Mit Schlagsahne!

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klara
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Beitragvon Klara » 11.06.2009, 21:16

zu schlecht
Zuletzt geändert von Klara am 12.11.2013, 11:27, insgesamt 1-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 14.06.2009, 13:23

Liebe Klara,

bei diesem Text geschieht mir etwas, was mir nicht oft mit Deinen Texten passiert: Ich verstehe ihn nicht richtig.

Das beginnt mit der ersten Zeile

Ich will sie schlecken


in der ich Schwierigkeiten habe einen Bezug für das "sie" zu finden. Vielleicht ist es die "Traurigkeit" in der Zeile drauf - vermutlich - in diesem Falle, aber finde ich die Bilder sehr verwirrend gewählt.

Das lyr. Ich will sie 'schlecken', und im nächsten Wort "schleppt" es sie .. und mir fällt beinahe nichts ein, was man gleichzeitig schlecken will und schleppen muss (na gut 20 Liter Milch vielleicht). Aber ich als Leser muss ja eigentlich gar nicht über ein Bild nachdenken, es wird ja gleich in Zeile 3 geliefert:

wie ein zu scharfes Schwert


Dieses an sich für mich sehr schöne Bild, wirkt im Zusammenhang mit dem "schlecken" aus Z. 1 so, dass ich unwillkürlich an meine Oma denken muss, die mir riet nicht immer mein Messer abzulecken ....

Auch

Und stehe meiner
Einsamkeit
Im Weg


finde ich als Einzelbild sehr schön, nur bedeutet es meines Erachtens, dass das lyr. Ich nicht einsam ist, weil ja die Einsamkeit nicht an ihm vorbei kommt - na gut, oder eben einsam bleibt (das wäre wohl die richtige Interpetation ... manchmal kann ich ganz schön blöd sein ;-) ), zum anderen aber geht es wieder auf eine neue Bildebene (die herumstehende Einsamkeit, hat nichts mit schlecken, schleppen oder scharfen Schwerten zu tun).

Ähnlich verhält es sich m.E. in Strophe 2 mit dem Glas und dem darauf folgenden Schaf. (Klingt wie moderne Kunst 'Schaf hinter Glas' ;-) ) Dann zitierst Du zwischendurch und ihn Klammern falsch aus den Psalmen (eigentlich - wnen ich mich recht entsinne - mangelt es ja dem Schaf an nichts, weil es den Hirten hat) und auch das bleibt für mich etwas im raum stehen.

Strophe 3 hat dann zu Beginn wieder eine neue Ebene, eine theoretische - das Abstraktum 'Kontakt' heißt nun auch so, Sehnen heißt Sehnen, bevor das gedicht dann wieder in die Bilderebene geht und im heidekraut landet - hierbei sehe ich zumindeste das Schafmotiv wieder ...

Wie gesagt, ich glaube, dass ich da etwas fundamental nicht verstehe, aber vielleicht ergeht es ja anderen besser ...

Liebe Grüße
Max

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.06.2009, 19:07

Hallo Klara,

„ich will sie schlecken“... die Schlagsahne. Schön, dass sich LIch über den Kuchen auf dem Teller bewusst ist. :razz:
Es geht mir ein wenig wie Max, ich würde mir ein stringenteres Bild wünschen, und eines, in dem auch Einsamkeit und Traurigkeit nicht benannt werden müssen.
Aber es hat inspirierende, ganz eigene Gedankenbilder darin.
Die Schafsidee finde ich gelungen, auch die Sahne und der verdrehte Psalmbezug. (Ich denke, das passt gut zur Außenwahrnehmung und dem Ich-Welt-Gefühl des LIchs.)
Stromschlagweise zu sein, gefällt mir sehr. Der Kontakt ist mir jedoch ein bisschen zu viel Wortspielerei, auch geht es für mich nicht ganz auf.
Das Sehnen als Weidezaun ... ein spannender Gedanke.
Das „Ritzen“ ist mir zu sehr Klischee und auch in Verbindung mit dem „zu scharfen Schwert“ ein bisschen arg theatralisch. ;-)

Ich konnte nicht anders, die Schlagsahne hat mich verführt... :o)
Viel Spaß damit.

Liebe Grüße
Flora

Weide

Ich will sie schlecken
und denke zu fest
um mich
gerinnt sie
wie ich hinter Glas

Oder ich bin
nur ein Schaf, das sich
im Zaun verfängt und wartet, dass der Schäfer kommt
(Der Hirte, dem nichts mangelt)
und verderbe mir
mit Schafsaugen den Spaß

Bleibe hängen; stromschlagweise
im Sehnen zwischen Heidekraut
verschüttete Sahne

Max

Beitragvon Max » 14.06.2009, 19:41

Oh, Florissma,

die Schlagsahne hatte ich ja ganz aus den Augen verloren ... das könnte natürlich vermisster Bezug sein.

Liebe Grüße
Max

Klara
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Beitragvon Klara » 18.06.2009, 21:37

Hallo Max,

Flora hat es schon gesagt: Die Schlagsahne!

"mir fällt beinahe nichts ein, was man gleichzeitig schlecken will und schleppen muss (na gut 20 Liter Milch vielleicht)."
Fällt dir wirklich nichts Anderes ein?

"Dieses an sich für mich sehr schöne Bild, wirkt im Zusammenhang mit dem "schlecken" aus Z. 1 so, dass ich unwillkürlich an meine Oma denken muss, die mir riet nicht immer mein Messer abzulecken ...."
Ja, das finde ich gut!

Auch

Zitat:
Und stehe meiner
Einsamkeit
Im Weg


finde ich als Einzelbild sehr schön, nur bedeutet es meines Erachtens, dass das lyr. Ich nicht einsam ist, weil ja die Einsamkeit nicht an ihm vorbei kommt - na gut, oder eben einsam bleibt (das wäre wohl die richtige Interpetation ... manchmal kann ich ganz schön blöd sein ;-) ), zum anderen aber geht es wieder auf eine neue Bildebene (die herumstehende Einsamkeit, hat nichts mit schlecken, schleppen oder scharfen Schwerten zu tun).

Das stimmt. Hier schwächelt wohl der Text. Zu viele Metaphern oder Wortdrehereien auf einem Haufen.
Aber vielleicht funktioniert das doch: ICH steht der Einsamkeit im Weg, ergibt sich ihr nicht?

Ähnlich verhält es sich m.E. in Strophe 2 mit dem Glas und dem darauf folgenden Schaf. (Klingt wie moderne Kunst 'Schaf hinter Glas' ;-) ) Dann zitierst Du zwischendurch und ihn Klammern falsch aus den Psalmen (eigentlich - wnen ich mich recht entsinne - mangelt es ja dem Schaf an nichts, weil es den Hirten hat) und auch das bleibt für mich etwas im raum stehen.

Da steht es doch gut?

Strophe 3 hat dann zu Beginn wieder eine neue Ebene, eine theoretische - das Abstraktum 'Kontakt' heißt nun auch so, Sehnen heißt Sehnen, bevor das gedicht dann wieder in die Bilderebene geht und im heidekraut landet - hierbei sehe ich zumindeste das Schafmotiv wieder ...

Wie gesagt, ich glaube, dass ich da etwas fundamental nicht verstehe, aber vielleicht ergeht es ja anderen besser ...


Ich glaube, das ist der Sinn des Textes: fundamental nicht zu verstehen.

Nein, pardon, ich rede mich raus, ich reite mich rein. Ich weiß es selbst nicht, ehrlich nicht. Ist das jetzt blöd?

Hallo Flora,
Es geht mir ein wenig wie Max, ich würde mir ein stringenteres Bild wünschen, und eines, in dem auch Einsamkeit und Traurigkeit nicht benannt werden müssen.

Hast Recht.
Aber es hat inspirierende, ganz eigene Gedankenbilder darin.
Die Schafsidee finde ich gelungen, auch die Sahne und der verdrehte Psalmbezug. (Ich denke, das passt gut zur Außenwahrnehmung und dem Ich-Welt-Gefühl des LIchs.)

Freut mich.

Das „Ritzen“ ist mir zu sehr Klischee und auch in Verbindung mit dem „zu scharfen Schwert“ ein bisschen arg theatralisch. ;-)

Stimmt.

Deine Umdichtung ist interessant - und etwas völlig Anderes.

Ich weiß nicht, ob ich den Text noch mal bessern kann, oder ändern. Bitte seid nicht böse.

Dank euch.

Klara Kleinlaut

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 21.06.2009, 16:27

Liebe Klara,

dein Text hat mir auf Anhieb gefallen, weil du gleich mit diesen eindrucksvollen Alliterationen einsteigst: Schlagsahne, schlecken, schleppe, scharfes Schwert. Später dann noch Verschütt, Schaf, Schäfer

Das liest sich in der Tat schleppend, diese Laute bremsen und passen gut zum Inhalt.

Dann kommen interessante paradoxe Bilder, wie das Verschütt gehen hinter Glas (normalerweise wird der Inhalt eines Glases ja aus dem Glas geschüttet, hier ist das Verschütt gehen eine Art gefangen werden) und der Hirte „dem nichts mangelt“, der also nur an sich selbst denkt, anstatt daran, seine Schutzbefohlenen zu behüten. Diese Paradoxien lassen einen stutzen und verdeutlichen die Ausweglosigkeit der beschriebenen Situation.

Das Wort Kontakt ist mir fremd in dem ganzen Text. Ich würde statt dessen so etwas wie Berührung nehmen. Andereseits könnte es sich um einen elekrischen Kontakt handeln … ah! jetzt hab ichs! Das lyrische Ich sucht Kontakt, aber selbst der Kontakt ist etwas Feindseliges und verwandelt sich in einen Stromschlag! Das ist wirklich spannend (elekrische Spannung eben ;) )

Als Schluss könnte ich mir auch vorstellen „Ritze mich am Heidekraut“, um die Selbstverletzung etwas ambivalenter zu machen. Heidekraut als alte Symbolpflanze für Blut, Gefallene, aber auch Liebe und Treue ist höchst passend!

Den Titel deute ich etwa so: Das Süße ist gleichzeitig brutal. Sahne in Zusammenhang mit Schlag – eigentlich ein krasses Wort!

Insgesamt ein vielschichtiger Text mit originellen Bildern, die ich so noch nirgends gefunden habe.

fenestra

Klara
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Beitragvon Klara » 21.06.2009, 19:21

Hallo fenestra,

danke für dein Lesen!
Deine instinktive Deutung erschließt mir selbst etwas mehr von diesem - eher instinktgeschriebenen - Text.

Freue mich sehr...

(Wir sind uns schon woanders über den virtuellen Weg gelaufen, oder?)

Klara


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