Denn die Mutter ist Gott in den Augen eines Kindes

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Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 09.03.2009, 22:42

Einige Worte vorweg: Die Form dieses Textes gleicht sehr derjenigen von "Vergewisserung" von Max, daher habe ich ihn angeschrieben und gefragt, ob es ihn stören würde, wenn ich das hier einstelle. Er sagte, das sei in Ordnung und ich solle den Text einstellen. Vielen lieben dank dafür, Max! :drück:



Denn die Mutter ist Gott in den Augen eines Kindes

1.

Ein Anfang

Es war wohl kaum mehr als eine Woche vergangen, da musstest du wieder in die Schule. Damals war das noch neu für dich: Jeden Morgen ganz pünktlich aufstehen, damit noch genug Zeit für das Frühstück blieb. Die Mama hatte es schon vorbereitet, selbstverständlich. Nach dem Essen sich anziehen. Wie sorgfältig hast du jedes einzelne Kleidungsstück ausgewählt! Die schwere Tasche (von der Mama gepackt) auf den Rücken gehievt und hinaus in den Morgen. Zur Schule.
Nein, mehr als eine Woche war es nicht, da musstest du wieder hingehen. Mit dem Unterschied, dass der Morgen dich nun nasskalt empfing. Die Luft war feuchter als daheim. Der Himmel, der dein ganzes, kurzes Leben lang ein strahlendes Blau von unendlicher Tiefe gezeigt hatte, war hier gräulich und fern.
Du hast dich trotzdem gefreut. Schule, das bedeutete für dich Freunde, bunte Farben, viele neue Spiele und eine blaue Uniform. Blau hat dir immer schon gefallen. Nun, die Uniform brauchtest du hier nicht mehr, das hatte die Mama dir erklärt. Wie im Kindergarten, da hattet ihr auch keine Uniform. Aber für den Kindergarten warst du jetzt schon zu groß.
Die Mama verabschiedete sich bereits vor dem neuen Klassenzimmer, anstatt noch mit hinein zu kommen. „Du schaffst das!“ und „Viel Spaß, mein Schatz!“, sagte sie noch. Dann warst du allein.


Erinnerung Ι

Das Klassenzimmer war nicht mehr neu für mich und auch die Uniform hatte ich fast schon vergessen. Das schöne Blau lag ordentlich zusammengefaltet ganz hinten im Schrank. Da liegt es auch jetzt noch, Jahre später. Aber ich erinnere mich. Der Tag war, wie die Monate davor, nasskalt, der Himmel grau und fern:
Gestern war Montag. Ich habe der Mama gesagt, ich sei krank und sie glaubte mir. Ich lag ganz viele Stunden im Bett, bevor ich fragte, ob meine Schwester bald nach Hause käme, und ob die Schule endlich vorbei sei. Die Mama hat ja gesagt. Da rannte ich mit dem Hund nach draußen in den Nieselregen, um im Sandkasten der Nachbarn mit Zigarettenstummeln zu spielen. Genau wie damals, am Strand. Aber das war gestern, und der Hund ist jetzt wieder in der Wohnung eingesperrt, wo die Mama in letzter Zeit so oft saß und malte oder schrieb. Ich weiß aber nicht, was.


Bild Ι

Ein Kind, etwa sechs Jahre alt, eher sieben. Es geht eine alte Straße entlang, die Häuserreihen lassen keinen Platz für Bäume. Das Fast-Weiß der Hauswände ist durch die Abgase der Autos längst grau geworden. Die dunkelbraunen Fensterrahmen unter dunkelbraun gedeckten Dächern sehen auf das Kind herab. Der Gehweg ist viel zu schmal, aber die Kinder der hiesigen Grundschule kennen es nicht anders.
Das Kind schließt die Augen, es sieht seine Mutter. Sie ist in ein Loch gefallen. Es ist nicht tief, aber sie kommt nicht mehr hinaus. Darum herum stehen Menschen, Leute. Das Kind kennt sie nicht, sie haben keine Gesichter. Warum helfen sie ihr nicht?
„Mama?“ – Erschrocken öffnet das Kind die Augen. Es beeilt sich, nach Hause zu kommen.


Liebe alltäglich

Ja, ihr großen Dichter
ihr hattet gut leiden
an der Welt
war einer von euch denn Mutter?
Ach, auch wir
spüren den tiefen Schmerz
und können doch nicht
wie ihr in ihm versinken
dürfen uns nicht
unter der Last des Leides beugen
aufrecht müssen wir gehen
aufrecht wollen wir stehen
vor unseren Kindern
Frau sein und Mutter
auf unseren Armen sie tragen
der Trauer, Verzweiflung
die Stirn zu bieten
diese Liebe alltäglich zu üben
erfordert die Zeit, erfordert die Welt.



2.

Rückblende

Du und deine Schwester, ihr wolltet Freunde einladen. Damals hattet ihr weitgehend die selben. Mehr als zehn Kinder tummelten sich schließlich in dem großen Garten. Ihr wolltet spielen und das tatet ihr auch, den ganzen Tag. Die Eltern nahmt ihr gar nicht mehr wahr, und die wiederum freuten sich so sehr über euer Lachen, dass sie euch in Frieden spielen ließen.
Es war Winter, die Sonne schien warm durch die gläserne Terrassentür. Der Zitronenbaum trug Früchte, wie er es das ganze Jahr über tat. Du und dein bester Freund, Johnny, lagt auf der von Sonnenstrahlen erhitzten Mauer vor der Treppe. Weißes Mädchen, schwarzer Junge. Die Mama machte ein Bild davon.
Heißer Staub wurde vom Wind ins Haus getragen, man konnte ihm nicht entkommen. Du liebtest diesen Geruch von Ferne und Abenteuer, den der Wüstensand mit sich trug. Schon damals wusstest du diese Begriffe zu verbinden, denn die aufregendsten Zeiten hattest du dort draußen erlebt. Später sagte man, du hättest einen außergewöhnlichen Wortschatz. Du dachtest immer, du hättest außergewöhnliche Erinnerungen.


Erinnerung ІІ

Der Tag war sonnig und warm, aber ich nahm es nicht wahr. Die Gewohnheit nimmt vielen Dingen ihre Bedeutung. Erst Jahre später erschien mir jeder dieser Momente einzigartig:
Wir waren in der Stadt und haben eingekauft. Da stand ein Mann mit ganz vielen bunten Ballons! Ich habe die Mama gefragt, ob ich einen haben darf und sie hat mir und der Schwester welche gekauft. Meiner war lila mit vielen weißen Sternen darauf. Mein Ballon war der schönste den ich je gesehen habe. Und er flog sogar von alleine, also hat die Mama ihn mir an einer Schnur um mein Handgelenk gebunden. Damit er nicht weg flog.
Genau deshalb habe ich die Schnur an den Stuhl auf der Terrasse geknotet, als ich der Mama gezeigt habe, von welchem Stern ich eigentlich komme. Und dann habe ich ihr erzählt, dass Pegasus mich früher immer zwischen den Sternen hin und her getragen hat. Früher, bevor ich geboren war.
Als ich am nächsten Morgen auf die Terrasse lief, war der Ballon fort.


Bild ІІ

Das Kind, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, sitzt in einem bunten Kindersitz auf dem Rücksitz eines großen, weißen Toyota Landcruisers. Neben ihm seine Schwester, vorne die Eltern.
Die Familie fährt an einem Park vorbei. Für einen Augenblick blitzt das verrostete Metall einiger Spielgeräte hinter dem Springbrunnen auf. Aber das Kind blickt jetzt nicht dorthin, denn am Straßenrand steht ein großes Schild. Die Glühbirnen flimmern bunt, zeigen eine Flagge. Die Farbfelder sind schräg: Blau, Weiß-Rot-Weiß, Grün. Auf dem Blau eine kreisrunde, gelbe Sonne mit zwölf Strahlen.
Mit einem ehrfürchtigen Gesichtsausdruck hebt das Kind eine Hand dorthin, wo man ihm sein Herz gezeigt hat. Die Schwester schläft. Staub wirbelt über die hier noch asphaltierte Straße.


Hymne

Namibia land of the brave
Freedom fight we have won
Glory to their bravery
Whose blood waters our freedom
We give our love and loyalty
Together in unity
Contrasting beautiful Namibia
Namibia our country
Beloved land of savannahs
Hold high the banner of liberty

Namibia our country
Namibia motherland
We love thee.



3.

Späteres

Die Musik spielte laut. Die dunklen Lieder hätten wohl nur wenigen außer denen, die da waren, gefallen. Das kaum vorhandene Licht zuckte in Ekstase: Rot, Weiß. Dazwischen ab und zu ein Spritzer von Gelb oder Grün. Du fühltest dich wohl unter diesen Leuten. Sie alle waren vorwiegend schwarz gekleidet, und kaum jemand hatte diese Nicht-Farbe mit einigen Tupfern tatsächlicher Farbe kontrastiert. Deine eigene Kleidung passte sich perfekt ein: Der dunkelrote Samtrock harmonierte elegant mit dem nadelgestreiften Oberteil. Das winzige Vorhängeschloss war dein Ersatz für die Nietenarmbänder, die vor längerer Zeit verloren gingen. An den Armen trugst du stattdessen enge, schwarze Satinhandschuhe. Solche hattest du dir schon lange gewünscht.
Zwei deiner Freunde waren da und einige Bekannte. Außerdem etliche Leute, die du nicht kanntest. Du hast viel getanzt an diesem Abend, denn der gute DJ legte auf. Und viel gelacht, denn entgegen der Vorstellung mancher Menschen ging es in der Szene recht fröhlich zu. Später am Abend habt ihr über Marx diskutiert.


Erinnerung ІІІ

Wir gingen spazieren. Das laute Grün der Bäume war an diesem Tag stumm. Der Schnee hatte eine friedliche Stille über das Niemandsland gelegt. Nur unsere Schritte knirschten im allgegenwärtigen Weiß. Wir hinterließen eine Spur, die niemand je sehen würde. Es war unsere ganz eigene Spur, unser Weg. Ohne Ziel wanderten wir zwischen den Hügeln entlang und pflegten das Vertrauen mit unserer wortlosen Unterhaltung.
Und wie wir dort die Zeit um uns herum vergaßen, merkte ich, dass ich an diesem Ort bleiben wollte. Ich fühlte mich sicher. Doch ich wusste und weiß auch jetzt, dass diese Sicherheit trügt. Schnee schmilzt und wenn das Grün erneut auflebt, werde ich wieder fliehen.
Ich wollte immer Kinder haben.


Bild ІІІ

Das Kind ist jetzt älter. Es liegt in einem schmalen Bett, neben ihm eine weitere Person. Das Zimmer ist dunkel, denn es ist Nacht. Durch das Fenster dringt ein wenig Rauch von der gegenüberliegenden Fabrik, doch das Kind achtet nicht darauf. Es ist soeben aufgewacht, die Hand der anderen Person fest in seiner eigenen haltend. Sie ist feucht von Tränen.
Das Kind sieht noch einmal den Traum: Es kommt von der Schule nach Hause, den Kopf gesenkt, wie schon damals. Es ist sehr unruhig, Sorge zeigt sich auf seinen Zügen, während es den kleinen Dorfplatz überquert. Es beeilt sich, nach Hause zu kommen.
Schon als es den Schlüssel zu dem großen Tor hervorholt, spiegelt sich die Gewissheit in seinen Augen: Etwas ist passiert. Beinahe rennend betritt es den großen Hof des Hauses. Die Mutter liegt bewusstlos auf dem Boden, sie scheint gestürzt zu sein. Neben ihr eine grüne Gießkanne. Die Haustür steht offen. Das Kind läuft zu ihr. Tränen rinnen seine Wangen hinab. Irgendwo in der Nähe muss doch der Freund der Mutter sein, sein Auto steht vor dem Haus. Offenbar hat er noch nichts bemerkt.
„Mama!“


Ohne Gewähr

Es ist ohne Gewähr mein Kind,
dass ich morgen noch bei Dir bin,
und wenn ich morgen noch bei Dir bin,
dass wir noch zusammen sind.

Selbst die Liebe mein Kind,
habe ich schon verrotten seh'n,
sah Mann und Frau, Mutter und Kind auseinander geh'n,
und auch Du bleibst nicht ewig blind.
Ich weiß nicht, mein Kind,
was ich Dir morgen noch geben kann,
weiß, dass so manches schon zwischen den Fingern zerrann
und Unfassliches oft gewinnt.

Es ist, mein Kind, auch ohne Gewähr,
dass Du selbst Dich im Leben gewinnst.
Wir hoffen und weben ein Traumgespinst
und wenn wir fallen, sind wir dafür zu schwer.
Du glaubst, das Leben sei ein Versprechen,
siehst Dich in Wolkenschlössern.
Ja, schwebe, solange es geht, auf Flügelrössern.
Allein ich ahne, Du wirst die Knochen Dir brechen.

Ach ich wollte, mein Liebstes, mein Kind,
ich könnte dir sagen,
auch dann bin ich da, Dich zu tragen.
Doch ich fürchte, ach wie ich fürchte, mein Kind
meinen Geist entreißt mir im Sturm der Wind.



Copyright: „Liebe alltäglich“ und „Ohne Gewähr“ mit freundlicher Genehmigung von Petra Katharina.
Die Nationalhymne Namibias schrieb Axali Doëseb.

Max

Beitragvon Max » 09.03.2009, 23:08

Liebe Ellie,

ich möchte zunächst ein paar grundlegende Dinge bemerken, für eine Einzelkritik nbin ich gerade ein wenig müde, weil mich meine Hunde heute Nacht nicht ausschlafen ließen ;-).

Zum allerersten beantwortet der Text eine Frage, die ich mir gestellt habe, nämlich ob (und wie) man Texte in der Form von "Vergewisserung" schreiben kann, ohne dass diese als eine Kopie der Form erscheinen. Ich habe mich selbst auch schon an Varianten dieser Form versucht, war aber noch nicht so recht zufrieden mit den Resultaten.

Ich finde der Text funktioniert, ich kenne ja nicht viel von Dir, so dass ich kaum vergleichen kann, aber dieser Text ist in meinen Augen gelungen. Ich denke auch, dass er sich im Vergleich zu der Fassung, die ich kannte (und die ja auch schon die dritte war ;-)) verbessert hat. Der Titel ist tiefer geworden. "Erinnerung II" hält viel besser die Distanz. Interessant finde ich auch doie Idee Fremdtexte einfließen zu lassen. Das habe ich Vergewisserung mit den Fragen aus dem Proustschen Fragebogen nur sehr spärlich getan. Die Hymne Namibias dort bei dir ist ein starkes Einsprengsel.
Die Idee, Texte Deiner Mutter zu verwenden (jetzt weiß ich ja, wer es ist :-) ), finde ich sehr gut, weil sie den Formenhorizont erweitert. Das zweite gedicht "Ohne Gewähr" finde ich sehr gelungen (und nun verstehe ich auch, dass es gut ist, dass die Tonlage dieses Gedichts etwas anders ist als Dein restlicher text). Das erste Gedicht "Lieb alltäglich" finde ich in seinem ausholenden gestus, im Bezug auf die bekannten Dichter, ein wenig zu groß .. aber das kannst Du dir ja schließlich nicht wünschen :-)

Ich habe es sehr gern gelesen .. frage mich nur, wie lang denn bei Dir lange Prosa ist, wenn diese hier kurz ist ;-)
Liebe Grüße
max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 10.03.2009, 00:18

Hi Ellie,

mein erster Eindruck, ohne ins Detail zu gehen:
mich haben deine Zeilen sehr berührt und gefesselt, so dass ich sie in einem Rutsch gelesen habe, nirgends ins Stocken geriet. Du hast mich als Leser regelrecht aufgewühlt, einen Nerv getroffen, wobei ich noch gar nicht genau festmachen kann, woran das liegt. Ich werde es noch mehrmals lesen.
Auf jeden Fall finde ich es sehr gelungen!

Saludos
Mucki

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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 10.03.2009, 11:29

Hallo Ellie,
aus irgendeinem Grund kann ich den Text nun, da er mir im Netz begegnet, besser literarisch betrachten, weil sich die persönliche Perspektive nicht so stark dazwischen schiebt.
Er ist atmosphärisch dicht und gelungen komponiert; die vereinzelten Schlaglichter spannen ein gewaltiges Nichts "zwischen den Zeilen" auf, das weit über den konkreten Textkörper hinausweist und ihm Tiefe und Faszination verleiht. Besonders interessant ist die Wahl des Gesichtspunktes, eine Art Innen-Außen-Hybrid, die sich nah an der Innerlichkeit des Protagonisten hält, ohne sie direkt zu thematisieren. Die Perspektive (Wechsel zwischen "Das Kind" und "Du", aber niemals: "Ich") passt dazu.

"Später sagte man, du hättest einen außergewöhnlichen Wortschatz. Du dachtest immer, du hättest außergewöhnliche Erinnerungen."
ist übrigens innerhalb des Prosateils meine Lieblingsstelle.

Liebe Grüße
Merlin

Max

Beitragvon Max » 10.03.2009, 11:33

Liebe Elllie,

nun ist mir Merlin zuvor gekommen ... die Zeilen

Später sagte man, du hättest einen außergewöhnlichen Wortschatz. Du dachtest immer, du hättest außergewöhnliche Erinnerungen.


habe ich ja schon in der Mail erwähnt. Sie sind für eine der kleinen Wahrheiten, die man als Autor gerne in Texte streut ;-)

Liebe Grüße
Max

Sam

Beitragvon Sam » 10.03.2009, 16:41

Hallo Elli,

mir gefällt dein Text auch ausnehmend gut. Klar, die Ähnlichkeit zu Max Text ist mehr als auffällig. Und es wäre sehr spannend, die beiden Texte miteinander zu vergleichen, was ihren Aufbau angeht, um genau die Parallelen und Unterschiede herauszuarbeiten (nicht welcher besser ist!!!). Aber Max Text ist ja im Moment nicht da :-(

Eine Übereinstimmung möchte ich aber gerne erwähnen, weil sie unter Anderem dazu beiträgt, dass hier zwei sehr gute Texte entstanden sind. Der Aufbau und auch die Erzählhaltung bewirken eine gewisse Distanz, obwohl hier ganz persönliche Dinge beschrieben werden. Und genau diese Distanz verhindert jeglichen unangenehmen Pathos und jegliche Larmoyanz. Sie bewirkt eine beobachtende Haltung, keine erlebende. Das Erlebnis liegt ganz auf der Seite des Lesers und entfaltet dadurch eine entsprechende Wirkung. Die Mittelbarkeit der Erzählung wird zur Unmittelbarkeit der Leseerfahrung.

Und wie bei Max, schließt sich das Fragmentarische zu einem Ganzen, weil jedes Fragment eine in sich kleine Geschichte ist, die sich nicht in bloßer Eindrucks- oder Gemütszustandschilderung oder Bebilderung verliert.

Jener, von Merlin zitierte Satz ist auch mein Highlight. Aber es gibt auch noch so andere versteckte Dinge, die ich sehr interessant finde. So wird einmal von den Eltern erzählt, später aber vom Freund der Mutter. Also haben sich grundlegende Dinge im Leben geändert, nicht nur ein Umzug von einem Kontinent zum anderen.
Da steckt eine Menge Wehmut in dem Text, ohne dass sie sofort deutlich zu Tage tritt. Unaufdringlich. Kleine und große Ereignisse fließen zusammen und ergeben ein Gesamtbild, das vom Leser problemlos aufgenommen werden kann, ohne dass er sich in eine bestimmte Richtung gedrängt fühlen muss.

Einzige kleine Kritelei wäre der erste Absatz. Den musste ich dann doch mehrmals lesen. Erst aus der Abfolge der weiteren Teile wird so richtig ersichtlich, dass es sich um den Schulbesuch nach dem Umzug handelt. Das ist ein wenig unglücklich formuliert.

Glückwunsch zu diesem guten Text und vielen Dank dafür!

Liebe Grüße

Sam

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 10.03.2009, 19:32

Lieber Max, liebe Mucki, lieber Merlin und Sam,
vielen Dank für eure netten Kommentare! :-)

Max, deine Antwort freut mich natürlich ganz besonders.
Zum einen natürlich deshalb, weil ich den Text trotz großer Ähnlichkeiten einstellen durfte. Und zum anderen weil eine positive Rückmeldung von dir auf diesen Text mir dementsprechend viel bedeutet. Ich hatte ja recht lang Bedenken, ihn dir überhaupt zu zeigen, und freue mich jetzt sehr, dass er dir gefällt und offenbar nicht wie eine blasse Kopie erscheint. Das ist mir sehr wichtig.
Deine Anmerkung zu Erinnerung II hat mir noch sehr geholfen mehrere ähnliche Kleinigkeiten zu finden und zu verbessern. Und mit dem Titel bin ich jetzt auch zufriedener. Danke!
Und unter Kurzprosa steht das hier, weil es ja schließlich nur ein Drittel des letztendlichen Werkes sein soll. Es ist also ein Fragment und laut Beschreibung gehören hier Fragmente rein... ;-)

Lieben Gruß (auch an deine Hunde)...


Mucki, deine Antwort hat mich sehr verblüfft, denn mit einer solchen Reaktion hätte ich niemals gerechnet!
Sie freut mich daher um so mehr! :-)


Merlin, das freut mich, du wirst dir ja denken können das deine Kommentare dazu mir wichtig sind.
Deine Bemerkung zu der Perspektive finde ich sehr interessant, denn ich hatte mir während des Schreibens Sorgen gemacht, ob das so funktionieren würde.


Lieber Sam,
ehrlich gesagt würde mich ein solcher Vergleich auch reizen, um besser zu verstehen wie diese Collagenform genau wirkt. Vielleicht können wir das ja mal tun, wenn Max Vergewisserung wieder da ist und er nichts dagegen hat?
Schön finde ich auch, dass du "andere versteckte Dinge" ansprichst, wie den Freund der Mutter. Das zeigt mir, dass diese Details nicht zu versteckt sind und man sie bemerkt, ohne dass sie aufdringlich werden, wie du ja auch sagst. Oder anders ausgedrückt: Ich freue mich sehr darüber das diese kleinen Experimente innerhalb des großen Experiments geglückt sind!
Die Formulierung des ersten Teils ist natürlich nicht wirklich einleitend und kann daher verwirren, leider weiß ich nicht recht wie ich das umformulieren könnte, ohne die Form zu zerstören. Na vielleicht fällt mir dazu ja noch etwas ein.
Nochmals danke für diesen schönen Kommentar! :-)


Liebe Grüße,

Ellie

Max

Beitragvon Max » 10.03.2009, 20:46

Lieber Sam, liebe Ellie,

ich könnte Euch den Text momentan nur persönlich zur Verfügung stellen.

Es ist ein wenig dumm. ich habe oihn eingesandt und man sollte dort generell seine Veröffentlichungen nennen, auch die im Internet. Umgekehrt sollte der Text noch nicht veröffentlicht sein - vermutlich dann auuch nicht im Internet. Absurd ist das vor allem, weil man natürlich sowieso nie gewinnt, dann aber nicht aus einem so banalen Grund ausscheiden will.

Liebe grüße
Max

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 11.03.2009, 16:29

Lieber Max,

darüber würde ich mich freuen! Ich weiß nicht ob Sam ihn dann schon mit mir vergleichen möchte, oder ob er lieber warten möchte bis der Text hier wieder zugänglich ist, aber mich würde das wirklich sehr reizen. Danke!

Ach irgendwer muss ja gewinnen... Also halte die Regeln lieber ein ;-) Und ich wünsche dir nochmal viel Glück dabei!

Liebe Grüße,

Ellie

Sam

Beitragvon Sam » 11.03.2009, 18:43

Hallo Elli, hallo Max,

ich würde gerne warten, bis der Text hier wieder öffentlich ist. Dann könnte jeder, der Spaß daran hat, sich beteiligen bzw. es gut nachverfolgen.

Und dir Max drücke ich die Daumen. Aber ob du nun gewinnst oder nicht, ändert nichts an der Qualität deines Textes und daran, dass er wirklich gelungen ist.

Liebe Grüße

Sam

Max

Beitragvon Max » 11.03.2009, 23:32

Liebe Elli,

ich schicke ihn Dir morgen früh (wenn ich muse haeb, ihn hier zu suchen ... )

Liebe Grüße
Max

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 14.03.2009, 13:38

Danke, Max! :)


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