Bis heute
Ich höre
meinen Mund
deine
Worte sprechen
finde alte Gesten
in meinen
Händen
Schwarzweiß
dein Gesicht
im Spiegel
in dem ich
mich
finden will
Zerfetzen möchte
ich
– mich ? -
dich
nicht mehr leben
müssen
Version 2: (Dank an Gerda!)
Dich leben müssen?
Ich höre
meinen Mund
deine
Worte sprechen
finde alte Gesten
in meinen
Händen
schwarzweiß
dein Gesicht
im Spiegel
in dem ich
mich
finden könnte
Bis heute / Dich leben müssen?
Liebe leonie,
ich meine nicht, dass es um die Idenfikation mit einem Liebes- oder Lebenspartner geht, sondern viel eher um Ähnlichkeiten mit einem Elternteil, dessen vererbte Eigenschaften, das lyr. Ich los werden möchte...
Ich kann das sehr gut nachvollziehen, da ich an einem Gedicht über die Verarbeitung solcher Probleme schreibe.
Vielleicht ist das aber auch die Crux, dass sich mir diese Deutung förmlich aufdrängt.
...
Mir sind die Gesten in den Kinderhänden zwar klar, dennoch weiß ich nicht, ob ein Kind so etwas an sich entdeckt.
Oder ist es rückschauend aus Erwachsenensicht geschrieben?
Ich bin da leicht verunsichert, weil es im Präsens geschrieben ist und auch das Schwarz-Weiß -Gesicht scheint mir in meine Interpretation nicht wirklich zu passen...
Auf jeden Fall ein Gedicht zum Eintauchen und Nachdenken auf dem Weg zu sich selbst.
Liebe Grüße
Gerda
ich meine nicht, dass es um die Idenfikation mit einem Liebes- oder Lebenspartner geht, sondern viel eher um Ähnlichkeiten mit einem Elternteil, dessen vererbte Eigenschaften, das lyr. Ich los werden möchte...
Ich kann das sehr gut nachvollziehen, da ich an einem Gedicht über die Verarbeitung solcher Probleme schreibe.
Vielleicht ist das aber auch die Crux, dass sich mir diese Deutung förmlich aufdrängt.
...
Mir sind die Gesten in den Kinderhänden zwar klar, dennoch weiß ich nicht, ob ein Kind so etwas an sich entdeckt.
Oder ist es rückschauend aus Erwachsenensicht geschrieben?
Ich bin da leicht verunsichert, weil es im Präsens geschrieben ist und auch das Schwarz-Weiß -Gesicht scheint mir in meine Interpretation nicht wirklich zu passen...
Auf jeden Fall ein Gedicht zum Eintauchen und Nachdenken auf dem Weg zu sich selbst.
Liebe Grüße
Gerda
Hallo leonie
Wortwahl, vor allem aber die Gliederung, die den Inhalt mit der Absetzung betont, machen das Gedicht interessant. Find ich stark.
Es geht um die Dominanz und die Einflußnahme einer Person auf das lyrIch. Das LyrIch lehnt sich gegen diese Dominanz zwar auf, erkennt aber im eigenen Verhalten die Person wieder und richtet Hassgefühle gegen sich selbst. Der Titel "Bis heute" zeigt schon, dass die Einflussnahme in der Vergangenheit liegt, die intensive Dominanz real nicht mehr fassbar ist, deren Auswirkungen aber bis heute nachwirken. Das lyrIch ist erzogen worden und macht das Gewünschte, von ihm/ihr selbst so verhasste selber. Ich denke, dass es um die Eltern oder um ein Elternteil geht. "Finde alte Gesten in meinen Kinderhänden"
Zur Stelle;
"Schwarzweiß
dein Gesicht
im Spiegel"
das klingt ebenfalls so, als wäre die andere Person vor allem in der Vergangenheit präsent gewesen wie Schwarzweißfotos oder Schwarzweißfilme heutzutage als alt eingestuft werden. Für mich klingt die Passage als wäre die Person tot, das kann aber eine Überinterpretation sein.
Vor allem die letzte Strophe zeigt, wie stark, die Einflussnahme der Eltern ist und wie sehr sich lyrIch auch geistige Unabhängigkeit von deren Erwartungshaltungen wünscht.
So lese ich den Text...
...den ich sehr gern gelesen habe. Es ist ein Gedicht, dass einen so schnell nicht mehr los lässt und das meine ich im positivsten Sinne.
Jürgen
Wortwahl, vor allem aber die Gliederung, die den Inhalt mit der Absetzung betont, machen das Gedicht interessant. Find ich stark.
Es geht um die Dominanz und die Einflußnahme einer Person auf das lyrIch. Das LyrIch lehnt sich gegen diese Dominanz zwar auf, erkennt aber im eigenen Verhalten die Person wieder und richtet Hassgefühle gegen sich selbst. Der Titel "Bis heute" zeigt schon, dass die Einflussnahme in der Vergangenheit liegt, die intensive Dominanz real nicht mehr fassbar ist, deren Auswirkungen aber bis heute nachwirken. Das lyrIch ist erzogen worden und macht das Gewünschte, von ihm/ihr selbst so verhasste selber. Ich denke, dass es um die Eltern oder um ein Elternteil geht. "Finde alte Gesten in meinen Kinderhänden"
Zur Stelle;
"Schwarzweiß
dein Gesicht
im Spiegel"
das klingt ebenfalls so, als wäre die andere Person vor allem in der Vergangenheit präsent gewesen wie Schwarzweißfotos oder Schwarzweißfilme heutzutage als alt eingestuft werden. Für mich klingt die Passage als wäre die Person tot, das kann aber eine Überinterpretation sein.
Vor allem die letzte Strophe zeigt, wie stark, die Einflussnahme der Eltern ist und wie sehr sich lyrIch auch geistige Unabhängigkeit von deren Erwartungshaltungen wünscht.
So lese ich den Text...
...den ich sehr gern gelesen habe. Es ist ein Gedicht, dass einen so schnell nicht mehr los lässt und das meine ich im positivsten Sinne.
Jürgen
Hallo Gerda und Jürgen,
danke für Eure Kommentare! Ich selber hatte auch diese Eltern-Kind-Beziehung im Sinn. Man wollte so vieles anders machen und anders sein und merkt doch, wie man Ähnlichkeiten nicht abschütteln kann. „Kinderhände“, weil man ja immer Kind der Eltern bleibt. Bei dem Schwarzweißgesicht habe ich tatsächlich an alte Photos gedacht. Ich denke, man könnte es aber auch im Sinne von einem Menschen lesen, der „schwarz-weiß“ denkt.
Ich habe eine zweite Version, die stark gekürzt und etwas offener ist. Ich wüsste gerne, ob man die versteht und welche Ihr besser findet. Wäre froh über eine kurze Rückmeldung.
Liebe Grüße
leonie
danke für Eure Kommentare! Ich selber hatte auch diese Eltern-Kind-Beziehung im Sinn. Man wollte so vieles anders machen und anders sein und merkt doch, wie man Ähnlichkeiten nicht abschütteln kann. „Kinderhände“, weil man ja immer Kind der Eltern bleibt. Bei dem Schwarzweißgesicht habe ich tatsächlich an alte Photos gedacht. Ich denke, man könnte es aber auch im Sinne von einem Menschen lesen, der „schwarz-weiß“ denkt.
Ich habe eine zweite Version, die stark gekürzt und etwas offener ist. Ich wüsste gerne, ob man die versteht und welche Ihr besser findet. Wäre froh über eine kurze Rückmeldung.
Liebe Grüße
leonie
Hallo leonie,
ich bin zwar weder Gerda noch Jürgen, aber möchte dir trotzdem meine Meinung sagen. Ich finde die Original-Fassung ansprechender.
Ich lag übrigens gar nicht schlecht mit meiner Interpretation, da ich dein Gedicht "alterslos" verstanden habe. Die Verlustigkeit des eigenen Ichs ist ja an kein Alter gebunden.
Gruß
Stefan
ich bin zwar weder Gerda noch Jürgen, aber möchte dir trotzdem meine Meinung sagen. Ich finde die Original-Fassung ansprechender.
Ich lag übrigens gar nicht schlecht mit meiner Interpretation, da ich dein Gedicht "alterslos" verstanden habe. Die Verlustigkeit des eigenen Ichs ist ja an kein Alter gebunden.
Gruß
Stefan
Zuletzt geändert von steyk am 14.06.2006, 11:18, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe leonie,
habe jetzt beide Versionen verglichen und muss sagen, dass mir die Originalversion auch besser gefällt. Da schließe ich mich Stefan an.
Eine Frage habe ich aber noch an dich. Mir ist beim vergleichenden Lesen aufgefallen, dass es in der O - Version heißt:
in dem ich
mich
finden könnte
während es in der neuen Version
in dem ich
mich
finden will
lautet. Liegt da nicht ein klarer und vor allem sinnändernder Bedeutungsunterschied vor zwischen diesen beiden Fassungen? Einerseits die Möglichkeitsform, andererseits das sehr bestimmende "will". Letzteres klingt ja wie eine Absichtserklärung, die ich aber bei dem Konjunktiv nicht sehe.
Liebe Grüße
Herby
habe jetzt beide Versionen verglichen und muss sagen, dass mir die Originalversion auch besser gefällt. Da schließe ich mich Stefan an.
Eine Frage habe ich aber noch an dich. Mir ist beim vergleichenden Lesen aufgefallen, dass es in der O - Version heißt:
in dem ich
mich
finden könnte
während es in der neuen Version
in dem ich
mich
finden will
lautet. Liegt da nicht ein klarer und vor allem sinnändernder Bedeutungsunterschied vor zwischen diesen beiden Fassungen? Einerseits die Möglichkeitsform, andererseits das sehr bestimmende "will". Letzteres klingt ja wie eine Absichtserklärung, die ich aber bei dem Konjunktiv nicht sehe.
Liebe Grüße
Herby
Hallo Leonie,
genau das, was Herby aufgefallen ist, fiel mir auch auf, als ich deine 2.Version heute überflog.
Inzwischen habe ich sie mehr als überflogen und meine, dass du dich prüfen solltest in deiner persönliche Aussage.
Was willst du sagen:
Dass du dich Chance hättest dich zu finden, wenn du zugreifen würdest?
Oder eher, dass du ganz aktiv, dich finden willst?
Ich bevorzuge Version 1
und sage en Detail jetzt noch etwas dazu:
Version 1 beginnt so stark, wie ich finde,:
Ich höre
meinen Mund
deine
Worte sprechen
finde alte Gesten
in meinen
(Kinder) Händen
das sollte nicht unter den Tisch fallen, meine ich
Das "Kinder" würde ich weglassen weil es Verwirrung stiftet, was den zeitlichen Ablauf angeht. Du sprichst aus dem Blickwinkel des lyr. Ichs und nicht aus dem des Elternteils, für das du ein Kind bleibst.
Danach würde ich kürzen:
Dein Gesicht
im Spiegel
schwarz weiß
Durch die Umstellung und den Beginn mit Dein wird das wichtige Dein Gesicht besser betont, außerdem der Bezug für den nächsten Vers, (sich im Spiegel zu sehen) den ich so anschließen würde gut hergestellt
in dem ich
mich
finden könnte? will ?
Ich persönlich würde "Zerfetzen" "opfern".
Passt stilistisch nicht in dieses Gedicht. Zu aktiv...
Es ei denn du entscheidest dich für "will"
Genau da würde ich enden und den letzten Vers leicht abgeändert als Titel bevorzugen:
Dich leben müssen?
Es ist, unter zu Grunde Legen deiner ersten Version für mich, so ein fertiges Gedicht.
Dich leben müssen?
Ich höre
meinen Mund
deine
Worte sprechen
finde alte Gesten
in meinen
Händen
Dein Gesicht
im Spiegel
schwarz weiß
in dem ich
mich
finden könnte
Liebe Grüße
Gerda
PS jetzt hätte ich bald noch etwas vergessen, Stefan spricht von einer Alterslosigkeit des Gedichts, das kann ich voll und ganz unterstützen.
(Auch aus eigener Erfahrung).
genau das, was Herby aufgefallen ist, fiel mir auch auf, als ich deine 2.Version heute überflog.
Inzwischen habe ich sie mehr als überflogen und meine, dass du dich prüfen solltest in deiner persönliche Aussage.
Was willst du sagen:
Dass du dich Chance hättest dich zu finden, wenn du zugreifen würdest?
Oder eher, dass du ganz aktiv, dich finden willst?
Ich bevorzuge Version 1
und sage en Detail jetzt noch etwas dazu:
Version 1 beginnt so stark, wie ich finde,:
Ich höre
meinen Mund
deine
Worte sprechen
finde alte Gesten
in meinen
(Kinder) Händen
das sollte nicht unter den Tisch fallen, meine ich
Das "Kinder" würde ich weglassen weil es Verwirrung stiftet, was den zeitlichen Ablauf angeht. Du sprichst aus dem Blickwinkel des lyr. Ichs und nicht aus dem des Elternteils, für das du ein Kind bleibst.
Danach würde ich kürzen:
Dein Gesicht
im Spiegel
schwarz weiß
Durch die Umstellung und den Beginn mit Dein wird das wichtige Dein Gesicht besser betont, außerdem der Bezug für den nächsten Vers, (sich im Spiegel zu sehen) den ich so anschließen würde gut hergestellt
in dem ich
mich
finden könnte? will ?
Ich persönlich würde "Zerfetzen" "opfern".
Passt stilistisch nicht in dieses Gedicht. Zu aktiv...
Es ei denn du entscheidest dich für "will"
Genau da würde ich enden und den letzten Vers leicht abgeändert als Titel bevorzugen:
Dich leben müssen?
Es ist, unter zu Grunde Legen deiner ersten Version für mich, so ein fertiges Gedicht.
Dich leben müssen?
Ich höre
meinen Mund
deine
Worte sprechen
finde alte Gesten
in meinen
Händen
Dein Gesicht
im Spiegel
schwarz weiß
in dem ich
mich
finden könnte
Liebe Grüße
Gerda
PS jetzt hätte ich bald noch etwas vergessen, Stefan spricht von einer Alterslosigkeit des Gedichts, das kann ich voll und ganz unterstützen.
(Auch aus eigener Erfahrung).
Hallo Stefan,
danke für Dein Votum , mit den „Ihr“ meinte ich nicht nur Gerda und Jürgen, sondern die, die das lesen und sich angesprochen fühlen. Ich bin oft selbst unsicher, was besser ist, da helfen die Meinungen anderer kompetenter Menschen mir oft.
Ich bin eine Freundin interpretationsoffener Gedichte und finde, oft gibt es kein „richtig“ und „falsch“. Der Leser soll Eigenes eintragen und wiederfinden dürfen. Du lagst also keinesfalls daneben, nur weil Du Dir etwas anderes gedacht hast als ich.
Hallo Herby,
ja, das ist sinnänernd. In der ersten O-Version ist das lyrIch unsicherer als in der zweiten, das zeigt sich auch darin, dass es in der Zweitfassung nicht mehr unbedingt sich selbst, sondern möglicherweise etwas oder jemand anderes zerfetzen will.
Liebe Gerda,
Deine Vorschläge finde ich gut. Nur mit dem schwarz-weiß kann ich nicht so folgen, weil der nachfolgende Bezug zum Spiegel dann nicht mehr so deutlich ist. Ich denke, ich mache die O-Version jetzt mit „will“ und nehme Deine als zweite dazu. Dann habe ich eine aktive (was mir sehr wichtig ist) und eine offenere.
Vielen Dank noch mal Euch allen!!!
Liebe Grüße
leonie
danke für Dein Votum , mit den „Ihr“ meinte ich nicht nur Gerda und Jürgen, sondern die, die das lesen und sich angesprochen fühlen. Ich bin oft selbst unsicher, was besser ist, da helfen die Meinungen anderer kompetenter Menschen mir oft.
Ich bin eine Freundin interpretationsoffener Gedichte und finde, oft gibt es kein „richtig“ und „falsch“. Der Leser soll Eigenes eintragen und wiederfinden dürfen. Du lagst also keinesfalls daneben, nur weil Du Dir etwas anderes gedacht hast als ich.
Hallo Herby,
ja, das ist sinnänernd. In der ersten O-Version ist das lyrIch unsicherer als in der zweiten, das zeigt sich auch darin, dass es in der Zweitfassung nicht mehr unbedingt sich selbst, sondern möglicherweise etwas oder jemand anderes zerfetzen will.
Liebe Gerda,
Deine Vorschläge finde ich gut. Nur mit dem schwarz-weiß kann ich nicht so folgen, weil der nachfolgende Bezug zum Spiegel dann nicht mehr so deutlich ist. Ich denke, ich mache die O-Version jetzt mit „will“ und nehme Deine als zweite dazu. Dann habe ich eine aktive (was mir sehr wichtig ist) und eine offenere.
Vielen Dank noch mal Euch allen!!!
Liebe Grüße
leonie
Liebe Leonie,
das Eltern--Kind--thema finde ich selbst auch so spannend, dass ich darüber vor einiger Zeit auch etwas geschrieben habe. Schon beim ersten Lesen hat mich der Klang Deines Gedichts sehr berührt, n ach etwas Nachdenken weiß ich nun auch weshalb
. Ich stelle mein Gedicht mal neben Deinem ein.
Liebe Grüße
max
das Eltern--Kind--thema finde ich selbst auch so spannend, dass ich darüber vor einiger Zeit auch etwas geschrieben habe. Schon beim ersten Lesen hat mich der Klang Deines Gedichts sehr berührt, n ach etwas Nachdenken weiß ich nun auch weshalb

Liebe Grüße
max
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