loden

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 08.01.2009, 22:32

loden


und du fragst dich
wo all die tauben jetzt verenden
man sieht nie ihre kadaver

in den sohlen getautes
mit granulat
von stillen straßen

und der frost trägt loden
tannengrün









*alte version vor lisa*


loden


in gläsernen zwingen
wirst du schneeblind
während kupfer birst

und du fragst dich
wo all die tauben jetzt verenden
man sieht nie ihre kadaver

in den sohlen getautes
mit granulat
von stillen straßen

und der frost trägt loden
tannengrün
Zuletzt geändert von Thomas Milser am 13.01.2009, 00:53, insgesamt 2-mal geändert.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 13.01.2009, 13:28

Lieber Tom,

dank dir für deine Antwort, hach, das ist auch mal ein schönes Gefühl, wenn irgendwas zwischen Kommentar und Text passt :-). Ich find das ganze sieht verdammt gut aus so! Und der deal: Du machst einen neuen text mit der Strophe oder ich? ~~ ich muss weg ~~ .-)

smile: Ich wollte dich nur zu einem Kommentar locken :pfeifen:

Gefällt mir wirklich sehr gut und ich bin ja für und-auftakte..bei meinen Texten sind die ja schon überreizt, aber bei deinen wirken die phantastisch!

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 13.01.2009, 19:44

Liebe Smile, lieber Tom,

lustig, wenn Du, Smile als Retterin der ersten Versionen auftrittst, dann kann ich das bei anderen noch besser nachvollziehen als bei mir ..

Mir gefällt Version I

Liebe Grüße
Max

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 13.01.2009, 23:47

Samsmilemaxlisa,

Ihr macht mich bekloppt :o))))

Herzlichen Dank für diese wundervollen Betrachtungen (Sam: das unfreiwillig Komische ist wirklich unfreiwillig komisch, du hast voll Recht, ist mir gar nicht aufgefallen)

Nur leider bin ich jetzt vollends verwirrt (mangels Selbstsicherheit, was diesen Text angeht), und sehe nur eine Chance in einem etwas längeren Verdauungsprozess ...

Ich lass vorerst beides nebeneinander stehen, und kack äh schlaf mal drüber ....

Ihr hört von mir ...

Thnx,

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.01.2009, 10:38

Hallo Tom,

(Sam: das unfreiwillig Komische ist wirklich unfreiwillig komisch, du hast voll Recht, ist mir gar nicht aufgefallen)

Ich finde daran überhaupt nichts komisches, finde den Bezug sogar spannend. Überhaupt kann ich Sams Kommentar in keinem Punkt zustimmen. :pfeifen:
Sam hat geschrieben:Außerdem wurden durch das "schneeblind" zwei "Winterwahrnehmungen" vermischt. Frost und Schnee. Beides kann, muss aber nicht zusammentreffen. Sprich, die gläsernen Zwingen machen nicht unbedingt schneeblind. Überhaupt kippt das Ganze ins unfreiwillig-komische durch das Schneeblind. Man könnte ja sagen: "Kein Wunder, dass er die verendeten Tauben nicht sieht, wenn er doch schneeblind ist."

Die beiden Winterwahrnehmungen werden meiner Ansicht nach nicht vermischt, sondern stehen sich gegenüber. Natürlich muss beides nicht zusammentreffen, aber das tut es hier nun einmal. (Wie soll ich mir sonst die Strophe des Getauten (Schnee) in den Sohlen vorstellen?) Ich sehe hier eindeutig Schnee(landschaft), auch ohne das Schneeblind und ich lese nicht die Formulierung eines Naturgesetzes: gläserne Zwingen machen Schneeblind. Sondern von der persönlichen Winterwahrnehmung, Erfahrung eines LIch, die dann aber nicht in sich verschlossen bleibt, sondern darüber hinaus etwas „allgemeines, wahres“ erfasst. Den Schnee könnte ich hier im Kontrast zum Eis, der Härte und „Gewalt“, den „Zwingen“ (da liest man doch automatisch den Zwang mit, das selbst Festklammern und Geklammert werden an Dinge) lesen. „Schneeblind“, einmal wörtlich genommen, könnte ja vielleicht auch heißen, dass man den Schnee, das Leichte, Zarte, Zauberhafte, Kindliche, Spielerische.... (mit was auch immer man Schnee assoziiert, nackt baden :o) ) nicht mehr sehen kann. Und wenn dann die Gedanken weitergehen zu den Tauben, es eben noch viel mehr gibt, was man dadurch nicht mehr wahrnehmen kann, was in Vergessenheit gerät, weggeblendet wird, auch der Tod. Vielleicht könnte man die toten Tauben ja wirklich sehen, wenn man nicht „Schneeblind“ wäre?
Das wäre dann nur eine Lesevariante, die mir so in den Sinn kam. Man kann das sicher auch ganz anders interpretieren, das ist ja das schöne, dass es das zulässt, aber „Komik“ kann ich keine entdecken.

Ich hoffe, ich konnte deine Verwirrung noch vertiefen. :o)

Liebe Grüße
smile

Sam

Beitragvon Sam » 14.01.2009, 11:08

Hallo smile,

Überhaupt kann ich Sams Kommentar in keinem Punkt zustimmen. pfeifen


Das hätte mich auch gewundert :-)

Aber ich finde deine Argumentation zugunsten der ersten Strophe nachvollziehbar und kann mich teilweise mit deiner Lesart anfreunden.
Was allerdings bleibt ist, dass ich hier keine Gegenüberstellung von - sagen wir Winterschneeidylle und dem umklammernden Frost finde. Auch das Getaute kann ja von vereisten Straßen kommen, nicht von verschneiten.
Und es bleibt für mich eine Zwangsläufigkeit bestehen, bedingt durch die Wortwahl, was die Schneeblindheit und den Frost angeht:

in gläsernen zwingen
wirst du schneeblind


eben auch, weil der Schnee danach keine Rolle mehr spielt. Sagen wir es so: Das Schneeblind ist mir im Gedicht zu alleine gelassen, um die Bedeutung zu erlangen, die du ihm gibst.

Liebe Grüße

Sam

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leonie
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Beitragvon leonie » 14.01.2009, 11:42

Lieber Tom,

nach mehrfachem Lesen und längerem Überlegen bin ich zum Schluss gekommen, dass auch ich mit der ersten Strophe ein Problem habe:
Das liegt in erster Linie an der wie Sam schrieb unfreiwilligen Komik und auch an einer Irritation, die ich empfinde:
Denn wieso sollte man in Zwingen welcher Art auch immer blind werden auf welche Weise auch immer? Das leuchtet mir nicht so ganz ein...Ich würde da anderen Schmerz, andere Verletzung vermuten.
Zudem bringe ich "gläsern" und "birst" mit Frost in Verbindung. Und dann wirkt es fast so so, als verursache der Frost die Schneeblindheit, was dann wieder seltsam ist.
Mir scheint, der Knackepunkt ist wirklich das "schneeblind".
Die Härte, fast Gewalt, die die erste Strophe enthält, gefällt mir durchaus, gerade im Kontrast zu den stillen Straßen (die ich mit Schnee in Verbindung bringe, der alle Geräusche dämpft) und dem Lodenbild.

Vielleicht fällt Dir eine Möglichkeit ein, sie umzuarbeiten?

Liebe Grüße

leonie

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leonie
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Beitragvon leonie » 26.01.2009, 15:12

Moin nochmal,

als ich über "Herrin" nachdacht4e, fiel mir nochwas zu "loden" ein, nämlich dass ich Loden eigentlich immer mit der Farbe tannengrün verbinde...

Guckst Du hier überhaupt noch rein?

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 26.01.2009, 21:18

als ich über "Herrin" nachdacht4e, fiel mir nochwas zu "loden" ein, nämlich dass ich Loden eigentlich immer mit der Farbe tannengrün verbinde...


Liebe Leonie ...

ich denke und denke, nur weiß ich nicht, was uns die bemerkung sagt :-)

Liebe Grüße
Max

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leonie
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Beitragvon leonie » 26.01.2009, 21:38

Lieber Max,

sie stellt die Fragen, a) ob das nur mir so geht und b) wenn es nicht nur mir so geht, ob die letzte Zeile des Gedichtes dann nicht wegfallen könnte....

Weil sie ja dann den Text möglicherweise eher schwächt als stärkt. Außerdem würde dann der Schluss der Überschrift entsprechen. Und somit das Wort loden am Anfang und am Ende eine besondere Bedeutung erhalten....

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 27.01.2009, 20:42

Liebe Leonie,

danke, nun habe ich es verstanden :-)

Liebe Grüße
Max

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Beitragvon leonie » 27.01.2009, 20:55

Und? Welche Farbe hat Loden für Dich?

Max

Beitragvon Max » 27.01.2009, 22:23

Auch grün, nur habe ich es eben nicht verstanden, was Du damit andeuten wolltest.

Liebe Grüße
Max

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 31.01.2009, 01:49

Darf ich auch mal was sagen? :o)))

Ja, smile, stimmt noch ... irgendwas sagt mir, dass ich dieser pathetischen Ader mal den Hahn zudrehen sollte, so langsam. Die ehemals erste Strophe wirkt im Nachhinein betrachtet für mich inzwischen als zu dicke, zu viel, zu ... unnütz? Irgendwie geschaffen um ihrer selbst Willen.
Immer noch der zum Scheitern verurteilte Versuch, Bilder zu erzählen. Jedem anderen kreide ich das an, und selber mach ichs... toll...

Bei dem 'unfreiwillig Komischen' habe ich inzwischen auch eher eine gewisse Distanz; das gibt nicht den Ausschlag fürs Weglassen.
Ich denke, Lisas Vorschlag trägt der so heißgeliebten Komprimierung zu, und das ist es, was ich in meinen Texten erreichen möchte. Irgendwie müssen die sich unterscheiden von dem, was ich vor zwei Jahren verzapft habe. Weil ich nicht mehr so bin und auch nicht mehr so denke. Dass es sich manchmal immer noch Bahn bricht aufs Papier, ist ein altes Rückenmarkleiden. Einhergehend mit der unbarmherzig fortschreitenden Altersmilde sollte man dem jedoch langsam mal Herr werden ... Ich glaube nicht, das dabei was verloren geht.

Ich bleibe also beim Weglassen der ersten Strophe, vollen Herzens.

Eure Kommentare waren sehr anregend, herzlichen Dank dafür!

Ö-Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)


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