Fernsehabend

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Luvya

Beitragvon Luvya » 02.04.2006, 19:07

Mein Kopf liegt auf seiner Schulter. Es ist dunkel, nur der Fernseher strahlt ein leichtes Dimmerlicht in den Raum. Vorsichtig tastet meine linke Hand nach seiner rechten. Mein Zeigefinger malt Kreise auf seine Handfläche, umspielt die vorstehenden Knöchel. Ich spüre den Pulsschlag in seinen Venen. Seine Finger umschließen meine, er drückt meine Hand. Ich bin da, heißt das. Ich drücke zurück, schmiege mich noch näher an ihn, sehe auf den Fernseher. Mir laufen Tränen über die Wangen, aber es ist nicht der Film, der mich so traurig macht. Ich weine, weil neben mir mein bester Freund liegt, den ich nicht lieben will, weil ich ihn so sehr liebe.

moana

Beitragvon moana » 02.04.2006, 22:09

Oh Luvya! Kannst du meine Gedanken lesen? Schreibst du aus dem Leben gegriffen oder ist das eine Erfindung? Ich hatte diese Situation vor gar nicht allzu langer Zeit. Genau diese, in der ich genau das erlebt habe... Ich habe dadurch fast meinen besten Freund verloren. Weil ich ihn so sehr geliebt habe. Und nicht wusste, wie das weitergehen soll. Weil er mich auch geliebt hat. Nur anders. Nach einer Pause von zwei Monaten wollen wir nun doch unserer Liebe eine Chance geben. Als beste Freunde und als feste Freunde. Und bisher klappt das wunderbar :wub: .Das war jetzt wahrscheinlich völlig unsinnig, was ich geschrieben habe, aber da siehst du mal, wie sich deine Geschichte entwickeln kann! Ich finde das irgendwie unheimlich :-s . Aber danke für diese Reflektion meines Lebens :-$ ! Sehr gelungene "Geschichte". Wunderbar. §blumen§ ! :knuddel2:

liebes grüßerl von moana

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 03.04.2006, 13:13

Hallo,

für mich ist das hundertprozentig aus dem Leben. Einfach nur schön. :razz:

Liebe Grüße
Marlene

Gast

Beitragvon Gast » 03.04.2006, 14:15

@ Marlene,
Schön :???: frage ich ziemlich verwundert?
Wenn man jemanden liebt und nicht lieben will weil man ihn so liebt??? :-s
oder bezieht sich das eher auf moanas Stellungnahme?

Liebe Grüße
Gerda

Hallo Luvya:
bitte erkläre mir wie du folg.meinst: Mir laufen Tränen über die Wangen, aber es ist nicht der Film, der mich so traurig macht. Ich weine, weil neben mir mein bester Freund liegt, den ich nicht lieben will, weil ich ihn so sehr liebe.
Für mich hört sich das, paradox an.

Meine Interpretation:

Da liegt ein Paar und schaut fern. Eng beieinander. Sie liebt ihn.
Da sie ihn liebt , will sie ihn nicht lieben...
Meinst du vielleicht sie "macht sich nicht an ihn heran"? - dass sie ihre sexuellen Gelüste unterdrückt???
Wenn du das meinst warum lässt du dann Tränen rollen, anstatt zu vom Begehren zu schreiben und der Trauer es unterdrücken zu "müssen".

Wenn es sich aber um eine solche Beziehung ohne körperliche Liebe handelt, dann wird sie wohl hoffentlich so schlau sein und nicht heuelnd neben ihm liegen, sondern seine Freundschaft achten und genießen.

Jetzt habe ich über die letzten zwei Sätze der Geschichte fast so viel geschrieben wie der Inhalt deiner Geschichte insgesamt ausmacht.
Na ja, vielleicht erkennst du die Problematik, die andere scheinbar bisher nicht gesehen haben...

Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 03.04.2006, 14:53, insgesamt 1-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 03.04.2006, 14:41

Liebe Luvya,
auch ich finde den text unheimlich intensiv...und weiß auch, was du meinst. Genau so ist es...der Moment ist sehr gut gezeichnet. Ich würde ihn trotz Gerdas Fragen auch nicht mehr auseinanderziehen und die Konturen der zwei Lieben stärker zeichnen, denn sie sideln ja mehr als nah beieinander.

Herby

Beitragvon Herby » 03.04.2006, 15:11

Hallo Luvya,

diesen Text find ich sehr gelungen! Hat Freude gemacht, ihn zu lesen! O:)

@Gerda

...was die letzte Zeile angeht, ja, sie klingt paradox, aber in diesem Paradoxon liegt für mich ein Sinn! Man kann sich durchaus scheuen, jemanden zu lieben, wenn die Liebe einfach zu groß ist und man fürchtet, das Gegenüber mit seiner eigenen Liebe zu erdrücken! Das spricht in meinen Augen sogar für eine sehr große Sensibilität des / der Liebenden. Ich finde gerade den Schluss von Luvyas Text hervorragend!

LG Herby

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 03.04.2006, 15:29

Wie heißt es so schön?

"Eine Liebesbeziehung ist das Ende der Freundschaft!"

Das sehen die meisten Menschen so, so agieren sie auch.
Es werden also große Unterschiede gemacht zwischen Liebespartnerschaft und "platonischer/nichtsexueller" Freundschaft.

Ich lebe zwar in einer Partnerschaft, in der beides möglich ist, aber auch ich muß zugeben, daß es weitaus öfter der Fall ist, es nur in den o.g. Polaritäten zu sehen.

Daher verstehe ich die Problematik durchaus, sie ist nur "scheinbar" paradox. Gleichzeitig fände ich es nicht sonderlich gut, wenn mensch diesem Status Quo des Fühlens und Denkens verhaftet bliebe - denn das würde nur zu einer weiteren Fundamentierung einer m.E. nach unvollständigen Lebenssicht führen.

Daher sind beide Protagonisten in meinen Augen eher zu bedauern. Denn es wird auf Dauer nicht gelingen, damit umzugehen (die Tränen sind also gerechtfertigt), doch ein Konflikt, der nur hinausgeschoben wird, kann nicht gelöst werden. Das hört sich jetzt alles bestimmt recht kaltherzig an, ist es aber nicht. Es wäre viel kaltherziger anzunehmen, daß es keine Lösung gäbe (weil mensch sich vor dem damit verbundenen Streß und Leiden fürchtet).

Zusammengefaßt wirft dieser Text also einen kurzen, prägnanten und gelungenen Blick auf eine schwierige Thematik in der Geschlechterbeziehung.
Trotzdem gebe ich auch Gerda recht, die nämlich etwas vermißt, was da leider nicht zur Sprache gebracht wird, den Aspekt der erotischen Anziehung und des Begehrens. Der gehört dazu - sonst gäbe es die beschriebene Problematik ja gar nicht. Und das er so außen vor bleibt, daß er nicht einmal erwähnt wird ist genau das, was Gerda hier zu recht kritisiert.

Dahingehend dem Text noch den letzten Schliff zu geben, kann also in keinem Fall verkehrt sein.

Gruß
Frank

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Beitragvon Lisa » 03.04.2006, 16:16

Hallo Frank,
was du schreibst, finde ich sehr spannend: Du hast recht, das geschilderte Problem ist menschengemacht, es müsste nicht unbedingt existieren. Und du hast auch recht, dass zu größten Teilen das Erotische den Unterschied bildet, Grenzen und so die Problematik schafft. Ich frage mich. ob man sich wirklich von diesen Grenzen frei machen könnte, oder ob man es in einigen Punkten auch gar nicht will (und es so auch nicht schaffen kann).

Vielleicht gäbe es das Problem also gar nicht, wenn es normal wäre mit seinen Freunden zu schlafen und nur mit seinem Partner nicht, auch mal eine Variante :cool:

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 03.04.2006, 16:55

Hallo Gerda,

ich glaube, dass dieser Jemand trotzdem geliebt wird, dass man einen wie ihn eigentlich nicht so lieben kann, wie man es trotzdem tut. Beneidenswert, Beide.

Liebe Grüße
Marlene

Luvya

Beitragvon Luvya » 05.04.2006, 19:52

huch, da bin ich mal ein paar tage nicht da und dann entwickelt sich hier eine riesendiskussion. ich bin ja ein bisschen stolz :smile: erstmal natürlich allen vielen dank für das feedback. §blumen§
da ich ja nun (vor allem durch den letzten satz) ein wenig verwirrung gestiftet zu haben scheine, bemüh ich mich mal um aufklärung.

@moana: ich sag doch ähnliche denkstrukturen :mrgreen: ja, das ist echt passiert

Gerda Jäger hat geschrieben:Da liegt ein Paar und schaut fern. Eng beieinander. Sie liebt ihn.
Da sie ihn liebt , will sie ihn nicht lieben...
Meinst du vielleicht sie "macht sich nicht an ihn heran"? - dass sie ihre sexuellen Gelüste unterdrückt???
Wenn du das meinst warum lässt du dann Tränen rollen, anstatt zu vom Begehren zu schreiben und der Trauer es unterdrücken zu "müssen".


also: erstmal liegt da kein paar, im sinne von liebespaar, sondern ein mann und eine frau, die beste freunde sind. sind sind so gut befreundet, dass man eigentlich sagen kann, sie lieben sich, aber eben nur platonisch. der grund, aus dem die frau weint ist: sie merkt, dass sie in diesem moment mehr will, aber sie will auf keinen fall die freundschaft aufs spiel setzen. sie ist traurig, dass sie nicht mit dem zufrieden sein kann, was sie hat und weint, weil sie nicht aufhören kann ihn zu streicheln etc.

Franktireur hat geschrieben:Trotzdem gebe ich auch Gerda recht, die nämlich etwas vermißt, was da leider nicht zur Sprache gebracht wird, den Aspekt der erotischen Anziehung und des Begehrens. Der gehört dazu - sonst gäbe es die beschriebene Problematik ja gar nicht. Und das er so außen vor bleibt, daß er nicht einmal erwähnt wird ist genau das, was Gerda hier zu recht kritisiert.


ich finde schon, dass ich ein wenig deutlich gemacht habe, dass sie sich körperlich zu ihm hingezogen fühlt. sonst würde sie nicht näher an ihn ranrücken. ich mein, sie muss ja nicht gleich über ihn herfallen, ne? :grin: eigentlich wollte ich es ein wenig subtil machen. ich finde, die melancholische stimmung geht sonst ein bisschen kaputt, oder?

liebe grüße an alle
luvya


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