Ein Geburtstag auf der Vulkanstraße
Am Puff unterwegs mit der Mofa-Bande
[align=justify] Damals hatten wir alle diese Mofas. Ich fuhr eine 15 Jahre alte Herkules MF3, die ich schwarz angepinselt hatte. Zog über 50 Sachen die Karre, Krümmer abgesägt, Luftfilter raus, Tank abgebeizt. Chrom, Mann, Chrom.
Die Tage wurden schon kürzer, wir fuhren hinten am Puff rum, geil darauf, einen Blick auf die Nutten in den Hausfluren zu erhaschen, Uwe, Archie und ich.
Zwischen zwei Bordellen hielten wir an. Da war so ein großes Tor, dahinter lag ein alter Innenhof. Alles vergammelte Häuser, Wäscheleinen mit Schlüpfern drauf und jede Menge Balkone. Auf einem dieser Balkone standen nun so'n paar Mädchen. Und die winkten uns eindeutig zu, wir sollten doch rüberkommen. Wir kriegten uns kaum noch ein, und fuhren schlingernd um den Häuserblock, um das entsprechende Haus zu suchen, zu dem dieser fabelhafte Balkon wohl gehören mochte.
Und da standen sie auch schon in der Haustüre, warteten auf uns und kicherten. Eine von ihnen hatte Geburtstag und suchte spontan Leute für eine kleine Party. Na, wir hatten nun wahrhaft nichts anderes vor. Also rein. Vier Treppen hoch, sie kicherten immer noch. Wir inzwischen auch. Oben angelangt gings erst durchs Wohnzimmer, die ganze Familie war da, OmaTantePuse, es waren Polen, und wir schüttelten jedem die Hand, ausgesprochen herzlich. Dann gings ins Jugendzimmer. Musik, kleine Häppchen, alles ging sich prima an.
Es war noch ein Typ da, irgendjemands Bruder, und der brachte dann auch alsbald so einen Schnaps an. Keine Ahnung, was das wohl für ein Fusel war, es war eine Riesenflasche ohne Etikett, aber wir zogen alle kräftig an diesem Destillat. Die Mädchen wurden immer hübscher.
Nun war das alles noch zu jener Zeit, als man als Heranwachsender und wild vor sich hin Pubertierender abends zu einer bestimmten Zeit zuhause sein musste, weil Mami sonst nicht pennen konnte. Um Zwölf war Schicht. Als die Zeit gekommen war, wollte ich, wenn auch schweren Herzens, aus der Bude raus und nach Hause fahren. Blau genug war ich allemal. Da stellte sich die Blonde, mit der ich die ganze Zeit schon geliebäugelt hatte vor die Türe und wollte mich nicht gehenlassen. Stattdessen warf sie ihre Arme um mich und schob mir ihre Zunge in den Hals. Archie und Uwe hatten es auch nicht leicht mit den anderen. Wo war eigentlich der Bruder abgeblieben? Egal.
Ich ließ mich nicht lange lumpen und griff ihr unters Hemd, ziemlich ausgeprägt alles, mein Schlüpfer tropfte schon vor Erregung, wir knutschten und fummelten immer wilder rum und kippten immer mehr von diesem wunderbaren Schnaps in uns rein.
So gegen halb vier kamen wir dann doch irgendwie frei, stolperten die Treppen runter, stiegen auf die Mofas, und jeder knatterte lachend und hupend in eine andere Richtung davon. Heidewitzka, Herr Kapellmeister. Ich kniff ein Auge zu, damit ich nicht alles doppelt sah, und der Rest war Rückenmark. Irgendwie kam ich heiler Haut zuhause an.
Nun hatten wir so eine bescheuerte Hauswirtin mit einem Treppenputzfimmel, die es nicht abkonnte, wenn ich mein Mofa durch den Hausflur schob, also hatte ich hinten im Schuppen so einen langen Teppichstreifen liegen, den ich zu diesem Zweck immer ausrollte, damit der Boden nicht dreckig wurde. Das klappte wohl auch einigermaßen, das Mofa dann jedoch noch durch den schmalen Hausflur zu schieben, war einfach zu viel. Ich eckte mit dem Lenker an, stieß mir die Pedale vors Schienbein, kam ins Straucheln und fiel wie ein nasser Sack mitsamt dem Fahrzeug um. Ich war so voll, ich konnte nichts tun, außer liegenzubleiben und auf Hilfe zu warten.
Die kam dann auch unerwartet schnell, und zwar in Gestalt meiner Mutter. Sie hatte natürlich nicht schlafen können, wenn Sohnemann sich nächtens draußen rumtrieb, und war sofort in den Startlöchern, als sie den Krach im Treppenhaus hörte. Dabei hatte ich mich wirklich bemüht, leise zu sein.
Und dann ward alles dunkel.
Ich erwachte am nächsten Mittag in meinem schönen weichen Bett, wo ich auch unvermittelt die Bergpredigt empfing und meine Mutter mir zwei Wochen Mofaverbot erteilte. Gesetz. Gnade ein böhmisches Dorf.
Mir blieb nichts anderes übrig, als mir auf die hübsche Polin einen runterzuholen. Danach sah ich sie nie wieder.[/align]
*Anmerkung: Kleiner Schwank aus meiner Jugend. Erstmals darniedergeschrieben 1990, entmottet und landfein gemacht 2006, erschienen 2008 in der Sonderausgabe 'Kolumnen, Erzählungen und andere Schriftstücke' bei glauche-löwe-milser literaturprojekte.
Und gerade eben entdeckt, dass das noch gar nicht im Forum war :o)
Ein Geburtstag auf der Vulkanstraße
- Thomas Milser
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Zuletzt geändert von Thomas Milser am 28.08.2008, 13:31, insgesamt 2-mal geändert.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Herrje Tom,
ich mag Deine Geschichte einfach! Du bringst mich im Großen und Ganzen, aber auch in Details immer zum Lachen.

Bergpredigt, böhmische Dörfer - rundherum gut zum Schmunzeln (entspricht wohl eher meinem Humor), gerne gelesen!
Lieben Gruß, Nicole
ich mag Deine Geschichte einfach! Du bringst mich im Großen und Ganzen, aber auch in Details immer zum Lachen.

Jo, so kann man das auch umschreibenziemlich ausgeprägt alles

Bergpredigt, böhmische Dörfer - rundherum gut zum Schmunzeln (entspricht wohl eher meinem Humor), gerne gelesen!
Lieben Gruß, Nicole
- Thomas Milser
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Du kanntest sie schon, gelt?
Schmunzeln ist gut, und des Dichters einzig' heeres Ziel :o)
Tanke!
Dom.
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