Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 07.03.2016, 21:00

wie gern würd' ich
nie erwachsen werden
doch das leben quietscht
mich aufrecht

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nera
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Beitragvon nera » 10.03.2016, 01:53

auch das scheint geschmeide
wunschgoldfirlefanz
dass da was ist
was hochleiert singt
quietschend singt
"auf auf" mit recht
und man daran wächst
und das singen sei regen oder licht

und nichts wächst
nur die zwiebel kümmert noch

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.03.2016, 17:29

das quietschen singt nicht
es schreit mich heiser
ein schrilles ausrufungszeichen
doch ihn kümmert es nicht
und ich wachse leise
zum pünktchen

dafür ohne ohren

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nera
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Beitragvon nera » 12.03.2016, 01:45

ihn ist
es
ein un-
erzogenes du oder
alles ein
punktkommastrich
ein strichweibchenhaus
ein mond zwischen schwarz
-en löchern ein demmeln
unterhalb der geschmeidelinie
oder dem auskratzen
der trauerränder
-die finger
nägel, das nageln
oder die errrruption das verlangen
gelangen und das räuspern oder die erruption der laute zurück

Nifl
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Beitragvon Nifl » 15.03.2016, 21:27

Aus der weißen Taube
kommt keiner lebend heraus

Ein Kirschbeet schimmert
lange in meine kleine Sprache ein
und da im Innern lispelt es
gegossen wie über den Rand
und die Schonhaltung bricht mir das Wort
läuft schräg meine Gedanken ab

Ich kann nicht anders
als den Frühling lieben
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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birke
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Beitragvon birke » 16.03.2016, 12:14

ein krokus schimmert
langsam durchs gedicht
so wie du durch meine sprache
ispelt sich ein akzent
auf jedes wort
so kannst du gar nicht anders
als mich verstehen
begreifen
ganz sacht
mit deiner frühlingshand
am abgrund
der realität
(ein honigbaum)
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 16.03.2016, 13:46



hab nie aufgehört in märchen zu denken
oder: heute blühen die magnolien auf


wir heilhülligen
in uns sieht es anders aus
und keine genormte formel geht auf geht unter
die haut wie das: du
mein frühling
war so kalt
mir
brachen die worte
ein in mich hinein
und innen
du und die glut und die flut
der damm der hände der herzwände
sie müssen halten den tag verwalten
sie müssen müssen müssen
dreimalverflucht

und darüber das zwitschern
solanum dulcamara
ich maure fremdworte
ums vermissen

sag: irgendwann
muss man doch wieder
atmen wie der vogelmann
die frau sah im sonnenlicht

dies flüstern
wie ein kuss
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 16.03.2016, 21:31

keine ohren für nichts
kopfüber unter dem oberbett
rücklings, die augen zu
stunden

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nera
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Beitragvon nera » 17.03.2016, 01:11

der augwurm lümmelt sich
in meinem unvermögen
(eine lahme stumme
taube hat sich in den schlaf geweint
nachdem du ihr ein stück
leben geweckt hast nur
um dich zu verabschieden
hast du dein herz zwischen die fäuste genommen
eine zeile aus dem gedächtnis gestrichen)
aber ein ton bläht sich auf zur synkobe
und majakowsky versteht sich von selbst
als asteroid zwischen den zeilen
während sich fremdwörter zwischen den akkorden
zu mauern stabeln fallen die tränen
über diesen verherzten tod der dir aus den fingern rinnt wie eine träne
(nein sagst du nein keine tränen)
aus tauben augen oder den du zwischen den mauern
deinem unvermögen rinnen lässt und dass du darüber
kein urteil findest
nichts was auf mauern geschrieben wurde
würde
atmest du in diese zweite luftröhre
und
deine finger erinnern sich an das brechen der knochen
während sie einem fremden herz deinen takt aufzwingen
und den jazzakkord zwischen allem
ein wurmloch
Zuletzt geändert von nera am 21.03.2016, 03:15, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.03.2016, 15:53

da lümmelt ein austoben
gar nicht tief in mir
und singt "hello from the other side"
ich höre gerade adele
geht nicht aus dem ohr
hello hello hello
es singt und bollert
dieses austobende lümmeln
wie kann das sein
keine wurmlöcher in sicht
dabei würde ich gern mal rüberschauen
auf die other side
bei adele ist es nur ein anderes land
bei mir tobt der lümmel
gar nicht tief in mir
jedoch viel viel weiter weg
wurmlochreise würde nicht reichen
würde zu lange dauern
das austoben lümmelt an der oberfläche
es geschieht genau jetzt
kann es spüren sehen hören
hello from this side in another life
ja vielleicht
nein ja klar
es ist paralleles leben
wer sagt dass es nicht existiert
ich behaupte es ist da
hello my other life


Nifl
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Beitragvon Nifl » 19.03.2016, 18:55

Als wüchsen seine Lippen nach

die Nacht ist freundlich
und Brüche tragen wieder

sie sind Entkleidete (schon immer)

im Dachstübchen liegen ihre Träume nahe

schauen wie das Weiß verschwindet
nach dem Kniff

das Geräusch wenn die Tauben auf der Traufe landen
Zeilensprünge

und wissen was bliebe
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 19.03.2016, 22:28



gekleidet in nacht und


an uns ist ein traum
sie liest sich dunkel daran
sinkt in die augen der giraffe
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 20.03.2016, 08:09



kneif mich

sie legt die zunge um die dornen
und weiß es ist das höchste grün
das sie von den ästen klaubt

sie glaubt
an die zwischenräume des zitterns
und den tanz der bienen

was bliebe wenn wir uns verlören
im konjunktiv der salzseen
schwörten wir dem wasser ab hinkten

und in gedichten ist das springen
erlaubt und sie springt!
wie eine hupfdohle

von strophe zu strophe
als schielte es sie
an ihren ort

sie entdeckt das wort neu
das blau der augen
das graue band im nacken

sie lernen voneinander
trennt sie nur luft
und die punkte die sie setzen

und gestern erst hat sie im garten
zwischen den fledermäusen
den huschenden schatten gesungen
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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nera
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Beitragvon nera » 24.03.2016, 01:55

schon immer
tastet ein gestern
sich die brüche hoch und tief
eine wolle oder der faden
der sich beugt der sich dem rahmen
beugt der ihn zwingt
dieser rahmen
in ein bild und
das muster von zebra oder gefleckt
ein unscharfes raster dem tauben
beigefügt beigerügt

und einer spottet die drossel der fink
und die taube
und alles wird weiß
ich doch
singen die drosseln
und wissen

um das dichte


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