mir ja eiskalt den Rücken runter und das trotz südlicher Hitze!
Himmel als Meer toter Fische.... wow, das finde ich gut!
Den Vorschlägen carls kann ich mich nur anschließen -

Einen schönen, lebendigen Tag

wünscht

scarlett

Perry

Beitragvon Perry » 20.06.2006, 12:58

Hallo Carl,
danke für deine Anregung, die ich gerne aufgreife, da treiben und schwimmen ja ähnliche Aussagen beinhalten und tote Fische nicht wirklich schwimmen.
Deine Einschätzung ist richtig, es handelt sich um ein Stimmungsgedicht, das dem unschuldigen Tag ein ständig lauerndes Unheil entgegensetzt.
Bei der Verwendung von Schlächter oder Schlachter liegt die Aussagetendenz meiner Intention, mehr auf Schlächter, weil sie mehr Menschen bezogen (Katastrophen, Kriege etc.) als Tier bezogen gedacht ist.
Ansonsten freue ich mich natürlich auch über dein "eindrucksvoll."
LG
Manfred

Hallo Gerda,
danke für deine Einschätzung. Ich denke, dass es weniger eine Frage des "eigenen Überwältigt Seins ist (über was du dir alles Gedanken machst), sondern mehr der Ausdrucksform. Ein Stimmungsgedicht wie dieses verträgt nach meiner Meinung durchaus einige verstärkende Formulierungen. Aber das ist wie so oft Geschmackssache.
Das "unschuldig" brauche ich zum Beispiel, um einen Gegenpart zum "gierig" am Schluss zu haben und das "unbarmherzig", um die menschenverachtende Handlungsweise mancher "Mächtiger" bzw. des Schicksals zu unterstreichen.
LG
Manfred

Hallo Scarlett,
ja die Spiegelung innerer Ängste an einem unschuldig blauen Himmel, kann einen schon frösteln lassen.
Freut mich, dass dir meine Schreckensvision gefallen hat.
Nun lassen wir aber schnell wieder die Sonne scheinen, denn gegen Schicksalschläge hilft nur Optimusmus (lächel).
LG
Manfred

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 22.06.2006, 11:31

Lieber Perry,

wie wäre denn "zerlegt" statt filetiert?

ich hänge noch daran, ob man Fische schlachten kann...kann man das? (das ist wirklich eine Frage)

Die ersten beiden Zeilen sind wirklich ganz stark!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 22.06.2006, 11:44

...ab einer (un)bestimmten Größe spricht man auch bei Fischen von "schlachten"...

LGG

Perry

Beitragvon Perry » 22.06.2006, 15:50

Hallo Louisa, hallo Gerda,
es geht mir bei dem "Schlächter" nicht vorrangig um das Schlachten von Fischen sondern um eine Symbolisierung des Schicksals, dass manchmal auch in den Händen von Schlächtern unter dem Deckmantel des Krieges liegen kann.
LG
Manfred

rockandrollhexe

Beitragvon rockandrollhexe » 24.06.2006, 10:36

Hallo Perry,

ein beeindruckender Text. Ich würde gar nichts daran ändern. Das Bild bleibt gleich, ob nun filetiert oder zerlegt etc. ;-)

Liebe Grüsse
rockandrollhexe

Perry

Beitragvon Perry » 24.06.2006, 13:45

Hallo rockandrollhexe,
danke für deine Meinung. Ein wenig werde ich sicher noch an den Zeilen arbeiten. Dazu brauche ich aber erst etwas Abstand.
Wünsche dir ein erholsames Wochenende
Manfred


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