Zur Kur mit Prinz Holger
Vorsichtig löschte mein Zimmernachbar und Weggefährte Holger Prinz von Herzogenaurach mit einem Hauch das Teelicht in dem goldenen Stövchen, auf dem eben noch ein weißes Porzellankännchen adorablen Earl Greys genüsslich vor sich hingeschmurgelt hatte. Sein Blick folgte gedankenverloren dem kleinen Rauchfähnchen, das sich durch die Fensterscheibe des Cafehauses 'Zum Fürstenhof' hindurch auf dem an diesem Morgen noch in feuchtem Grau vor sich hindösenden Marktplatz des Kurortes zu verlieren schien. Der abgespreizte kleine Finger seiner rechten Hand beim Erheben des Cognac-Schwenkers wies eindeutig auf seine adlige Abstammung und somit auf eine Eigenschaft seines Vaters, Jens-Johann Großfürst von Johannisburg hin, der diese liebenswerte Schrulle sogar beim Verzehr eines Mettbrötchens pflegte.
"Ein Scheißleben ist das ...",
zischte er leise durch den Rauch der kubanischen Handgerollten,
"... dieses dämliche Huhn von Zimmermädchen
hat meine ganze Muschelsammlung
durcheinandergebracht mit ihrer
verdammten Wischerei."
Die jungen polnischen Mädchen im Schlosshotel oben auf der Düne waren für ihre Beflissenheit und Gründlichkeit nahezu berüchtigt.
"Die gehört gesandwicht, dann hört das auf ...",
erwiderte ich etwas gelangweilt,
"... mir platzt eh' bald der Sack."
"Werter Freund,"
lächelte er jovial,
"Ihre Kreativität erstreckt sich - wie
mir scheint - auch auf die, nun, sagen
wir mal: Randbereiche der bildenden
Kunst, was?"
"Kunst? Scheiß auf die Kunst!",
raunte ich abwesend, da sich mein Blick im selben Moment an den wippenden Brüsten eines an der Promenade entlangwandernden Mädchens offenbar ebenfalls slavischer Abstammung von außerordentlichem Liebreiz verheddert hatte.
"Es klart bestimmt gegen Mittag auf",
mischte sich nun eine für den Anlass etwas zu reichlich verhermelinte und beklunkerte ältere Dame vom Nebentisch in unser Dahindämmern ein.
"Der Wetterbericht hat für heute
Nachmittag Sonne ange..."
"Gnädigste reden Stuss",
grunzte Prinz Holger und flatulierte mit einem flattrigen, faserigen Ton vor sich hin.
Draußen vor dem Schaufenster bückte sich das junge Mädchen vor unseren Augen bis nach Bremen runter, um eine verlorene Münze aufzuheben, wobei einiges ihrer inneren Qualitäten zum Vorschein kam.
Eine mondäne Möwe drehte sich jetzt ebenfalls nach der Schönheit um, segelte in vollem Flug frontal gegen einen Fahnenmast, lies beim Aufprall etliche Federn, fiel in Ermangelung derselben wie ein Stein hinunter und blieb kopfüber in dem akurat angelegten Kiesbeet auf dem Kurplatz stecken.
Prinz Holger und ich kamen fast gleichzeitig.
Zur Kur mit Prinz Holger
- Thomas Milser
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Zuletzt geändert von Thomas Milser am 06.11.2007, 23:38, insgesamt 8-mal geändert.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
- Thomas Milser
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Hi Max.
Nachträglich zum Geburtstag und wie an den Gestaden des Rheins versprochen, hier nun die erstmals überarbeitete, kurze Juister Kurhaus-Geschichte von 2002, die natürlich leicht übertrieben und nicht ganz wahrheitsgetreu - also eigentlich komplett erfunden ist - zu deiner werten Belustigung.
Für die anderen natürlich auch.
Tom.
Nachträglich zum Geburtstag und wie an den Gestaden des Rheins versprochen, hier nun die erstmals überarbeitete, kurze Juister Kurhaus-Geschichte von 2002, die natürlich leicht übertrieben und nicht ganz wahrheitsgetreu - also eigentlich komplett erfunden ist - zu deiner werten Belustigung.
Für die anderen natürlich auch.
Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Lieber Tom,
das habe ich mit Genuss gelesen und mir Formulierungen wie
auf der Zunge (oder vermutlich dem Teil des Hirns der für die Zunge zuständig ist) zergehen lassen.
Mit großer Freude habe ich auch das polnische Zimmermädchen auftauchen sehen. Ach, es ist herrlich so etwas zu lesen!
Liebe Grüße
Max
das habe ich mit Genuss gelesen und mir Formulierungen wie
ein weißes Porzellankännchen adorablen Earl Greys
auf der Zunge (oder vermutlich dem Teil des Hirns der für die Zunge zuständig ist) zergehen lassen.
Mit großer Freude habe ich auch das polnische Zimmermädchen auftauchen sehen. Ach, es ist herrlich so etwas zu lesen!
Liebe Grüße
Max
Ich habe es gerne gelesen, das einmal vorneweg. Die Geschichte ist schön schräg und leicht morbide, genauso wie ich es mag. Da nehm ich auch die Portion Chauvi gerne hin.
Mir fielen jedoch mehrere Sprachbrüche auf:
hingeschmurgelt (past das zur eleganten Bergamotte-Note)
hindösenden (eine morbide Diva, wie Kurorte es meist sind, döst aus meiner Sicht nicht. Sie geruht zu ruhen, oder pflegt ihren Schönheitsschlaf. Dösen ist etwas für die Tumben)
verheddert (verheddert man sich zwischen Brüsten? das ist doch kein Gestrüpp)
verhermelinte beklunkerte gefällt mir nicht richtig, aber ich gestehe, dass mir nichts besseres einfällt
Dahindämmern (na hörmal. Ihr habt tiefsinnigsten philosophischen Gedankengängen gefrönt. Wie kann man da von Dämmern sprechen)
bis nach Bremen runter (fällt aus dem Erzählton zu sehr raus)
ich würde das deftige für den Dialog der Herrschaften aufsparen und alles andere mit größtmöglicher (umgangssprachfreier ) Eleganz erzählen. Meine bescheidene Meinung.
Mir fielen jedoch mehrere Sprachbrüche auf:
hingeschmurgelt (past das zur eleganten Bergamotte-Note)
hindösenden (eine morbide Diva, wie Kurorte es meist sind, döst aus meiner Sicht nicht. Sie geruht zu ruhen, oder pflegt ihren Schönheitsschlaf. Dösen ist etwas für die Tumben)
verheddert (verheddert man sich zwischen Brüsten? das ist doch kein Gestrüpp)
verhermelinte beklunkerte gefällt mir nicht richtig, aber ich gestehe, dass mir nichts besseres einfällt
Dahindämmern (na hörmal. Ihr habt tiefsinnigsten philosophischen Gedankengängen gefrönt. Wie kann man da von Dämmern sprechen)
bis nach Bremen runter (fällt aus dem Erzählton zu sehr raus)
ich würde das deftige für den Dialog der Herrschaften aufsparen und alles andere mit größtmöglicher (umgangssprachfreier ) Eleganz erzählen. Meine bescheidene Meinung.
- Thomas Milser
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@Max: Man dankt! Etwaige Parallelitäten zu realen Begebenheiten sind natürlich rein paralleler Natur :o)
@Sala: Danke fürs Lesen.
Aber mal ehrlich: Kann die Vielzahl der Sprachbrüche, die du auflistest, noch ein Sprachbruch sein?
Wenn ich dies alles rausnähme bzw. änderte, gäbe es eine ganz andere Form der Geschichte.
Für mich endet die Eleganz nach dem ersten Absatz (wobei schmurgeln und Mettbrötchen schon sanft aus der Rolle fallen) , danach geht es lustig/deftig bis übertrieben/überzeichnet weiter. Bis hin zum Irrealen (Möwe). Ich wüsste nicht, wo ich da anfangen sollte.
Außerdem: Juist döst wirklich (in der Nebensaison), ein Blick kann sich sehr wohl verheddern, erst recht an weiblichen Reizen (die sind oft noch schlimmer als Gestrüpp, weil man aus Gestrüpp in der Regel wieder rauskommt :o), natürlich im übertragenen Sinn, und beim Dämmern lässt sich's vortrefflich philosophieren, eigentlich nur dann.
Statt Bremen (was mir spontan kam, die Himmelsrichtung OSO stimmte einfach, vom Innenraum des Cafes aus gesehen) hatte ich kurz 'bis nach Amrum runter' erwogen, aber das liest sich laut recht gestakst und liegt zu sehr nördlich (ONO). Obwohl es dem Mondänen etwas näher käme. Hm, mal sehen ...
Tut mir leid Sala; ich kann deine Änderungswünsche nicht berücksichtigen, ohne was völlig Neues zu machen. Für mich fließt das so, und die verschiedenen Sprachebenen empfinde ich nicht als Bruch. Den Chauvi lasse ich aber gerne gelten, solange er sich auf das LyrIch bezieht :o)
Tom.
Tom
@Sala: Danke fürs Lesen.
Aber mal ehrlich: Kann die Vielzahl der Sprachbrüche, die du auflistest, noch ein Sprachbruch sein?
Wenn ich dies alles rausnähme bzw. änderte, gäbe es eine ganz andere Form der Geschichte.
Für mich endet die Eleganz nach dem ersten Absatz (wobei schmurgeln und Mettbrötchen schon sanft aus der Rolle fallen) , danach geht es lustig/deftig bis übertrieben/überzeichnet weiter. Bis hin zum Irrealen (Möwe). Ich wüsste nicht, wo ich da anfangen sollte.
Außerdem: Juist döst wirklich (in der Nebensaison), ein Blick kann sich sehr wohl verheddern, erst recht an weiblichen Reizen (die sind oft noch schlimmer als Gestrüpp, weil man aus Gestrüpp in der Regel wieder rauskommt :o), natürlich im übertragenen Sinn, und beim Dämmern lässt sich's vortrefflich philosophieren, eigentlich nur dann.
Statt Bremen (was mir spontan kam, die Himmelsrichtung OSO stimmte einfach, vom Innenraum des Cafes aus gesehen) hatte ich kurz 'bis nach Amrum runter' erwogen, aber das liest sich laut recht gestakst und liegt zu sehr nördlich (ONO). Obwohl es dem Mondänen etwas näher käme. Hm, mal sehen ...
Tut mir leid Sala; ich kann deine Änderungswünsche nicht berücksichtigen, ohne was völlig Neues zu machen. Für mich fließt das so, und die verschiedenen Sprachebenen empfinde ich nicht als Bruch. Den Chauvi lasse ich aber gerne gelten, solange er sich auf das LyrIch bezieht :o)
Tom.
Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Lieber Tom,
das ist ja süss:
Dein Avatarbild widerspricht dem allerdings ein wenig. (oder gibt es auch ein (avaIch?)
Also, ich habe das auch gerne gelesen, trotz (vielleicht sogar wegen?) Chauvi-Anklängen. Ich sah Prinz Holger und Kumpel dort sitzen und die diversen sich bietenden Blicke genießen.
Liebe Grüße
leonie
das ist ja süss:
Den Chauvi lasse ich aber gerne gelten, solange er sich auf das LyrIch bezieht :o)
Dein Avatarbild widerspricht dem allerdings ein wenig. (oder gibt es auch ein (avaIch?)
Also, ich habe das auch gerne gelesen, trotz (vielleicht sogar wegen?) Chauvi-Anklängen. Ich sah Prinz Holger und Kumpel dort sitzen und die diversen sich bietenden Blicke genießen.
Liebe Grüße
leonie
- Thomas Milser
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leonie hat geschrieben: (oder gibt es auch ein (avaIch?)
Eine sehr gute Frage :o)
Ich muss zugeben, mein derzeitiges Bild straft mich lügen ...
Mal sehen, ob ich was anderes finde ... oder wieder zum Portrait zurückkehre.
Danke fürs Lesen, Leo, und es freut mich, wenn die Stimmung etwas rüberkam.
Tom
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- Thomas Milser
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Wie wärs damit? Das ist schon viel besser ...
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- Thomas Milser
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Das 'Kind' ist eine kleine Frau, Leo :o)))
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- Thomas Milser
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Dann lasse ich es mal beim alten Bild. Sooo Chauvi bin ich nämlich gar nicht. Nur eine Laune, Sie verstehen? :o)
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