Die Geschichte von Monsieur Morgenrot
Verfasst: 29.05.2006, 00:05
Lieber Leser,
ich bitte sie nachsichtig mit dieser (vielleicht zu persönlichen) Geschichte umzugehen, da es meine erste Kurzgeschichte ist. Heute wurde mir von der verehrten Madame Trixie der Vorschlag unterbreitet solch ein Werk zu verfassen. Es gäbe noch vieles von Monsieur Morgenrot zu berichten, falls ihnen die Erzählung gefällt...ansonsten schleiche ich wieder zurück in meine Lyrik-Ecke. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.
Monsieur Morgenrot lief immer in gelben Fluren. Als ob man die Sonne in Streifen geschnitten an die Wände geklebt hätte. Seine Hemden waren aus Fliederstoff und sein Haar aus dunklen Zirruswolken. Die Kiefernwälder tuschelten er sei wohl der schönste Poet unter den Dichtern.
Sein Blick war vom erdrückenden Leben so schwer geworden, dass sich sein schlauer Kopf meist hinab senkte wie der sommerliche Ast eines Pfirsichbaumes.
Monsieur Morgenrot dachte bis in die schmalsten Winkel der Welt hinein und versuchte dabei seine Schritte wieder auf den Boden der Realität zu bewegen, aber abends lagen auf den Dächern so viele Träume, deren Glanz man im ganzen Lande funkeln sah. Jeder Ziegel zum Greifen nah.
Monsieur Morgenrot war vergleichbar mit einem Panther. Zum einen schätze er Rilke sehr und zum anderen lebte er meist in ein dunkles Tuch aus Einsamkeit eingehüllt.
Seine Ozeanaugen spülten ihre Blicke an die Tage gleich seichten Wellen, die gleichmäßig und still an die Küste treffen.
Wenn ich Monsieur Morgenrot sah und er sprach: Hallo. legte sich ein Echo in meinen Körper und es hallote die ganze Nacht in mir. Doch meist ging ich stumm vorüber mit einem goldenen, rauschenden Bach in den Adern.
Oft ermahnte ich mich, weil Monsieur eine Schale aus Wunderglas war, die ich nie hätte ausfüllen können.
-Zu dieser Zeit wussten wir nichts vom greisen Herrn und kannten auch nicht seinen weißen Schnurrbart.-
Wer vermochte es wohl sich Madame Morgenrot zu nennen?
-Es musste eine wunderschöne Königin mit vanilleduftendem Haar sein... Hoffentlich erzählte sie ihm jeden neuen Morgen von seiner reichen Seele und seinem blühenden Äußeren.
Denn Monsieur Morgenrot sah in sich nicht mehr als in einer Büroklammer (mit denen er gelegentlich gerne spielte).
Ich traf viele Monsieurs in ihren Straßen, Häusern und Ländern, aber sie wussten nichts vom Leben und dachten nicht an das Sterben. Sie sahen in sich leuchtende Sternschnuppen von denen ich mir etwas wünschen sollte. Aber Sternschnuppen verblassen sehr schnell (...) und man hat seine Wünsche schon bald wieder vergessen.
Monsieur Morgenrot sah meine Gedanken nicht, die sich in meinem Hirn aufeinander stapelten wie die Erdschichten über den versunkenen Inka-Schätzen.
Es ist eine wunderliche Sache wie viele Sätze in uns Menschen zu hören sind ohne dass jemand Notiz davon nimmt oder darauf reagiert.
Wenn ich nah vor Monsieur Morgenrot stand flog eine Fee der Erotik über unseren sprechenden Mündern. Obgleich mein Mund nie sprechen wollte, denn sprechen ist nur weggeworfene Zeit. Nichts von dem was man sagt, überdauert seinen Augenblick.
Abends wiederholten sich unsere Zusammentreffen noch einmal im Geiste. Dort lief ein endloser Filmstreifen ab und man konnte die Dialoge ein bisschen umstellen, sodass sich ein ganz neues Szenario entwickelte:
Monsieur Morgenrot nickte erneut und sprach: Hallo. Aber dieses Mal ging ich nicht vorüber gleich einem fallendem Ahornblatt, dass am Baumstamm hinunter gleitet, sondern entgegnete: Was sind sie doch für ein wunderschöner Mensch, Monsieur Morgenrot.
-Daraufhin hätte Monsieur entsetzt geschwiegen, aber es war Nacht und die Fantasiedame hatte es sich mir gegenüber in einem Sessel bequem gemacht und schüttelte weise ihren attraktiven Kopf. Sie erzählte weiter: Monsieur hätte erfreut geschwiegen. (Schweigen war seine Leidenschaft.) Ich hätte diesen stillen, dunklen Panther umarmt (meinte die Fantasie) genauso wie der helle Staub ihn im Laufwind umweht.
Niemand sonst wäre auf der Erde gewesen, das Land wäre gelähmt von unserer Umarmung. Wir hätten nicht an das Ende gedacht und die Zeit hätte im Abfall gelegen. Für einen Moment hätte jeder kommende Morgen den Namen Heute getragen.
-Zu dieser Zeit hörten wir nichts vom greisen Herrn und sahen nirgends seinen weißen Schnurrbart.-
Doch am nächsten Tag sprach er wieder: Hallo.–genauso wie man immer vom Morgenrot begrüßt wird und natürlich hallote es wieder in mir und ich wehte vorbei.
Die Momente werde ich mein Leben lang aufbewahren wie eine versunkene Schatztruhe von der Tiefsee geborgen ist. Nie war die Welt so voller Hoffnung, Träumen und Liebe.
Seine Stimme und seine Sprache schmeckten nach Walderdbeeren. Sie war so besonders, leuchtend und reif, dass man jedes Wort mit seinem Gehör pflücken wollte.
Mein Leben lang werde ich die Sekunde ersehnen, in der ich seine Worte wieder kosten darf.
Aber jetzt ist Monsieur Morgenrot so weit fort und die Tage überschlagen sich. Jede Stunde ist eingetaucht in ein Gewässer aus Angst, dass wir uns nie wieder treffen. Jeder Lufthauch unterbreitet mir ein schlechtes Angebot namens Abschied. Aber ich kann nicht Abschied nehmen.
Als ich einmal weinte an der Bushaltestelle, weil ich nicht verstehen konnte, dass die Welt jedem Menschen so einfach und so schnell aus den Fugen gerissen werden kann, trat der greise Herr langsam und lächelnd auf mich zu...
Unter seinem weißen Schnurrbart hörte man die Worte: Nicht traurig sein. Es wird bestimmt alles wieder gut.
-und vielleicht war das Gott. So ein warmer Satz trägt etwas Göttliches in sich, mehr braucht es nicht, um von Gott zu sprechen.
Ich hasse mich noch immer, dass ich die Momente nicht gepackt habe und nur ein bisschen von dem ausgesprochen habe, was mir die Fantasiedame abends erzählte.
Plötzlich ist der Tod überall um mich herum und in der U-Bahn sehe ich die fremden Gesichter der Menschen im Zeitraffer verwesen.
Ob man sich im Jenseits wieder findet weiß ich nicht, aber ich hoffe das. Genauso wie man als Kind hofft, der gefangene Zitronenfalter würde nicht fortfliegen, wenn man die Hände öffnet.
Aber wie soll man denn leben in der kalten Angst? Deshalb näht man sich ein weißes Hoffnungskleid, das so dünn ist wie Pauspapier und atmet weiter.
Dass er auch in einem fernen Zimmer atmet ist die schönste Gewissheit, die es gibt auf der Welt.
Diese Gewissheit deckt einen abends zu, sodass man noch schlafen kann. Man rennt nur in die Erinnerung und schwimmt in seinen Horizont.
Ich male mir aus: Der greise Herr lässt unter seinem Schnurrbart ein paar neue Worte wachsen: Es ist noch nichts vorbei und siehst Du nur weit und immer weiter: Dort in der Ferne sonnt sich schon ein blasser Neuanfang.
Lieber Leser,
jetzt haben sie meine erste Erzählung gelesen und ich hoffe, dass es sie nicht gelangweilt hat. Vielleicht befinden /befanden sie sich schon einmal in einer ähnlichen Situation und manche Gedanken haben ihnen aus der Seele gesprochen. Vielleicht war das auch nie der Fall.
-Ich hatte überlegt das ganze noch viel mehr zu verfremden, aber vielleicht finden sie persönliche Erlebnisse interessanter (ich zumindest finde das). Vielen Dank für ihre Geduld. Ich freue mich über ihre Anmerkungen.
ich bitte sie nachsichtig mit dieser (vielleicht zu persönlichen) Geschichte umzugehen, da es meine erste Kurzgeschichte ist. Heute wurde mir von der verehrten Madame Trixie der Vorschlag unterbreitet solch ein Werk zu verfassen. Es gäbe noch vieles von Monsieur Morgenrot zu berichten, falls ihnen die Erzählung gefällt...ansonsten schleiche ich wieder zurück in meine Lyrik-Ecke. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

Monsieur Morgenrot lief immer in gelben Fluren. Als ob man die Sonne in Streifen geschnitten an die Wände geklebt hätte. Seine Hemden waren aus Fliederstoff und sein Haar aus dunklen Zirruswolken. Die Kiefernwälder tuschelten er sei wohl der schönste Poet unter den Dichtern.
Sein Blick war vom erdrückenden Leben so schwer geworden, dass sich sein schlauer Kopf meist hinab senkte wie der sommerliche Ast eines Pfirsichbaumes.
Monsieur Morgenrot dachte bis in die schmalsten Winkel der Welt hinein und versuchte dabei seine Schritte wieder auf den Boden der Realität zu bewegen, aber abends lagen auf den Dächern so viele Träume, deren Glanz man im ganzen Lande funkeln sah. Jeder Ziegel zum Greifen nah.
Monsieur Morgenrot war vergleichbar mit einem Panther. Zum einen schätze er Rilke sehr und zum anderen lebte er meist in ein dunkles Tuch aus Einsamkeit eingehüllt.
Seine Ozeanaugen spülten ihre Blicke an die Tage gleich seichten Wellen, die gleichmäßig und still an die Küste treffen.
Wenn ich Monsieur Morgenrot sah und er sprach: Hallo. legte sich ein Echo in meinen Körper und es hallote die ganze Nacht in mir. Doch meist ging ich stumm vorüber mit einem goldenen, rauschenden Bach in den Adern.
Oft ermahnte ich mich, weil Monsieur eine Schale aus Wunderglas war, die ich nie hätte ausfüllen können.
-Zu dieser Zeit wussten wir nichts vom greisen Herrn und kannten auch nicht seinen weißen Schnurrbart.-
Wer vermochte es wohl sich Madame Morgenrot zu nennen?
-Es musste eine wunderschöne Königin mit vanilleduftendem Haar sein... Hoffentlich erzählte sie ihm jeden neuen Morgen von seiner reichen Seele und seinem blühenden Äußeren.
Denn Monsieur Morgenrot sah in sich nicht mehr als in einer Büroklammer (mit denen er gelegentlich gerne spielte).
Ich traf viele Monsieurs in ihren Straßen, Häusern und Ländern, aber sie wussten nichts vom Leben und dachten nicht an das Sterben. Sie sahen in sich leuchtende Sternschnuppen von denen ich mir etwas wünschen sollte. Aber Sternschnuppen verblassen sehr schnell (...) und man hat seine Wünsche schon bald wieder vergessen.
Monsieur Morgenrot sah meine Gedanken nicht, die sich in meinem Hirn aufeinander stapelten wie die Erdschichten über den versunkenen Inka-Schätzen.
Es ist eine wunderliche Sache wie viele Sätze in uns Menschen zu hören sind ohne dass jemand Notiz davon nimmt oder darauf reagiert.
Wenn ich nah vor Monsieur Morgenrot stand flog eine Fee der Erotik über unseren sprechenden Mündern. Obgleich mein Mund nie sprechen wollte, denn sprechen ist nur weggeworfene Zeit. Nichts von dem was man sagt, überdauert seinen Augenblick.
Abends wiederholten sich unsere Zusammentreffen noch einmal im Geiste. Dort lief ein endloser Filmstreifen ab und man konnte die Dialoge ein bisschen umstellen, sodass sich ein ganz neues Szenario entwickelte:
Monsieur Morgenrot nickte erneut und sprach: Hallo. Aber dieses Mal ging ich nicht vorüber gleich einem fallendem Ahornblatt, dass am Baumstamm hinunter gleitet, sondern entgegnete: Was sind sie doch für ein wunderschöner Mensch, Monsieur Morgenrot.
-Daraufhin hätte Monsieur entsetzt geschwiegen, aber es war Nacht und die Fantasiedame hatte es sich mir gegenüber in einem Sessel bequem gemacht und schüttelte weise ihren attraktiven Kopf. Sie erzählte weiter: Monsieur hätte erfreut geschwiegen. (Schweigen war seine Leidenschaft.) Ich hätte diesen stillen, dunklen Panther umarmt (meinte die Fantasie) genauso wie der helle Staub ihn im Laufwind umweht.
Niemand sonst wäre auf der Erde gewesen, das Land wäre gelähmt von unserer Umarmung. Wir hätten nicht an das Ende gedacht und die Zeit hätte im Abfall gelegen. Für einen Moment hätte jeder kommende Morgen den Namen Heute getragen.
-Zu dieser Zeit hörten wir nichts vom greisen Herrn und sahen nirgends seinen weißen Schnurrbart.-
Doch am nächsten Tag sprach er wieder: Hallo.–genauso wie man immer vom Morgenrot begrüßt wird und natürlich hallote es wieder in mir und ich wehte vorbei.
Die Momente werde ich mein Leben lang aufbewahren wie eine versunkene Schatztruhe von der Tiefsee geborgen ist. Nie war die Welt so voller Hoffnung, Träumen und Liebe.
Seine Stimme und seine Sprache schmeckten nach Walderdbeeren. Sie war so besonders, leuchtend und reif, dass man jedes Wort mit seinem Gehör pflücken wollte.
Mein Leben lang werde ich die Sekunde ersehnen, in der ich seine Worte wieder kosten darf.
Aber jetzt ist Monsieur Morgenrot so weit fort und die Tage überschlagen sich. Jede Stunde ist eingetaucht in ein Gewässer aus Angst, dass wir uns nie wieder treffen. Jeder Lufthauch unterbreitet mir ein schlechtes Angebot namens Abschied. Aber ich kann nicht Abschied nehmen.
Als ich einmal weinte an der Bushaltestelle, weil ich nicht verstehen konnte, dass die Welt jedem Menschen so einfach und so schnell aus den Fugen gerissen werden kann, trat der greise Herr langsam und lächelnd auf mich zu...
Unter seinem weißen Schnurrbart hörte man die Worte: Nicht traurig sein. Es wird bestimmt alles wieder gut.
-und vielleicht war das Gott. So ein warmer Satz trägt etwas Göttliches in sich, mehr braucht es nicht, um von Gott zu sprechen.
Ich hasse mich noch immer, dass ich die Momente nicht gepackt habe und nur ein bisschen von dem ausgesprochen habe, was mir die Fantasiedame abends erzählte.
Plötzlich ist der Tod überall um mich herum und in der U-Bahn sehe ich die fremden Gesichter der Menschen im Zeitraffer verwesen.
Ob man sich im Jenseits wieder findet weiß ich nicht, aber ich hoffe das. Genauso wie man als Kind hofft, der gefangene Zitronenfalter würde nicht fortfliegen, wenn man die Hände öffnet.
Aber wie soll man denn leben in der kalten Angst? Deshalb näht man sich ein weißes Hoffnungskleid, das so dünn ist wie Pauspapier und atmet weiter.
Dass er auch in einem fernen Zimmer atmet ist die schönste Gewissheit, die es gibt auf der Welt.
Diese Gewissheit deckt einen abends zu, sodass man noch schlafen kann. Man rennt nur in die Erinnerung und schwimmt in seinen Horizont.
Ich male mir aus: Der greise Herr lässt unter seinem Schnurrbart ein paar neue Worte wachsen: Es ist noch nichts vorbei und siehst Du nur weit und immer weiter: Dort in der Ferne sonnt sich schon ein blasser Neuanfang.
Lieber Leser,
jetzt haben sie meine erste Erzählung gelesen und ich hoffe, dass es sie nicht gelangweilt hat. Vielleicht befinden /befanden sie sich schon einmal in einer ähnlichen Situation und manche Gedanken haben ihnen aus der Seele gesprochen. Vielleicht war das auch nie der Fall.
-Ich hatte überlegt das ganze noch viel mehr zu verfremden, aber vielleicht finden sie persönliche Erlebnisse interessanter (ich zumindest finde das). Vielen Dank für ihre Geduld. Ich freue mich über ihre Anmerkungen.
