Perpetuum mobile der Traurigkeit

Rubrik für Theaterstücke, Szenen, Sketche, Dialoge, Hörspiele, Drehbücher und andere dramatisch angelegte Texte
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 16.05.2006, 21:36

Neufassung:


Perpetuum mobile der Traurigkeit

Eine psychologische Möglichkeit

Ich bin ein Mädchen voller Rädchen
Meine Wünsche hängen an Achsen und Fädchen.

Und das Fieber sinkt.
Und die Taschen sind leer.
Und die Tränen gehn' nicht aus.

Einer: ‚Woher bezieht sie nur ihre Energie?’
Ein anderer: ‚Das verrät sie uns nie!’

In meinem Getriebe der Liebe
Ist kein Platz für energetische Diebe.

Und das Fieber sinkt.
Und die Taschen sind leer.
Und die Tränen gehn' nicht aus.

Einer: ‚Eine pychologische Möglichkeit!’
Ein anderer: ‚Unverfrorenheit.’

Mein Kleid verdeckt bloß Stabilität
Aus Fäden reinsten Verzichts genäht.

Und das Fieber sinkt.
Und die Taschen sind leer.
Und die Tränen gehn' nicht aus.

Einer: ‚Verlockende Konstruktion...’
Ein anderer: ‚Ach, blanker Hohn!’

Solang’ meine Tränen diese Maschine schmieren
Kann der Konverter existieren!

Und das Fieber sinkt.
Und die Taschen sind leer.
Und die Tränen gehn' nicht aus.

Einer: ‚Komm Süße, ich verschaff’ dir Homöostase!’
Ein anderer: ‚Und sie dir ne fette Blamage!’

Meine Traurigkeit ist ein geschlossenes System
Bezeichnet mich ruhig als freche Boheme.

Und das Fieber sinkt.
Und die Taschen sind leer.
Und die Tränen gehn' nicht aus.

Einer: ‚Genug, in Stücke reiß ich sie!’
Ein anderer: ‚Ich meld' sie der Gendarmerie.’

Auf der Wache mit blauem Aug
Den Blick auf purpurfliedernes Laub:


Und das Fieber sinkt.
Und die Taschen sind leer.
Und die Tränen gehn' nicht aus.

Stummer Lord: ‚Aber ich möcht’s mit Ihnen!’






Erste Version:

Perpetuum mobile der Traurigkeit
Eine psychologische Möglichkeit

Ich bin ein Mädchen voller Rädchen
Meine Wünsche hängen an Achsen und Fädchen.

Und das Fieber sinkt.
Und die Taschen sind leer.
Und die Tränen gehn' nicht aus.

Einer: ‚Woher bezieht sie bloß Ihre Energie?’
Ein anderer: ‚Das verrät sie uns nie!’

In meinem Getriebe der Liebe
gibt es keine energetischen Diebe.

Und das Fieber sinkt.
Und die Taschen sind leer.
Und die Tränen gehn' nicht aus.

Einer: ‚Eine psychologische Möglichkeit!’
Ein anderer: ‚Eine Unverfrorenheit.’

Meine Traurigkeit ist ein geschlossenes System
Bezeichnet mich ruhig als mittellose Boheme.

Und das Fieber sinkt.
Und die Taschen sind leer.
Und die Tränen gehn' nicht aus.

Einer: ‚Was für eine Konstruktion!’
Ein anderer: ‚Ach, blanker Hohn!’

Solang’ meine Tränen diese Maschine schmieren
kann der Konverter existieren!

Und das Fieber sinkt.
Und die Taschen sind leer.
Und die Tränen gehn' nicht aus.

Einer: ‚In Stücke reiß ich sie!’
Ein anderer: ‚Ich meld' sie der Gendarmerie!’

Auf der Wache mit blauem Aug
den Blick auf purpurfliedernes Laub:


Und das Fieber sinkt.
Und die Taschen sind leer.
Und die Tränen gehn' nicht aus.

Stummer Lord: ‚Aber ich möcht’s mit Ihnen!’
Zuletzt geändert von Lisa am 28.09.2006, 13:16, insgesamt 1-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 19.05.2006, 11:19

Hallo Lisa,
das finde ich sehr interessant. Mir gefällt auch der abwechslungsreiche Aufbau sehr. Schon allein die idee eines menschlichen Perpetuum Mobile ist toll!

Allein das:
Eine psychologische Möglichkeit!


kann ich nicht ganz entschlüsseln. Ansonsten ein sehr beeindruckender Text!

Auch die Reime gefallen mir.

Ach ja, was ist ein Konverter?

Wolkengrüße, louisa

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 19.05.2006, 19:19

Hallo Louisa,

die rettende Stimme :grin: . Ehrlich gesagt bin ich mir bei diesem Text sehr unsicher, ob er überhaupt verstanden wird.

ich denke eher nicht! Oder?? (andere)... :-s

Eine psychologische Möglichkeit ist eine anlehnung an die Formulierung dass ein "physikalisches" perpetuum mobile eine physikalische Unmöglichkeit ist.

Das Ende ist zu verstrickt?

Und die anderen personen?

ich kann es nicht ändern, manchmal schreibe ich auch gerne solche texte :-$

ein perpetuum mobile wird auch als Konverter für Freie Energie bezeichnet. Ein Konverter ist ein "Umwandler"...

Herby

Beitragvon Herby » 19.05.2006, 23:16

Liebe Lisa,

ich wage es jetzt: dein Text ist mir auch nach mehrmaligem Lesen und selbst nach deiner Erklärung an Louisa noch immer ein absolutes Mysterium. Aber vielleicht werd ich es ja doch noch enträtseln :idea:

Liebe Grüße
Herby

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Beitragvon Lisa » 20.05.2006, 10:55

Hallo Herby,

danke :smile: . Ich habe mir das gedacht...

Kannst du irgendwo ansetzen und eine Frage stellen, die Aufschluss liefern kann? oder ist das Nicht-verstehen zu elementar?

Herby

Beitragvon Herby » 20.05.2006, 11:09

Hi Lisa,

ja, noch ist mein Nicht - Verstehen deines Textes tatsächlich so elementar, dass ich nicht wüsste, welche Frage ich stellen könnte. Ich werde mir deine Zeilen mal ausdrucken, denn komischerweise hilft es mir manchmal, wenn ich einen Text auf Papier gedruckt in Händen habe. Und außerdem: vielleicht trauen sich ja andere noch aus der Deckung und ich komme über ihre Deutungsansätze weiter.

Also nur nicht zu schnell das Rätsel auflösen, Lisa! Ich lade deinen Text gleich mal zu einem Kaffee ein, vielleicht enthüllt er mir dabei etwas von seinen Geheimnissen :coffee: O:)

Liebe Wochenendgrüße
Herby

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Beitragvon Lisa » 20.05.2006, 15:02

Lieber Herby,
ich bin gespannt. Dies soll aber kein Auftrag sein. Texte, mit denen man grundsätzlich nichts anfangen kann, sind vielleicht auch einfach nicht interessanrt genug. Ganz wie du magst also :grin:
Lisa

Max

Beitragvon Max » 20.05.2006, 16:19

Liebe Lisa,

was ich in diesem Gedicht erkenne (anfangs habe ich fast gar nicht erkannt - zugegebenermaßen), ist das Perpetuum Mobile, das Du gewissermaßen als Rondo gefasst hast. Da sich das "Perpetuum Mobile" des Titels aber nicht nur auf die Form sondern auch auf den Inhalt bezieht, finde ich, dass da Form und Inhalt sehr gut übereinstimmen (außerdem finde ich geradem, dass ich mich ziemlich kompliziert ausdrücke ;-) ). Außerdem geben die vielen Reime innerhalb einer Zeile dem Gedicht etwas Getriebenes, was lustigerweise gut zu meiner Vorstellung von einem Perpetuum Mobile passt (was allerdings Quatsch ist, wenn es eine Perpetuum Mobile gäbe, könnte das natürlich auch ganz langsam sein).
Ich habe aber Schwierigkeit mit dieser Gehetztheit und Getriebenheit im Zusammenhang mit Traurigkeit - das ist für mich eher ein langsames Gefühl, für Dich nicht auch?

liebe Grüße
max

Gast

Beitragvon Gast » 20.05.2006, 18:59

liebe Lisa, kennst du Jean Tinguely,
http://www.tinguely.ch/

Irgend wie hat mich dein perpetuum Mobile an ihn, bzw, seine Kunst erinnert... im physikalischen Sinn.

Vielleicht ist dieses Gedicht, was ich übrigens auf seine spezielle Art als sehr gelungen betrachte, assoziativ entstanden und im Unterbewusstsein hat dir so ein (sich) bewegendes Kunsstück von J. Tinguely einen Streich gespielt...
Nun, ganz gleich wie, das sind meine Gerdanken... dazu

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Beitragvon Lisa » 20.05.2006, 20:01

Liebe gerda,

das ist ja ein toller Link!

Besonders ein Bild hat für mich mein Rädchen-Mädchen sehr getroffen (ich hätte sie eher blau gemacht und einen ganzen Körper)...:
http://www.tinguely.ch/global_img/bio_t ... humb_l.jpg

Ich kenne den menschen nicht..oder ist das der (frühere) Freund von Niki de Saint-Phalle? Von dem weiß ich nur, dass er Maschinen baut, die zu nichts nutze sind (eine gradiose, tolle Formulierung...!)

Auf der Seite schwebt einiges, was mich begeistert...

Lisa
Zuletzt geändert von Lisa am 28.09.2006, 13:17, insgesamt 1-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 20.05.2006, 20:07

Er ist's, liebe Lisa. :wub:

Max

Beitragvon Max » 22.05.2006, 13:22

Hey Ihr beiden,

da habt Ihr ja einen tollen Fund gemacht, der wirklich zum Gedicht passt!

Liebe Grüße
Max

Gast

Beitragvon Gast » 22.05.2006, 13:43

Lieber Max, das ist jetzt nicht Angeberei, aber für mich lag es auf der Hand, da ich den Künstler schon lange kenne* und meines Wissens kennt Lisa Jean Tinguely durch Niki den Saint Phalle auch schon eine Weile...
Jedenfalls haben wir uns im Forum schon mal über die beiden verständigt...
Möglicherweise hat Lisa unterbewusstsein das Gedicht dazu geschrieben...
:-s
Liebe grüße
Gerda

wmw (wieder mal Wikipedia);-)
*Der Strawinski-Brunnen, auch Tinguely-Brunnen genannt, ist ein Brunnen auf dem Igor Strawinski-Platz (Place Igor Stravinski) am Centre Georges Pompidou in Paris. Er wurde entworfen von dem Schweizer Bildhauer Jean Tinguely mit seiner Lebenspartnerin, der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle, und ausgeführt 1982/83.

In einem flachen Becken stehen 16 bewegliche und wasserspeiende Skulpturen. Ihre Gestaltung bezieht sich auf die wichtigsten Kompositionen des russischen Musikers. Jeder der beiden Künstler brachte seine persönliche Handschrift ein: Tinguely entwickelte schwarze, technische Maschinenplastiken aus Eisen. Saint Phalle gestaltete bunte Fabelwesen und Nanas, ihre typischen prallen Frauenfiguren. Dieser beiden Pole bilden einen spannenden Kontrast und zugleich eine verspielt-heitere Einheit.

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Beitragvon Lisa » 23.05.2006, 09:53

Hallo Gerda,
ich fand den Freund von Saint Phalle immer interessanter als sie, auch im Vergleich zu ihren frühen Sachen (die Nanas finde ich schrecklich). Ich kenne ihn aber nur aus einem kurzen Einspieler eines Films, den wir in der Schule sahen über Saint Phalle, da wurde er kurz vorgestellt. ich fand einfach seine Idee, Maschinen zu bauen, die keinen Zweck haben, als etwas ganz besonderes (empfindsames). Ich habe mich aber nie mit ihm auseinandergesetzt und kenne sein Werk auch überhaupt nicht.

dass diese Faszination unterbewusst gewirkt hat, ist gut möglich...Auf jeden fall aber ist der von dir gezogene Bezug zu ihm für mich sehr interessant...

Mein Text scheint bei alledem wohl dennoch unverständlich ...

Liebe Grüße,
Lisa


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