Ruhe.los

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 28.10.2009, 15:45

ruhe.los
tunnel.blick

in allen ecken rostflecken.
auf gekalkter wand.
erinnern an blut, ja irgendwie an blut.

augen suchen die decke.
hoch und abweisend.
gleiten ab.

halt.los
draußen geballte sonnenglut
drinnen erstickend heiß.

könnte sein, das gras welkt
könnte sein, ein tier schreit
könnte sein, betäubungsgas strömt aus

die scheiben sind blind
vom sommerstaub.

schwüle winde rütteln am haus.
scharlachrote pfade locken.

ich stemme mich gegen die tür.
sie wird sich nicht öffnen.
Zuletzt geändert von wüstenfuchs am 30.10.2009, 09:35, insgesamt 1-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 28.10.2009, 17:52

Lieber Fux,

beim ersten Lesen fallen mir zwei Dinge auf: Das doppelte "blind", ich glaube, ich würde das zweite rausnehmen, mir scheint, der Text gewinnt an bedrückender Kontur, wenn er adjektivarm ist.

Und ich würde das "niemals" rausnehmen. ich finde, der Schluss ist viel stärker, wenn Du das nicht nochmal betonst.

Wenn Du es drin lassen willst, würde ich dem Leser entweder eine Atempause gönnen und es absetzen. Oder sogar überlegen, es als Überschrift zu nehmen.

Ich finde, das Bedrückende, Ausweglose hast Du durch die knappen Worte und die Punkte gut ausgedrückt.

Liebe Grüße

leonie

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 28.10.2009, 18:56

Danke Leonie,

sehr gute Anrgeungen, werde ich übernehmen.

Vielen Dank
Fux

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 29.10.2009, 23:12

Hallo Wüstenfuchs,

das gefällt mir sehr gut. Zu den Wiederholungen hat Leo ja schon was gesagt. Ein sehr interessantes und spannendes Gedicht.

Schönen Abend

Jürgen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.10.2009, 23:52

Hi Ben,

ein sehr beklemmender Text ohne einen Funken Licht darin, sondern voller Vergeblichkeit. Dieses erstickende Element kommt wirklich gut rüber.

Saludos
Mucki

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 30.10.2009, 09:39

Liebe Gurke, liebe Mucki

vielen Dank für eure Kommentare. Ich habe die Wiederholungen mal rausgenommen.

Viele Grüße
Fux

african queen

Beitragvon african queen » 30.10.2009, 16:58

Hallo Fux,
beim Lesen fühle ich mich in Äquatornähe versetzt, Malaria,
Fieberwahn, der unerträglich erscheint. Deine Beschreibung der
Geräusch der Windes, das welke Gras etc. draussen, Sonnenglut-
drinnen die staubblinden Scheiben, vernebelter Geist.
Vortrefflich formuliert, wenn man das erlebt hat, wenn nicht, gibt es
eine Vorstellung davon. Die verschlossene Tür öffnet sich nicht, sie
quiescht nur in den Angeln, versperrt den klaren Blick.
Unangenehm beklemmend, ein Gefühl das nur in den Tropen aufkommt.
Der Tag danach völlig neu und anders, könnte mir eine neue Strophe, sogar
auch eine Geschichte damit vorstellen. Gibt es die vielleicht sogar in deinem Kopf?
lg
african queen

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 30.10.2009, 17:26

Hallo Queenie,

die Geschichte, die du im Kopf hast, würde mich brennend interessieren.

Vielleicht können wir was draus machen,

wäre doch ein Experiment wert,

viele Grüße
Fux

african queen

Beitragvon african queen » 30.10.2009, 19:41

hallo Fux,
oh, ich dachte, du hast eine Geschichte im Hintergrund....
deine Idee, sollten wir vertiefen, machen wir eine Geschichte zusammen????
Zumindest kann ich dazu beitragen, du könntest es aber sicher besser
umsetzen in Worte. ( Schreiben, das beherrsche ich nicht gut genug)
Ja ein Experiment, könnte aber erst so in ca. 2 Wochen mal meine Ideenliste
durchforsten, was sich eignen könnte. Bitte um etwas Geduld.
dann tragen wir unsere Ideen zusammen. ( Sams Geschichten finde ich gut-)
aber natürlich werden wir auch was experimentelles, fragmentarisches mal
zusammenstellen. ( als Erinnerung drucke ich mir deinen Text schon mal aus)
Ja, wir versuchen das mal......
lg
queenie

Max

Beitragvon Max » 04.11.2009, 20:39

Lieber Fux,

was mich an diesem Text wirklich fasziniert, ist, dass er sprachlich Räume schafft. Ich kann mir den beschriebenen Raum vorstellen, ohne dass ich einen (einzelnen) Raum hätte, an den er mich erinnert. Der Text arbeitet sher fein mit Bildern, die auf subtile Weise Beklommenheit auslösen.
Besonders gefällt mir die Steigerung

könnte sein, das gras welkt
könnte sein, ein tier schreit
könnte sein, betäubungsgas strömt aus


die von einer alltäglichen Annahme ausgehend in einem Angstszenario mündet und den Leser dabei durch den stets wiederkehrenden Satzanfang mitnimmt.

Gut finde ich auch, dass der Text die Gedanken, die Räume auch visuelle durch einen originellen Gebrauch des Punktes unterstützt.

Für mich einer der starken Texte hier in letzter Zeit.

Liebe Grüße
Max

african queen

Beitragvon african queen » 06.11.2009, 11:25

Hallo Fux,
skizzie einer geschichte: bruckstückartig, tagebuchform ( ??) ein mann ( frau) verirrt sich
im dschungel, oder ein Überfall, Unfall, landet in einem kleinen dorf, bricht zusammen
( malariaanfall) wird von einheimischen vom heiler wieder hergestellt, dazwischen deine
gedanken - fieberdelirium - erinnerungsfetzen- oder........ so etwas in der art.
oder eine " normale " reiseerinnerung????
könntest du etwas damit anfangen??? hast du eine noch andere idee???
was könntest du dir vorstellen??? da ich nicht die fähigkeit besitze so gut zu formulieren
wie du das kannst, also mit worten nicht so gut wie mit farbe umgehen kann.
ist das eine anregung für dich??? was meinst du dazu ???
lg
queenie

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 06.11.2009, 12:13

Lieber Max,

deine Ausführungen sind für mich jetzt sehr interessant, da ich mich tatsächlich seit einiger Zeit mit Raum auseinandersetze, ich möchte ihn im Gedicht zum Ausdruck bringen, und meine Texte sind Versuche dahin.

"Reclaiming space", wie ein interessanter Band über moderne Malerei das nennt.

Leider bin ich nicht wirklich zufrieden, versuche es immer wieder umzusetzen und das Gedicht ist somit ein Meilenstein auf dem Weg dorthin.

Liebe Queenie, danke für deine Anregungen. So ähnlich dachte ich auch.
Ich werde es mal versuchen, und dann hier einstellen, dauert nur ein bißchen,

Viele Grüße
Fux

Max

Beitragvon Max » 09.11.2009, 21:26

Lieber Fux,

ich kenne das "Reclaiming Space" nicht, kann mich aber zum Beispiel darin einfinden, dass einige Werke von Beuys eine Art "Heiligung des Raumes" sind.
Vielleicht nicht die schlechtestet Tradition, in die sich ein Gedicht stellen kann ;-)

Liebe Grüße
Max


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