Lorenz
Verfasst: 09.02.2008, 11:42
Lorenz.
Lorenz heiße ich, sagt Lorenz und atmet Rauch in die Luft, der hängen bleibt. Möchtest du auch eine, fragt er und grinst so lange, dass ich seine Zähne zähle. Siebzehn sind es.
Lieber nicht, sag ich.
Da ist doch kaum was drin und sonst ist auch nichts dran an so was, sagt Lorenz.
Ich muss jetzt gehen, sag ich.
Wohin musst du denn gehen, fragt Lorenz.
Bis morgen, sag ich.
Morgen ist immer noch heute. Ich hatte Kleingeld in meiner Manteltasche gefunden, fünfzig Cent. Ich hab einen Kaffee gekauft. Dass ich im Gedächtnis bleibe, hatte ich mir gesagt, und bin dorthin, wo er mich sehen kann. Ich bin an den Brunnen. Lorenz hat leise vor sich hin gestunken.
Hast aber lange gebraucht, den Kaffee zu holen, sagt Lorenz, geht nicht ohne. Er nimmt den Becher mit einer, hält die andere in den Dampf. Außer uns kenn ich hier keinen, sagt Lorenz. Ich auch nicht.
Ich bin erst seit kurzem hier, sagt er.
Ich irgendwie auch, aber das hört Lorenz nicht.
Auf dem Knie hat alles Platz, was er hat. Wenn er zusammenpackt, sind die Finger seine Taschen. Was er nicht verlieren möchte, ruht zusammengekratzt unter den Nägeln. Bis auf den Spiegel. Lorenz hat einen Spiegel, den packt er nicht ein. Der bleibt auf dem Knie und schaut Lorenz an.
Lorenz, sag mal, was machst du so?
Ich bin Schauspieler, sagt er und grinst. Siebzehn sind es.
Und, was spielst du so?
Straßenkind, warte, das ist leicht, ich zeigs dir. Lorenz zieht einen Schuh aus, legt ihn vor sich auf die Pflastersteine und lehnt sich an den Brunnen. Siehst du, sagt Lorenz, ganz leicht.
Ich war mal in Italien, sagt Lorenz. Da hab ich nur Sonntags gearbeitet, nach der Kirche. Die restliche Woche hatte ich frei, da wollten die Leute keine Straßenkinder sehen. Unter der Woche war ich Opernsänger. Ich kann nämlich italienische Opern singen.
Du sprichst also italienisch, sag ich.
Nein, nein, sagt Lorenz, ich kann italienische Opern.
Ich höre gern italienische Opern, sag ich.
Ich sing dann für dich, sagt Lorenz. Ich brauch nur was zum warm werden. Dazu tanzen kann ich auch, siehst du?
Es schmeckt bitter und macht warm. Lorenz und ich teilen. Er schummelt, er saugt so fest, dass ich es ihm nicht abnehmen kann und er länger was davon hat. Er behauptet das selbe über mich und grinst. Der Brunnen fließt auch nachts, im Kreis rennen wir, weil wir teilen wollen; er hinter mir her, ich hinter ihm her. Wir wetten, wer zuerst hinfällt. Lorenz gewinnt.
Bist du hingefallen, fragt er.
Es tut kaum weh, sag ich, Blut schmeckt mir.
Lorenz grinst, fünfzehn sind es.
Bist du hingefallen, frag ich.
Es tut kaum weh, sagt er, Blut schmeckt mir.
Ich grinse.
Die Pflastersteine ziehen am Rücken. Mit beiden Händen muss ich mich von ihnen hoch drücken. Meine Manteltasche würde mir gerne fünfzig Cent geben. In zwei Stunden werden die Omis mit ihren Wägelchen vorbeizittern. Die entschuldigen leichter und haben vielleicht was. Lorenz zählt die kaputten Räder am Wägelchen, die sich um ihre eigene Achse drehen, von den funktionierenden mitgezogen. an jedem Pflasterstein stoßen die an. Ich frage keine mit kaputten Rädern, sagt Lorenz, es gibt genug Omis, deren Wägelchen vier funktionierende Räder haben. Mit kaputten fragen, das tu ich nicht.
Was tust du denn?
Ich bin Schauspieler, sagt er.
Lorenz, sag mal, wie lange willst du Schauspieler sein?
So lange ich will, sagt er.
Und wann kriegst du eine andere Rolle?
Wenn keine Straßenkinder mehr gefragt sind, ist doch klar. Lorenz grinst. Fünfzehn sind es.
Lorenz, es sind doch keine mehr gefragt.
Doch, doch, du hast mich doch grad gefragt.
Er fragt keine Omis mit kaputten Rädern und keine Omi fragt ihn. Ihm bleiben die Stunden. Die Stunden faltet er wie Geldscheine und steckt sie ein.
Das Geld ist zwischen die Pflastersteine gerollt. Er kniet. Ich kriegs da nicht raus, sagt Lorenz, die Finger sind zu dick. Meine Manteltasche schweigt. Einen Knopf hat sie verloren. Den letzten.
Lorenz hat keinen Platz mehr unter den Nägeln, sie wachsen zu langsam.
Pack doch in den Mantel, was du nicht verlieren willst, sag ich.
Das geht nicht, sagt Lorenz, der ist unterm Hintern, sonst ziehen die Pflastersteine an mir. Lorenz legt seine Sachen aufs Knie. Er muss Platz machen für den Schmerz. Unter den Nägeln schiebt er ihn, von dort blickt er schwarz nach oben. Damit Lorenz nicht dorthin sieht, schaut er in den Spiegel. Es ist wie rückwärts in ein Gemälde spazieren.
Wenn es dunkel wird, presst er die Lippen zusammen, sie verschwinden im Bart. Seine Haare lässt er die Augen verdecken, seine Nacht sieht er schattiger. Wenn es hell wird, legt Lorenz den Kopf in den Nacken, die Strähnen gleiten an den Schläfen entlang. Lorenz wartet, dass die Fensterläden aufgestoßen werden. Mit dem rechten Arm macht sie das, jeden Morgen. Sie beugt sich aus dem Fenster und klappt die Läden zur Seite, mit dem rechten Arm. An dem trägt sie was, das Strahlen einfängt und herunterwirft, zum Brunnen hin. Dann lacht sie, weil Lorenz einen Spiegel hat, der zurückblinzelt. Dann grinst Lorenz.
Am Abend höre ich Lorenz an Morgen denken.
Sie hat einen hübschen Arm, sagt Lorenz. Ich verstehe und der Himmel ist Eischnee. Bis zu den Pflastersteinen flockt es. Lorenz steht auf Zehenspitzen, hält den Mund auf und die Augen zu.
Lorenz bastelt Papierflieger. Wenn du die Flügel doppelt knickst, sagt er, dann fliegt der auch gegen den Wind bis zu nem Fensterladen, dort bleibt er mit der Spitze hängen.
Es gibt diesen Film, sag ich, da haben zwei Männer nachts den Mond gesprengt. Mit einem Papierflieger, weil der mit der Spitze dagegen ist.
Den Film kenn ich, sagt Lorenz, ganz leicht kann das passieren. Lass das besser mit dem doppelten Knicken. Wer weiß, was passiert, sagt er.
Lorenz, wasch dich, sag ich. Auf den Brunnen kann man leicht hochklettern, die Arme über die Brüstung und Atmen nicht vergessen.
Ich helfe ihm rüber, er hilft mir auch.
Nach Münzen tauchen, das ist eine gute Idee, ich stecke sie in meine Manteltasche. Das Wasser leckt am Bart, zieht mit eisiger Zunge an den Härchen, die sich von der Haut lösen. Er schlägt mit flachen Händen ins Wasser, dass es in meine Augen spritzt. Zur Strafe will ich seinen Kopf untertauchen, Lorenz entwischt.
Es klingt so dumpf, dass es die Sterne verrückt. Lorenz ist mit einem Brunnentier zusammengestoßen. Ins Wasser ist er gefallen, wie in ein Daunenbett. Mich hat vor Schreck die Kälte umarmt.
Warm werden, das ist eine gute Idee, sagt er, den Kopf aus dem Wasser gehoben, an Sandstein gelehnt, seine Stirnfalten ein Delta. Ist noch was da, was trockenes aber, fragt Lorenz.
Nur feucht und geruchlos, sag ich, genau wie wir.
Über die Stadt ist eine graue Kapuze gezogen. Der Atem hängt lange in der Luft. Am Morgen beugt sie sich nicht aus dem Fenster. Mit dem rechten Arm zieht sie den Vorhang vor. Lorenz neigt sein Kinn, dass ihm die Lider wie einer Puppe zufallen.
Ich brauche einen Kaffee, sagt Lorenz, geht nicht ohne. Der Bart ist lang genug die Lippen zu verdecken, wenn er grinst. Lang genug, die Zähne zu verdecken. Ist lang genug, dass ich nicht wissen könnte, ob er grinst oder die Lippen zusammen presst, wenn ich es nicht wüsste.
Wer zuerst ruft, hat gewonnen, sagt Lorenz, wer zuletzt ruft, der holt Kaffee. Lorenz gewinnt.
Die roten Finger passen nicht zwischen die Pflastersteine, dort sind die Münzen aus dem Brunnen hingerollt, gestern Nacht, wie Sterntaler, als ich den Mantel trocknen wollte.
Ich bin noch immer nass. Das Wasser ist durch die Poren unter die Haut gesickert. Dort wohnt jetzt ein zweiter Brunnen und leckt an den Knochen. Lorenz hält das Ohr den Pflastersteinen entgegen, als würde er sie flüstern hören. Ich höre es auch. Es sind Tropfen im Ohr, die fließen nicht hinaus, sondern drehen ihre Kreise zu einem dumpfen Ton.
Ich wusste nicht, sagt er, mein Ohr ist so groß, da kann man sich verlieren.
Die Haut verliere ich auf der Straße, sie blättert ab, wenn ich über sie streiche, ich sag ihm nichts davon. Er wundert sich über die Farbe des Schnees.
Lorenz Härchen sind taubes Schilf, das wächst auf seinen Wangen, die hängen wie Staubfänger von den Knochen herunter. Juckt bestimmt. Mich juckt es. Es juckt so, dass ich Platz unter meinen Nägeln schaffe, nehme den Schmerz dorthin, von dort blickt er mich schwarz an.
Heute ist das Wasser gefroren. Es hat kaum weh getan. Von innen hat es sich an meine Haut gesaugt. Ich warte darauf, dass sie zerspringt, wie Glas. Mein Spiegel hat schon einen Sprung.
[align=right]veränderungen: einige wiederholungen von
"lorenz grinst, siebzehn sind es" sind draußen
ansonsten sind die änderungen entsprechend sams kommentar
(danke dafür, sam)[/align]
Lorenz heiße ich, sagt Lorenz und atmet Rauch in die Luft, der hängen bleibt. Möchtest du auch eine, fragt er und grinst so lange, dass ich seine Zähne zähle. Siebzehn sind es.
Lieber nicht, sag ich.
Da ist doch kaum was drin und sonst ist auch nichts dran an so was, sagt Lorenz.
Ich muss jetzt gehen, sag ich.
Wohin musst du denn gehen, fragt Lorenz.
Bis morgen, sag ich.
Morgen ist immer noch heute. Ich hatte Kleingeld in meiner Manteltasche gefunden, fünfzig Cent. Ich hab einen Kaffee gekauft. Dass ich im Gedächtnis bleibe, hatte ich mir gesagt, und bin dorthin, wo er mich sehen kann. Ich bin an den Brunnen. Lorenz hat leise vor sich hin gestunken.
Hast aber lange gebraucht, den Kaffee zu holen, sagt Lorenz, geht nicht ohne. Er nimmt den Becher mit einer, hält die andere in den Dampf. Außer uns kenn ich hier keinen, sagt Lorenz. Ich auch nicht.
Ich bin erst seit kurzem hier, sagt er.
Ich irgendwie auch, aber das hört Lorenz nicht.
Auf dem Knie hat alles Platz, was er hat. Wenn er zusammenpackt, sind die Finger seine Taschen. Was er nicht verlieren möchte, ruht zusammengekratzt unter den Nägeln. Bis auf den Spiegel. Lorenz hat einen Spiegel, den packt er nicht ein. Der bleibt auf dem Knie und schaut Lorenz an.
Lorenz, sag mal, was machst du so?
Ich bin Schauspieler, sagt er und grinst. Siebzehn sind es.
Und, was spielst du so?
Straßenkind, warte, das ist leicht, ich zeigs dir. Lorenz zieht einen Schuh aus, legt ihn vor sich auf die Pflastersteine und lehnt sich an den Brunnen. Siehst du, sagt Lorenz, ganz leicht.
Ich war mal in Italien, sagt Lorenz. Da hab ich nur Sonntags gearbeitet, nach der Kirche. Die restliche Woche hatte ich frei, da wollten die Leute keine Straßenkinder sehen. Unter der Woche war ich Opernsänger. Ich kann nämlich italienische Opern singen.
Du sprichst also italienisch, sag ich.
Nein, nein, sagt Lorenz, ich kann italienische Opern.
Ich höre gern italienische Opern, sag ich.
Ich sing dann für dich, sagt Lorenz. Ich brauch nur was zum warm werden. Dazu tanzen kann ich auch, siehst du?
Es schmeckt bitter und macht warm. Lorenz und ich teilen. Er schummelt, er saugt so fest, dass ich es ihm nicht abnehmen kann und er länger was davon hat. Er behauptet das selbe über mich und grinst. Der Brunnen fließt auch nachts, im Kreis rennen wir, weil wir teilen wollen; er hinter mir her, ich hinter ihm her. Wir wetten, wer zuerst hinfällt. Lorenz gewinnt.
Bist du hingefallen, fragt er.
Es tut kaum weh, sag ich, Blut schmeckt mir.
Lorenz grinst, fünfzehn sind es.
Bist du hingefallen, frag ich.
Es tut kaum weh, sagt er, Blut schmeckt mir.
Ich grinse.
Die Pflastersteine ziehen am Rücken. Mit beiden Händen muss ich mich von ihnen hoch drücken. Meine Manteltasche würde mir gerne fünfzig Cent geben. In zwei Stunden werden die Omis mit ihren Wägelchen vorbeizittern. Die entschuldigen leichter und haben vielleicht was. Lorenz zählt die kaputten Räder am Wägelchen, die sich um ihre eigene Achse drehen, von den funktionierenden mitgezogen. an jedem Pflasterstein stoßen die an. Ich frage keine mit kaputten Rädern, sagt Lorenz, es gibt genug Omis, deren Wägelchen vier funktionierende Räder haben. Mit kaputten fragen, das tu ich nicht.
Was tust du denn?
Ich bin Schauspieler, sagt er.
Lorenz, sag mal, wie lange willst du Schauspieler sein?
So lange ich will, sagt er.
Und wann kriegst du eine andere Rolle?
Wenn keine Straßenkinder mehr gefragt sind, ist doch klar. Lorenz grinst. Fünfzehn sind es.
Lorenz, es sind doch keine mehr gefragt.
Doch, doch, du hast mich doch grad gefragt.
Er fragt keine Omis mit kaputten Rädern und keine Omi fragt ihn. Ihm bleiben die Stunden. Die Stunden faltet er wie Geldscheine und steckt sie ein.
Das Geld ist zwischen die Pflastersteine gerollt. Er kniet. Ich kriegs da nicht raus, sagt Lorenz, die Finger sind zu dick. Meine Manteltasche schweigt. Einen Knopf hat sie verloren. Den letzten.
Lorenz hat keinen Platz mehr unter den Nägeln, sie wachsen zu langsam.
Pack doch in den Mantel, was du nicht verlieren willst, sag ich.
Das geht nicht, sagt Lorenz, der ist unterm Hintern, sonst ziehen die Pflastersteine an mir. Lorenz legt seine Sachen aufs Knie. Er muss Platz machen für den Schmerz. Unter den Nägeln schiebt er ihn, von dort blickt er schwarz nach oben. Damit Lorenz nicht dorthin sieht, schaut er in den Spiegel. Es ist wie rückwärts in ein Gemälde spazieren.
Wenn es dunkel wird, presst er die Lippen zusammen, sie verschwinden im Bart. Seine Haare lässt er die Augen verdecken, seine Nacht sieht er schattiger. Wenn es hell wird, legt Lorenz den Kopf in den Nacken, die Strähnen gleiten an den Schläfen entlang. Lorenz wartet, dass die Fensterläden aufgestoßen werden. Mit dem rechten Arm macht sie das, jeden Morgen. Sie beugt sich aus dem Fenster und klappt die Läden zur Seite, mit dem rechten Arm. An dem trägt sie was, das Strahlen einfängt und herunterwirft, zum Brunnen hin. Dann lacht sie, weil Lorenz einen Spiegel hat, der zurückblinzelt. Dann grinst Lorenz.
Am Abend höre ich Lorenz an Morgen denken.
Sie hat einen hübschen Arm, sagt Lorenz. Ich verstehe und der Himmel ist Eischnee. Bis zu den Pflastersteinen flockt es. Lorenz steht auf Zehenspitzen, hält den Mund auf und die Augen zu.
Lorenz bastelt Papierflieger. Wenn du die Flügel doppelt knickst, sagt er, dann fliegt der auch gegen den Wind bis zu nem Fensterladen, dort bleibt er mit der Spitze hängen.
Es gibt diesen Film, sag ich, da haben zwei Männer nachts den Mond gesprengt. Mit einem Papierflieger, weil der mit der Spitze dagegen ist.
Den Film kenn ich, sagt Lorenz, ganz leicht kann das passieren. Lass das besser mit dem doppelten Knicken. Wer weiß, was passiert, sagt er.
Lorenz, wasch dich, sag ich. Auf den Brunnen kann man leicht hochklettern, die Arme über die Brüstung und Atmen nicht vergessen.
Ich helfe ihm rüber, er hilft mir auch.
Nach Münzen tauchen, das ist eine gute Idee, ich stecke sie in meine Manteltasche. Das Wasser leckt am Bart, zieht mit eisiger Zunge an den Härchen, die sich von der Haut lösen. Er schlägt mit flachen Händen ins Wasser, dass es in meine Augen spritzt. Zur Strafe will ich seinen Kopf untertauchen, Lorenz entwischt.
Es klingt so dumpf, dass es die Sterne verrückt. Lorenz ist mit einem Brunnentier zusammengestoßen. Ins Wasser ist er gefallen, wie in ein Daunenbett. Mich hat vor Schreck die Kälte umarmt.
Warm werden, das ist eine gute Idee, sagt er, den Kopf aus dem Wasser gehoben, an Sandstein gelehnt, seine Stirnfalten ein Delta. Ist noch was da, was trockenes aber, fragt Lorenz.
Nur feucht und geruchlos, sag ich, genau wie wir.
Über die Stadt ist eine graue Kapuze gezogen. Der Atem hängt lange in der Luft. Am Morgen beugt sie sich nicht aus dem Fenster. Mit dem rechten Arm zieht sie den Vorhang vor. Lorenz neigt sein Kinn, dass ihm die Lider wie einer Puppe zufallen.
Ich brauche einen Kaffee, sagt Lorenz, geht nicht ohne. Der Bart ist lang genug die Lippen zu verdecken, wenn er grinst. Lang genug, die Zähne zu verdecken. Ist lang genug, dass ich nicht wissen könnte, ob er grinst oder die Lippen zusammen presst, wenn ich es nicht wüsste.
Wer zuerst ruft, hat gewonnen, sagt Lorenz, wer zuletzt ruft, der holt Kaffee. Lorenz gewinnt.
Die roten Finger passen nicht zwischen die Pflastersteine, dort sind die Münzen aus dem Brunnen hingerollt, gestern Nacht, wie Sterntaler, als ich den Mantel trocknen wollte.
Ich bin noch immer nass. Das Wasser ist durch die Poren unter die Haut gesickert. Dort wohnt jetzt ein zweiter Brunnen und leckt an den Knochen. Lorenz hält das Ohr den Pflastersteinen entgegen, als würde er sie flüstern hören. Ich höre es auch. Es sind Tropfen im Ohr, die fließen nicht hinaus, sondern drehen ihre Kreise zu einem dumpfen Ton.
Ich wusste nicht, sagt er, mein Ohr ist so groß, da kann man sich verlieren.
Die Haut verliere ich auf der Straße, sie blättert ab, wenn ich über sie streiche, ich sag ihm nichts davon. Er wundert sich über die Farbe des Schnees.
Lorenz Härchen sind taubes Schilf, das wächst auf seinen Wangen, die hängen wie Staubfänger von den Knochen herunter. Juckt bestimmt. Mich juckt es. Es juckt so, dass ich Platz unter meinen Nägeln schaffe, nehme den Schmerz dorthin, von dort blickt er mich schwarz an.
Heute ist das Wasser gefroren. Es hat kaum weh getan. Von innen hat es sich an meine Haut gesaugt. Ich warte darauf, dass sie zerspringt, wie Glas. Mein Spiegel hat schon einen Sprung.
[align=right]veränderungen: einige wiederholungen von
"lorenz grinst, siebzehn sind es" sind draußen
ansonsten sind die änderungen entsprechend sams kommentar
(danke dafür, sam)[/align]