Bonsai und Windspiel

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 18.08.2009, 11:31

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Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 18.08.2009, 11:39

Hallo,

Zwei Punkte muss ich zu diesem Text vorgeben : 1) er ist fast ein Jahr alt, ich habe die "Forumsgeschichte und die Gemeinschaft" absichtlich gelassen, da ich der Ansicht bin, dass sie zumindest teilweise allgemeinen Charakter haben. 2) ich muss meinen Drucker reparieren, damit ich besser an den beiden begonnen Projekten arbeiten kann.

Ich wollte eine andere Facette vorstellen.

Der Text sollte im Wesentlichen stehen, auch die Dialogform ist mir wichtig, aber eure Reaktion wäre mir sehr wichtig.
lG
Renée

Yorick

Beitragvon Yorick » 18.08.2009, 15:13

Hallo Renée,

ich habe den Text leider nicht verstanden.
Was für ein Forum?
Ist das ein Gespräch beim Psycho? Das Frage-Echo fand ich anstrengend.
Die Pointe/ das Fettnäpfchen habe ich nicht verstanden. Kommt das am Montag, 18h30? (in der Fortsetzung?)

Wohin will der Text? M.M. ein leichtes, etwas geziertes Geplauder über eine... Begebenheit. Und durch die Form auch in der Distanz, was zusätzlich Spannung abbaut.

Grüße,
Y.

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 18.08.2009, 15:21

Oh, das war klar (und ich akzeptiere die Kritik).

Das mit dem Forum könnte ich weglassen.
Den Dialog könnte ich klarer gestalten.
Das Gezierte?

Danke für deine deutliche Kritik. Sag mir bitte nur, ob es besser (verständlicher) herkommt.

lG
R

Yorick

Beitragvon Yorick » 18.08.2009, 16:32

Oh, das ging aber schnell mit der Überarbeitung....

Nun empfinde ich es zudem noch zerissen, irgendwie hektisch.
Therapiegespräch wird deutlich, klar. Aber warum die (für mich sehr ermüdenden) Echos?
Auch wenn "es in Wirklichkeit so ist": es wirkt auf mich langweilig.

Und da kommt auch das Gezierte für mich ins Spiel. Die Klientin erklärt was ein Bonsai ist, was Hybris bedeutet, was das Sprichwort "Hochmut kommt vor dem Fall" bedeutet. Hält die Klientin die Psych für blöd? Und schon habe ich das Gefühl , ebenfalls für blöd gehalten zu werden (als Leser).

Aber: ich habe immer noch keine Ahnung, worum es eigentlich geht. Wohin will der Text?

Grüße,
Y.

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 18.08.2009, 16:54

Naja, dann eben nicht.

"In Wirklichkeit" ist 'das' Therapiegespräch so nicht.

Der Text will / wollte einen beruflichen Misserfolg darstellen und wie ein böser (oder dummer) Scherz den zerrissenen Zustand des Verlierers auf fast obszöne Weise verrät.

Am Ende steht der Verlierer wie "ein begossener Pudel" da.

Das Therapiegespräch ist nur Kulisse.

Ich sitze vor dem Computer, weil es hier der kühlste Ort ist.

Eis ist im Kühlschrank.

Yorick

Beitragvon Yorick » 18.08.2009, 17:10

Ich sitze vor dem Rechner, weil ich dafür Geld bekomme... :)
Hätte aber lieber ein Eis!


Ah. Jetzt ist doch viel klar geworden.
Warum läßt du das Therapiegespräch dann nicht einfach weg? (zumal wenn es "In Wirklichkeit" so nicht ist und nur als Kulisse dient).
Eine "Präsenz"-Geschichte daraus machen, die Person blamiert sich gerade bis auf die Knochen, steht noch mittendrin. Noja, könnte es auch dem Leser erzählen.

Und ich würde es auf jeden Fall böser machen. Für mich plätschert es im Moment seicht dahin. Es ja alles richtig, sie ist strunzig, weiß es, alle anderen auch. Kein Konflikt alles ok. Mh.
Die Erzählerin wird natürlich zu Unrecht so behandelt! Ha! Verschwörung! Wut! Und dann: zack: böse gegen die Rivalin, Schlag auf die Leber, zuckersüß, nachgetreten... uups.

Naja. Könnte so sein. Aber vielleicht garnicht in deinem Sinne.

Nur eine Meinung,
Yorick.

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 18.08.2009, 17:25

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strunzig, weiß es, alle anderen auch. Kein Konflikt alles ok. Mh.
Die Erzählerin wird natürlich zu Unrecht so behandelt! Ha! Verschwörung! Wut! Und dann: zack: böse gegen die Rivalin, Schlag auf die Leber, zuckersüß, nachgetreten... uups.


strunzig = kenne ich nich, werde nachschlagen

zu Unrecht etc = genau das finde ich (inhaltlich) Klischee langweilig öde

aber hätte ich es sprachlich hingekriegt, würden wir gar nicht darüber reden.

zur Versöhnung (deine Langeweile, mein Frust) =
schick ich dir einen Eisbecher : Vanille, Birnensorbet, bisschen Schlagsahne ... was andres hab ich nicht.
Bald ist Feierabend?
LG
R.

Yorick

Beitragvon Yorick » 18.08.2009, 17:31

Jepp. Exakt........ jetzt.

strunzig: --> bei youtube nachschlagen... :)
Wünsche dir einen kühlerträglichen Abend.
Y.

Sam

Beitragvon Sam » 21.08.2009, 15:06

Hallo Renée, hallo Yorick,

da es nun von einem Text sozusagen drei Varianten gibt, erlaube ich mir einmal, einen Vergleich anzustellen.

Eins Vorweg: alle drei Texte sind sehr gut geschrieben.

Es ist nun sehr interessant, die Variationen hintereinander in der Reihenfolge ihres Erscheinens durchzulesen und dabei festzustellen, wie sehr sich die Geschichte verändert. Es verschieben sich die Blickwinkel zusehends und die Wahrnehmungsfläche wird deutlich verbreitert. Das macht es dem Leser leichter, wie immer, wenn ihm möglichst viele Anknüpfungspunkte gegeben werden. Aber, und Yorricks in Klammern gesetzter Hinweis "Ally Mc Beal Version") bestätigt dies auch, er verliert sehr an Tiefe. Es wird, auch wenn diese Unterscheidung eigentlich blödsinnig ist, aus E dann doch U; aus einem dialoglastigen Schwarzweißfilm eine bunte Fernsehserie; aus seelischen oder psychologischen Verwerfungen eine Schrulle.

Natürlich steht auch der Ausgangstext in der Rubrik Humor & Satire, aber er ist doch der wesentlich ernsthaftere Text. Er lotet die Persönlichkeit der Erzählerin bei weitem mehr aus, gerade durch seine Reduzierung. Hier findet man doch das größte Maß an Ironie, weil die Selbstwahrnehmung der Erzählerin nur durch ihre eigenen Aussagen gebrochen wird, und nicht durch von außen angetragene Beobachtungen oder Einflüsse.

Und damit wären wir auch schon bei den Unterschieden. Kleinigkeiten vielleicht, aber nicht ganz unbedeutende.

In der zweiten Version wird z.B. die Therapeutin eingeführt und ihr Verhalten erklärt. Dass es um eine Therapiesitzung geht, weiß man auch im ersten Text. Dieses Nachfragen, das Aufhängen an einzelnen Wörtern ist doch recht typisch.
Tatsächlich ist die Therapeutin aber sehr Wortkarg, ihre Einwürfe wirken gereizt und ungeduldig und am Ende hat man das Gefühl, sie nimmt ihre Patienten nicht wirklich ernst.
Da es aber ohne Erklärung daher kommt, sieht man in diesem Verhalten einen direkten Zusammenhang zu der Erzählerin. Der Ironiefaktor ist da für mich extrem hoch. Der verliert sich in der zweiten Version durch die Erklärungen, weil sie die Therapeutin zu autark machen, sie wird zusehr als eigenständige Persönlichkeit eingeführt, der Text wird in die Breite gezogen und verliert somit an Tiefe.

Sehr unglücklich finde ich den Schluss der zweiten Version. Es ist eine Pointe (hoffentlich nicht schon die ersten Auswirkungen des Drabble-Wettbewerbs), aber mehr nicht. Wie oben schon erwähnt, lebt die Ironie des Textes von dem, was die Frau erzählt. Dieser Effekt wird aber durch ein solche "leichte" Pointe geschwächt. Noch ein Zug ins Breite sozusagen.

Yoricks Version verzichtet ganz auf die Therapeutin. Nun wird Leser direkt angesprochen, was zwar theoretisch auf das Gleiche hinauslaufen könnte, wenn denn nicht die Frage: Warum wird hier erzählt? unbeantwortet bliebe. Ich halte es nicht ganz unwesentlich dafür, dass der Text, von seinem Ausgangspunkt her gesehen, funktioniert.
Ebenso hat sich in Yoricks Text die Perspektive verändert. Der eigentliche Protagonist ist nun Sophie. Liegt bei der ersten Version noch das Hauptaugenmerk auf dem Versagen der Erzählerin, mit der Konkurentin mitzuhalten, wird sie bei Yorick völlig von Sophie überstrahlt und ihre Unfähigkeit hat etwas Komödienhaftes dort, wo es bei Renée eigentlich tragisch ist.
Hinzu kommt das Ende. Bei Yorick verhält sich Sophie ja sehr großherzig, zärtlich sogar. Und in ihren Armen wimmernd und sich ihrem Hass hingebend, die Erzählerin. Natürlich ist sie auch hier die Verliererin. Aber nicht nur in der Geschichte an sich, sondern auch in der Erzählung und deren Perspektive. Und wieder ist das nur komisch. Eben wie in vielen Filmen und Serien, wo zwei Menschen mit den gleichen Ambitionen aufeinanderprallen und einer den Kürzeren ziehen muss. In Renées Geschichte geht es aber nicht um den Kampf der Erzählerin mit Sophie, sondern es einzig ein Kampf gegen sich selbst. Den sie verliert, indem sie wegrennt. Die Sophie zeigt ihr nur die kalte Schulter, so als ginge sie das eigentlich gar nichts an - womit sie auch Recht hat.

Fazit:
Die am wenigsten gelungene Version finde ich Renées Überarbeitung. Die hängt buchstäblich und auch im übertragenen Sinn in der Mitte in verliert nach beiden Seiten.

Yoricks Version ist die leichtere, die schneller zu konsumierende, aber in ihrer Komödienhaftigkeit auch viel oberflächliche Geschichte.

Die Ursprungsversion gefällt mir am besten, weil sie in ihrer Konstruktion das größte Maß an Ironie beinhaltet, in ihrere Tragik bissiger und auch "böser" ist, weil es nicht bloß um Versagen geht, sondern um Entlarvung. Und diese ist ja meist um vieles schmerzhafter.

Oder anders gesagt: Humor hat ja nicht selten, gerade bei solchen Geschichten, etwas mit Schadenfreude zu tun. Bei Renées erster Version bleibt einem das Lachen aber irgendwann ein bisschen im Halse stecken.

Viele Grüße


Sam

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 21.08.2009, 17:30

Hallo Sam,

ein interessanter Kommentar. Auch hier staune ich wieder, wie unterschiedlich man (wir mal wieder ;-)) Texte doch wahrnehmen kann.

Der eigentliche Protagonist ist nun Sophie. Liegt bei der ersten Version noch das Hauptaugenmerk auf dem Versagen der Erzählerin, mit der Konkurentin mitzuhalten, wird sie bei Yorick völlig von Sophie überstrahlt und ihre Unfähigkeit hat etwas Komödienhaftes dort, wo es bei Renée eigentlich tragisch ist.
Hinzu kommt das Ende. Bei Yorick verhält sich Sophie ja sehr großherzig, zärtlich sogar. Und in ihren Armen wimmernd und sich ihrem Hass hingebend, die Erzählerin. Natürlich ist sie auch hier die Verliererin. Aber nicht nur in der Geschichte an sich, sondern auch in der Erzählung und deren Perspektive. Und wieder ist das nur komisch.


Oder anders gesagt: Humor hat ja nicht selten, gerade bei solchen Geschichten, etwas mit Schadenfreude zu tun. Bei Renées erster Version bleibt einem das Lachen aber irgendwann ein bisschen im Halse stecken.


Außer über den Bonsaipinscher musste ich in keiner der Versionen über irgendetwas lachen und schon gar nicht über das LIch und ihre Situation. Yoricks Version ist leichter, flüssiger zu lesen, was jedoch für mich nicht automatisch einen Verlust an Tiefe oder inhaltlicher Ernsthaftigkeit nach sich zieht. Das Leben ist auch bunt, aber trotzdem oft genug tragisch. ;-) Ich wehre mich ein wenig gegen dieses E/U Klischee. Bei Yoricks Erzählweise ist man drin im Geschehen, nimmt größeren Anteil, kann sich identifizieren, mitfühlen, es liest sich gelebt, erlebt und nicht gezeigt.
Und dabei finde ich gerade Yoricks Ende spannend, weil es eben diese Schwarz-Weiß-Malerei nicht zulässt, diese dringende Erwartung, dass Sophie natürlich in Wahrheit wenigstens kaltherzig sein muss, was ja als Trost ganz gut funktioniert und auch die Unzulänglichkeit des LIch dann wieder ein Stück zurücknimmt. Zumindest menschlich kann sie sich dann als Siegerin fühlen. Indem Yorick das aber nicht zulässt, wird für mich das LIch auf sich zurückverwiesen, anstatt auf Sophie zu weisen.
Und dadurch kann für mich erst der Raum für Tragik entstehen und in dem Maße wächst auch meine Sympathie für die Geschichte und ihre Protagonisten.

In Renées Version (Hallo Renée :-)), die ihren ganz eigenen Reiz hat, finde ich die Rolle der Psychologin spannend, aber auch sehr die Geschichte dominierend, als ob die eigentliche Geschichte von LIch und Sophie nur eine Projektionsfläche ist, auf der eine ganze andere (eine Umkehrung der Verhältnisse über die Beziehung zwischen Madame G. und LIch) erzählt werden soll. (Was mir sehr gefallen würde!) Mir war bis zu Renées Kommentar nicht klar, was eigentlich gezeigt werden soll, weil der Fokus für mich zwischen diesen Beziehungen, Geschichte und Übertragungen zu sehr springt. Von der Erzählweise her gefällt mir der Aufbau und auch die Wiederholungen, das Gebrochene, Unterbrochene, und auch die Gesprächssituation und die Art, wie es beschrieben wird. Ich glaube darin könnte tatsächlich auch noch eine ganz andere Geschichte stecken, die man vielleicht noch etwas herausarbeiten könnte.

Auf deinen Kommentar hin habe ich mir Renées Versionen noch einmal angeschaut und für mich gewinnt die zweite Fassung eindeutig gerade durch die Brechungen, die Gedanken des LIch und die Figur der Madame G.
Bei der Pointe gebe ich dir jedoch absolut Recht. ;-)


Liebe Grüße
Flora

Trixie

Beitragvon Trixie » 21.08.2009, 19:41

Hallo Renée,

ich mag die erste Version von dir sehr gerne. Ich finde, die Klientin ist eine sehr tragische Person, denn du arbeitest für mich ein gewisses Desinteresse, ein routinemäßies pseudo-aktives Zuhören der Psychotherapeutin heraus, was die Banalität des in der Therapiestunde Erzählten fokussiert. Als wäre das, was der Klientin, die übrigens auch völlig anonym bleibt, widerfährt etwas völlig unerhebliches und dennoch macht sie ja eine Therapie, denn sie denkt, dass sie sich dadurch ändert, etwas verbessert in ihrem Leben. Sie tut dies, in dem sie ein Ventil sucht, nämlich der Psychotherapeutin von ihrem "miserablen unfairen" Leben zu klagen. Im Prinzip ist das eigenliche Fettnäpfchen dann für mich eher, dass sie dies alles der coolen, erfolgreichen Frau erzählt, der sie gegenüber sitzt (oder klassischerweise auf der Couch liegt), eine Ironie, denn einerseits denkt man sich, wenn man sich in die Therapeutin, die das Gespräch und somit den gesamten Text eröffnet, hineinversetzt "Oh man, reine Zeitverschwendung, es gibt viel tragischere Klienten da draußen und die kommt hier immer mit ihren banalen Geschichten an". Man weiß nicht viel über die Klientin, aber man erfährt zwischen den Zeilen einiges, was man zumindest interpretieren kann: Sie scheint keine Freunde zu haben - erzählt man sowas nicht eher seinen Freunden?!, sie scheint instabil zu sein, unsicher und mit wenig Selbstbewusstsein, sonst würde sie nicht glauben, dass sie eine Therapie nötig hätte. Sie traut sich nicht viel zu, interessiert sich für ungewöhnliche Dinge (Hybris, die Hunde, das Wissen über den Bonsai), hat also unübliche Interessen, was ihr die Freunde-Suche evtl. auch erschwert. Sie ist also schlichtweg einsam und ihr einziger Freund ist die Therapeutin, der sie, im verzweifelten Versuch, jemanden zum Reden zu haben, etwas aus ihrem (wie sie vermutlich auch weiß) völlig uninteressanten und gewöhnlichen Leben zu erzählen.
Darin besteht für mich hier die eigentliche Tragik. Wenn ich es so lese. Ich könnte es auch anders lesen, meinen Fokus auf andere Dinge lenken, aber ich möchte den Text jetzt einfach mal gerne so gelesen haben :-). Und in dem Sinne fand ich ihn genau richtig. Schön wäre es für mich, da schon so viele Namen und Funktionen auftauchen, wenn die Therapeutin auch noch irgendwo mit Namen angesprochen wird. Dann wird die Anonymität der Klientin noch deutlicher.

Hat mir also alles in allem sehr gut gefallen und der Titel reizt auf jeden Fall zum Lesen!

Liebe Grüße
die Trix

Yorick

Beitragvon Yorick » 21.08.2009, 21:47

Hallo Sam,

im Wesentlichen stimme ich dir zu. Auch bei dem "Verlust von Tiefe". Durch den Witz in der AMB-Fassung werden die "tieferen" Gefühle verdrängt, werden überspielt. Wie eben auch bei Ally - Ein Nervenzusammenbruch wird zu einer witzig/peinlichen Anekdote (leicht verdaulich), doch im Grunde ruiniert hier gerade ein Mensch seine psychische Gesundheit. Auch diese Art der Darstellung hat natürlich seine Berechtigung (mir fällt gerade der Film "Fargo" ein, den ich phantastisch finde - der aber auch mit viel Humor die Abgründe verschließt - Gefühle deckelt.)

Nun werden aber in allen drei Versionen Gefühle überspielt - nur in den Versionen von Renee tritt diesr Umstand durch das Fehlen von Ablenkung mehr in der Vordergrund. Und dadurch verleiht er dem Text scheinbar Tiefe, weil eine andere Beschäftigung fehlt. Denn meiner Erachtens werden im Text selbst die Gefühle nicht ernsthaft betrachtet, sondern durch Selbstmitleid und "Herzausschütten" umrissen. Das Fehlen eines gesunden Selbstwertgefühles und die damit verbundene Dramatik - das Scheitern - wird meiner Meinung nach nicht adequat *im Text* behandelt. Auch nicht durch die (für mich kaum wahrnehmbare) Therapeutin. Auch die von dir angesprochene Ironie habe ich nicht in dieser Stärke wahrgenommen. So hat in allen Versionen der Leser die Aufgabe, sich das eigentlich "psychologisch Spannende" hochzurechnen (wenn er will).

Es gibt Texte, die sehr gut mit diesem "Hochrechnen" funktionieren, aber jene sind meiner Meinung nach filigraner aufgebaut.

In der AMB-Version habe ich die Konturen geschärft, Motivationen deutlicher gemacht (ist ihr der Job wichtig? Nein, er bedeutet ihre Existenz!) Zusätzlich witziger gemacht. Das ist der Grund, warum dieser Text gelesen werden sollte: hey, der ist total witzig. Unterhalte mich. In den ersten beiden Versionen bin ich ausgestiegen, weil ich weder inhaltlich noch sprachlich etwas für mich interessantes finden konnte.

Ich könnte mir jetzt gut eine vierte Version vorstellen, in der die Situationen (Motivationen) deutlicher sind *und* die eigentliche Thematik besser behandelt wird. Worum geht es noch einmal genau, die Idee klarer herausarbeiten. Mehr Mut, denn das Thema ist ernst. Und ich will es lesen, und mir nicht selber denken müssen (natürlich ohne bevormundet zu werden).

Wie die Geschichte ausgeht ist selbstverständlich Geschmackssache. In der AMB-Version gibt es ein Happy-End (na klar!)
Und es ist Teil meiner Überzeugung, dass die Schilderung eines schmerzhaften Zustandes allein nicht so "reich" ist wie die Schilderung eines schmerzhaften Zustandes mit dem Entwurf oder einer Version der Veränderung. Welcher Art Veränderung auch immer! (und natürlich breche ich selbst das gerne mal, nix Dogma).

Soweit inhaltlich. Über meine technischen/stilistischen/sprachlichen Ansichten zu dem Text habe ich mich ja in den anderen Beiträgen geäußert.

Also Sam, an einigen Punkten stehen unsere Meinungen eng nebeneinader, an anderen -äh- nicht :)
(Falls ich wichtige Aspekte von dir übersehen habe oder falsch verstanden haben sollte, bitte nachsetzen.)
Dein Kommentar hat mich sehr gefreut!

Renee, was meinst du? 4. Staffel? Oder doch 1. Version?
Falls einige Anmerkungen hilfreich für dich sind, bin ich überzeugt davon, dass du eine Version hinlegen kannst, die deinen Gefühlen und Gedanken gerecht wird *und* diese Tiefe auch zum Leser transportiert.

viele Grüße,
Yorick.

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 23.08.2009, 09:47

Ihr Lieben,

ich mach mich mal ran (endlich tuts der Drucker wieder) und lese euch aufmerksamer (am Bildschirm flattern die Worte so schnell vorbei).



Bis dann und fürs erste : danke für alle[u] Kommentare

lg
Renée


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