Der Wind schlägt die Gardine am Schlafzimmerfenster auf und frühe Sonnenstrahlen bohren sich in meine Haut. Ich spüre wie sie mir die Poren versengen, dafür brauche ich nicht die Augen zu öffnen. Warum kann es bis Montag nicht einfach Nacht bleiben? Ich drehe mich um, aber die Helligkeit des Sommermorgens lässt sich nicht verdrängen. Der Spiegel wirft das Licht zurück und ich fühle mich verfolgt. Verfolgt von der Lebenslust des Sommers. Ich hasse diese Tage und diese Momente. Sie zeigen mir, wie sehr ich mich verstrickt habe. Ich bin matt und wütend, strample mir die Decke von den Füßen. Rote Zehennägel sind die Eintrittspforte in meine Seele. Ich möchte sie mir herunterreißen. Ja, ja heute nur, das weiß ich. Montag, nein schon am Sonntagabend, sieht alles wieder ganz anders aus.
Dann hellt sich meine Stimmung auf. Ich springe bei Saxofonklängen von Thomas Heidelberg in die Wanne. Dann wird der Nagellack erneuert, eine schicke Bluse für morgen aus dem Schrank genommen, der neue Lippenstift (ein Geschenk von ihm) ausprobiert. Aber so weit kann ich am Samstagmorgen noch nicht wirklich denken. Ich bin im Hier und Heute und weit weg vom Montag. Viel zu weit weg. Marga, meine Kollegin vom Schreibtisch gegenüber, arbeitet die ganze Woche darauf hin, dass endlich Freitag wird. Mit einem lauten Jauchzer verlässt sie dann am Nachmittag das Büro und entschwindet in den Schoß der Familie. Manchmal beneide ich sie, vor allem freitags. Montags bis donnerstags halte ich sie für eine Spießerin. Dann belächle ich ihre Familiengeschichten.
Es lohnt sich nicht aufzustehen. Wofür? Für wen? Die Zeit kann man auch im Bett totschlagen. Das könnte ich, wenn ich darin nicht noch einsamer wäre. Ich ziehe das Kopfkissen auf mein Gesicht und bohre die Nase hinein. Ich kann ihn noch riechen. Mein Körper ist noch klebrig von unserem Schweiß und das Kissen hat seinen Duft aufgesaugt. Das ist das, was mir an den Wochenenden bleibt, wenn er freitags bei mir war. Wenn er bei mir war! Wenn er Zeit hatte! Wenn er sich freimachen konnte von seiner Familie, dieser verdammten Familie, die ich achten muss, um ihn nicht gegen mich aufzubringen. Ein falsches Wort über seine kaltherzige Frau oder seine missratenen Kinder und ich kriege den Laufpass. Dann habe ich verloren. Aber ich will nicht verlieren. Deshalb liege ich am Wochenende hier und hadere mit meinem Schicksal. Alles in der Hoffnung, irgendwann mein Ziel zu erreichen. Dafür verleugne ich mich selbst. Ich mache keine Szenen, bin immer fröhlich, nie krank, aufgemotzt wie ein Mannequin und habe immer Zeit. Bin immer für ihn da, wenn er mich braucht.
Ich will mich nicht beschweren, schließlich liebe ich ihn und ich will ihn. Aber ich will ihn allein für mich und dafür tue ich alles. Bis jetzt hat es nicht geholfen. Noch vertraue ich auf die Zeit. Dabei fressen die einsamen Tage meine Lebensenergie auf. Wenn ich in den Spiegel sehe, dann steht da eine alternde Frau mit griesgrämigem Gesicht, eine unzufriedene, leidende Dirne. Eine, die zurückbleiben wird. Eine, die sich belügt. Der Spiegel lügt nicht. Aber ich lüge und er lügt. Wir lügen uns etwas zusammen. Berauben uns, in dem Irrglauben nur gemeinsam glücklich sein zu können und das uns das Schicksal so übel mitspielt. Das Schicksal ist in uns.
„Egal was passiert, du bist meine große Liebe“, sagt er immer zu mir. Ich höre das nur zu gerne. Dabei macht es mich traurig.
Einsamkeit kriecht mir unter die Haut. Sie breitet sich übel riechend in mir aus, dringt durch die Poren nach außen und hält andere auf Abstand, vor allem wenn es Männer sind. Einsamkeit riecht einfach nicht gut. Sie zerreißt meine Lebensenergie in Fetzen, läst mich trostlos im Wind wehen. Sommersonne wird zum Flammenwerfer, Kindergeschrei zu höhnischem Gelächter der Wochenenddämone. Ein paar Worte mit ihm würden helfen. Nur ein paar Worte, das würde schon reichen, aber das geht nicht. Seine Frau benutzt sein Handy. Sie käme uns auf die Schliche. Also verstecke ich mich, bis es Montag wird, bis er mir im Flur über den Weg läuft, bis er mir einen Blick zuwirft, mich kurz im Fahrstuhl berührt. Wir sind ein heimliches Paar. Die Heimlichkeit ist prickelnd, nicht das Schicksal, das es bedeutet.
Ich lebe für ihn. Werde älter darüber und noch einsamer. Bis er mich fallen lässt. Bis dahin übe ich die Wochenenddepression, dann wird sie mich auch noch montags bis freitags begleiten. Dann wird es zu spät sein für eine neue, für eine unbeschwerte Liebe. Ich werde mir die Zeit mit ihm nicht verzeihen, denn sie hat mich die Zukunft gekostet.
Aber am Montag werde ich wieder fröhlich aufstehen, mein schönstes Lächeln anknipsen und ihm auf der Treppe begegnen. Keinen Gedanken werde ich mehr an das vergangene Wochenende verschwenden. Ich werde die Frau sein, die er erwartet. Mein Blick wird ihn einladen, da weiter zu machen, wo wir am Freitag aufgehört haben. Ich muss es einfach tun!
Weiblich wochenend-endlos
Willkommen Akire.
Ich nifl einfach mal drauf los.
Hat mich stutzen lassen… frühe Sonnenstrahlen sind ja eigentlich sanft und bohren nicht.
Das muss ja höchster Hochsommer sein … morgens durchs Fenster plus Wind !?
Wann ist Montag? *g
Ein schönes, skurriles Bild.
Das kommt mir zu unerwartet. Warum plötzlich? Woher der Bruch? So ist es mir zu "tell".
Verstehe ich zeitlich und perspektivisch nicht. Die "stetige Wiederkehr" und das damit verbundene Wissen ist dem Leser bis dahin ja noch unklar.
So Erklärungen würde ich streichen. Weiß der Leser auch so.
Ich würde gleich am Anfang den Zeitpunkt (Wochentag) nennen. Mich hatte das jedenfalls verwirrt.
Ingesamt gefällt mir die Geschichte sehr. Die Zerrissenheit der Erzählerin kommt gut bei mir an.
LG
Nifl
[PS:Mod on] Bitte täglich möglichst nur einen Text einstellen. Auch hat sich ein Verhältnis von drei Kommentaren zu anderen Texten und einem selbst eingestellten Text gut bewährt.[Mod off]
Ich nifl einfach mal drauf los.
und frühe Sonnenstrahlen bohren sich in meine Haut. und frühe Sonnenstrahlen bohren sich in meine Haut.
Hat mich stutzen lassen… frühe Sonnenstrahlen sind ja eigentlich sanft und bohren nicht.
Ich spüre wie sie mir die Poren versengen,
Das muss ja höchster Hochsommer sein … morgens durchs Fenster plus Wind !?
Warum kann es bis Montag nicht einfach Nacht bleiben?
Wann ist Montag? *g
Rote Zehennägel sind die Eintrittspforte in meine Seele.
Ein schönes, skurriles Bild.
Dann hellt sich meine Stimmung auf. Ich springe bei Saxofonklängen von Thomas Heidelberg in die Wanne.
Das kommt mir zu unerwartet. Warum plötzlich? Woher der Bruch? So ist es mir zu "tell".
Aber so weit kann ich am Samstagmorgen noch nicht wirklich denken.
Verstehe ich zeitlich und perspektivisch nicht. Die "stetige Wiederkehr" und das damit verbundene Wissen ist dem Leser bis dahin ja noch unklar.
Dafür verleugne ich mich selbst.
So Erklärungen würde ich streichen. Weiß der Leser auch so.
Ich würde gleich am Anfang den Zeitpunkt (Wochentag) nennen. Mich hatte das jedenfalls verwirrt.
Ingesamt gefällt mir die Geschichte sehr. Die Zerrissenheit der Erzählerin kommt gut bei mir an.
LG
Nifl
[PS:Mod on] Bitte täglich möglichst nur einen Text einstellen. Auch hat sich ein Verhältnis von drei Kommentaren zu anderen Texten und einem selbst eingestellten Text gut bewährt.[Mod off]
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)
Hallo Nifl,
ich werde über Deine Anmerkungen nachdenken. Aber mir ging es darum, dass das was man eigentlich genießen sollte, wie "die Sonnenstrahlen am Morgen", eben nicht genießen kann in einer solchen verzwickten Situation.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Leser wirklich gleich auf den Tag des Erzählens, nämlich Samtag, hinwiesen sollte. Der Bruch entsteht für mich in dem Moment, wo sie an Sonntag denkt. Wo sie weiß, dass sich ihre Stimmung dann sofort wieder aufhellt.
Jeden Tag nur einen Text, sorry, habe ich übersehen. Werde mich zukünftig dran halten!
ich werde über Deine Anmerkungen nachdenken. Aber mir ging es darum, dass das was man eigentlich genießen sollte, wie "die Sonnenstrahlen am Morgen", eben nicht genießen kann in einer solchen verzwickten Situation.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Leser wirklich gleich auf den Tag des Erzählens, nämlich Samtag, hinwiesen sollte. Der Bruch entsteht für mich in dem Moment, wo sie an Sonntag denkt. Wo sie weiß, dass sich ihre Stimmung dann sofort wieder aufhellt.
Jeden Tag nur einen Text, sorry, habe ich übersehen. Werde mich zukünftig dran halten!
Liebe Erika,
ein Thema, über das schon, viel (zu viel für meine Begriffe) geschrieben wurde, jedefalls auch der Sicht aus der du schreibst.
Wie wäre es denn wenn du versuchen würdest, das Besondere und Außergewöhnliche, was diese Beziehung abhebt von jenen, in denen dieses Klischee, Liebesgeschichte Verheirateter Mann/ alleistehende Frau thematisieren würdest?
Eine andere Möglichkeit wäre stilistitisch anders zu arbeiten, das heißt weg vom überstrapazierten Nacherzählen, des "Liebeskummers", weg von (so scheint es mir) der eigenen Verarbeitung, hin zu ironischer und reflektiver Betrachtung der Situation, dann wird es m. E literarisch interessant.
Liebe Grüße
Gerda
ein Thema, über das schon, viel (zu viel für meine Begriffe) geschrieben wurde, jedefalls auch der Sicht aus der du schreibst.
Wie wäre es denn wenn du versuchen würdest, das Besondere und Außergewöhnliche, was diese Beziehung abhebt von jenen, in denen dieses Klischee, Liebesgeschichte Verheirateter Mann/ alleistehende Frau thematisieren würdest?
Eine andere Möglichkeit wäre stilistitisch anders zu arbeiten, das heißt weg vom überstrapazierten Nacherzählen, des "Liebeskummers", weg von (so scheint es mir) der eigenen Verarbeitung, hin zu ironischer und reflektiver Betrachtung der Situation, dann wird es m. E literarisch interessant.
Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 11.02.2007, 14:42, insgesamt 1-mal geändert.
Hallo Gerda,
ich werde darüber nachdenken. Es handelt sich übrigens nicht um eine eigene Erfahrung, die ich verarbeiten möchte. Mir ging es mit der Geschichte eigentlich auch eher darum festzustellen, ob man in der Lage ist, sich in solche Situationen hinein zu denken. Das war also ein Versuch für mich. Ich hatte ein Vorbild an das ich mich gehalten habe und deren Emotionen ich zu Papier bringen wollte.
Aber grundsätzlich hast Du sicher Recht, dass darüber schon sehr viel geschrieben wurde und man einen anderen Ausgangspunkt wählen sollte, wenn es um eine literarische Besonderheit gehen soll.
Das nur als Erklärung von mir!

ich werde darüber nachdenken. Es handelt sich übrigens nicht um eine eigene Erfahrung, die ich verarbeiten möchte. Mir ging es mit der Geschichte eigentlich auch eher darum festzustellen, ob man in der Lage ist, sich in solche Situationen hinein zu denken. Das war also ein Versuch für mich. Ich hatte ein Vorbild an das ich mich gehalten habe und deren Emotionen ich zu Papier bringen wollte.
Aber grundsätzlich hast Du sicher Recht, dass darüber schon sehr viel geschrieben wurde und man einen anderen Ausgangspunkt wählen sollte, wenn es um eine literarische Besonderheit gehen soll.
Das nur als Erklärung von mir!

Hallo Akire!
Finde den Text an sich nicht schlecht, nur leider unvollständig. Die Situation ist sicher gut beschrieben, aber ich weiß nicht was ich mit einem Text anfangen soll, der mir eine unangenehme Situation beschreibt, darüber jammert, aber dann sagt, ich lasse es trotzdem, wie es ist. Es findet keinerlei Entwicklung statt, gleich in welche Richtung. Auch überlege ich mir, warum die Prot. das ganze Wochenende zu Hause rumhängt und sich selbst bemitleidet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie auf dem platten Land lebt, wo, sie keine Alternativen hat, denn da bliebe wohl auch ihr Verhältnis mit einem verheirateten Mann nicht lange unentdeckt. Und wenn sie in einer Großstadt lebt, sollte sie da doch genügend Möglichkeiten haben, auch ohne Mann und Familie etwas zu unternehmen, oder? Sind nur so meine persönlichen Versuche, mich da reinzudenken. In der jetzigen Form ist der Text für mich daher noch keine Geschichte, sondern eher eine Zustandsbeschreibung. Aber vielleicht lässt sich ja noch was draus machen?
Liebe Grüße,
Rala
Finde den Text an sich nicht schlecht, nur leider unvollständig. Die Situation ist sicher gut beschrieben, aber ich weiß nicht was ich mit einem Text anfangen soll, der mir eine unangenehme Situation beschreibt, darüber jammert, aber dann sagt, ich lasse es trotzdem, wie es ist. Es findet keinerlei Entwicklung statt, gleich in welche Richtung. Auch überlege ich mir, warum die Prot. das ganze Wochenende zu Hause rumhängt und sich selbst bemitleidet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie auf dem platten Land lebt, wo, sie keine Alternativen hat, denn da bliebe wohl auch ihr Verhältnis mit einem verheirateten Mann nicht lange unentdeckt. Und wenn sie in einer Großstadt lebt, sollte sie da doch genügend Möglichkeiten haben, auch ohne Mann und Familie etwas zu unternehmen, oder? Sind nur so meine persönlichen Versuche, mich da reinzudenken. In der jetzigen Form ist der Text für mich daher noch keine Geschichte, sondern eher eine Zustandsbeschreibung. Aber vielleicht lässt sich ja noch was draus machen?
Liebe Grüße,
Rala
Liebe Erika,
ich möchte mich hier den Kommentaren Gerdas - was die Originalität des Themas angeht - und Nifls - was einige der Details betrifft - anschließen. Besonders aufgefallen ist mir die Passage
ganz zu Anfang, wo ich mich unwillkürlich an eine Klimakatastrophe erinnert fühlte.
Liebe Grüße
max
ich möchte mich hier den Kommentaren Gerdas - was die Originalität des Themas angeht - und Nifls - was einige der Details betrifft - anschließen. Besonders aufgefallen ist mir die Passage
Der Wind schlägt die Gardine am Schlafzimmerfenster auf und frühe Sonnenstrahlen bohren sich in meine Haut. Ich spüre wie sie mir die Poren versengen, dafür brauche ich nicht die Augen zu öffnen.
ganz zu Anfang, wo ich mich unwillkürlich an eine Klimakatastrophe erinnert fühlte.
Liebe Grüße
max
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