Lieber Niko,
doch, du hast den Text hier schon mal gepostet, hab jetzt nicht nachgeguckt, aber ich kenne ihn. (Macht ja nichts). Ich habe schon damals geschrieben, dass ich den Text viel zu stark auf die Pointe hin zugeschrieben finde, das verleidet ihn mir. Jetzt, wo ich deine "andere" Prosa kenne, die mir sehr sehr sehr gefällt, mag ich das nochmal bekräftigen.
Im Vergleich mit dieser, finde ich den Text einfach nur platt.
Erstens wie gesagt wegen der Pointe - voll drauf zugeschrieben und ich wusste es schon beim ersten lesen, dass diese Pointe kommen würde, weil es tausende solche Texte gibt, die so enden. Wirklich tausende...
Und zum zweiten wegen des Satzes:
Als er schlief, räumte ich die Wohnung auf und mir ging durch den Kopf, dass ich mir das alles anders vorgestellt hatte. Doch es ist halt passiert...
Du schilderst lakonisch, wie so ein tag abläuft, aber dann drückst doch diesen Satz rein - es muss unbedingt in fünf Zeilen noch dieser allgemeine Gedanke der Mutter, die ihr inzwischen erwachsenes, behindertes Kind pflegt, rein, dass sie sich das alles anders vorgestellt hat. Davon ab, dass sich manche das sicher so wirklich denken, viele aber auch nicht, sondern sich dieses gefühl ganz anders äußerst, nicht so grundsätzlich, sondern an Details, ganz ermüdendes Details* und nicht als großer Gedanke "alles anders vorgestellt", davon ab also, überläd es den
Text völlig, auch noch diesen Punkt reinzubringen. das ist - für mich - zuviel des Guten, ich glaube dem Text kein Wort. Der Text kann sich so einen satz auf fünf Zeilen nicht leisten, sollte eine Mutter ihn denken, in all den JAHREN, ist das etwas völlig anderes und nicht so 1:1 gleichzuschreiben.
Ich sage das gar nicht so direkt wegen dieses Textes, de rist mir eigentlich egal, sondern weil ich dich bekräftigen möchte, deine anderen poetischen Prosatexte, die nahen, echten, die, die atmen, einmal mit diesem hier zu vergleichen, auf Herz und Nieren...diesen Text hier, finde ich überhaupt nicht gelungen. Er kommt nicht ans Thema ran, er berührt das Thema genauso wenig, wie wenn wir alle hier über die Straße gehen und eine Mutter mit ihrem erwachsenen, behinderten Kind sehen und kurz innehalten und uns in diesem Innehalten gefallen, was menschlich ist, aber es berührt nichts...
Liebe Grüße, ich denke, wir kennen uns gut genug, dass ich das so schreiben darf,
Lisa
(Außerdem möchte ich hier die breite Zustimmung aufmischen
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)
* ich habe zum Beispiel enge Beziehung zu jemandem, der seine Frau, eine sehr stark MS.Kranke, pflegt (sie kann nur noch die Augen bewegen, sonst nichts) und dort verhält es sich so