die mittagsfrau

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Iris

Beitragvon Iris » 15.10.2006, 18:49

die mittagsfrau

ach, es gibt mal wieder heißen brei
nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird
ich weiß gar nicht, worum es eigentlich geht
na, darum
kannst du mir das vielleicht etwas näher erklären
es gibt nur zwei möglichkeiten, entweder hierum oder darum
worüber reden wir denn nun
darüber könnte man viel sagen
darum geht es also
ja
und hierum geht es nicht
nein
wenn es doch mal woanders lang ginge, hierüber vielleicht
wie das geht, weiß ich auch nicht
vielleicht so
ach so, daß hättest du doch auch gleich sagen können
ich wußte ja nicht, worum es geht und du hast gesagt: na, darum
das habe ich auch nicht gewußt, daß es darum hierüber geht
deswegen reden wir darüber
ich dachte hierüber
hierüber wolltest du sprechen, für mich ging es darum …

immer wenn wir über mich reden, geht es letztendlich nur um dich
ich würde eher sagen, wenn wir mal über dich reden, geht es wieder nur um mich
wann reden wir denn mal über uns

um wieviel ecken hast du denn jetzt gedacht
ach, einfach drum herum
und was ist dabei herausgekommen
dass bei uns alles immer noch so ist wie eh und je,-

bei dir gibt’s keinen fertigbrei, den man kalt einrührt und einfach nur schonend und mundgerecht erwärmt;
bei dir ist der brei nicht fertig, bevor er nicht gekocht hat

bei dem brei ist das so, ja
ich rühr gut um, damit er nicht anbrennt
jetzt ist er fertig

gut, dann fehlt ja nur noch die butter
und früchte
stehen bereits auf dem tisch

von wem wollten wir reden?

von uns

ach, komm lass uns essen.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.10.2006, 21:44

Hallo Iris,

das hat mich sofort an Loriot erinnert ;-)

Du solltest vielleicht, um den Dialog klarer aufzuzeigen, immer abwechseln, indem du eine Stimme in kursiv schreibst.
Saludos
Gabriella
P.S. Diesen Text würde ich gerne mal von dir in der Hörbar gelesen hören;-)

Iris

Beitragvon Iris » 19.10.2006, 11:18

Hallo Magic,

ich habe dies extra vermieden, um es nicht so klar zu machen, sondern mehr transparent, doch vielleicht ist das so nicht günstig.

An die Hörbar traue ich mich noch nicht ran.

Liebe Grüße Iris

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.10.2006, 11:29

Hallo Iris,

aber es ist doch ganz offensichtlich, dass es sich um einen Dialog handelt, das ist gar nicht transparent.

Hi,hi, wegen Hörbar, was glaubst du, wie aufgeregt ich beim ersten Mal war. Aber, wenn man das einmal gemacht hat und dann wieder, echt, dann ist das ne tolle Sache! Also, für mich hat sich mit dem Lesen meiner Texte eine neue Welt offenbart :-)

Die einzige Schwierigkeit beim Lesen deines Textes ergibt sich dadurch, dass du sie mit zwei verschiedenen Stimmen sprechen musst, aber gerade das Verstellen der einen Stimme ist ja auch die Herausforderung, hm?
aufmunternde Grüße
Gabriella

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 19.10.2006, 11:41

Huhu,

ich bin mir gar nicht so sicher, ob der Text klar in zwei Stimmen aufgedröselt werden sollte.

Passagen wie diese
kannst du mir das vielleicht etwas näher erklären
es gibt nur zwei möglichkeiten, entweder hierum oder darum
worüber reden wir denn nun
darüber könnte man viel sagen

könnten zeilenweise alternierend mit zwei Stimmen gelesen werden, aber genausogut als ein Dialogbeitrag, also mit derselben Stimme.

Der Text ist klar ein Dialog, aber wer im einzelnen was sagt, kann auf vielerlei Arten gedeutet werden - und diese Beliebigkeit trägt mit zu der exemplarischen "Sinnleere" des ganzen Gesprächs bei. Ich will mich damit keineswegs gegen eine dialogisch gesprochene Fassung erklären, aber eine Leseebene ging IMO dadurch verloren.

Mit Grüßen
Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Gast

Beitragvon Gast » 19.10.2006, 12:28

Hallo Iris,
die gelangweilte und leicht gereizte Nicht-Kommunikation in einer langjährigen Beziehung - gut eingefangen!
Übrigens stimme ich Zefira zu: Manche Stellen kann man unterschiedlich lesen. Außerdem scheint es mir kaum eine Rolle zu spielen, wer was sagt, weil doch beide eigentlich ohnehin gar nichts sagen.

Allerdings lese ich hier noch mehr als Sinnleere: Festgefahrene Kommunikationsmuster, aus denen man nicht mehr rauskommt. Seufz. Kenne ich nur zu gut aus eigener Erfahrung.

LG Mel

Iris

Beitragvon Iris » 19.10.2006, 16:17

Ja, danke für das Verständnis, so habe ic es auch gemeint ...
daß man nicht (mehr) wirklich weiß, wer wer ist und wer was sagt ...
Liebe Grüße Iris


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