Urlaubsgeschichte
Verfasst: 06.09.2006, 23:19
Kennen Sie dieses Gefühl, wenn man im Zug sitzt – draußen ist es undurchsichtig schwarz – und das Gefühl hat, rückwärts zu fahren? Ungeachtet dessen, welchen Platz man sich aussucht?
Ich habe dieses Gefühl. Genau jetzt. Es ist 5:25 Uhr und ich bin unterwegs Richtung Heidelberg. Komme direkt vom Frankfurter Flughafen, mit Koffer und allem drum und dran. Soll heißen: Müde, erschöpft, hungrig. Und dabei bin ich bisher noch nicht einmal in Urlaub gewesen.
Wieso? Weil, nun ja, das war so: Wir hatten einen Flug mit Hotel gebucht. Vom 28.08. bis 04.09.. Montag bis Montag, weil mein Begleiter am Dienstag wieder arbeiten musste. Ein gemeinsamer Freund hatte sich bereit erklärt, uns in der Nacht zum Flughafen zu fahren. Ursprünglich sollte der Ferien-Flieger um 4 Uhr noch was starten, doch wie das bei Charterflügen so ist, stand auf den Reiseunterlagen, er würde erst um 6:05 Uhr fliegen. War ja auch nicht weiter tragisch. Punkt 3:00 Uhr kamen wir also im Terminal 2 an und luden den Freund noch auf eine Tasse Kaffee ein, damit er die Rückfahrt auch wirklich gut hinbekommt. Gemütlich und voller Vorfreude, schlenderten wir zu den Check-In Schaltern. Auf dem Flugschein war leider nicht ersichtlich, wo sich unser Check-In Schalter befinden sollte, also irrten wir, schon leicht genervt, in der großen Halle umher. Doch vergeblich. Durch Zufall entdeckten wir, dass ausgerechnet unser Flug von Terminal 1 abging. Hektisch liefen wir daraufhin zur Sky Line, der kleinen Bahn, die die beiden Terminalgebäude verband und uns natürlich gerade vor der Nase wegfuhr. In fünf Minuten sollte die nächste kommen. Und in nunmehr 2 Stunden sollte unser Flieger starten. Das war knapp, wenn man die neuen Regelungen beachtete, die auf eine Check-Inn Zeit von ca. zweieinhalb bis drei Stunden vor Abflug verwiesen. Ich wollte die Zeit nutzen, um mich ein wenig zu beruhigen und warf einen Blick in unsere Reiseunterlagen. Suchte Seite für Seite genauestens ab, ob nicht doch eine Information stand, die den Schalter betraf, doch ohne Erfolg. Das einzige, was weiterhalf, war die Flugnummer 0313.
Doch dann sah ich, dass auf dem Rückflugticket 05.09.2006 stand. Verwirrt tippte ich die Kurzwahl für den Kalender in meinem Mobiltelefon. Tatsächlich, der 5. war ein Dienstag. Hatten wir etwa acht Tage gebucht, und nicht sieben? Und das zu dem Preis?! Ich teilte dies freudig meinem miesepetrigen Freund mit, doch davon sank seine Laune nur weiter: „Na toll, aber ich hab bloß bis Montag frei!“ war sein einziger Kommentar. Er streckte mir ein wenig ungläubig die offene Hand entgegen und ich gab ihm das kleine Heftchen. Er schaute auf die Übersichtsseite, zählte an seinen Fingern ab und meinte schließlich in besserwisserischem Tonfall: „Sind aber nur sieben Tage, du musst dich geirrt haben. 29. bis 05." Erschrocken entriss ich ihm die Unterlagen und schaute sie mir selbst noch einmal an. Dann flüsterte ich ihm gepresst zu, dass heute der 28. sei. Und zwar seit vier Stunden.
Ich blieb ungewohnt ruhig. Ich schaffte es sogar zu lächeln. Nicht, wie sonst, wegen jeder Kleinigkeit am Blutpumpen bis zum Herzrasen. Meine Gedanken versuchten sofort, Ordnung zu machen, und auch mein Freund schien die Ruhe weg zu haben. Im Terminal 1 angekommen, schauten wir uns, noch immer außerirdisch lächelnd, nach einer Anzeigetafel um. Da stand es, gelb-grün auf schwarz: Flug 0313, Abflug um 4:30. Das war unsere Flugnummer. Unser Flug, den wir ursprünglich damals im Reisebüro so gebucht hatten. Rasch bewegten wir uns, nun doch ein wenig unsicherer und mit panischen Blicken, auf den Check-In Schalter zu, an dem sich eine schier endlose Schlange befand. Stumm beschlossen wir, zur Information vorne rechts zu eilen und dort unser Leid zu klagen. Der Herr war sehr höflich und verständnisvoll, schickte uns jedoch zum Schalter des Veranstalters, links hinten. Die Odyssee ging also weiter. Erneut trugen wir unser Anliegen, nämlich am 28. in Urlaub fliegen zu wollen, vor. Es war mittlerweile schon 4:15, also wusste die Dame mit den frisch überschminkten Augenringen leider nichts mehr für uns zu tun und schickte uns kurzerhand mit dem Spruch: „Besser so, als umgekehrt!“ nach Hause. Mein Freund war wütend und enttäuscht; ich schlug, leicht amüsiert und völlig übermüdet vor, zum Bahnhof zu gehen und den nächsten Zug nach Heidelberg zu nehmen. Mir war es nicht egal, nein, im Gegenteil. Ich fand das Ganze höchst spannend und interessant!
Das Zugticket für die zweistündige Fahrt kostete zum Glück nur 25 Euro für uns beide. Am Gleis angekommen, meinte ich scherzhaft: „Ein Unglück kommt selten allein, aber so viel Pech hatte ich selten auf einmal!“ Mein Begleiter antwortete, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt: „Mal den Teufel nicht an die Wand, am Ende hat der Zug Verspätung und wir kriegen den Anschluss nicht.“. Kaum drei Minuten später kam dann die Durchsage, die eher klang, als würde sie Werbung für Pralinen machen: „Achtung, auf Gleis 1: Die S-Bahn hat wegen Gleisarbeiten ca. zehn Minuten Verspätung.“ Der Aufenthalt am nächsten Bahnhof sollte genau acht Minuten betragen. Ich fing an zu kichern; der Herr an meiner Seite ballte die Fäuste und wurde rot im Gesicht. Er sagte jedoch nichts. Ich fand dieses Szenario so unrealistisch, dass ich anfing, 99 Luftballons vor mich hin zu summen.
Die S-Bahn hatte nur vier Minuten Verspätung gehabt. Ich sitze in Fahrtrichtung. Und trotzdem fahre ich rückwärts.
Ich habe dieses Gefühl. Genau jetzt. Es ist 5:25 Uhr und ich bin unterwegs Richtung Heidelberg. Komme direkt vom Frankfurter Flughafen, mit Koffer und allem drum und dran. Soll heißen: Müde, erschöpft, hungrig. Und dabei bin ich bisher noch nicht einmal in Urlaub gewesen.
Wieso? Weil, nun ja, das war so: Wir hatten einen Flug mit Hotel gebucht. Vom 28.08. bis 04.09.. Montag bis Montag, weil mein Begleiter am Dienstag wieder arbeiten musste. Ein gemeinsamer Freund hatte sich bereit erklärt, uns in der Nacht zum Flughafen zu fahren. Ursprünglich sollte der Ferien-Flieger um 4 Uhr noch was starten, doch wie das bei Charterflügen so ist, stand auf den Reiseunterlagen, er würde erst um 6:05 Uhr fliegen. War ja auch nicht weiter tragisch. Punkt 3:00 Uhr kamen wir also im Terminal 2 an und luden den Freund noch auf eine Tasse Kaffee ein, damit er die Rückfahrt auch wirklich gut hinbekommt. Gemütlich und voller Vorfreude, schlenderten wir zu den Check-In Schaltern. Auf dem Flugschein war leider nicht ersichtlich, wo sich unser Check-In Schalter befinden sollte, also irrten wir, schon leicht genervt, in der großen Halle umher. Doch vergeblich. Durch Zufall entdeckten wir, dass ausgerechnet unser Flug von Terminal 1 abging. Hektisch liefen wir daraufhin zur Sky Line, der kleinen Bahn, die die beiden Terminalgebäude verband und uns natürlich gerade vor der Nase wegfuhr. In fünf Minuten sollte die nächste kommen. Und in nunmehr 2 Stunden sollte unser Flieger starten. Das war knapp, wenn man die neuen Regelungen beachtete, die auf eine Check-Inn Zeit von ca. zweieinhalb bis drei Stunden vor Abflug verwiesen. Ich wollte die Zeit nutzen, um mich ein wenig zu beruhigen und warf einen Blick in unsere Reiseunterlagen. Suchte Seite für Seite genauestens ab, ob nicht doch eine Information stand, die den Schalter betraf, doch ohne Erfolg. Das einzige, was weiterhalf, war die Flugnummer 0313.
Doch dann sah ich, dass auf dem Rückflugticket 05.09.2006 stand. Verwirrt tippte ich die Kurzwahl für den Kalender in meinem Mobiltelefon. Tatsächlich, der 5. war ein Dienstag. Hatten wir etwa acht Tage gebucht, und nicht sieben? Und das zu dem Preis?! Ich teilte dies freudig meinem miesepetrigen Freund mit, doch davon sank seine Laune nur weiter: „Na toll, aber ich hab bloß bis Montag frei!“ war sein einziger Kommentar. Er streckte mir ein wenig ungläubig die offene Hand entgegen und ich gab ihm das kleine Heftchen. Er schaute auf die Übersichtsseite, zählte an seinen Fingern ab und meinte schließlich in besserwisserischem Tonfall: „Sind aber nur sieben Tage, du musst dich geirrt haben. 29. bis 05." Erschrocken entriss ich ihm die Unterlagen und schaute sie mir selbst noch einmal an. Dann flüsterte ich ihm gepresst zu, dass heute der 28. sei. Und zwar seit vier Stunden.
Ich blieb ungewohnt ruhig. Ich schaffte es sogar zu lächeln. Nicht, wie sonst, wegen jeder Kleinigkeit am Blutpumpen bis zum Herzrasen. Meine Gedanken versuchten sofort, Ordnung zu machen, und auch mein Freund schien die Ruhe weg zu haben. Im Terminal 1 angekommen, schauten wir uns, noch immer außerirdisch lächelnd, nach einer Anzeigetafel um. Da stand es, gelb-grün auf schwarz: Flug 0313, Abflug um 4:30. Das war unsere Flugnummer. Unser Flug, den wir ursprünglich damals im Reisebüro so gebucht hatten. Rasch bewegten wir uns, nun doch ein wenig unsicherer und mit panischen Blicken, auf den Check-In Schalter zu, an dem sich eine schier endlose Schlange befand. Stumm beschlossen wir, zur Information vorne rechts zu eilen und dort unser Leid zu klagen. Der Herr war sehr höflich und verständnisvoll, schickte uns jedoch zum Schalter des Veranstalters, links hinten. Die Odyssee ging also weiter. Erneut trugen wir unser Anliegen, nämlich am 28. in Urlaub fliegen zu wollen, vor. Es war mittlerweile schon 4:15, also wusste die Dame mit den frisch überschminkten Augenringen leider nichts mehr für uns zu tun und schickte uns kurzerhand mit dem Spruch: „Besser so, als umgekehrt!“ nach Hause. Mein Freund war wütend und enttäuscht; ich schlug, leicht amüsiert und völlig übermüdet vor, zum Bahnhof zu gehen und den nächsten Zug nach Heidelberg zu nehmen. Mir war es nicht egal, nein, im Gegenteil. Ich fand das Ganze höchst spannend und interessant!
Das Zugticket für die zweistündige Fahrt kostete zum Glück nur 25 Euro für uns beide. Am Gleis angekommen, meinte ich scherzhaft: „Ein Unglück kommt selten allein, aber so viel Pech hatte ich selten auf einmal!“ Mein Begleiter antwortete, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt: „Mal den Teufel nicht an die Wand, am Ende hat der Zug Verspätung und wir kriegen den Anschluss nicht.“. Kaum drei Minuten später kam dann die Durchsage, die eher klang, als würde sie Werbung für Pralinen machen: „Achtung, auf Gleis 1: Die S-Bahn hat wegen Gleisarbeiten ca. zehn Minuten Verspätung.“ Der Aufenthalt am nächsten Bahnhof sollte genau acht Minuten betragen. Ich fing an zu kichern; der Herr an meiner Seite ballte die Fäuste und wurde rot im Gesicht. Er sagte jedoch nichts. Ich fand dieses Szenario so unrealistisch, dass ich anfing, 99 Luftballons vor mich hin zu summen.
Die S-Bahn hatte nur vier Minuten Verspätung gehabt. Ich sitze in Fahrtrichtung. Und trotzdem fahre ich rückwärts.