es war einmal ODER die fiktion über die fiktion

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noel
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Beitragvon noel » 15.03.2007, 14:15

es war einmal ODER die fiktion über die fiktion


I

es war einmal eine frau, die hatte eine merksame art sich zu bewegen. immer wenn sie gerade die fußspitze angehoben hatte, um ihren fuß aufzusetzen, gab es einen ruck in ihrem körper& ... *zaperarapap machte sie einen drehrundrund & kam dort an, wo sie losgelaufen war.

II

es gab tage, da landete sie sogar hinter ihrem eigentlichen ausgangpunkt. so als habe sie die versuche vorwärts zu kommen nie begonnen.
dann igelte sie sich ein.
sie mit ihrem laptop.
sie mit ihrem laptop & ihrem kopfhörer, der ihr ihre stimme vernehmbar machte.
nicht aber den unterton.
aber eigentlich vermied sie den.
was hatte man schon von untertönen... geräuschpegel, störende schallwellen.
nichts von bedeutung, nichts was nährte, eher noch zehrte.

III

vielLeicht waren da auch bilder
kopf
_kino das ihr bei dem ersten versuch
einen schritt zu machen
die alten pfade ein
_blendete & so gleißEnd
& grell
dass allES andere nUr dunkelheit
ihr be&zeugte

IV

diese rücksicht kam niemandem zu
&gut war es auch nicht
lauter war die erinnerung
auch rein
mag allES sein
& man kam keineswegs
aus gomorrha
geschweige den sodom
man war gast & freundlich
gesinnt den gestrigen
bildern
wie die namenslose frau
lots

V



es waren die unbeworteten
die sie immer wieder so
geräuschvoll schweigen
ließen & doch nicht sie
denn nichts war
was sie war
wenn sie so war & nicht wahr war
was sie machte
denn sie achte_te nicht rEcht
was aus ihr drängte
ihr sinn&seel beengte
noch nicht mal spinnen
lügen
weben
um den leben eben
sinn ohn' haft zu geben
konnte sie
nur logos war das ziel
denn jed&wed gefühl war ihr
zu viel
der verstand nahm allES in die hand
& eine gewisse zeit war sie funktion
& bereit für diesen lohn
sich zu ergeben dem logos
nicht dem lEben
doch das verdrängte
beengte lot um lot
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.03.2007, 17:21

Hallo noel,

ich sehe hier gar keine Fiktion oder eine Fiktion über eine Fiktion, sondern das ziemlich lebensnahe Erleben eines Menschen, der sich mehr und mehr isoliert, sich selbst in seine Einsamkeit verstrickt. Ich frage mich, warum du diesen Text, steht ja bereits unter Prosa und ist m.E. auch Prosa, nicht im Fließtext schreibst? Auch die Unterteilungen in I bis V halte ich für entbehrlich, da sie, so mein Empfinden, keine Steigerung oder Entwicklung aufzeigen, sondern das Gesamtbild zusammentragen.
Was meinst du?
Saludos
Mucki

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noel
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Beitragvon noel » 15.03.2007, 17:44

oh für mich war das einstellen nicht so einfach

genau um die mittelachse
schwenkt es ins lyrische
die ersten beiden absätze sind noch wie wolkenkratzer
die einen weißen strich fast genehm fürs auge
hinterlassen
ab III wird es verdichteter, metaphorischer, klangsprachlicher & drastischer
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

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Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.03.2007, 18:37

Hallo noel,

vielleicht (bzw. sogar mit Sicherheit) lese ich es anders. Dieser Satz hier:

es gab tage, da landete sie sogar hinter ihrem eigentlichen ausgangpunkt. so als habe sie die versuche vorwärts zu kommen nie begonnen.

steht als erste Zeile des zweiten Verses und drückt für mich bereits sehr große innere Verstrickung aus. Alles, was dann kommt, fügt sich dem hinzu, so dass insgesamt dieses Bild der Vereinsamung entsteht. Daher meine Schlussfolgerung.
Mal sehen, was die anderen meinen.
Saludos
Mucki

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noel
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Beitragvon noel » 15.03.2007, 18:47

mit dem zitat stimme ich dir zu

ich sagte auch nicht
das sich die semantische schiene änedert ab III
sondern die verdichtung, dramaisierun (zuspitzung)
& die metaphorik wie auch die dramatik (weg von den gewöhnlich, noch erträglichen bildern)

& das I,II prosaisch ist & dann das ganze ins lyrischer wOrtet... finde ich mehr als eindeutig
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Peter

Beitragvon Peter » 16.03.2007, 13:31

Liebe noel,

ich begreife deinen Text als eine Suche nach dem Ausdruck, der aber nicht gelingen will und in Wahrheit vielleicht nicht gelingen kann.

Da sind die Bilder, die Bilder von Bildern sind, von Bildern, die zurückreichen, aber nicht vor-.

Deshalb: "Es war einmal" und deshalb: "Die Fiktion der Fiktion".

Besonders aufgefallen ist mir dieses:

was hatte man schon von untertönen... geräuschpegel, störende schallwellen.
nichts von bedeutung, nichts was nährte, eher noch zehrte.


Irgendwie spiegelt sich hier eine Verschachtelung; es zeigt sich der "Ur-Grund" der, ich glaube man kann so sagen: Behinderung der Protagonistin; ihre Neurose; ihre psychosomatische Krankheit...

Die Untertöne sind nicht gehbar; der Boden: Schallwellen, Geräuschpegel; nichts von Be-Deutung; oder gar etwas, das nährte. Daran muss die Prot. scheitern...

Das unverwertbar Bildliche... Er wird kein Da-sein daraus...

Dann die Anspielung auf Lots Frau. Jene ohne Namen. Die sich umblickte nach dem zerstörten Sodom und zur Salzsäule erstarrte. Eine wunderbare, nächste Dimension des Gedankens... Auch das Spiel zum Schluss: "lot um lot"...

Die Prot. scheint mir hin- und hergerissen. Beim Lesen hatte ich ein Bild vor Augen (ein merkwürdiges): Jemand... hält in seinen Händen einen Schatz, er rinnt ihm durch die Finger, er ist nicht zu geben, er ist flüchtig... Der Jemand weiß nicht, ob dies furchtbar ist, oder das reine Glück. Einerseits birgt ihn der Schatz. Andrerseits macht er ihn unbeholfen, ja beinah unmöglich. Er ist zuhaus in der Tiefe; das Licht des Schatzes ist sein Augenlicht geworden. Kommt er aber herauf, ist er blind.

Liebe Grüße,
Peter

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noel
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Beitragvon noel » 16.03.2007, 18:44

Da sind die Bilder, die Bilder von Bildern sind, von Bildern, die zurückreichen, aber nicht vor-.

Deshalb: "Es war einmal" und deshalb: "Die Fiktion der Fiktion".


jepppppel


was hatte man schon von untertönen... geräuschpegel, störende schallwellen.
nichts von bedeutung, nichts was nährte, eher noch zehrte.


Irgendwie spiegelt sich hier eine Verschachtelung; es zeigt sich der "Ur-Grund" der, ich glaube man kann so sagen: Behinderung der Protagonistin; ihre Neurose; ihre psychosomatische Krankheit...



jjjjjjeeeppppeeelll


herr peter
so über
_einstimmend wurde
einer meiner texte noch nienicht
erlesen


daaahhanke
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 01.04.2007, 17:10

Liebe noel,
ich habe das schon sehr oft gelesen...also genossen. Die Fiktion in der Fiktion in der Fiktion in der...hat mich auch sofort ähnlich wie Peter erfasst...genau so wie das "war einmal", elend feste Grundkonstanten in der Welt des lyr. Ichs.

Ich mag wie sich Lyrisches mit Erzählerischem vermischt und konkret Neues (Laptop/Raum/Welt) mit archetypischen, obwohl ich letzteres Wort eher selten benutze. Das ist reizvoll und nimmt ein.

(Psst: Am besten gefällt mir das unauffällige I.)

In vier finde ich die Doppeldeutigkeit von Rücksicht unpassend. Ich würde es gern nur als Rückschau lesen, die andere Bedeutung stört mich da, auch wenn ich als nebenebene hineininterpretieren kann.

Die verhängnisvollen Bilder - die eigenen Erinnerungen oder die, die alle haben...an Erinnerungen aller klebende Ahnungen? (So wie in dem Text hier von pandora: http://www.blauersalon.net/online-liter ... php?t=4969), für mich wächst dadurch der Text über die Neurose des lyr. Ich hinaus oder sogar das Ausmaß des Begriffes "Krankheit", ist nicht nur dieser eine Fall hier, sondern auch durchaus allgemein in der Welt bei jedem zu finden.
Dadurch bekommt der Text einen sehr tollen allgemeinen Trotz und erzählt genau diese eine Geschichte und damit ganz viele Geschichten...- das ist für mich seine Stärke.

Die Form könnte ich mir zum Ende hin "rondischer" oder noch anders vorstellen, für mich ist der Text am Ende einfach abgebrochen und damit nicht durchgeführt, ohne dass ich diese Gestaltung für die Aussage nutzen könnte, ich kann den "Fehler" nicht in Sinn umwandeln und auch nicht, dass ich dies nicht kann in einen Sinn (soll heißen: auch wenn Absicht für mich nicht lesbar)...

...vielleicht geht es mir auch nur deshalb so, weil ich nicht glaube, dass der Verlust an den logos bzw. die Unterordnung alles anderen, und sei es auch nur auf Zeit, die letzte Stufe dieser Protagonistin ist/sein kann; ich glaube fest, dass es anders ist, sowohl im schlimmeren als auch im lindernden Sinne.

Die Bezüge zu Lot und Sodom und Gomorrha empfinde ich als sehr homogen, wenn auch der sprachliche Sprung von II zu III etwas zu unüberarbeitet ist, das Grundbild bleibt erhalten und mir gefällt, wie du mit diesen Motiven das Ich und die anderen positionierst, denn die anderen sind nicht die Sünder und doch...

Insgesamt für mich ein inhaltsstarker text mit einer starken Sprache, der ein paar leichte Inkonsequenzen in sich birgt, die du aber sicher entgegen mir, für sehr wichtig hältst und weil ich großen genuss habe, auch im Grunde schon vergessen habe ;-)

Der Text könnte auch viel länger sein!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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noel
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Beitragvon noel » 06.04.2007, 12:47

"In vier finde ich die Doppeldeutigkeit von Rücksicht unpassend. Ich würde es gern nur als Rückschau lesen, die andere Bedeutung stört mich da, auch wenn ich als nebenebene hineininterpretieren kann. "

aber ds ist & war doch absichtdas zurückblicken
& die ewig vermeintliche rücksicht
die eben keine darstellt

"Die Form könnte ich mir zum Ende hin "rondischer" oder noch anders vorstellen, für mich ist der Text am Ende einfach abgebrochen und damit nicht durchgeführt, ohne dass ich diese Gestaltung für die Aussage nutzen könnte, ich kann den "Fehler" nicht in Sinn umwandeln und auch nicht, dass ich dies nicht kann in einen Sinn (soll heißen: auch wenn Absicht für mich nicht lesbar)... "

es endet nicht... es ist ein offenes ende
denn die notwendigkeit wird mit dem letzten satz dringlich
& hier ist & soll
anfang oder ende sein
eben offen

danke für deine worte
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 09.04.2007, 10:35

Liebe noel,
es endet nicht... es ist ein offenes ende
denn die notwendigkeit wird mit dem letzten satz dringlich
& hier ist & soll
anfang oder ende sein
eben offen


Ja, das weiß ich doch, eben! Ich hatte versucht klar zu machen, dass ich das verstanden habe. Eben darum gefällt mir dein Ende ja nicht, ob es absichtlich so gesetzt ist ode rnicht - ich kann es nicht als offenes Ende lesen.

Sollte dabei untergegangen sein, wie gut ich den text trotzdem finde...vielleicht einen Blick in die letzte Monatswahl werfen ;-)

Liebe Grüße,
Lisa
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