Die Wiederauferstehung

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Teacherman
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Beitragvon Teacherman » 19.12.2019, 15:06

Manchmal, direkt nach einem Wettkampf, konnte es sein, dass ich sexuell erregt war. Das geschah vor allem dann, wenn ich auf einem der vorderen Plätze landete, ich also topfit und erfolgreich war. Es konnte passieren, dass ich mich in eine abschließbare Umkleidekabine verdrückte, im Idealfall eine mit Spiegel, und dann stolz meinen definierten Körper betrachtete. Noch immer im Wettkampfmodus, sah ich zu, wie die Ausbuchtung in meiner knappen Schwimmhose immer größer wurde. Ich strich mit der Hand darüber und schälte ihn schließlich aus meiner zweiten Haut. Durch die plötzliche Befreiung schwoll er noch mehr an. Ich empfand mich dann als unbesiegbar, als stählern und das machte mich geil. Richtig geil. Mit meinem Schwanz in der Hand, tagträumte ich, dass Sarah neben mir stünde und mich lustvoll anschaute. In meiner Phantasie trug sie meist einen roten Badeanzug, ähnlich wie die Rettungsschwimmerinnen aus Baywatch, dazu schwarze, glänzende Pumps. Billig, ich weiß. Ihr langes, blondes Haar fiel lose herunter und ihre Schneewittchenhaut war so weich wie sie aussah. Ihre Kurven, ihr Becken und ihr voller Busen standen im Kontrast zu den Körpern der Wettkampfschwimmerinnen, die wie Surfbretter im Wasser lagen: hart und flach. Während ihre imaginäre Hand meinen Prengel ertastete und liebevoll streichelte, hielt ich sie im Arm und schaute mich selbstverliebt im Spiegel an, fokussiert auf mich und meine Männlichkeit, die in Sarahs Anwesenheit und Begierde Bestätigung suchte und fand. Sarah war damals eine Trophäe an meinem Arm, mehr nicht. Wie sehr sie mich trotzdem liebte, merkte ich erst später. Viel später.

*

Einmal, ungefähr ein Jahr nach Toms Unfall, waren wir beide auf eine Geburtstagsparty eingeladen. Es war das erste oder zweite Mal, dass wir uns überhaupt wieder unter Leute trauten. Die Party fand im Vereinsheim statt, es waren bestimmt an die hundert Leute dort. Als Tom in seinem Rollstuhl hereingefahren kam, ich direkt hinter ihm, brandete Applaus auf. Tom war das sehr unangenehm und mir auch. Wir beide hatten keine Ahnung, wofür der Applaus war. Dafür, dass wir wieder unter Menschen gingen? Was hatten sie erwartet? Dass wir uns in ein Loch verkriechen und bis zu unserem Tod darin hocken blieben?

Es gab viel gequältes Lächeln auf dieser Party. Die meisten Gäste, die wir für Freunde hielten, grüßten aus der Distanz, machten dann aber keine Anstalten auf uns zuzugehen. Selbst Toms Trainer huschte nur kurz an uns vorbei.
„Hey, Tom“, sagte er übertrieben jovial, „super cool, dass du da bist. Du natürlich auch, Sarah. Ich muss kurz zum Chef, aber ich bin gleich wieder da. Lasst uns was trinken, ja? Das müssen wir feiern.“
Wir haben ihn dann den ganzen Abend nicht mehr gesehen.

Der Einzige, der sich uns gegenüber ganz normal verhielt, war Jan. Er kam direkt auf uns zu, umarmte mich und dann Tom im Rollstuhl.
„Wollen wir was trinken?“, fragte er gerade heraus und zeigte Richtung Bar. Wir nickten, dankbar, aus der großen Eingangshalle und damit aus dem Fokus rücken zu können.

Jan unterhielt sich völlig ungezwungen mit uns. Er fragte Tom nach seinen Fortschritten, fragte, ob er sein Studium wieder aufnehmen würde und ob er sich schon mit dem Rollstuhl arrangiert hätte. Er erzählte ein paar Geschichten über die Leute aus dem Verein, über die Vorbereitung für die deutsche Meisterschaft und dass er sich gute Chancen bei den 200m Rücken ausrechnete.

„Jetzt, wo mein größter Konkurrent aus dem Rennen ist“, meinte er dann scherzhaft zu Tom. Sofort danach verzog er das Gesicht, ließ die Mundwinkel hängen und erstarrte kurz.
„Entschuldige, Tom, so war das nicht gemeint.“
Aber Tom lachte nur, und meinte, dass das schon in Ordnung sei.
„Endlich mal jemand, der mich nicht die ganze Zeit mit Samthandschuhen anfasst. Und du hast ja Recht: Ich bin aus dem Rennen.“
Er machte eine kurze Pause.
„Vorerst“, sagte er dann, und jetzt lachten wir alle drei im Chor. Ich merkte, wie Tom und ich lockerer wurden und wäre ich nicht auf Klo gegangen, wäre es vielleicht wirklich ein schöner Abend geworden.

Aber auf dem Klo bekam ich dann mit, wie manche wirklich über uns dachten. Ich saß in einer Kabine, als drei von den Schwimmerinnen rein kamen. Ich erkannte sie an ihren Stimmen, es waren Jeanette, Helena und Lara. Sie kamen laut lachend herein und es schien, als wären sie nur zum Nasepudern herein gekommen. Erst redeten sie über Belangloses, aber dann kam die Sprache auf Tom.
„Habt ihr Tom gesehen?“, fragte Lara und schnappte dabei gekünstelt entsetzt nach Luft.
„Ja, schlimm, ne!?“, ätzte Jeanette sofort. „Wie der abgenommen hat. So’n blasses, fahles Gesicht, ich dachte, was kommt denn da für ein Gespenst rein. Ich hab erst gar nicht kapiert, dass das Tom ist. Ich versteh auch nicht, warum der überhaupt hier ist, das muss doch alles super deprimierend für ihn sein.“
Ich sah zwar nichts, aber ich konnte die Zustimmung der beiden anderen Mädchen praktisch durch die Kabinentür fühlen.
„Der wird doch nie wieder schwimmen können“, meinte Helena.
„Ja, aber für Sarah ist das doch alles noch schlimmer. Stellt euch mal vor, euer Freund wär plötzlich n’Krüppel. Egal, was ihr macht, ihr habt verloren, so oder so. Entweder ihr trennt euch, dann heißt es, wat ’ne treulose Schlampe, oder aber ihr bleibt bei ihm, dann müsst ihr es aber mit ’nem Krüppel aushalten. Is’ doch Kacke.“

Am liebsten wäre ich aus der Kabine gestürmt und hätte allen dreien eine reingehauen. Stattdessen hatte ich Angst, dass sie mich wahrnehmen. Ich zog die Beine an und hockte mich solange auf die Toilette, bis ich sicher war, dass sie gegangen waren. Erst dann drückte ich behutsam die Toilettenspülung und stakste zum Waschbecken.

„Wo warst du so lange?“, fragte Tom als ich mit steinerner Miene zurück kam.
Wir blieben zwar noch zwei Stunden, aber innerlich hatte ich mich schon von allen und allem im Verein verabschiedet.

*
Knack. Die Lautmalerei trifft den Nagel auf den Kopf. Knack. Ein Schlag auf die Schädeldecke. Knack. Und danach war nichts mehr wie vorher. Das Wasser, in dem ich mich immer so zuhause gefühlt hatte, spülte mich nach oben, an die Oberfläche, warf mich ans Ufer wie einen toten Fisch. Mit dem Bauch nach oben trieb ich dort entlang und nahm die Schreie der Saufkumpanen nur verzerrt wahr. Ich erinnere mich an ein dumpfes Gefühl im Kopf, an einen sonderlichen Geschmack im Mund. An ein Gefühl aber kann ich mich seitdem nicht mehr erinnern: ein Gefühl für meine Beine.

Breite Schultern, dünne Knochen. Mein Sport, mein Training von Kindesbeinen an, rächte sich nun an mir. Vielleicht hätte ein Normalsterblicher mit handelsüblichen Knochen den Sturz so weggesteckt, ich aber war es gewohnt, mein aktives Körpergewicht nicht ständig tragen zu müssen und meine Knochendichte zahlte den Preis. Ist aber alles Spekulation, denn viel wichtiger war wohl: Ich hatte mich in der Brücke geirrt. Wir hatten nach einem Sieg von Jan eine Siegesfeier veranstaltet, uns ausnahmsweise mal so richtig die Kante gegeben. Und mit besoffenem Kopf war ich von der Brücke am Fluss gesprungen, die aber nicht die Brücke war, von der ich schon tausendmal gesprungen war, und wo das Wasser viel tiefer war. Dumm gelaufen, das Ganze.

Sechs Stunden lang wurde ich operiert, eine Titanplatte zur Stabilisierung wurde verbaut, dann sieben Tage Koma. Dämmerzustand auf der Intensivstation. Familie und Freunde kamen und gingen, ich nahm nichts davon wahr. Stattdessen: Visionen, dunkle Tunnel, ohrenbetäubender Lärm und grelle Lichter. Man kennt das. Oder man hat davon gehört.

Wenn einem vorher der eigene Körper gehörte, also so ganz, so richtig, so wie mir, wenn man jeden einzelnen Muskel, jede einzelne Faser trainiert und gefügig gemacht hatte, dann ist das Gefühl, nur noch oberhalb des Bauchnabels Kontrolle über seinen Körper auszuüben, ein zutiefst grausames Gefühl. Ein Gefühl der Auslöschung. Wenn man die eigenen Beine betrachtet wie die angeschraubten Beine eines Anderen, wenn sie wie ein Sack Zement vom Becken herunterhängen, dann ist die Frage nach Sex, nach einer Erektion so weit weg wie ein unentdeckter Stern. Wenn man sich mit Fragen quält wie die nach dem Sinn des Lebens, wenn man sich hasst, an sich zweifelt, sich lieber unter als über der Erde sehen will, wenn man die Freundin in einem Moment weit von sich stoßen und dann wieder ganz fest an sich drücken will, dann fragt man sich nicht, ob das schlaffe Ding zwischen den Beinen jemals wieder von in ihm pulsierenden Blut anschwellen kann. Sex und Erektionen sind dann erst einmal ein Luxus, den man sich nicht leisten kann.

Aber irgendwann, nach der Reha, irgendwann, wenn die Freundin wider Erwarten bleibt, zu einem hält, wenn man sich mühsam eine Art von Alltag im Rollstuhl erkämpft hat, dann ploppt die Frage plötzlich auf, wie eine Boje, die im Meeresgrund verankert war und sich nun gelöst hat: Können Sarah und ich wieder so etwas wie Sex haben?

*

„Geh alleine“, hatte Tom gesagt und auf den Fernseher gestiert. „Geh doch alleine!“
Im Fernsehen zeigten sie Jan, in Großaufnahme, mit Badekappe und Taucherbrille, wie er noch im Wasser war und in Richtung Anzeigentafel stierte. Dann die Gewissheit, die überbordende Freude, die sich in seinem Gesicht breit machte. Neuer Rekord. Olympia konnte kommen.

Also ging ich alleine.

„Wissen Sie“, sagte ich dann irgendwann im Gespräch zu Dr. Keuther, unserem Therapeuten, „ich habe ihn auch vorher am meisten geliebt, wenn er schwach war. Nicht, wenn er erfolgreich, stark und unbesiegbar war. Denn den Tom bekamen alle zu sehen. Aber der schwache, der an sich zweifelnde, der ängstliche Tom, der gehörte mir, nur mir. Und jetzt, wo er manchmal am Boden zerstört ist, frage ich mich, ob das vielleicht mein Fetisch ist. Sie wissen schon: der Samariter-Effekt. Oder Florence-Nightingale Effekt, oder wie immer man das auch nennen will. Dass ich ihn liebe, wenn und weil er schwach ist, damit ich mich stark fühlen kann. Damit alle sagen: Oh, wie treu sie doch ist, sie hält zu ihm, trotz seiner Querschnittslähmung. Sie ist unsere Königin der Herzen.“
Ich lachte verächtlich über mich selbst. Dr. Keuther ließ sich Zeit, schrieb etwas in seinen Block, runzelte die Stirn.
„Wir alle fragen uns, warum wir lieben“, meinte er schließlich. „Fragen uns, wie wir lieben und warum gerade den oder die, und nicht jemand anderen. Das ist normal. Wichtig ist, dass Sie wissen, dass Sie niemandem etwas schulden. Ihnen nicht und Tom auch nicht. Wenn er Sie unglücklich macht, wenn Sie das Gefühl haben, es nicht zu schaffen, Ihnen die Energie fehlt, dann ist das Gefühl existent und darf auch artikuliert werden, auch gegenüber Tom. Ihr eigenes Glück ist nicht zweitrangig, es hat einen Anspruch. Formulieren Sie ihn. Wenn Sie Tom aber lieben, Sie ohne ihn nicht leben können oder wollen, dann brauchen Sie keinen vernünftigen Grund, dann brauchen Sie nur ein Gefühl. Um es mit Erich Fried zu sagen: Es ist Unsinn, sagt die Vernunft. Es ist, was es ist, sagt die Liebe. Verstehen Sie?“

Ich ließ das Gesagte sacken, schaute aus dem Fenster, schaute wieder zu Dr. Keuther und nickte dann.
„Ich verstehe“, sagte ich.

Als ich wieder nach Hause kam, war Tom in der Küche. Er hatte Eier und Milch mit Zimt und Zucker in einer Schüssel verrührt, auf der Anrichte stand eine Packung Zwieback.
„Magst du arme Ritter?“, fragte er betont doppeldeutig und schaute mich verschämt und verstohlen aus den Augenwinkeln an.
Ich konnte nicht anders. Ich bückte mich zu ihm und umarmte ihn.
„Mein armer, armer Ritter“, sagte ich und küsste ihn auf den Mund.

Als wir zwanzig Minuten später am Tisch saßen und aßen, schaute ich ihn an. Es ist, was es ist, dachte ich, und biss in den Zwieback.

*

„Wie geht es Ihnen?“
„Besser. Viel besser!“
„Schön zu hören. Sie sehen auch besser aus. Mehr Farbe im Gesicht. Sie haben auch ein bisschen zugenommen, an Muskelmasse, meine ich.“
„Ergometer und Basketball. Man muss in Bewegung bleiben.“
„Sehr richtig.“
Eine kurze Weile schwiegen wir beide.
„Also, wie kann ich Ihnen helfen? Was führt Sie zu mir?“, fragte Prof. Dr. Brecht schließlich.
„Tja, also, jetzt, wo es so aussieht, dass Sarah und ich zusammenbleiben, haben wir uns natürlich gefragt, ob wir, also, ob es trotz meiner Behinderung möglich ist, dass ich, dass ich..“
„..eine Erektion bekommen kann!“, vollendete Prof. Dr. Brecht den Satz.
„Genau!“, nickte ich.
Prof. Dr. Brecht rückte mit seinem Stuhl näher an den Tisch heran. Für einen Moment wirkte es so, als wolle er sich zu mir hinüber lehnen und mir etwas ins Ohr flüstern. Stattdessen drückte er lediglich seinen Rücken durch und atmete einmal tief ein.
„Also, fangen wir mit der guten Nachricht an: Ja, sie können eine Erektion bekommen“, begann er. “Wenn Sie mich aber so fragen, gehe ich davon aus, dass Sie bisher noch keine Erektion hatten“, fuhr er fort. „Was aber nichts heißen muss.“
Ich nickte kurz. Ich hatte tatsächlich seit dem Unfall keine Erektion mehr gehabt.
„Bei einer Querschnittslähmung unterscheidet man zwischen zwei Arten von Erektionen. Es gibt die psychogene Erektion, also eine psychisch ausgelöste Erektion, die durch optische und akustische Stimulation, durch Gerüche, Phantasien oder Erwartungen ausgelöst werden kann. Da bei Ihnen die Läsionshöhe unterhalb von Th 11 liegt, also im unteren Bereich des Brustsegments, ist diese psychogene Erektion möglich. Abgesehen davon gibt es noch die reflektorische Erektion, die durch direkte Stimulation entstehen kann, also durch Anfassen und Streicheln. Allerdings ist es bei der reflektorischen Erektion schwieriger, die Erektion aufrecht zu erhalten. In beiden Fällen aber, das ist die eher schlechte Nachricht, müssen Sie mit Ejakulationsstörungen rechnen. Es kann auch sein, dass Sie keinen Orgasmus mehr erleben, und wenn doch, dann kann dieser von spastischen Reaktionen begleitet sein. Es gibt aber auch Fälle, in denen Männer einen völlig normalen Orgasmus erlebt haben.“

Ich hatte schon ein wenig im Internet nach Informationen gegoogelt und bekam nun bestätigt, was ich mir aus den verschiedenen Webseiten an Infos zusammengeklaubt hatte. Trotzdem war ich ernüchtert angesichts der Ausführungen von Prof. Dr. Brecht. Er sah mir die Enttäuschung an.

„Wissen Sie“, meinte er vorsichtig. „Natürlich ist eine Querschnittslähmung eine enorme sexuelle Einschränkung. Aber, und das meine ich vollkommen ernst, es kann auch eine Chance sein. Sexuelle Erregung manifestiert sich nicht nur im Genitalbereich. Gerade wir Männer vergessen das gerne. Ihre Einschränkung kann auch eine Chance sein, andere Arten der Sexualität zu entdecken, sinnlichere, emotionalere Formen der Liebe. So wie Blinde ihr Gehör trainieren, können Sie ihren Geschmacks- oder Geruchssinn trainieren. Auch ihr Hals, ihr Nacken und ihre Ohren sind erogene Zonen. Sie haben Sie bisher nur nicht aktiviert.“

Hals, Nacken, Ohren. Für mich, der ich früher so stolz auf meine Erektionen gewesen war, klang das wie ein schwacher Trost. Ich dankte Prof. Dr. Brecht für seine Erklärungen und gab mich hoffnungsvoll. Aber als ich sein Sprechzimmer verlassen hatte und wieder auf dem Flur war, überkam mich das Gefühl, gerade entmannt worden zu sein.

*

„Wir müssen über Sex reden“, sagte Tom betont beiläufig nach dem Abendessen.
Ich wandte mich ihm zu. Ich lächelte. Ich wollte ihn ermuntern, nicht blockieren. Ich wusste, wie schwierig das für ihn war. Wie viele Männer hatte er lange geglaubt, dass Sex nur ein Gefühl sei, über das man nicht sprechen muss, eines, dass die Frau automatisch empfindet, wenn der Mann dies tut. Er hatte den Kopf voller Sexfilme und Pornos, in denen Männer und Frauen sich blind verstehen, gleichzeitig kommen und in denen die Frau sich bereitwillig unterordnet und nur die Bedürfnisse des Mannes zu befriedigen versucht.
„Was hat Prof. Dr. Brecht gesagt?“
Tom erklärte mir in Kürze die Möglichkeiten, die es für uns gab, oder, wie Tom es formulierte, die „uns noch blieben“.
„Wann wollen wir es denn mal ausprobieren?“, fragte ich betont enthusiastisch, in der vagen Hoffnung, er würde ‚Sofort’ sagen.
„Samstag Abend“, erwiderte er. „Ich könnte Massageöl kaufen, wir könnten das Wohnzimmer abdunkeln und Musik hören. Wir könnten auch vorher was zu essen bestellen.“
In meinen Ohren klang dies schon zu geplant. Ich sah ihm an, dass er sich unter Druck setzte, dass er den Abend in Gedanken plante wie ein General eine Schlacht, dass er nichts dem Zufall überlassen wollte. Dabei hatte er ja Recht. Ohne vorher darüber zu reden, über die technische Seite des Ganzen, würde es nicht funktionieren. Aber wir durften es auch nicht zerreden.
„Vielleicht Jazzmusik“, fuhr er fort. „Oder gerne auch klassische Musik. Auf jeden Fall etwas Langsames, etwas Ruhiges. Ich denke, wir müssen uns auch etwas mehr Zeit nehmen als früher. Aber wir könnten ...“
Während er fortfuhr mit sich selbst zu reden, sah ich ihn an. Wie er konzentriert vor sich her redete, wie er nervöser und nervöser wurde und dabei alles richtig machen wollte. Ich stand auf und ging behutsam auf ihn zu. Ich stellte mich hinter ihn, massierte seine Schultern ein bisschen und bückte mich dann, um meine Arme um ihn zu schlingen.
„Wir werden das schon hinkriegen“, beruhigte ich ihn. „Wir sind doch ein eingespieltes Team. Wir müssen das nicht alles im Detail durchplanen. Lassen wir den Abend doch einfach auf uns zukommen. Und wenn du keine Erektion bekommst, ist es auch nicht schlimm.“
Tom hob seine Arme und streichelte meinen Kopf. Er verstummte und guckte dann zu mir hoch, um mich zu küssen. Seine Lippen auf meinen, das war noch immer ein Erlebnis, das war noch immer eine Brücke für unsere beiden erschöpften Geister. Ein Kuss konnte noch Gewissheit schaffen, und genau die wollte ich ihm geben.

Aber auch ich war nervös.

*

Denk nicht an den rosa Elefanten. Heute Abend muss er stehen, und zwar wie eine Eins. Denk nicht an den rosa Elefanten. Gottseidank bin ich vorher noch beim Basketball, da kann ich mich auspowern, auf andere Gedanken kommen. Und Sport ist sowieso gut, das fördert die körperliche und mentale Fitness. Viel trinken, ich darf das Trinken nicht vergessen. Früher hatte ich ja auch immer einen Ständer, wenn die Blase voll war. Warum sollte das jetzt anders sein? Naja, eigentlich ist jetzt alles anders, warum sollte das noch so sein wie früher? Denk nicht an den rosa Elefanten. Denk an Sarah, denk an ihre prallen Brüste, denk an ihre Haut, diese butterweiche Haut, denk an ihre Körperwärme, an diesen lebenden Glühofen, der dich so heiß machen kann. Der Geruch ihrer blonden Haare, die saftigen Lippen. Denk daran, wie sie dich das letzte Mal mit Worten heiß gemacht hat. Denk nicht an den rosa Elefanten, denk nicht an deinen schlaffen, erkalteten Penis. Denk an sie. Denk an Sarah. Sarah. Sarah. Oh, mein Gott, Sarah, du machst mich so heiß, du bist so gut zu mir, du gibst mir Kraft, diese unglaubliche Kraft, du machst mich stark. Und geil, du machst mich immer noch so geil. Denk nicht, denk ja nicht an den rosa Elefanten, okay? Er wird auf jeden Fall hart werden, er kann gar nicht anders als hart werden, bei dieser Frau, bei dieser wunderschönen, göttlichen Frau. Sarah, ich liebe dich, jede Faser deines Körpers, deiner weiblichen Rundungen erregt mich so unendlich. Du machst mich so scharf. Sarah. Sarah. Denk nicht an den rosa Elefanten. Er wird, nein, er muss hart werden.

Er wurde nicht hart. Ich wurde nicht geil. Ich hatte mich immer stärker unter Druck gesetzt, je näher der Abend kam. Und egal, wie sehr ich mich auch dagegen wehrte, egal, wie ich mich selbst zu beruhigen versuchte, als sie kam, war all mein Mut beim Anblick ihrer Schönheit verflogen und an ihre Stelle traten die Selbstzweifel. Was will sie nur mit einem wie mir, was will sie mit einem Krüppel wie mir? Besser, ich lasse sie jetzt gehen, denn irgendwann verlässt sie mich, so oder so, da gibt es keine Zweifel. Am besten du gibst ihr den Laufpass. Jage sie davon, sonst wird der Schmerz nur stärker, wenn sie von selbst geht.

Als sie durch die Tür kam, empfand ich jedes Detail meiner minutiösen Planung wie einen Schritt in die Selbstzerstörung. Aber ich konnte nicht aufhören. Anstatt einfach zu sagen, dass ich den Abend verschieben möchte, gestaltete ich den Abend wie Kochen nach Rezept. Abgedunkeltes Licht, leise, jazzige Musik, warmes Essen im Ofen, frische Klamotten, ein Parfüm, ein frisch bezogenes Bett, Massageöl, Kerzen, das ganze Programm. Wie ein Roboter, unfähig zu menschlichen Reaktionen, spulte ich ein Programm ab, das ich wie ein Statist, aber nicht wie ein handelnder Akteur begleitete. Sarah merkte dies instinktiv, aber konnte selbst nicht sagen, was die angemessene Antwort gewesen wäre.

Nach dem Essen, auf der Couch, wir hörten Almost blue von Chet Baker, gab es den ersten Kuss. Ich lag ausgestreckt auf der Chaiselongue, Sarah saß rittlings auf mir. Sie trug eine weiße Bluse, darunter einen cremefarbenen Büstenhalter. Ihre Halskette und ihre blonden, geöffneten Haare schwebten zunächst verführerisch über mir, dann kam ihr Gesicht immer näher. Ihre und meine Lippen waren noch feucht vom Rotwein, der Geschmack versüßte uns diesen ersten, zaghaften Kuss. Sie kam wieder hoch und öffnete mein Hemd, zog es aus. Als sie zu einem zweiten Kuss ansetzte, fühlte ich das kalte Metall ihrer Halskette auf meiner Brust, ihre blonden Haarspitzen kitzelten auf meiner Haut. Es war schön. Die Atmosphäre stimmte. Als sie sich wieder zu mir bückte und mir einen fordernden, drängenden Kuss gab, öffnete ich meinen Mund und ließ ihre Zunge hinein. Gierig drang Sarah damit ein, ertastete meine Zunge, vereinte sich mit ihr. Ich fühlte den Hauch eines Rausches in meinem Kopf, fühlte, wie sich die Gedanken ausschalteten und ich auf reines Gefühl umschaltete. Ich wollte mich Sarah hingeben, wollte ihrem Versuch, mich vergessen zu machen, nachgeben. Aber meine rationalen Gedanken bäumten sich ein letztes Mal auf und fragten mitten im Liebesspiel, ob es schon Reaktionen von ‚da unten’ gäbe.

Werde endlich steif, dachte ich, und war verloren. Das eben noch einsetzende Rauschgefühl verschwand, und statt zu fühlen, nur zu fühlen, sah ich wieder. Ich sah die Tapete an der Wand, die Regler an der Stereoanlage und die brennenden Kerzen. Nun waren sie nicht mehr verschwommene Teile einer gefühlten Atmosphäre, sondern kalte, pragmatische Gegenstände in einer realen, lieblosen Welt.

Sarah bemerkte zunächst nichts. Fordernd küsste sie mich weiter, bewegte ihr Becken rhythmisch auf mir und flüsterte mir dann und wann etwas ins Ohr. Für eine Weile machte ich mit, gab mir alle Mühe, führte die tausend kleinen Handlungen aus, die zum Liebesspiel gehören. Aber ich handelte mechanisch, ich führte die einzelnen Schritte einer Betriebsanleitung aus, kalt und nüchtern, ohne mit dem Herzen dabei zu sein. Es war ein Gefühl wie bei einem schlechten Wettkampf früher. Ich kam nicht in den Flow. Irgendwann merkte dies auch Sarah und ihre Bewegungen erlahmten nach und nach.

„Was ist?“, fragte sie. „Mache ich etwas falsch?“

Allein diese Frage trieb mir die Tränen in die Augen. Ich liebte sie so sehr in diesem Moment, und wollte umso mehr Mann sein, wollte sie verführen, berauschen und erleben. Und konnte es doch nicht.

„Nein“, sagte ich, „du machst alles richtig. Ich bin es. Ich bin zu verkopft. Es tut mir leid.“
„Das muss es nicht“, erwiderte sie sogleich und gab mir einen versichernden Kuss. „Das wird schon. Wir haben doch alle Zeit der Welt.“

Wir verbrachten den restlichen Abend Arm in Arm, streichelten uns, liebkosten uns und versicherten uns unserer gegenseitigen, unerschöpflichen Liebe. Aber wir hingen auch unseren eigenen Gedanken nach, fühlten eine lähmende Unsicherheit, die zu fragen schien: Wie soll es jetzt weitergehen?

Im Hintergrund lief Lament von Chet Baker.

*

Dieser erste Versuch blockierte uns für lange Zeit. Tom ging mir in den Tagen danach aus dem Weg, war bei den wenigen Begegnungen ungehalten und sichtbar frustriert. Ich ließ ihn in Ruhe, ging mit Freundinnen aus und hielt den Kontakt mehr über das Handy als in Person. Ich setzte meine Hoffnungen in das Basketballturnier, an dem er mit seiner Mannschaft teilnahm. Hierfür hatte er den Ehrgeiz zurückgewonnen, der ihn früher so ausgezeichnet hatte. Er trainierte wahnsinnig viel, wahrscheinlich auch, um nicht an unseren missglückten Versuch zu denken.

Das Turnier verlief dann tatsächlich erwartungsgemäß. Tom holte mit seiner Mannschaft den ersten Platz, wurde zwar nicht als Most valuable Player des Turniers, aber immerhin einmal als Man of the Match nominiert. Aus der Distanz betrachtete ich sein fiebriges Spiel, seine Besessenheit, diesen unbedingten Siegeswillen. Wäre ich auf ihn zugegangen, hätte er seinen Erfolg wahrscheinlich kleingeredet, sich als Meister der Krüppel oder ähnliches tituliert. Ich spürte, ich musste ihm Zeit geben.

Langsam aber kehrte dann doch wieder so etwas wie Alltag ein. Wir verbrachten gemeinsam Abende vor dem Fernseher, erzählten uns von den Erlebnissen des Tages, streichelten und küssten uns. Ich machte keine Anstalten, darüber hinaus zu gehen, und ich glaube, er war mir dankbar dafür.

Ungefähr zwei Monate nach unserem ersten Versuch passierte es dann ganz unerwartet. Ich hatte einen anstrengenden Tag hinter mir, und Tom hatte seine Zwischenprüfung an der Uni geschrieben. Wir waren beide erschöpft und wollten nichts weiter, als gemeinsam auf der Couch vor dem Fernseher zu versacken. Ich trug meine Jogginghose und das Nachthemd, darunter hatte ich nur mein Höschen an. Tom trug eine Jeans und ein altes Sweatshirt. Erst saßen wir kontaktlos nebeneinander, dann ergriff ich seine Hand und streichelte sie, mehr mechanisch als liebevoll. Er lehnte sich erst an meine Schulter, dann ließ er seinen Kopf in meinen Schoß sacken, schaute aber immer noch in Richtung Fernseher. Ich ließ von seiner Hand ab und massierte stattdessen mit meiner Rechten seinen Kopf. Sanft übte ich Druck auf seine Stirn und seine Schläfen aus, fuhr ihm durchs Haar, zog sacht an seinen Ohrläppchen und zeichnete mit dem Zeigefinger die Konturen seines Gesichts nach. Er genoss meine Berührungen sichtlich, schaute zu mir hoch, lächelte zufrieden. Dann schloss er die Augen, atmete gleichmäßig und laut. Irgendwann ging sein Atem in ein sanftes Stöhnen über und ich merkte, wie ich kaum mehr auf den Fernseher schaute, sondern nur noch auf ihn. Plötzlich stützte Tom sich ein wenig von der Couch ab und zog mir das Nachthemd über den Busen. Mit seinen Lippen umspielte er den Vorhof meiner Brustwarzen, umkreiste sie dann mit seiner Zunge und begann sanft, daran zu saugen. Ich machte den Fernseher aus und genoss im Dunkeln den fordernden Druck seines Mundes. Ich spürte die Erregung zwischen meinen Beinen und in meiner Brust. Tom ließ von meinen Brüsten ab, zog mir das Nachthemd über den Kopf und küsste mich auf den Mund. Die Heftigkeit, mit der er seine Lippen auf meine drückte, überraschte und beseelte mich. Die Spontaneität unserer Handlungen schien uns eine erotische Kraft zu verleihen, die wir beide nicht mehr für möglich gehalten hätten. Seine Hände waren jetzt überall. Er setzte sich aufrecht hin, hielt mich und küsste mich leidenschaftlich. Er fuhr mir durchs Haar, fasste mir in den Nacken, ergriff mich und forderte mich ein. Ich gab ihm bereitwillig nach, fühlte durch den Kuss die Bestätigung unserer Verbundenheit, spürte die Liebe, die uns noch immer erfüllte. Das ganze Drama, das ganze Leiden, die ganzen Kämpfe, alles schüttelten wir nun von uns ab wie ein lästiges Insekt. Die Wärme unserer Haut, die Feuchtigkeit auf unseren Zungen, die Hitze unserer Gedanken ebneten den Weg in den Rausch, dem wir uns ergaben. Wir wollten uns, wir wollten einander, wir wollten uns spüren, berühren, fühlen und durchdringen. Wir wollten kraft unserer Liebe den Schmerz vernichten, wollten da sein, für uns und ineinander. Jede Bewegung ergab sich nun von selbst. Seine Hände an meinen Hüften, meine Hände an seiner Hose. Jedes Kleidungsstück war nun zu viel, erschien uns so sinnlos und störend. Und als ich schließlich nackt auf ihm lag, fühlte ich es. Seine Erektion. Sein hartes Glied, seinen steifen Schwanz. Und bevor er auch nur zu denken anfangen konnte, hob ich mein Becken an und griff im Dunkeln nach seinem Penis, spürte dieses zugleich unglaublich weiche und doch harte Ding in meiner Hand. Ich dirigierte es ohne Umschweife in mich hinein. Problemlos glitt der Schaft in mich, füllte mich aus und trübte meine Wahrnehmung. Rhythmisch bewegte ich mein Becken auf und ab, vorsichtig, aber doch voller Verlangen. Selbst in einem Rausch gefangen, vernahm ich sein lautes, immer wilder werdendes Stöhnen wie aus der Ferne. Ich warf meinen Kopf in den Nacken, stützte mich mit beiden Händen auf seiner Brust ab und ritt auf ihm.

Dann kam er. Er schrie all seinen Schmerz hinaus. Seine Beine zuckten wie bei einem Elektroschock und er drückte mich weg von sich. Ich sprang entsetzt auf, fürchtete, ihn verletzt zu haben. Aber sogleich ergriff er wieder meine Hand und zog mich zu sich hin. Ich kniete vor ihm auf die Couch, fuhr ihm durchs verschwitzte Haar und fragte erschrocken, was los sei.

„Alles gut“, erwiderte er keuchend. „Alles gut.“ Er japste nach Luft. „Es war wunderbar.“

Ich lachte so enthemmt wie schon lange nicht mehr. Ich war völlig euphorisiert vom plötzlichen Ausbruch unserer Begierde und konnte es nicht fassen. Dann stimmte auch Tom in mein Lachen ein und wir lagen uns bis tief in die Nacht glücklich in den Armen.

*

An diesem Abend löste sich eine Blockade in mir. Ich hatte das Gefühl, gemeinsam mit Sarah einen Berg erklommen und glücklich auf der anderen Seite angekommen zu sein. Das heißt nicht, dass unser Sexleben von da an wieder in Ordnung war, dass wir häufig miteinander schliefen, gemeinsam kamen und uns immerzu anziehend und erotisch fanden. Nein, ich hatte fortan Erektionsstörungen, selten einen Orgasmus und nicht immer Lust.

Ich war eben ein ganz normaler Mann.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 21.12.2019, 08:10

Hallo Teacherman,

ja, da hast du wieder einen originalen Teacherman rausgehauen, hast bestimmt schon deinen Fanclub.
Komplexe Themen scheinen dich auch nicht abzuschrecken. Der Text liest sich gut recherchiert was die medizinischen Implikationen eines solchen Unfalls anbelangt, das gibt ein Fleißsternchen. Ich habe ihn ganz gelesen, das schafft schon mal nicht jeder Text dieser Länge. Danach musste ich ein bisschen grübeln, warum er bei mir nicht funktioniert hat und bin zu dem Schluss gekommen, dass das Problem bei der Freundin liegt. Denn mir ist nicht klar, was die Beziehung vor dem Unfall ausgemacht hat (für sie), was über das Körperliche hinaus die Anziehung begründete? Sie war ja offensichtlich mehr als das stereotype Püppchen? Oder sollten beide eine Wandlung erfahren? Da helfen die Selbstzweifel beim Psychologen auch nicht drüber hinweg.
Die Entwicklung, wenn es denn eine ist, kommt nicht aus der Figur heraus, sondern wurde ihr angetextet.
Und beim Tom findet textschwächlicher Weise gar keine Entwicklung statt (wenn man mal von dem bisschen Entkrampfen absieht), sondern er hat schlussendlich einfach nur Glück gehabt, dass es noch klappt.


hielt ich sie im Arm und schaute mich selbstverliebt im Spiegel an, fokussiert auf mich und meine Männlichkeit, die in Sarahs Anwesenheit und Begierde Bestätigung suchte und fand. Sarah war damals eine Trophäe an meinem Arm, mehr nicht.

Bitte bitte versuche mal, deinen Nick nicht zum Programm zu machen. Oder welches Leserniveau willst du adressieren? Erst zeigst du schön seinen Narzissmus und dann nervst du gleich im Anschluss mit deiner Erklärungswut. Bitte unbedingt den ganzen Text auf Erklärungen absuchen und rigoros alle streichen.


Mit dem Bauch nach oben trieb ich dort entlang und nahm die Schreie der Saufkumpanen nicht wahr.

Woher weiß er dann davon?

Viele Grüße
Nifl

PS. Und der Titel, welch ein neckisches Wortspiel. Hilfe.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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birke
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Beitragvon birke » 21.12.2019, 12:54

Hallo Teacherman
auch ich habe die Geschichte ganz gelesen und auch mich kann der Text leider nicht überzeugen, wieder bleibt er aus meiner Sicht zu sehr an der Oberfläche. Die Personen wirken seltsam hohl... vielleicht, weil du das gesamte Geschehen auf den Sex reduzierst??
Du behauptest viel, zeigst aber nicht, so dass es zum Teil an Plausibilität fehlt, zB am Anfang, (abgesehen davon, dass ich ihn eher abstoßend finde, aber ok, das ist meine Sache), ist der Protagonist ein selbstverliebte Gockel (das zeigst du allerdings recht gut) und sie nur "Trophäe", da stelle ich mir (wie Nifl) zum einen die Frage, warum sie das mitmacht, bzw. was er für sie ist, aber zum anderen frage ich mich vor allem, warum sie ihn dann nach dem Unfall so sehr liebt - und er sie? Wo ist die Entwicklung? Das bleibt völlig unklar. Überhaupt, wer ist sie, was spielt sie für eine Rolle für ihn (außer Sexpartnerin zu sein)? Und was spielt er eine Rolle für sie? Ich finde, für das Thema der Geschichte müsste das klarer werden, das ist ja ein Einschnitt ins Leben, und nicht nur, was den Sex betrifft ;)
Was ich an sich gut finde, sind hier die Perspektivwechsel.
Aber es fehlt mir insgesamt an Substanz, irgendwie... an Tiefe. Ich glaube, du erklärst zu viel, hauchst deinen Protagonisten dabei aber zu wenig Leben ein. Sie bekommen kein Profil!
Grüße von birke
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Teacherman
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Beitragvon Teacherman » 21.12.2019, 20:29

Lieber Nifl, liebe Birke,

vielen, vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Schade, dass mein Text euch nicht so recht überzeugen konnte. Bin im Wesentlichen auch mit euch einverstanden, bei jedem Text nehme ich mir, vom konventionellen 'Tell' Abstand zu nehmen und mehr 'Show' reinzubringen, was ich aber vor allem dadurch schwierig finde, wenn man mehrere Zeitebenen hat. Der Text hat viele Leerstellen, das stimmt, meine Hoffnung war jedoch, dass der Leser sie füllt, denn gerade hier wollte ich nicht wieder alles erklären. In meiner Idee war die Beziehung der beiden tatsächlich vor dem Unfall recht oberflächlich, hat aber nach dem Unfall an Tiefe gewonnen. Das Zitat von Erich Fried soll ja auch zeigen, dass vor allem Sarah ihre Liebe zu Tom nicht analytisch zu erklären vermag. Aber gut, zumindest bei euch beiden hat es nicht funktioniert.

Vielen Dank, trotzdem, für eure Beschäftigung mit meinem Text, vor allem angesichts der Tatsache, dass euch bisher keiner meiner Texte so richtig überzeugen konnte. Das weckt natürlich meinen Ehrgeiz.

Liebe Grüße, und erstmal ein schönes Fest!

Teacherman

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birke
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Beitragvon birke » 22.12.2019, 11:05

Teacherman hat geschrieben: Der Text hat viele Leerstellen, das stimmt, meine Hoffnung war jedoch, dass der Leser sie füllt, denn gerade hier wollte ich nicht wieder alles erklären.


lieber teacherman,
nee, erklären sollst du ja auch nix ;)
es kommt darauf an, es ist vielleicht tricky und erfordert gespür, an den richtigen stellen offenheit in einer erzählung zu lassen. eine erzählung muss stimmig sein und plausibel und darf, sollte sogar gleichzeitig freiraum lassen für den leser. bloß nicht alles auserklären. und dennoch plausibel bleiben. schön, dass du die kritik annimmst, und es sportlich nimmst. :)
auch dir einen schönen jahresausklang!
birke
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