Guten Morgen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 22.11.2008, 19:22

Guten Morgen

Gerade zertrommel ich die Zeit
mit meinen Fingern
auf einer Tischplatte

gehörig zum Kiosk,
vor dem ich seit Jahren
jeden Morgen sitze

und suche eine, eine Melodie
zum Fischer,
zum Bäcker,
zum Apotheker,
zum Händler der Reinigungsmittel,

allen, die mein Leben bestimmen.

Im Ohr habe ich sie,
aber sie summen
nicht so zusammen,
wie ich es mir denke.

Obwohl wir nur eine Sonne haben
und den Mond ja auch
gleichmäßig verteilt auf jeden.

Die Mücken machen auch
keine Unterschiede
zwischen Kommunisten
und Elefanten.

So sollen alle reich
werden jetzt
wieder
ohne Mehrgewinn

an anderen.

Das dachte ich lange.

Und Schneeflocken weckten mich
leise am Abend

inmitten meiner Kinder
war ich der Vater
so vieler Gedanken.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.11.2008, 19:54

Lieber Moshe,

in meinen Augen erzählst du hier zwei Geschichten. Die beiden letzten Strophen sind für mich ein sehr schönes Gedicht für sich, das allein stehen sollte. Zum oberen Teil bin ich mal im Text:


Gerade zertrommel ich die Zeit --> würde ich umstellen: ich zertrommele die Zeit ("gerade" streichen)
mit meinen Fingern
auf einer Tischplatte

gehörig zum Kiosk, --> "beim Kiosk" fände ich besser
vor dem ich seit Jahren
jeden Morgen sitze

und suche eine, eine Melodie --> einmal "eine" streichen
zum Fischer,
zum Bäcker,
zum Apotheker,
zum Händler der Reinigungsmittel,

allen, die mein Leben bestimmen. --> Diese 3 Strophen gefallen mir sehr!

Im Ohr habe ich sie,
aber sie summen
nicht so zusammen,
wie ich es mir denke.

Obwohl wir nur eine Sonne haben
und den Mond ja auch --> hier würde ich kürzen auf: und einen Mond, Rest weg
gleichmäßig verteilt auf jeden.

Hier erfolgt eine Zäsur, jetzt wird es politisch, was ich eigentlich schade finde. Der Einstieg ist für mich so vielversprechend für ein Erzählgedicht. Du könntest m.E. hieraus noch mehr machen, ausführlicher erzählen über die Menschen, die das Leben des LIs ausmachen. Das ist ein schöner Stoff, um ihn zu erzählen. Und wie gesagt, die beiden letzten Strophen sind für mich ein eigenes Gedicht.


Die Mücken machen auch
keine Unterschiede
zwischen Kommunisten
und Elefanten.

So sollen alle reich
werden jetzt
wieder
ohne Mehrgewinn

an anderen.

Das dachte ich lange.

Und Schneeflocken weckten mich
leise am Abend

inmitten meiner Kinder
war ich der Vater
so vieler Gedanken.


Ja, viele Gedanken. Ich hab dir meine jetzt einfach mal, frei weg von der Leber, aufgeschrieben. Das ging mir halt so durch den Kopf beim Lesen deiner Zeilen. ,-)
Saludos
Mucki

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 24.11.2008, 20:58

Liebe Mucki!

Gehört Politik nicht zu Leben eines Kioskes und den damit verbundenen Menschen?

Ich finde diese bunte Mischung, die man so an einem Kiosk haben kann, genau gut.

Und deshalb sind es für mich keine zwei Geschichten, oder kennst du einen Kiosk, der keine Zeitungen verkauft und die Mensch dort nicht darüber diskutieren?

Wie immer bemühe ich mich.

Hier mal eine Änderung als Vorschlag:

'Gerade zertrommel ich die Zeit
mit Fingern
auf der Tischplatte

gehörig zum Kiosk,
vor dem ich seit Jahren
jeden Morgen sitze
mit Anderen'

Danke

MlG

Moshe

Mucki
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Beitragvon Mucki » 24.11.2008, 21:56

Lieber Moshe,
Gehört Politik nicht zu Leben eines Kioskes und den damit verbundenen Menschen?

Ich finde diese bunte Mischung, die man so an einem Kiosk haben kann, genau gut.

Und deshalb sind es für mich keine zwei Geschichten, oder kennst du einen Kiosk, der keine Zeitungen verkauft und die Mensch dort nicht darüber diskutieren?

stimmt, du hast Recht. Ich erinnere mich gerade, dass ich mal in einem Haus wohnte, bei dem nebenan ein Kiosk stand. Inhaber war ein Grieche. Er war ein wirklich liebenswerter Mensch. Er hatte immer mehrere Stühle vor seinem Kiosk stehen und einen Tisch mit einem Backgammon-Spiel. Wenn es schönes Wetter war, setzte ich mich oft zu ihm. Wir spielten Backgammon, rauchten und plauderten über Gott und die Welt, und auch über Politisches. Man kann es gar nicht ausklammern. Es gehört dazu, jep!
Saludos
Mucki

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 24.11.2008, 22:06

Eben.

Und das ist Mittelmeer.

Aber auch da kann es schneien, und macht es manchmal.

(Um einem weiteren ... vorzubauen.)

Mit bestem Gruß

Moshe.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 24.11.2008, 22:44

Aber auch da kann es schneien, und macht es manchmal.

(Um einem weiteren ... vorzubauen.)


*kicher*
Saludos
aus einem verschneiten Idstein :schneemann:
Mucki

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 27.11.2008, 12:07

das ist schön, das ist sehr schön und ganz nach meinem Geschmack, besonders auch der letzte Satz, und ich komme ganz bestimmt wieder und versuche noch etwas Konstruktiveres dazu zu sagen.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 27.11.2008, 13:56

Da bin ich noch einmal, Moshe,
aber ich habe mich entschieden, dass ich das nicht will und nicht kann, dieses Gedicht sezieren und analysieren, weil ich nämlich finde, dass es die Melodie gefunden hat, nach der das lyrische Ich sucht.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 27.11.2008, 18:37

Liebe Xanthippe!

So freut es mich sehr, daß die Melodie bei dir angekommen ist!

Beschwingter

Moshe


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