Monsieur Morgenrot und der Wunderschaukasten
Verfasst: 14.02.2007, 22:47
Lieber Leser, einen schönen Valentinstag! Hier ist der Schlüsselteil aus meiner Monsieur-Morgenrot-Reihe! Neben feinen Verbesserungsvorschlägen, würde ich mich übrigens auch sehr dafür interessieren, welches "Wunder" Sie gerne in diesem Kasten sehen würden. Ich habe schon viele Bekannte ausgefragt und es ist sehr spannend! Vielleicht kann man das ja noch hier einbauen... Also: Viel Spaß und Danke für die Geduld
!
PS: Ich weiß, sie ist ein bisschen lang geraten! Aber man kann sich das ja einteilen...
Monsieur Morgenrot war nun schon seit einigen Wochen wieder in der Heimat und leerte den Briefkasten. Mit einem kleinen Stapel frischer Post setzte er sich auf sein dunkelgrünes Samtsofa und schaute sich die Umschläge an.
Werbung für Lippenstift, Werbung für Bierkästen, Werbung für Dessous (Morgenrot hielt kurz Inne und beäugte mit Kennermiene die Abbildungen), die Telefonrechnung, überschrittene Ausleihfrist bei der Bibliothek, eine kleine private Botschaft von Madame d´Oiseau und… eine neue Karte von Graver!
Wie immer betrachtete Monsieur Morgenrot zunächst das Bild. Auf der leicht zerfledderten Karte waren ein Pfeffer- und ein Salzstreuer in der Wüste abgebildet. Graver hatte mit rotem Stift darüber geschrieben: La Future (Die Zukunft)
„Oh nein, was meint Graver damit schon wieder? Die Zukunft besteht aus weiß und schwarz, aus Salz und Pfeffer? Die Zukunft dient der Gegenwart als Gewürz? Ja, das könnte es sein- Wenn uns die Gegenwart nicht schmeckt, nehmen wir ein bisschen von der Zukunft und verfeinern sie…Aber meist denkt Graver in viel höheren Sphären als ich! Vielleicht meinte er doch etwas ganz anderes…“
Monsieur Morgenrot wendete die Karte und las die dicht gedrängten Worte:
„Pedro, mon ami,
ich vermisse Dich am Tag und in der Nacht, auch im Dämmerlicht, denn Du bist der Einzige, der mir ein warmes Hotelzimmer hätte finanzieren können. Ja, Du hast richtig gelesen, mein schweigsamer Freund, ich, der große Graver, habe mir seit dem meine Villa zu Staub zerfallen ist, eine neue Behausung gesucht: La nature!
Wie sagte einst unser Freund Rousseau (-Natürlich erwähne ich nicht dieses Stümperzitat, dass jeder X-beliebige Straßenkehrer auf seinem Müllabfuhrwagen in die Abendsonne brüllen könnte!): "Die Natur betrügt uns nie. Wir sind es immer, die wir uns selbst betrügen."
-Pedro, erinnere Dich an Salz und Pfeffer! Zwei Dinge aus der Natur, eingekerkert von Menschenhand (…)
Weißt Du, wie ich auf die geniale Idee mit den Zukunfts-Streuern gekommen bin? Ich war auf dem Wochenmarkt! Dabei habe ich folgende Beobachtungen gemacht:
1. 90% der Menschen tragen ein Baguette waagerecht unter dem Arm. Nach meinen Studien der Darwinschen Evolutionstheorie bin ich deshalb zu der Annahme gekommen, dass sich dieses Baguette in den nächsten 2000 Jahren als dritter Arm herausbilden wird. (Behalte diese Karte, sie könnte späteren Archäologen von meiner heutigen Geistesgröße Aufschluss geben. „Graver - Prophet der Biologie“ werden sie mich nennen…)
2. Einige ältere Herren schlürften Austernschalen an einem kleinen, grauen Bistrotischchen und ich gesellte mich zu ihnen. Du musst wissen, dass ich mittlerweile einen Vollbart trage und meine Kleidung noch immer vom Ruß behaftet ist. Ich rief ihnen freundlich zu: „Ihr da! Ihr lutscht euer Schicksal aus! Ihr lutscht es aus bis auf den letzten Schluck!“ –Aber Pedro, sie verstanden mich nicht…
-Ich habe mich angewidert vom einfachen Fußvolk entfernt.
3. Diese Geschichte geht auch Dich etwas an, Pedro! Eines Nachmittags sah ich die berühmte Madame d´Oiseau an einem Obststand stehen. Sie blätterte wie wild geworden in einem kleinen, gelben Wörterbuch und sagte mit greller Stimme: „Je voudrais bien des apricots!“
-Nur leider hörte der Mann hinter der Obstbalustrade sie nicht, sodass sie den Stand wechseln musste und wiederholte: „Je voudrais bien des apricots!“
Doch auch an diesem Stand hatte sie keinen Erfolg. Du wirst es nicht glauben Pedro, aber als die Händler ihre Wagen zuklappten und die Sonne im Meer ertrank, stand sie noch immer da. Allein, verlassen und rief: „Je voudrais bien des apricots!“
Diese Szene ließ mich an das menschliche Glück denken…
Wir kamen ins Gespräch und ich erzählte ihr, dass Du abgereist bist. Sofort fragte sie mich aus wohin und nun ist sie Dir gefolgt, Pedro! Ich kann Dir nur von dieser Frau abraten… Alle Frauen tragen die Formel zum Weltuntergang in sich!
Nun, das Papier ist erschöpft, mein Freund! Wenn Du möchtest, werde ich Dich im Frühling besuchen! Denn wie sagte unser Freund von Herder: „Was der Frühling nicht säte, kann der Sommer nicht reifen, der Herbst nicht ernten, der Winter nicht genießen."
In Hingabe, Dein Frühlingsfreund: Richard Graver“
Monsieur Morgenrot lächelte und entfaltete die Zeitung. Unter der Überschrift: „Wunder gibt es immer teurer“ las Monsieur von einem Schaukasten, welcher Massen an Besuchern aus aller Welt anlockte. Der Kasten hing in der Werkstatt, die Monsieur Morgenrot in fernen Tagen einst besucht hatte.
Er erinnerte sich noch gut daran wie man damals an neuen Erfindungen tüftelte wie zum Beispiel einem Tablett, das sich bei der kleinsten Neigung von selbst wieder in eine waagerechte Position brachte oder die ferngesteuerten Einkaufstüten, die mit Hilfe eines Sensors eigenständig die richtige Ware aus dem Regal einpacken konnten- Ja, eine mit Zucchini gefüllte Tüte schwebte sogar in den Kühlschrank ihres Besitzers.
Nachdem einer der Erfinder nun beteuerte einen Glaskasten entworfen zu haben, in welchem jeder Mensch sein ganz persönliches „Wunder“ bestaunen könnte, wurde die Werkstatt zur Anlaufstelle für Reisende und Journalisten.
-Ein Koch aus Amsterdam jubelte: "Ich möchte in diesem Kasten das weltbeste Rezept für ein Pampelmusendessert sehen!"
-Ein Postbote aus Prag ließ verlauten: "Im Kasten zeigen sie mir den Bauplan für ein Gerät, dass feststellt, ob sich Bargeld hinter den Umschlägen versteckt!"
-Ein Verliebter aus Chemnitz dachte: "In der Vitrine seh´ ich ´nen Porno mit meiner Süßen und mir."
Außerdem kam eine Hausfrau aus Washington zu Wort, welche mit der ganzen Familie angereist war und über den Schaukasten meinte: „Wir hoffen GOTT im Kasten zu sehen!“
In der Werkstatt hatte man diese öffentliche Begeisterungswelle schnell vernommen und nahm nun einen beträchtlichen Eintritt von 45 Euro (ermäßigt 40) für einen Besuch beim Wunderschaukasten.
Monsieur Morgenrot grübelte, ob er sich diesen Kasten einmal aus der Nähe ansehen sollte.
Aber was wollte er selbst in der Vitrine bestaunen? Was wäre ein wahres Wunder?
„Vielleicht ist das so was wie ein Fernseher…Ob man wohl die Liebe darin sehen kann? “ fragte er sich und beschloss das Objekt einmal zu besichtigen.
Während Monsieur Morgenrot Jacke und Hut vom Bügel nahm, stand Madame d´Oiseau in einer langen Schlange eines Supermarktes und sah den Tomaten zu, die auf dem schwarzen Rollband nach vorne schaukelten wie kleine Artisten.
Als sich die gläserne Schiebetür vor ihr öffnete spähte Madame d´Oiseau abwechselnd zum bedeckten Himmel hinauf und wieder zurück auf die nasse Straße –
Während Madame auf ihren Chauffeur wartete, der sie zu der kleinen „Pension Krone“ bringen sollte, sah sie einen armselig bekleideten Mann vor dem Supermarkt stehen, welcher Obdachlosenzeitschriften verkaufte. Madame sah auf seine rote, kalte Nase, seine graue Mütze und seinen Stoppelbart.
Seine müden, grauen Augen suchten Madame d´Oiseaus Blick und plötzlich hörte sie ihn mit gedämpfter Stimme zitieren:
„Kommt
Kommt, reden wir zusammen
wer redet, ist nicht tot,
es züngeln doch die Flammen
schon sehr um unsere Not.
Kommt, sagen wir: die Blauen,
kommt, sagen wir: das Rot,
wir hören, lauschen, schauen
wer redet, ist nicht tot.
Allein in deiner Wüste,
in deinem Gobigraun –
du einsamst, keine Büste,
kein Zwiespruch, keine Fraun,
und schon so nah den Klippen,
du kennst dein schwaches Boot –
kommt, öffnet doch die Lippen,
wer redet, ist nicht tot.”
-Madame d´Oiseau ging verwundert auf ihn zu und erwarb eine Zeitung. Der Mann lächelte mit gelbem Gebiss, packte seine Papierstapel in den Fahrradkorb und rollte grinsend davon.
Gerade, als Madame d´Oiseau die Zeitung aufschlagen wollte, fiel ihr Blick auf ein kleines Rohr, welches am Fuß einer Straßenlaterne lag. Sie hob es auf und sah hinein. Es war ein Kaleidoskop. Madame bewunderte die ineinander gleitenden Farbkristalle und drehte das Rohr gedankenverloren im Kreis, als sie plötzlich mit dem linken Auge zusehen musste wie ihre neue Zeitung über den Bürgersteig flog.
Der Wind schlug die Zeitung auf und blätterte darin. Die Zeitung rauschte über den Boden wie eine Rochen. Vorbei an Blumenkästen, einem küssenden Paar, einer Frau im Rollstuhl, einem Polizisten, leeren Kaffeehaus-Stühlen, einem Kaugummiautomaten… Bis sie schließlich an einer Telefonzelle hängen blieb.
Madame d´Oiseau war der Zeitung nachgerannt und stand nun außer Atem vor dem Telefon.
Sie hob die flüchtige Zeitung auf und schüttelte sie aus wie eine Bettdecke. Plötzlich klingelte das rosa Telefon. Madame nahm ab und fragte: „Ja?“
Aber niemand meldete sich. Es war nur eine Art Meeresrauschen zu hören und manchmal klang es wie ein besprochenes Band einer Kassette, was zu schnell abgespielt wurde. Eine verzerrte Frauenstimme, quietschend und kaum zu verstehen. Madame d´Oiseau horchte, aber der Anrufer hatte bereits aufgelegt. Irritiert und leicht bekümmert sah Madame d´Oiseau auf die Tasten, aber es war keine normale Telefontastatur. Alle Zahlen, bis auf die 1 und die 2 waren geschwärzt.
„Vielleicht hat das etwas mit der verzerrten Frauenstimme zu tun… 12…wie 12 Monate! Oder Mitternacht! Um Mitternacht wird die Frau mit der verzerrten Stimme hier erscheinen…Ja! Das wird es sein! Vielleicht will sie etwas von mir…“
Madame d´Oiseau schlug die Zeitung auf und bemerkte einen kleinen schwarzen Fleck am Seitenende. Der Fleck war auch auf den folgenden Seiten zu sehen…
Alle Zahlen waren ausgelöscht! Bis auf die 12…
Auf der 12. Seite las Madame d´Oiseau unter der Überschrift "Der Wunder-Punkt" von einem Ort, an dem man eine Vitrine erfunden hatte, die jedem Menschen ein persönliches Wunder zeigen sollte. Madame d´Oiseau überlegte: „Irgendjemand wollte, dass ich darauf aufmerksam werde! Aber wer? Oh, vielleicht kann mir dieser Kasten zeigen, wo sich Monsieur Morgenrot jetzt gerade aufhält und wie es mit uns weiter gehen wird…“
Wenige Minuten später reiste Madame mit ihrem persönlichen Taxifahrer zum Ort des Geschehens.
Monsieur Morgenrot hatte die Werkstatt bereits erreicht. Am Hauseingang verkaufte eine blonde, rundliche Dame spezielle „Wunder-Brötchen“ und aus einem der oberen Stockwerke hörte Monsieur Morgenrot einen Klavierspieler ein Lied von Zarah Leander anstimmen. Er sang:
„Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn
und dann werden tausend Märchen wahr.
Ich weiß, so schnell kann keine Liebe vergehn,
die so groß ist und so wunderbar.“
Morgenrot verzog das Gesicht und ging die Treppe hinauf, um seine alten Kollegen zu begrüßen. Der Wunderschaukasten hingegen war kaum zu sehen, da sich darum hunderte von Besuchern und Journalisten tummelten. Er war mit violetten Pfeilen ausgeschildert und Monsieurs Augen erspähten nur eine kleine Glaspartie aus der Ferne.
„Wie funktioniert dieser Kasten?“ erkundigte sich Monsieur bei Madame Locke, einer blonden, freundlichen Dame mit der es sich vorzüglich Tee trinken ließ. Frau Locke lächelte in einem Anflug von Begeisterung:
„Also dieser Kasten, das ist ein ganz komisches Ding. Du stellst Dich davor, setzt diese alberne Plastikbrille auf und schließt die Augen. Dann musst Du an das Wunder denken, was Du gern sehen möchtest oder eine Frage in Gedanken stellen. Aber Du darfst es Dir keinesfalls in Bildern vorstellen. Der Mechanismus funktioniert nur, wenn man das Wunder oder die Frage in Worten denkt.“
„Das dürfte ja wohl nicht allzu schwierig sein.“ Entgegnete Morgenrot.
„Na, das ist keine leichte Sache! Sobald man nur ein einziges Bild denkt, kann man das Wunder vergessen! Der Automat wäre dann verwirrt. Er kann keine Bilder erkennen. Nur Gedanken lesen.“
„Aber keine Gedanken sehen?“
„Nein. Wir versuchen dieses Problem in den Griff zu bekommen. Hast Du Dir schon einen Stift gekauft?“
„Was für einen Stift?“
„Der Kasten ist erst betriebsbereit, wenn man das kleine Blatt hinter der Vitrine mit seinem Namen unterschreibt. Schließlich muss der Kasten sich auf seinen Gast einstellen. Du brauchst einen speziellen Stift dazu. Beeil Dich, in fünf Minuten ist er betriebsbereit.“
Als Monsieur Morgenrot einen blauen Stift bei einer überaus massigen, bleichhaarigen Dame erworben hatte, gesellte er sich wieder zu Madame Locke, sah gespannt auf das Gewimmel und dachte an Graver wie er zuletzt am Flughafen durch den langen Gang zur Maschine gerufen hatte: „Pedro, zuerst musst Du der Realität ins Auge sehen. Dann bindest Du ihr ein Tuch um und ihr spielt blinde Kuh!“
Monsieur Morgenrot griff in das rote Seidentuch in seiner Jacketttasche und freute sich auf das bevorstehende Wunder.
Madame d´Oiseau hingegen schlenderte in der Eingangshalle der Werkstatt auf und ab. Sie schlürfte ihr Wunderbrunnen-Wasser und ging im Kopf alle möglichen Bedeutungen der Zahl 12 durch: „Ein dutzend Eier, ein Hexaeder hat 12 Kanten, 12 ist die Ordnungszahl von Magnesium, 12 Stunden hat der Tag, 12 Stunden hat die Nacht, 12 Mondzyklen hat ein Jahr, 12 Artikel der Bauern im Bauernkrieg, 12 Sternzeichen, Zwölftonmusik, 12 Apostel, die 12 Prüfungen Herakles….“
Immer noch vertieft in diese existenzielle Frage, folgte Madame den lila Pfeilen und dem Lärm über eine weiße Treppe hinauf.
Oben herrschte ein dichtes Gedränge, eine kleine Blaskapelle spielte Mahlers dritte Sinfonie und vor dem Wunderschaukasten hatte sich eine lange Schlange gebildet, in wessen Mitte Monsieur Morgenrot stand, der allerdings von einem voluminösen Bäcker verdeckt wurde, sodass Madame d´Oiseau ihn nicht sah.
Ein Mitarbeiter der Werkstatt nahm den goldenen Pfosten, an welchem ein schweres, rotes Samtband hang, zur Seite und rief in die Menge: „Meine Damen und Herren, ich darf sie mit Stolz zur zweiten Vorführung des Wunderschaukastens begrüßen. Bevor wir beginnen, möchte ich ihnen noch den Erfinder des Kastens vorstellen. Es ist mir eine Ehre ihn heute hier begrüßen zu dürfen: Willkommen, Monsieur Erwin Blume!“
Die Kapelle spielte einen Tusch, als der kleine, sympathische Mann im blauen Hosenanzug vor die Anwesenden trat. Eine junge Dame überreichte ihm einen Strauß weißen Oleander, man applaudierte und verstummte schließlich.
Der kleine Mann rieb sich ungläubig über die Glatze.
„Vielen Dank.“ sprach er, winkte mit seinem Strauß der Masse zu und verschwand in einem abgetrennten Prominentenbereich.
Der erste Herr war der Koch, der nach dem weltbesten Pampelmusendessert verlangte. Er las sich noch einmal die große Tafel mit der Bedienungsanleitung über der Vitrine durch und unterzeichnete leicht aufgewühlt die Liste. Er legte die klobige, graue Plastikbrille an und dachte den Satz: „Wie lautete das weltbeste Rezept für ein Pampelmusendessert?“
Erwartungsvoll sah der Koch in den Kasten, der plötzlich ganz schwarz wurde…Aber dann erschien ein Füllfederhalter, der mit feiner Handschrift auf weißes Papier schrieb:
Pampelmusen-Pfirsich-Dialog: Die Pfirsiche kurz in heißem Wasser blanchieren, danach kalt abschrecken, anschließend die Schale abziehen, vierteln und auf einen Dessertteller geben. Die Pampelmuse schälen, in Scheiben schneiden und unter die Pfirsichwürfel mischen. Für die Sauce ein Ei mit Zucker und einem EL Mehl verrühren, über die Früchte geben und das Ganze im Ofen überbacken. Anschließend mit Puderzucker und Zitronenmelisse dekorieren. Bon Appetit!
Der Koch notierte alles in einem kleinen Büchlein und legte die Brille ab. Mit feuchten Augen wandte er sich herum und ging selig lächelnd nach draußen.
Madame d´Oiseau sah wieder abwechselnd an die gelbe Decke und auf den weißen Boden und betrachtete ihre zehn Finger: „Plus zwei Zehen.“ überlegte sie für sich und reihte sich ein.
Nachdem die Hausfrau aus Washington entgeistert an ihr vorbei geschlichen war (sie hatte nämlich den mitfühlenden Mann mit dem weißen Schnurrbart* im Kasten gesehen), trat Monsieur Morgenrot vor das eckige Glasfenster und klickte auf seinen Kugelschreiber –
Madame d´Oiseau hingegen wurde durch eine erstaunliche Entdeckung abgelenkt. Lange Zeit hatte sie nun schon die kleine, pausierende Blaskapelle bewundert, doch erst jetzt fiel ihr die Triangel auf, welche an einer Stuhllehne hing.
„1+2 ist 3...könnte das ein Hinweis auf die Triangel sein? Vielleicht war gar nicht zwölf gemeint! Ja, vielleicht ist es die Drei!“
Madame d´Oiseau löste sich aus der Schlange, um sich einen Weg durch das Gewühl zu den Instrumenten zu bahnen. In diesem Moment hatte Monsieur Morgenrot bereits die Plastikbrille aufgesetzt und konzentrierte sich. Schließlich war es für einen Freund der Imagination wie ihn keine leichte Angelegenheit nur in Worten, ohne jedes Bild zu denken.
Er dachte dann ganz schnell, als ob man ein Pflaster abreißt, um ja nichts falsch zu machen...
„Wie sieht die Liebe aus?“
Die Vitrine verdunkelte sich erneut, bis schließlich ein sommerliches Parkgelände erschien. Man sah eine alte Holzbank, umgeben von hohen Kiefern. Jemand pfiff eine fröhliche Melodie. Graver. Er lief gut gelaunt ins Bild und kam ziemlich nah an Morgenrots Gesicht:
„Pedro, mon ami! Man meint, ich bin der rechte Mann, um die Liebe zu erklären. Denn ist es nicht so: Man kann die Dinge am besten durchschauen, wenn man Distanz zu ihnen aufgebaut hat und wer könnte noch entfernter von der Liebe sein, als ich? Ja, aber das war nicht immer so mein Freund...“
Graver setzte sich auf die Parkbank, zog einen kleinen weißen Koffer hervor und legte ihn auf den Schoß. Nachdem er mit einem Klick aufgesprungen war, hob Graver erneut den Blick.
„Pedro, ich kenne die Liebe aus meiner Erinnerung. Sie hat mir damals nichts als Unglück gebracht. Zwar sagt Grillparzer: „Für das Geliebte leiden, ist so süß.“ –Aber mir ist es noch immer, als hätte ich eine Flasche Sirup getrunken! Doch hat die Liebe zwei Seiten –wie eine Schmetterling- Du wirst das wissen, mein Freund! Stell sie Dir vor wie dies hier:“
Er drehte den Koffer herum, sodass man hinein sehen konnte. Darin lief ein flimmernder Film ab:
Monsieur Morgenrot hörte eine schöne, zarte Melodie. Vielleicht eine Harfe. Man sah zwei nackte Fußpaare, die auf hellem Pergamentpapier gingen, immerzu im Kreis umeinander, bis sie sich schließlich gegenüber standen. Das Papier unter ihnen knisterte wie ein Lagerfeuer, doch schließlich entfernten sie sich wieder voneinander.
Das Bild verschwamm zu einem Wasserfall. Monsieur Morgenrot sah sich selbst und es kam ihm vor, als ob er wirklich durch den Wasserfall gehen würde. Er sah ins Dunkel und schmeckte die feuchte Luft auf der Zunge. Es erschien ihm dort wie in einer verborgenen Höhle… als plötzlich eine Stehlampe ansprang. Der Wasserfall hinter ihm rauschte immer leiser und er trat ein paar Schritte nach vorn. Vor ihm erschien ein kleiner Marmortisch, auf welchem ein Metallophon lag-
Nur die Holzstäbe fehlten. Monsieur wollte gern etwas spielen und sah sich suchend im Licht der Lampe um. Auf einmal fühlte er eine Hand an seiner, die ihm einen Klangstab reichte. Als er sich umwand, war jedoch niemand zu sehen. Obwohl er niemals gelernt hatte so zu spielen, fiel ihm plötzlich jeder einzelne Schlag ganz leicht. Von den ehemals roten Tasten sprang der Staub und an seine Ohren schwebte ein warmes Lied. Auch dieses Bild löste sich auf. Es wurde hell vor Monsieurs Augen, er sah direkt in die Sonne und musste die Lider senken, sodass er nur noch Orange- und Rottöne wahrnahm. Als er die Augen öffnete, hatte sich das Rot in einen Lippenstift verwandelt, der langsam über einen Frauenmund fuhr. Der Mund zog sich nach innen und küsste schließlich auf eine kleine Glasscheibe, direkt vor Monsieurs Augen. Monsieur nahm das Glas und verwischte den Kuss mit seinem Zeigefinger… Das Glas glitt ihm plötzlich aus der Hand und zersprang am Boden… Doch mit einem Mal wurden die scharfen Kanten der Scherben zu blassen Wolken… Es wurden so viele Wolken, dass Monsieur Morgenrot Mühe hatte noch etwas zu erkennen… Aber in der Ferne sah er eine Garderobe, an der ein Strohhut, ein roter Mantel und die Erdkugel hingen…
Mitten in den Wolken hörte er es Flüstern: „Wenn ich ganz nah vor Dir stehe und mein Blick droht in Deinem zu ertrinken, gibt es den Moment, an dem ich denke: Du hättest nur ein Auge, weil Deine Mimik so verläuft – wie in einem Traum…“
-Monsieur war es auf einmal selbst, als würde er auf Papier gehen. Die Wolken zerfielen, als er sich plötzlich auf einem ausgedehnten Feld im Frühling wiederfand. Vor ihm blühte eine rosa Zierkirsche und Monsieur roch an einem blütenvollen Ast. Als er jedoch nach unten sah, lagen dort zwei tote Amseln. Er brach den Ast ab und warf ihn vorsichtig auf die Tiere…
„Kling!“ –Madame d´Oiseau schlug voller Enthusiasmus die Triangel an. Der Ton war so grell, dass er Monsieur Morgenrot derart ablenkte, dass der Wunderschaukasten langsam abdunkelte. Das letzte, was er noch darin sah, waren die zwei Amseln, lange vor ihrem Ende. Sie trafen sich gerade das erste mal –
auf einem Dachfirst.
Monsieur Morgenrot nahm die Plastikbrille ab und trat zur Seite, als Madame d´Oiseau ein weiteres mal die Triangel anschlug.
„Vielleicht muss man sie zwölf mal schlagen.“ spekulierte sie wieder.
„Madame, sie sind an der Reihe!“ rief ihr der Herr aus Chemnitz zu.
„-Oh!“ erschreckte sich Madame d´Oiseau und eilte zum Wunderschaukasten und kam direkt vor Monsieur Morgenrot an…
Es war so still um sie herum, aber alle sprachen. Sie standen ganz allein im Gedränge. Alle Menschen wurden blind, weil es nur noch seine Augen gab. Über ihnen schien die Sonne, aber der Himmel draußen war grau.
Monsieur Morgenrot erinnerte sich an die zahlreiche Post von Madame und bedankte sich. Für Madame d´Oiseau lächelte die gesamte Menschheit in diesem Moment. Die Wände flossen herab wie Ananassaft, die Rufe aus der Schlange hinter ihr vermischten sich mit allen Gesprächen der Welt und flogen weit fort…
So endlos lange Zeit hatte sie Monsieur Morgenrot nicht mehr gesehen. Wie oft mochte der Sekundenzeiger um die Uhr gekreist sein, seitdem sie sich das letzte Mal trafen?
Wie viele Atemzüge hatten die beiden wohl in dieser Zeit genommen und wie viele werden sie noch nehmen? Wie oft war seitdem der Mond auf und abgetaucht? Und wie viele Tränen hatte die heimtückische Angst seitdem von Madame entlockt?
Doch Monsieur Morgenrot war noch immer das größte Wunder für Madame. Man könnte den Schaukasten einschlagen, wenn man ihm begegnen kann…
Madame d´Oiseau lächelte mit der gesamten Menschheit zusammen und Monsieurs Hand strich über ihren bemäntelten Arm. Ihn nicht nur wiederzusehen, sondern auch von ihm berührt zu werden-
Madames Blut feierte ein Fest und in ihrem Kopf wehte ein goldener Wind.
Gerade, als Madame dabei war ihr Sprachgefühl wieder zu erlangen, wandte sich Monsieur um und ging über den gelben Flur fort. Wie einer geliebten Halluzination sah sie ihm nach.
Als Madame d´Oiseau wie auf Papier aus der Werkstatt ging sah sie in einer Pfütze ein Schiffchen schwimmen. Sie nahm es hoch, entfaltete es und las:
Eins, zwei
„Eins, zwei? Also doch nicht die zwölf! Ich wusste es! Eins, zwei… Un, deux… Un d´eux… EINER VON IHNEN! –Einer von ihnen? Einer von ihnen möchte mir etwas verraten! Aber wer?“ Madame d´Oiseau sah nachdenklich in den Himmel und beschloss die Suche nach dem Einen fortzusetzen…
Anmerkungen:
* Der "Mann mit dem weißen Schnurrbart" erscheint in der ersten Morgenrot-Geschichte

PS: Ich weiß, sie ist ein bisschen lang geraten! Aber man kann sich das ja einteilen...

Monsieur Morgenrot war nun schon seit einigen Wochen wieder in der Heimat und leerte den Briefkasten. Mit einem kleinen Stapel frischer Post setzte er sich auf sein dunkelgrünes Samtsofa und schaute sich die Umschläge an.
Werbung für Lippenstift, Werbung für Bierkästen, Werbung für Dessous (Morgenrot hielt kurz Inne und beäugte mit Kennermiene die Abbildungen), die Telefonrechnung, überschrittene Ausleihfrist bei der Bibliothek, eine kleine private Botschaft von Madame d´Oiseau und… eine neue Karte von Graver!
Wie immer betrachtete Monsieur Morgenrot zunächst das Bild. Auf der leicht zerfledderten Karte waren ein Pfeffer- und ein Salzstreuer in der Wüste abgebildet. Graver hatte mit rotem Stift darüber geschrieben: La Future (Die Zukunft)
„Oh nein, was meint Graver damit schon wieder? Die Zukunft besteht aus weiß und schwarz, aus Salz und Pfeffer? Die Zukunft dient der Gegenwart als Gewürz? Ja, das könnte es sein- Wenn uns die Gegenwart nicht schmeckt, nehmen wir ein bisschen von der Zukunft und verfeinern sie…Aber meist denkt Graver in viel höheren Sphären als ich! Vielleicht meinte er doch etwas ganz anderes…“
Monsieur Morgenrot wendete die Karte und las die dicht gedrängten Worte:
„Pedro, mon ami,
ich vermisse Dich am Tag und in der Nacht, auch im Dämmerlicht, denn Du bist der Einzige, der mir ein warmes Hotelzimmer hätte finanzieren können. Ja, Du hast richtig gelesen, mein schweigsamer Freund, ich, der große Graver, habe mir seit dem meine Villa zu Staub zerfallen ist, eine neue Behausung gesucht: La nature!
Wie sagte einst unser Freund Rousseau (-Natürlich erwähne ich nicht dieses Stümperzitat, dass jeder X-beliebige Straßenkehrer auf seinem Müllabfuhrwagen in die Abendsonne brüllen könnte!): "Die Natur betrügt uns nie. Wir sind es immer, die wir uns selbst betrügen."
-Pedro, erinnere Dich an Salz und Pfeffer! Zwei Dinge aus der Natur, eingekerkert von Menschenhand (…)
Weißt Du, wie ich auf die geniale Idee mit den Zukunfts-Streuern gekommen bin? Ich war auf dem Wochenmarkt! Dabei habe ich folgende Beobachtungen gemacht:
1. 90% der Menschen tragen ein Baguette waagerecht unter dem Arm. Nach meinen Studien der Darwinschen Evolutionstheorie bin ich deshalb zu der Annahme gekommen, dass sich dieses Baguette in den nächsten 2000 Jahren als dritter Arm herausbilden wird. (Behalte diese Karte, sie könnte späteren Archäologen von meiner heutigen Geistesgröße Aufschluss geben. „Graver - Prophet der Biologie“ werden sie mich nennen…)
2. Einige ältere Herren schlürften Austernschalen an einem kleinen, grauen Bistrotischchen und ich gesellte mich zu ihnen. Du musst wissen, dass ich mittlerweile einen Vollbart trage und meine Kleidung noch immer vom Ruß behaftet ist. Ich rief ihnen freundlich zu: „Ihr da! Ihr lutscht euer Schicksal aus! Ihr lutscht es aus bis auf den letzten Schluck!“ –Aber Pedro, sie verstanden mich nicht…
-Ich habe mich angewidert vom einfachen Fußvolk entfernt.
3. Diese Geschichte geht auch Dich etwas an, Pedro! Eines Nachmittags sah ich die berühmte Madame d´Oiseau an einem Obststand stehen. Sie blätterte wie wild geworden in einem kleinen, gelben Wörterbuch und sagte mit greller Stimme: „Je voudrais bien des apricots!“
-Nur leider hörte der Mann hinter der Obstbalustrade sie nicht, sodass sie den Stand wechseln musste und wiederholte: „Je voudrais bien des apricots!“
Doch auch an diesem Stand hatte sie keinen Erfolg. Du wirst es nicht glauben Pedro, aber als die Händler ihre Wagen zuklappten und die Sonne im Meer ertrank, stand sie noch immer da. Allein, verlassen und rief: „Je voudrais bien des apricots!“
Diese Szene ließ mich an das menschliche Glück denken…
Wir kamen ins Gespräch und ich erzählte ihr, dass Du abgereist bist. Sofort fragte sie mich aus wohin und nun ist sie Dir gefolgt, Pedro! Ich kann Dir nur von dieser Frau abraten… Alle Frauen tragen die Formel zum Weltuntergang in sich!
Nun, das Papier ist erschöpft, mein Freund! Wenn Du möchtest, werde ich Dich im Frühling besuchen! Denn wie sagte unser Freund von Herder: „Was der Frühling nicht säte, kann der Sommer nicht reifen, der Herbst nicht ernten, der Winter nicht genießen."
In Hingabe, Dein Frühlingsfreund: Richard Graver“
Monsieur Morgenrot lächelte und entfaltete die Zeitung. Unter der Überschrift: „Wunder gibt es immer teurer“ las Monsieur von einem Schaukasten, welcher Massen an Besuchern aus aller Welt anlockte. Der Kasten hing in der Werkstatt, die Monsieur Morgenrot in fernen Tagen einst besucht hatte.
Er erinnerte sich noch gut daran wie man damals an neuen Erfindungen tüftelte wie zum Beispiel einem Tablett, das sich bei der kleinsten Neigung von selbst wieder in eine waagerechte Position brachte oder die ferngesteuerten Einkaufstüten, die mit Hilfe eines Sensors eigenständig die richtige Ware aus dem Regal einpacken konnten- Ja, eine mit Zucchini gefüllte Tüte schwebte sogar in den Kühlschrank ihres Besitzers.
Nachdem einer der Erfinder nun beteuerte einen Glaskasten entworfen zu haben, in welchem jeder Mensch sein ganz persönliches „Wunder“ bestaunen könnte, wurde die Werkstatt zur Anlaufstelle für Reisende und Journalisten.
-Ein Koch aus Amsterdam jubelte: "Ich möchte in diesem Kasten das weltbeste Rezept für ein Pampelmusendessert sehen!"
-Ein Postbote aus Prag ließ verlauten: "Im Kasten zeigen sie mir den Bauplan für ein Gerät, dass feststellt, ob sich Bargeld hinter den Umschlägen versteckt!"
-Ein Verliebter aus Chemnitz dachte: "In der Vitrine seh´ ich ´nen Porno mit meiner Süßen und mir."
Außerdem kam eine Hausfrau aus Washington zu Wort, welche mit der ganzen Familie angereist war und über den Schaukasten meinte: „Wir hoffen GOTT im Kasten zu sehen!“
In der Werkstatt hatte man diese öffentliche Begeisterungswelle schnell vernommen und nahm nun einen beträchtlichen Eintritt von 45 Euro (ermäßigt 40) für einen Besuch beim Wunderschaukasten.
Monsieur Morgenrot grübelte, ob er sich diesen Kasten einmal aus der Nähe ansehen sollte.
Aber was wollte er selbst in der Vitrine bestaunen? Was wäre ein wahres Wunder?
„Vielleicht ist das so was wie ein Fernseher…Ob man wohl die Liebe darin sehen kann? “ fragte er sich und beschloss das Objekt einmal zu besichtigen.
Während Monsieur Morgenrot Jacke und Hut vom Bügel nahm, stand Madame d´Oiseau in einer langen Schlange eines Supermarktes und sah den Tomaten zu, die auf dem schwarzen Rollband nach vorne schaukelten wie kleine Artisten.
Als sich die gläserne Schiebetür vor ihr öffnete spähte Madame d´Oiseau abwechselnd zum bedeckten Himmel hinauf und wieder zurück auf die nasse Straße –
Während Madame auf ihren Chauffeur wartete, der sie zu der kleinen „Pension Krone“ bringen sollte, sah sie einen armselig bekleideten Mann vor dem Supermarkt stehen, welcher Obdachlosenzeitschriften verkaufte. Madame sah auf seine rote, kalte Nase, seine graue Mütze und seinen Stoppelbart.
Seine müden, grauen Augen suchten Madame d´Oiseaus Blick und plötzlich hörte sie ihn mit gedämpfter Stimme zitieren:
„Kommt
Kommt, reden wir zusammen
wer redet, ist nicht tot,
es züngeln doch die Flammen
schon sehr um unsere Not.
Kommt, sagen wir: die Blauen,
kommt, sagen wir: das Rot,
wir hören, lauschen, schauen
wer redet, ist nicht tot.
Allein in deiner Wüste,
in deinem Gobigraun –
du einsamst, keine Büste,
kein Zwiespruch, keine Fraun,
und schon so nah den Klippen,
du kennst dein schwaches Boot –
kommt, öffnet doch die Lippen,
wer redet, ist nicht tot.”
-Madame d´Oiseau ging verwundert auf ihn zu und erwarb eine Zeitung. Der Mann lächelte mit gelbem Gebiss, packte seine Papierstapel in den Fahrradkorb und rollte grinsend davon.
Gerade, als Madame d´Oiseau die Zeitung aufschlagen wollte, fiel ihr Blick auf ein kleines Rohr, welches am Fuß einer Straßenlaterne lag. Sie hob es auf und sah hinein. Es war ein Kaleidoskop. Madame bewunderte die ineinander gleitenden Farbkristalle und drehte das Rohr gedankenverloren im Kreis, als sie plötzlich mit dem linken Auge zusehen musste wie ihre neue Zeitung über den Bürgersteig flog.
Der Wind schlug die Zeitung auf und blätterte darin. Die Zeitung rauschte über den Boden wie eine Rochen. Vorbei an Blumenkästen, einem küssenden Paar, einer Frau im Rollstuhl, einem Polizisten, leeren Kaffeehaus-Stühlen, einem Kaugummiautomaten… Bis sie schließlich an einer Telefonzelle hängen blieb.
Madame d´Oiseau war der Zeitung nachgerannt und stand nun außer Atem vor dem Telefon.
Sie hob die flüchtige Zeitung auf und schüttelte sie aus wie eine Bettdecke. Plötzlich klingelte das rosa Telefon. Madame nahm ab und fragte: „Ja?“
Aber niemand meldete sich. Es war nur eine Art Meeresrauschen zu hören und manchmal klang es wie ein besprochenes Band einer Kassette, was zu schnell abgespielt wurde. Eine verzerrte Frauenstimme, quietschend und kaum zu verstehen. Madame d´Oiseau horchte, aber der Anrufer hatte bereits aufgelegt. Irritiert und leicht bekümmert sah Madame d´Oiseau auf die Tasten, aber es war keine normale Telefontastatur. Alle Zahlen, bis auf die 1 und die 2 waren geschwärzt.
„Vielleicht hat das etwas mit der verzerrten Frauenstimme zu tun… 12…wie 12 Monate! Oder Mitternacht! Um Mitternacht wird die Frau mit der verzerrten Stimme hier erscheinen…Ja! Das wird es sein! Vielleicht will sie etwas von mir…“
Madame d´Oiseau schlug die Zeitung auf und bemerkte einen kleinen schwarzen Fleck am Seitenende. Der Fleck war auch auf den folgenden Seiten zu sehen…
Alle Zahlen waren ausgelöscht! Bis auf die 12…
Auf der 12. Seite las Madame d´Oiseau unter der Überschrift "Der Wunder-Punkt" von einem Ort, an dem man eine Vitrine erfunden hatte, die jedem Menschen ein persönliches Wunder zeigen sollte. Madame d´Oiseau überlegte: „Irgendjemand wollte, dass ich darauf aufmerksam werde! Aber wer? Oh, vielleicht kann mir dieser Kasten zeigen, wo sich Monsieur Morgenrot jetzt gerade aufhält und wie es mit uns weiter gehen wird…“
Wenige Minuten später reiste Madame mit ihrem persönlichen Taxifahrer zum Ort des Geschehens.
Monsieur Morgenrot hatte die Werkstatt bereits erreicht. Am Hauseingang verkaufte eine blonde, rundliche Dame spezielle „Wunder-Brötchen“ und aus einem der oberen Stockwerke hörte Monsieur Morgenrot einen Klavierspieler ein Lied von Zarah Leander anstimmen. Er sang:
„Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn
und dann werden tausend Märchen wahr.
Ich weiß, so schnell kann keine Liebe vergehn,
die so groß ist und so wunderbar.“
Morgenrot verzog das Gesicht und ging die Treppe hinauf, um seine alten Kollegen zu begrüßen. Der Wunderschaukasten hingegen war kaum zu sehen, da sich darum hunderte von Besuchern und Journalisten tummelten. Er war mit violetten Pfeilen ausgeschildert und Monsieurs Augen erspähten nur eine kleine Glaspartie aus der Ferne.
„Wie funktioniert dieser Kasten?“ erkundigte sich Monsieur bei Madame Locke, einer blonden, freundlichen Dame mit der es sich vorzüglich Tee trinken ließ. Frau Locke lächelte in einem Anflug von Begeisterung:
„Also dieser Kasten, das ist ein ganz komisches Ding. Du stellst Dich davor, setzt diese alberne Plastikbrille auf und schließt die Augen. Dann musst Du an das Wunder denken, was Du gern sehen möchtest oder eine Frage in Gedanken stellen. Aber Du darfst es Dir keinesfalls in Bildern vorstellen. Der Mechanismus funktioniert nur, wenn man das Wunder oder die Frage in Worten denkt.“
„Das dürfte ja wohl nicht allzu schwierig sein.“ Entgegnete Morgenrot.
„Na, das ist keine leichte Sache! Sobald man nur ein einziges Bild denkt, kann man das Wunder vergessen! Der Automat wäre dann verwirrt. Er kann keine Bilder erkennen. Nur Gedanken lesen.“
„Aber keine Gedanken sehen?“
„Nein. Wir versuchen dieses Problem in den Griff zu bekommen. Hast Du Dir schon einen Stift gekauft?“
„Was für einen Stift?“
„Der Kasten ist erst betriebsbereit, wenn man das kleine Blatt hinter der Vitrine mit seinem Namen unterschreibt. Schließlich muss der Kasten sich auf seinen Gast einstellen. Du brauchst einen speziellen Stift dazu. Beeil Dich, in fünf Minuten ist er betriebsbereit.“
Als Monsieur Morgenrot einen blauen Stift bei einer überaus massigen, bleichhaarigen Dame erworben hatte, gesellte er sich wieder zu Madame Locke, sah gespannt auf das Gewimmel und dachte an Graver wie er zuletzt am Flughafen durch den langen Gang zur Maschine gerufen hatte: „Pedro, zuerst musst Du der Realität ins Auge sehen. Dann bindest Du ihr ein Tuch um und ihr spielt blinde Kuh!“
Monsieur Morgenrot griff in das rote Seidentuch in seiner Jacketttasche und freute sich auf das bevorstehende Wunder.
Madame d´Oiseau hingegen schlenderte in der Eingangshalle der Werkstatt auf und ab. Sie schlürfte ihr Wunderbrunnen-Wasser und ging im Kopf alle möglichen Bedeutungen der Zahl 12 durch: „Ein dutzend Eier, ein Hexaeder hat 12 Kanten, 12 ist die Ordnungszahl von Magnesium, 12 Stunden hat der Tag, 12 Stunden hat die Nacht, 12 Mondzyklen hat ein Jahr, 12 Artikel der Bauern im Bauernkrieg, 12 Sternzeichen, Zwölftonmusik, 12 Apostel, die 12 Prüfungen Herakles….“
Immer noch vertieft in diese existenzielle Frage, folgte Madame den lila Pfeilen und dem Lärm über eine weiße Treppe hinauf.
Oben herrschte ein dichtes Gedränge, eine kleine Blaskapelle spielte Mahlers dritte Sinfonie und vor dem Wunderschaukasten hatte sich eine lange Schlange gebildet, in wessen Mitte Monsieur Morgenrot stand, der allerdings von einem voluminösen Bäcker verdeckt wurde, sodass Madame d´Oiseau ihn nicht sah.
Ein Mitarbeiter der Werkstatt nahm den goldenen Pfosten, an welchem ein schweres, rotes Samtband hang, zur Seite und rief in die Menge: „Meine Damen und Herren, ich darf sie mit Stolz zur zweiten Vorführung des Wunderschaukastens begrüßen. Bevor wir beginnen, möchte ich ihnen noch den Erfinder des Kastens vorstellen. Es ist mir eine Ehre ihn heute hier begrüßen zu dürfen: Willkommen, Monsieur Erwin Blume!“
Die Kapelle spielte einen Tusch, als der kleine, sympathische Mann im blauen Hosenanzug vor die Anwesenden trat. Eine junge Dame überreichte ihm einen Strauß weißen Oleander, man applaudierte und verstummte schließlich.
Der kleine Mann rieb sich ungläubig über die Glatze.
„Vielen Dank.“ sprach er, winkte mit seinem Strauß der Masse zu und verschwand in einem abgetrennten Prominentenbereich.
Der erste Herr war der Koch, der nach dem weltbesten Pampelmusendessert verlangte. Er las sich noch einmal die große Tafel mit der Bedienungsanleitung über der Vitrine durch und unterzeichnete leicht aufgewühlt die Liste. Er legte die klobige, graue Plastikbrille an und dachte den Satz: „Wie lautete das weltbeste Rezept für ein Pampelmusendessert?“
Erwartungsvoll sah der Koch in den Kasten, der plötzlich ganz schwarz wurde…Aber dann erschien ein Füllfederhalter, der mit feiner Handschrift auf weißes Papier schrieb:
Pampelmusen-Pfirsich-Dialog: Die Pfirsiche kurz in heißem Wasser blanchieren, danach kalt abschrecken, anschließend die Schale abziehen, vierteln und auf einen Dessertteller geben. Die Pampelmuse schälen, in Scheiben schneiden und unter die Pfirsichwürfel mischen. Für die Sauce ein Ei mit Zucker und einem EL Mehl verrühren, über die Früchte geben und das Ganze im Ofen überbacken. Anschließend mit Puderzucker und Zitronenmelisse dekorieren. Bon Appetit!
Der Koch notierte alles in einem kleinen Büchlein und legte die Brille ab. Mit feuchten Augen wandte er sich herum und ging selig lächelnd nach draußen.
Madame d´Oiseau sah wieder abwechselnd an die gelbe Decke und auf den weißen Boden und betrachtete ihre zehn Finger: „Plus zwei Zehen.“ überlegte sie für sich und reihte sich ein.
Nachdem die Hausfrau aus Washington entgeistert an ihr vorbei geschlichen war (sie hatte nämlich den mitfühlenden Mann mit dem weißen Schnurrbart* im Kasten gesehen), trat Monsieur Morgenrot vor das eckige Glasfenster und klickte auf seinen Kugelschreiber –
Madame d´Oiseau hingegen wurde durch eine erstaunliche Entdeckung abgelenkt. Lange Zeit hatte sie nun schon die kleine, pausierende Blaskapelle bewundert, doch erst jetzt fiel ihr die Triangel auf, welche an einer Stuhllehne hing.
„1+2 ist 3...könnte das ein Hinweis auf die Triangel sein? Vielleicht war gar nicht zwölf gemeint! Ja, vielleicht ist es die Drei!“
Madame d´Oiseau löste sich aus der Schlange, um sich einen Weg durch das Gewühl zu den Instrumenten zu bahnen. In diesem Moment hatte Monsieur Morgenrot bereits die Plastikbrille aufgesetzt und konzentrierte sich. Schließlich war es für einen Freund der Imagination wie ihn keine leichte Angelegenheit nur in Worten, ohne jedes Bild zu denken.
Er dachte dann ganz schnell, als ob man ein Pflaster abreißt, um ja nichts falsch zu machen...
„Wie sieht die Liebe aus?“
Die Vitrine verdunkelte sich erneut, bis schließlich ein sommerliches Parkgelände erschien. Man sah eine alte Holzbank, umgeben von hohen Kiefern. Jemand pfiff eine fröhliche Melodie. Graver. Er lief gut gelaunt ins Bild und kam ziemlich nah an Morgenrots Gesicht:
„Pedro, mon ami! Man meint, ich bin der rechte Mann, um die Liebe zu erklären. Denn ist es nicht so: Man kann die Dinge am besten durchschauen, wenn man Distanz zu ihnen aufgebaut hat und wer könnte noch entfernter von der Liebe sein, als ich? Ja, aber das war nicht immer so mein Freund...“
Graver setzte sich auf die Parkbank, zog einen kleinen weißen Koffer hervor und legte ihn auf den Schoß. Nachdem er mit einem Klick aufgesprungen war, hob Graver erneut den Blick.
„Pedro, ich kenne die Liebe aus meiner Erinnerung. Sie hat mir damals nichts als Unglück gebracht. Zwar sagt Grillparzer: „Für das Geliebte leiden, ist so süß.“ –Aber mir ist es noch immer, als hätte ich eine Flasche Sirup getrunken! Doch hat die Liebe zwei Seiten –wie eine Schmetterling- Du wirst das wissen, mein Freund! Stell sie Dir vor wie dies hier:“
Er drehte den Koffer herum, sodass man hinein sehen konnte. Darin lief ein flimmernder Film ab:
Monsieur Morgenrot hörte eine schöne, zarte Melodie. Vielleicht eine Harfe. Man sah zwei nackte Fußpaare, die auf hellem Pergamentpapier gingen, immerzu im Kreis umeinander, bis sie sich schließlich gegenüber standen. Das Papier unter ihnen knisterte wie ein Lagerfeuer, doch schließlich entfernten sie sich wieder voneinander.
Das Bild verschwamm zu einem Wasserfall. Monsieur Morgenrot sah sich selbst und es kam ihm vor, als ob er wirklich durch den Wasserfall gehen würde. Er sah ins Dunkel und schmeckte die feuchte Luft auf der Zunge. Es erschien ihm dort wie in einer verborgenen Höhle… als plötzlich eine Stehlampe ansprang. Der Wasserfall hinter ihm rauschte immer leiser und er trat ein paar Schritte nach vorn. Vor ihm erschien ein kleiner Marmortisch, auf welchem ein Metallophon lag-
Nur die Holzstäbe fehlten. Monsieur wollte gern etwas spielen und sah sich suchend im Licht der Lampe um. Auf einmal fühlte er eine Hand an seiner, die ihm einen Klangstab reichte. Als er sich umwand, war jedoch niemand zu sehen. Obwohl er niemals gelernt hatte so zu spielen, fiel ihm plötzlich jeder einzelne Schlag ganz leicht. Von den ehemals roten Tasten sprang der Staub und an seine Ohren schwebte ein warmes Lied. Auch dieses Bild löste sich auf. Es wurde hell vor Monsieurs Augen, er sah direkt in die Sonne und musste die Lider senken, sodass er nur noch Orange- und Rottöne wahrnahm. Als er die Augen öffnete, hatte sich das Rot in einen Lippenstift verwandelt, der langsam über einen Frauenmund fuhr. Der Mund zog sich nach innen und küsste schließlich auf eine kleine Glasscheibe, direkt vor Monsieurs Augen. Monsieur nahm das Glas und verwischte den Kuss mit seinem Zeigefinger… Das Glas glitt ihm plötzlich aus der Hand und zersprang am Boden… Doch mit einem Mal wurden die scharfen Kanten der Scherben zu blassen Wolken… Es wurden so viele Wolken, dass Monsieur Morgenrot Mühe hatte noch etwas zu erkennen… Aber in der Ferne sah er eine Garderobe, an der ein Strohhut, ein roter Mantel und die Erdkugel hingen…
Mitten in den Wolken hörte er es Flüstern: „Wenn ich ganz nah vor Dir stehe und mein Blick droht in Deinem zu ertrinken, gibt es den Moment, an dem ich denke: Du hättest nur ein Auge, weil Deine Mimik so verläuft – wie in einem Traum…“
-Monsieur war es auf einmal selbst, als würde er auf Papier gehen. Die Wolken zerfielen, als er sich plötzlich auf einem ausgedehnten Feld im Frühling wiederfand. Vor ihm blühte eine rosa Zierkirsche und Monsieur roch an einem blütenvollen Ast. Als er jedoch nach unten sah, lagen dort zwei tote Amseln. Er brach den Ast ab und warf ihn vorsichtig auf die Tiere…
„Kling!“ –Madame d´Oiseau schlug voller Enthusiasmus die Triangel an. Der Ton war so grell, dass er Monsieur Morgenrot derart ablenkte, dass der Wunderschaukasten langsam abdunkelte. Das letzte, was er noch darin sah, waren die zwei Amseln, lange vor ihrem Ende. Sie trafen sich gerade das erste mal –
auf einem Dachfirst.
Monsieur Morgenrot nahm die Plastikbrille ab und trat zur Seite, als Madame d´Oiseau ein weiteres mal die Triangel anschlug.
„Vielleicht muss man sie zwölf mal schlagen.“ spekulierte sie wieder.
„Madame, sie sind an der Reihe!“ rief ihr der Herr aus Chemnitz zu.
„-Oh!“ erschreckte sich Madame d´Oiseau und eilte zum Wunderschaukasten und kam direkt vor Monsieur Morgenrot an…
Es war so still um sie herum, aber alle sprachen. Sie standen ganz allein im Gedränge. Alle Menschen wurden blind, weil es nur noch seine Augen gab. Über ihnen schien die Sonne, aber der Himmel draußen war grau.
Monsieur Morgenrot erinnerte sich an die zahlreiche Post von Madame und bedankte sich. Für Madame d´Oiseau lächelte die gesamte Menschheit in diesem Moment. Die Wände flossen herab wie Ananassaft, die Rufe aus der Schlange hinter ihr vermischten sich mit allen Gesprächen der Welt und flogen weit fort…
So endlos lange Zeit hatte sie Monsieur Morgenrot nicht mehr gesehen. Wie oft mochte der Sekundenzeiger um die Uhr gekreist sein, seitdem sie sich das letzte Mal trafen?
Wie viele Atemzüge hatten die beiden wohl in dieser Zeit genommen und wie viele werden sie noch nehmen? Wie oft war seitdem der Mond auf und abgetaucht? Und wie viele Tränen hatte die heimtückische Angst seitdem von Madame entlockt?
Doch Monsieur Morgenrot war noch immer das größte Wunder für Madame. Man könnte den Schaukasten einschlagen, wenn man ihm begegnen kann…
Madame d´Oiseau lächelte mit der gesamten Menschheit zusammen und Monsieurs Hand strich über ihren bemäntelten Arm. Ihn nicht nur wiederzusehen, sondern auch von ihm berührt zu werden-
Madames Blut feierte ein Fest und in ihrem Kopf wehte ein goldener Wind.
Gerade, als Madame dabei war ihr Sprachgefühl wieder zu erlangen, wandte sich Monsieur um und ging über den gelben Flur fort. Wie einer geliebten Halluzination sah sie ihm nach.
Als Madame d´Oiseau wie auf Papier aus der Werkstatt ging sah sie in einer Pfütze ein Schiffchen schwimmen. Sie nahm es hoch, entfaltete es und las:
Eins, zwei
„Eins, zwei? Also doch nicht die zwölf! Ich wusste es! Eins, zwei… Un, deux… Un d´eux… EINER VON IHNEN! –Einer von ihnen? Einer von ihnen möchte mir etwas verraten! Aber wer?“ Madame d´Oiseau sah nachdenklich in den Himmel und beschloss die Suche nach dem Einen fortzusetzen…
Anmerkungen:
* Der "Mann mit dem weißen Schnurrbart" erscheint in der ersten Morgenrot-Geschichte