Notizen aus der Wahlprovinz
Verfasst: 15.09.2009, 18:52
Notizen aus der Wahlprovinz
Ich lebe in der Bundesrepublik Deutschland. Das bedeutet, ich lebe auch in einem Bundesland, in einem Landkreis, in einer Verbands – und schließlich einer Ortsgemeinde, zu der das kleine Dorf gehört, in dem ich wohne. Zurzeit lebe ich aber auch in einem Wahlkreis. Es ist der Wahlkreis Ahrweiler. Das wäre an sich ja nichts Besonderes, gehörte zu den Kandidaten dieses Wahlkreises nicht Andrea Nahles, Vorstandsmitglied der SPD und Schattenbildungsministerin unter Steinmeier. Mir wäre das überhaupt nicht aufgefallen, hätten die Wahlplakate der SPD in unserer Gegend nicht ein paar Besonderheiten. Die erste fiel mir bei einer Fahrt durch Sinzig auf. Da baumelte das Konterfei der Politikerin an unzähligen Straßenlaternen, nur mit der Aufschrift versehen: „Die Nahles“.
Wer sich so präsentiert, der muss das Gefühl haben, bekannt zu sein. Die Nahles also. Als Aussage ein wenig dünn, es sei denn, man kennt sie gut und weiß, für was sie steht und was sie so macht. Nicht privat, das kann man bei Wikipedia nachlesen, sondern politisch. Ich vermute also zunächst, der SPD-Wähler im Wahlkreis Ahrweiler ist bestens informiert. Und der Nicht-SPD-Wähler genauso. Aber von denen wird es ja so viele nicht geben.
Dem ist aber nicht so. Die Roten (also die Schwarzroten, nicht die Rotroten) kamen bei der letzten Wahl in der Erststimme auf 36 - bei der Zweitstimme auf 31 Prozent. Da ist nach oben noch ein bisschen Luft. Es sei denn, Frau Nahles geht nicht gern auf Ü-40 Parties.
Man kann natürlich das Konzept dahinter erahnen. Dieses „Die Nahles“ suggeriert, bei der Frau handele es sich um „eine von uns, die Nahles eben, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, die weiß, wie die Menschen hier ticken. Die regelt das für uns, da drüben, in Berlin.“
Es ist der Versuch, eine wesentlich breitere Akzeptanz in der Bevölkerung vorzutäuschen, als es die letzten Wahlergebnisse erkennen lassen könnten.
Da haben wir es wieder: Der deutsche Bürger ist eben doch ein Herdentier, das Hemd ihm immer Näher als der Rock, der Heimatsinn wesentlich ausgeprägter, als solch abstrakte und unnötige Dinge wie Politikverständnis. Programme verwirren ihn nur. Er will einfach der Masse hinterherlaufen.
Aber es geht noch besser. Bei uns in Polch (Verbandsgemeinde Maifeld, Wahlkreis Ahrweiler) steht, direkt am großen Kreisel, von dem aus man je nach Himmelsrichtung Aldi, REWE, einen Baumarkt oder de Beukelaer sehen kann, ein riesiges Plakat, etwa doppelte Wandtapetengröße. Dessen linke Hälfte ziert, auf rotem Hintergrund, das Bild „Der Nahles“.
Und daneben........NICHTS.
Nur ein Bild. Kein Name, keine Partei, kein Spruch. Nur gähnende rote Leere. Das ganze Wahlprogramm der SPD, alle Lösungen für Finanz-, Afghanistan-, Bildungs-, Sozialversicherungs- und sonst welcher Krisen und dringende Fragen, dargestellt in der Metapher eines rundlichen, noch etwas jugendlich wirkenden Frauengesichts. Das nenne ich endlich mal eine Botschaft. Und die lautet ( ähnlich wie bei den wortgeizigen aber bildgewaltigen Plakaten des volksparteilichen Wettbewerbs):
Wem das zu wenig ist, der kann ja gerne ein Gesicht und eine Farbe hinter den Doppelpunkt setzen.
Einzige Ausnahme bei den hierorts zu sehenden Plakaten sind die der Linken und anderer, völlig chancenloser Parteien. Da steht sogar was drauf. Und sie verzichten auf Gesichter. Es ist wirklich auffällig: Je unbekannter die Partei, desto mehr Text auf den Wahlwerbungen. Die Familienpartei gibt sich sogar richtig Mühe und beschränkt sich nicht nur auf Parolen im Halbsatz. Aber das liest ja sowieso keine Sau. Die Leute schauen lieber in Gesichter. Ein Bild sagt eben mehr, als tausend Worte.
Ich frage mich nur, wen ich wählen soll, wenn auf dem Wahlzettel am Sonntag keine Bilder sind?
Ach so, na klar – Die Nahles!
Ich lebe in der Bundesrepublik Deutschland. Das bedeutet, ich lebe auch in einem Bundesland, in einem Landkreis, in einer Verbands – und schließlich einer Ortsgemeinde, zu der das kleine Dorf gehört, in dem ich wohne. Zurzeit lebe ich aber auch in einem Wahlkreis. Es ist der Wahlkreis Ahrweiler. Das wäre an sich ja nichts Besonderes, gehörte zu den Kandidaten dieses Wahlkreises nicht Andrea Nahles, Vorstandsmitglied der SPD und Schattenbildungsministerin unter Steinmeier. Mir wäre das überhaupt nicht aufgefallen, hätten die Wahlplakate der SPD in unserer Gegend nicht ein paar Besonderheiten. Die erste fiel mir bei einer Fahrt durch Sinzig auf. Da baumelte das Konterfei der Politikerin an unzähligen Straßenlaternen, nur mit der Aufschrift versehen: „Die Nahles“.
Wer sich so präsentiert, der muss das Gefühl haben, bekannt zu sein. Die Nahles also. Als Aussage ein wenig dünn, es sei denn, man kennt sie gut und weiß, für was sie steht und was sie so macht. Nicht privat, das kann man bei Wikipedia nachlesen, sondern politisch. Ich vermute also zunächst, der SPD-Wähler im Wahlkreis Ahrweiler ist bestens informiert. Und der Nicht-SPD-Wähler genauso. Aber von denen wird es ja so viele nicht geben.
Dem ist aber nicht so. Die Roten (also die Schwarzroten, nicht die Rotroten) kamen bei der letzten Wahl in der Erststimme auf 36 - bei der Zweitstimme auf 31 Prozent. Da ist nach oben noch ein bisschen Luft. Es sei denn, Frau Nahles geht nicht gern auf Ü-40 Parties.
Man kann natürlich das Konzept dahinter erahnen. Dieses „Die Nahles“ suggeriert, bei der Frau handele es sich um „eine von uns, die Nahles eben, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, die weiß, wie die Menschen hier ticken. Die regelt das für uns, da drüben, in Berlin.“
Es ist der Versuch, eine wesentlich breitere Akzeptanz in der Bevölkerung vorzutäuschen, als es die letzten Wahlergebnisse erkennen lassen könnten.
Da haben wir es wieder: Der deutsche Bürger ist eben doch ein Herdentier, das Hemd ihm immer Näher als der Rock, der Heimatsinn wesentlich ausgeprägter, als solch abstrakte und unnötige Dinge wie Politikverständnis. Programme verwirren ihn nur. Er will einfach der Masse hinterherlaufen.
Aber es geht noch besser. Bei uns in Polch (Verbandsgemeinde Maifeld, Wahlkreis Ahrweiler) steht, direkt am großen Kreisel, von dem aus man je nach Himmelsrichtung Aldi, REWE, einen Baumarkt oder de Beukelaer sehen kann, ein riesiges Plakat, etwa doppelte Wandtapetengröße. Dessen linke Hälfte ziert, auf rotem Hintergrund, das Bild „Der Nahles“.
Und daneben........NICHTS.
Nur ein Bild. Kein Name, keine Partei, kein Spruch. Nur gähnende rote Leere. Das ganze Wahlprogramm der SPD, alle Lösungen für Finanz-, Afghanistan-, Bildungs-, Sozialversicherungs- und sonst welcher Krisen und dringende Fragen, dargestellt in der Metapher eines rundlichen, noch etwas jugendlich wirkenden Frauengesichts. Das nenne ich endlich mal eine Botschaft. Und die lautet ( ähnlich wie bei den wortgeizigen aber bildgewaltigen Plakaten des volksparteilichen Wettbewerbs):
Wem das zu wenig ist, der kann ja gerne ein Gesicht und eine Farbe hinter den Doppelpunkt setzen.
Einzige Ausnahme bei den hierorts zu sehenden Plakaten sind die der Linken und anderer, völlig chancenloser Parteien. Da steht sogar was drauf. Und sie verzichten auf Gesichter. Es ist wirklich auffällig: Je unbekannter die Partei, desto mehr Text auf den Wahlwerbungen. Die Familienpartei gibt sich sogar richtig Mühe und beschränkt sich nicht nur auf Parolen im Halbsatz. Aber das liest ja sowieso keine Sau. Die Leute schauen lieber in Gesichter. Ein Bild sagt eben mehr, als tausend Worte.
Ich frage mich nur, wen ich wählen soll, wenn auf dem Wahlzettel am Sonntag keine Bilder sind?
Ach so, na klar – Die Nahles!