2. Vers.
Dies Bildnis ist bezaubernd schön ...
Mitnichten. Zu meinem allmorgendlichen Ritual gehört das Schminken beim Frühstück. Ich sitze an meinem Küchentisch, schlürfe Kaffee und freue mich über den neuen Tag. Lese die Zeitung, genieße die Ruhe vor dem Sturm, der Arbeit heißt. Und dann greife ich zum Handspiegel. Lege ihn flach auf den Tisch, er hat keine Halterung, beuge mich darüber und erblicke die nackte Wahrheit. Meine Nägel verkrallen sich ins Tischtuch. Jeden Morgen der Schock, ich gewöhne mich einfach nicht daran.
Haben Sie schon mal einen Spiegel vor sich hingelegt, sich darüber gebeugt und Ihr Gesicht darin betrachtet? Die Wangen erinnern an hängende Hamsterbacken, die Tränensäcke werden von der Schwerkraft abwärts gezogen, unter dem Kinn erscheint in dieser Haltung zumindest der Anflug eines Goders.
Ich denke mit Schrecken an die vergangene Liebesnacht mit meinem Gemahl. Lustvoll beugte ich mich über ihn, als wäre er mein Spiegel! Ab Fünfzig nur noch die Missionarsstellung, liebe Damen, merken Sie sich das.
Wenn ich wieder fähig bin, den Blick von mir abzuwenden, die Nägel aus dem Tischtuch zu ziehen, packe ich den Spiegel und verkeile ihn in aufrechter Haltung vor einem Stoß Bücher, die ich gerade lese. Na bitte! Geht doch! Ich wage ein Lächeln.
Als mein Mann herein kommt – „Guten Morgen, Liebste“, sagt er – bin ich schon restauriert. Doch hinter der Maske kreist unaufhörlich ein Wort: Botox!
Dann sagt er: „Ich liebe jede deiner Falten. Sie sind in unserem gemeinsamen Lachen und Weinen entstanden. Dem Kummer, Streit, der Leidenschaft. Dem Leben.“
Ich seufze vor Ergriffenheit.
Was schert mich Botox? Ich kaufe heute einen Spiegel mit Ständer!
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1. Vers.
Dies Bildnis ist bezaubernd schön ...
Mitnichten. Zu meinem allmorgendlichen Ritual gehört das Schminken beim Frühstück. Ich sitze am Küchentisch, schlürfe Kaffee und freue mich über den neuen Tag. Lese die Zeitung, genieße die Ruhe vor dem Sturm, der Arbeit heißt.
Und dann greife ich zum Handspiegel. Lege ihn flach auf den Tisch, er hat keine Halterung, beuge mich darüber und erblicke die nackte Wahrheit.
Meine Nägel verkrallen sich ins Tischtuch. Jeden Morgen der Schock, ich gewöhne mich einfach nicht daran.
Haben Sie schon mal einen Spiegel vor sich hingelegt, sich darüber gebeugt und Ihr Gesicht darin betrachtet? Die Wangen erinnern an hängende Hamsterbacken, die Tränensäcke werden von der Schwerkraft abwärts gezogen, unter dem Kinn erscheint in dieser Haltung zumindest der Anflug eines Goders.
Ich denke mit Schrecken an die vergangene Liebesnacht mit meinem Gemahl. Lustvoll beugte ich mich über ihn, als wäre er mein Spiegel! Ab Fünfzig nur noch die Missionarsstellung, liebe Damen, merken Sie sich das.
Wenn ich wieder fähig bin, den Blick von mir abzuwenden, die Nägel aus dem Tischtuch zu ziehen, packe ich den Spiegel und verkeile ihn in aufrechter Haltung vor dem Stoß Bücher, die ich gerade lese.
Na bitte! Geht doch! Ich wage ein Lächeln.
Als mein Mann herein kommt – Guten Morgen, Liebste – sagt, bin ich schon restauriert. Doch hinter der Maske kreist unaufhörlich ein Wort: Botox!
Dann sagt er: Ich liebe jede deiner Falten. Sie entstanden in unserem gemeinsamen Lachen und Weinen. Dem Kummer, Streit, der Leidenschaft. Dem Leben.
Ich seufze vor Ergriffenheit.
Was schert mich Botox? Ich kaufe heute einen Spiegel mit Ständer!
Dies Bildnis ist bezaubernd schön ...
Hallo Elsa,
Deinen Text finde ich bezaubernd rund und locker geschrieben. (Die Adjektive "rund" und "locker" bittte nicht in den falschen Hals kriegen, haha, das sind für mich schöne Eigenschaften).
Ein paar winzige kosmetische Sachen würde ich noch erwähnen:
1. Jeden der Morgen der Schock -- ein "der" zuviel.
2. ... herein kommt – Guten Morgen, Liebste – sagt, bin ich ... -- Das würde eher so machen: ... herein kommt – "Guten Morgen, Liebste", sagt er – bin ich ...
3. Dann sagt er: Ich liebe jede deiner Falten. Sie entstanden in unserem gemeinsamen Lachen und Weinen. Dem Kummer, Streit, der Leidenschaft. Dem Leben. -- Direkte Rede in Anführungszeichen.
4. Absätze sauberer formattieren. Halblebige Absätze entweder rausschmeissen oder richtig absetzen.
Deinem Gemahl gebe ich übrigens völlig Recht.
Cheerio, auf die Reife! :-)
Pjotr
Deinen Text finde ich bezaubernd rund und locker geschrieben. (Die Adjektive "rund" und "locker" bittte nicht in den falschen Hals kriegen, haha, das sind für mich schöne Eigenschaften).
Ein paar winzige kosmetische Sachen würde ich noch erwähnen:
1. Jeden der Morgen der Schock -- ein "der" zuviel.
2. ... herein kommt – Guten Morgen, Liebste – sagt, bin ich ... -- Das würde eher so machen: ... herein kommt – "Guten Morgen, Liebste", sagt er – bin ich ...
3. Dann sagt er: Ich liebe jede deiner Falten. Sie entstanden in unserem gemeinsamen Lachen und Weinen. Dem Kummer, Streit, der Leidenschaft. Dem Leben. -- Direkte Rede in Anführungszeichen.
4. Absätze sauberer formattieren. Halblebige Absätze entweder rausschmeissen oder richtig absetzen.
Deinem Gemahl gebe ich übrigens völlig Recht.
Cheerio, auf die Reife! :-)
Pjotr
Liebe Elsa,
das ist witzig, vor allem ünber die Missionarsstellung ab 50 habe ich mich köstlich amüsiert. Frau will schließlich in jeder Situation und ggf. auch noch im Dunkeln gut aussehen (sollten wir nicht lieber auch geschminkt ins Bett gehen?)...
Leider weiß ich nicht was (ein) "Goder" ist????
Der Satz des Mannes "Sie entstanden...." kommt mir ein wenig zu "schriftdeutsch" vor, vielleicht entsteht der Eindruck durch die vielen Substantive.
Sehr gern gelesen!
Liebe Grüße
leonie
das ist witzig, vor allem ünber die Missionarsstellung ab 50 habe ich mich köstlich amüsiert. Frau will schließlich in jeder Situation und ggf. auch noch im Dunkeln gut aussehen (sollten wir nicht lieber auch geschminkt ins Bett gehen?)...
Leider weiß ich nicht was (ein) "Goder" ist????
Der Satz des Mannes "Sie entstanden...." kommt mir ein wenig zu "schriftdeutsch" vor, vielleicht entsteht der Eindruck durch die vielen Substantive.
Sehr gern gelesen!
Liebe Grüße
leonie
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
Hallo Elsa.
Nur mal im Vorbeigehen ein schnelles Hallo und willkommen im Raum "Kritisches..."!
Die Anmerkungen von pjotr sind schon recht treffend, und ich möchte mich anschließen, dass es sich schön rund liest... Außerdem gefällt mir die Selbstironie und der unverklärte Blick auf nackte Tatsachen (hier sogar wörtlich :o)
Ich würde mich freuen, dich beizeiten in der Riege der Kolumnenschreiber (vgl. Portalseite "Sonnntagskolumne" und Anschlag "Aufruf an alle Kolumnenschreiber" am Blauen Brett) begrüßen zu dürfen.
Wenn du was einreichen magst, lies dir den Anschlag mal durch und schreib mir ne Mail, ja?
Gruß vom
Tom.
Nur mal im Vorbeigehen ein schnelles Hallo und willkommen im Raum "Kritisches..."!
Die Anmerkungen von pjotr sind schon recht treffend, und ich möchte mich anschließen, dass es sich schön rund liest... Außerdem gefällt mir die Selbstironie und der unverklärte Blick auf nackte Tatsachen (hier sogar wörtlich :o)
Ich würde mich freuen, dich beizeiten in der Riege der Kolumnenschreiber (vgl. Portalseite "Sonnntagskolumne" und Anschlag "Aufruf an alle Kolumnenschreiber" am Blauen Brett) begrüßen zu dürfen.
Wenn du was einreichen magst, lies dir den Anschlag mal durch und schreib mir ne Mail, ja?
Gruß vom
Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Hallo der Reihe nach, ok?
Lieber Pjotr, danke schön fürs genaue Lesen, sehr schlampig kam das da an, komisch. Ich dachte in Word war es noch richtig formatiert. Rund und locker ist mir ein Kompliment und ich editiere dann gleich, was du gefunden hast. Jou, es lebe die Reife!
Liebe Leonie, Goder ist Österreichisch: Doppelkinn, aber eben nur ansatzweise
Fein, das du Spaß hattest beim Lesen und genau, mir fiel das vorhin auch auf, zu gewählt: entstanden. Da fällt mir sicher was ein, danke!
Lieber Tom, auch dir ein Hallo!
Quasi bleibt nur die Selbstironie in solchen Situationen
Ich guck mal, wie das mit den Kolumnen läuft und schicke gern, wenn mir etwas einfällt.
Liebe Grüße,
ELsa
Lieber Pjotr, danke schön fürs genaue Lesen, sehr schlampig kam das da an, komisch. Ich dachte in Word war es noch richtig formatiert. Rund und locker ist mir ein Kompliment und ich editiere dann gleich, was du gefunden hast. Jou, es lebe die Reife!
Liebe Leonie, Goder ist Österreichisch: Doppelkinn, aber eben nur ansatzweise

Fein, das du Spaß hattest beim Lesen und genau, mir fiel das vorhin auch auf, zu gewählt: entstanden. Da fällt mir sicher was ein, danke!
Lieber Tom, auch dir ein Hallo!
Quasi bleibt nur die Selbstironie in solchen Situationen

Liebe Grüße,
ELsa
Schreiben ist atmen
Liebe Elsa,
das ist super geschrieben, ich find das klasse!! (Ich glaube das mit dem Spiegel kommt auch, weil man nur einen Ausschnitt des Gesichts sieht, der Rand (das räumliche) fehlt, man sieht nur ein (dann relativ fettes
) Mondgesicht...
Toll, unbedingt bei Kolumnen gucken, ich geb dir mal unlink den Link:
http://www.blauersalon.net/online-liter ... highlight=
Danke für diesen frischen, ehrlichen, liebenswürdigen Text, der einem ja richtig gut tun kann!
Liebe Grüße,
Lisa
das ist super geschrieben, ich find das klasse!! (Ich glaube das mit dem Spiegel kommt auch, weil man nur einen Ausschnitt des Gesichts sieht, der Rand (das räumliche) fehlt, man sieht nur ein (dann relativ fettes
.gif)
Toll, unbedingt bei Kolumnen gucken, ich geb dir mal unlink den Link:
http://www.blauersalon.net/online-liter ... highlight=
Danke für diesen frischen, ehrlichen, liebenswürdigen Text, der einem ja richtig gut tun kann!
Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Übrigens, Ladies, die Missionarsstellung macht den Hals auch nicht strammer, meine ich, es sei denn Ihr legt Euch quer übers Bett und senkt den Nacken über die Bettkante, was aber wiederum das Haupt errötet. Also einfach oben bleiben und weiterreiten. Basst scho'.
Hallo pjotr,
das da jetzt noch was kommen musste, war mir klar *lautlach*
Also, quer über das Bett, das geht ja schon mal gar nicht, das gibt ne Nackenstarre und in Folge einen koitus interrupptus oder wie das da heißt.
Und immer schön oben bleiben? Ja, ja, das hättet ihr Männers wohl gerne, was? Und die wichtigste Frage: Wieso überhaupt auf dem Bett??? Das ist doch stinklangweilig ...
Bisscken mehr Fantasie, bittschön,-)
erotische Grüße
Magic
das da jetzt noch was kommen musste, war mir klar *lautlach*
Übrigens, Ladies, die Missionarsstellung macht den Hals auch nicht strammer, meine ich, es sei denn Ihr legt Euch quer übers Bett und senkt den Nacken über die Bettkante, was aber wiederum das Haupt errötet. Also einfach oben bleiben und weiterreiten. Basst scho'.
Also, quer über das Bett, das geht ja schon mal gar nicht, das gibt ne Nackenstarre und in Folge einen koitus interrupptus oder wie das da heißt.
Und immer schön oben bleiben? Ja, ja, das hättet ihr Männers wohl gerne, was? Und die wichtigste Frage: Wieso überhaupt auf dem Bett??? Das ist doch stinklangweilig ...

Bisscken mehr Fantasie, bittschön,-)
erotische Grüße
Magic
Liebe Elsie,
Du kennst ja meine Art zu Schreiben viele Jahre schon und hast mir oft tolle Hilfe geleistet.
Und du mir. Ui, was haben wir gewuselt *g*
Ich freu mich, dass du es magst. Faltencreme? Du? Glaub ich nich
Na ja, du, ich werd in diesem Jahr 47 *Schreck lass nach*. Also, die Kosmetikerin neulich (mit 5 cm dicker Schminke auffem Gesicht, meinte, ich hätte noch ein bisschen Zeit, aber vorbeugen sollte man schon ... *heul*
Ich schmink mich aber immer noch nicht, ha!
Saludos
Magic
Liebe Elsa,
das ist köstlich geschrieben, voll aus dem Leben/ ins Leben der nicht mehr ganz so jungen Frauen getaucht, Männer besitzen solche Spiegel nicht, glaub ich.
Was meinst du, was ich mache, wenn ich mal richtig schlechte Laune haben will?
Ich nehme den Vergrößerungsspiegel und die Lesebrille...
Liebe Grüße
Gerda
das ist köstlich geschrieben, voll aus dem Leben/ ins Leben der nicht mehr ganz so jungen Frauen getaucht, Männer besitzen solche Spiegel nicht, glaub ich.

Was meinst du, was ich mache, wenn ich mal richtig schlechte Laune haben will?
Ich nehme den Vergrößerungsspiegel und die Lesebrille...
Liebe Grüße
Gerda
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