Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 29.03.2015, 17:22

Nun
in diesen nächsten Zeilen
schreibe ich mich
nicht
romantisch
will mich
expressionistisch
denken
zerfallen
in grauer Großstadt
kriegsversehrt
verloren gehen
hässliche Gedanken
nicht schönen
die Welt
untergehen lassen
und mich
Ich-Ende

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birke
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Beitragvon birke » 29.03.2015, 17:38

.
in der stadt
bin ich zerfallen
zu staub(partikeln)
ich sammle sie auf
/worte/
und schreibe mich fort
.
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Nifl
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Beitragvon Nifl » 29.03.2015, 18:08

In Ich-Erde graben
nach all dem Verschütteten
Staubblasen pusten
bis die Träume platzen
Und wenn wir zurückkehren
dann reisen wir
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 29.03.2015, 19:55



zwei gärten können sich nicht begegnen

und wenn wir reisen (im kreisen)
mit erde unter den fingernägeln
kehren wir träume zusammen
auf dass der staub sich legt
verschütten wir wasser
wie sätze (prozentrechnen
für pic) nach all dem du
wird schon was wachsen
hier eine wurzel
dort ein blatt

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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birke
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Beitragvon birke » 29.03.2015, 23:06

.
und dann pflanzen wir worte
ob sie gedeihen
weiß der wind
wenn er das haar der birke kämmt
sich scheinbar auf die erde legt
aufbäumt zuweilen
flüstert von dir
.
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 30.03.2015, 14:32



der wind weiß schon mal gar nichts
er hat kein gehirn und was sich da
aufbäumt kennt dich nicht
am ende ist das wort
so leer wie eine coladose
die sich dreht und dreht
gescannt wird
für den letzten cent
träume
ist auch so eines
das dir immer wieder
entgegenfliegt
diese marke akzeptiert
das leben nicht


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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birke
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Beitragvon birke » 30.03.2015, 19:08

.
der wind
spricht zu mir
in einer anderen sprache
der wind weiß
eine metapher nur
träume sprechen
zuweilen wahr
wer weiß
vielleicht bin ich
(eine metapher nur)
.
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Niko

Beitragvon Niko » 30.03.2015, 19:20

würde ich meine träume
nicht als metapher sehen
wäre alles dunkel
denn ich verstände nichts
oder aber
ich würde nur noch schreien
und weglaufen
vor allem
vor mir

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 30.03.2015, 19:23

Vielleicht
bist du
auch nur
Wort
noch nicht
Metapher

vielleicht
nicht einmal
Wort
sondern nur
Buchstabenhaufen
eher noch
Buchstabenpaar
"d"
und
"u"

du

bist erst
Metapher
wenn ich
dich lese

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 01.04.2015, 13:09



wenn der sturm sich legt
fegen wir die zeilen
zusammen hören wir
dem rascheln zu
reimen uns albern
herum um uns ein gesumm
der frühsommerbrummler
wir sagen: nichts
ist nur eine metapher
und nicken uns zu
viel später erst
wenn wir die blätter
als solche erfassen
baden wir in wasser
und staunen wie wissenschaftler
die etwas neues entdeckt haben
über die neuronen am rand
berühren wir uns doppelt
das wort ist keine bühne

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.04.2015, 20:08


:)

frühsommerbrummler

que creación
man kann es zehn mal hintereinander sagen
versuch es mal
da brummelts munter
sommerlich in deinem gemüt
wonnig sonnig flüggelich
treibts dich raus
so frühsommerbrummlich eben

Nifl
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Beitragvon Nifl » 02.04.2015, 19:54

Der Sturm geht mir durch
verfängt sich

Flügeliges in mir

Eine Spätvorstellung

Ich trage meine Handwäsche auf
und unterlege mein eigenes Du

Zimmer frei
spurlos geblieben
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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nera
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Beitragvon nera » 03.04.2015, 02:05

zimmerfrei
obdachlose sturmausläufer

wo laufen wir hin
windschwörer wellentreiber
auswanderer
winden uns die worte in müde
augen
toupieren tornados in unsere blicke
die in leeren räumen gegen wände prallen
wie flattertiere
mausern uns
von handschlag zu ohrensausen
spiralig in
freiräume
unbewohnt
füllbar mit gesäusel bis dröhnendem
imperativ
nur
zerrinnen uns all die stürme eruptionen
scheidern wir an den kommata
oder wir fürchten uns

wir können uns finden
jenseits des geschlossenen raums
im freien zimmern
mit sturm in den augen

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nera
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Beitragvon nera » 03.04.2015, 02:18

wir fanden uns längst
ich trage dich in meinen federn
deine lieder waren mir wind
oder anker aber
was wenn wir wanderdünen
unsere neue heimat heißen
und stürmen müssten


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