Schattenspiegel
Alternativ-Fassung in Ich-Version
Schattenspiegel
Ich parke meinen Golf in der Tiefgarage des Hochhauses. Zum Glück ist es sehr hell hier unten und der Aufzug nur ein paar Schritte von meinem Parkplatz entfernt. Ich drücke auf die 15. Hoffentlich muss ich nicht lange warten. Niemand ist hier unten. Ich bin allein. Wo sind all die anderen? Überall stehen ihre Wagen. Wieso ist niemand hier, verdammt? Lena, lenk dich ab. Denk an 16.00 Uhr, das Gespräch mit deinem Chef. Mein Chef, ja. Herr Ebert ist ein netter Mann. Er möchte über meine Zukunft in der Abteilung reden. Seit zwei Jahren arbeite ich für ihn und weiß, dass er sehr zufrieden mit mir ist. Er hat mich immer gelobt und vertraute mir nach kurzer Zeit neue Aufgaben an. Letzte Woche hat er Andeutungen gemacht, irgendetwas mit Referentenstelle. Wer hätte das gedacht? Lena als Referentin. Ich sicher nicht. Verflucht, wo bleibt der Aufzug? Ob ich die Treppe nehme? Endlich höre ich das Bing. Mein Blazer ist unter den Bügeln meiner Tasche verruscht. Ich zupfe ihn zurecht, mustere mich kurz im matten Spiegelbild der metallenen Türen, bevor sie sich öffnen. Ich sehe gut aus, ganz normal. Ich und normal?
Im Erdgeschoss steigen viele Menschen ein. Wieso waren die eben nicht unten? Kollegen nicken mir freundlich zu. Ich erwidere lächelnd. Es ist ein gutes Gefühl, dazuzugehören. Gehöre ich dazu?
Bevor sich die Türen schließen, huscht ein Mädchen zu uns rein. Sie quetscht sich mit gesenktem Blick in die hintere, linke Ecke. Sie trägt langes schwarzes Haar, hat keine Tasche dabei. Zu den Angestellten gehört sie sicher nicht. Sie wirkt völlig deplaziert mit ihrem viel zu großen, grauen Wollpullover, den schwarzen Leggings und den alten Turnschuhen. Sie ist wohl in meinem Alter, etwa zwanzig und ist so zierlich. Ihre dünnen Beine presst sie zusammen, richtet ihren Blick auf den Boden. Um ihren Hals baumelt eine Kette mit silbernen Buchstaben in geschnörkelter Schrift: Anna. Das ist wohl ihr Name. Sie schaut kurz auf. Diese gehetzten dunklen Augen. Du meine Güte. Wie ein Reh, das gejagt wird. Mein Herz beginnt zu hämmern. Anna wendet den Blick sofort wieder ab. Ihre Hände krallen sich in ihre Pulloverärmel. Was ist mit ihr los? Sie hat gar keinen Fahrstuhlknopf gedrückt. Vielleicht hat sie es einfach nur vergessen, so schnell, wie sie eingestiegen ist. Mit jedem Stockwerk quellen Menschen hinaus. Als wir in meiner Etage ankommen, stehen nur noch Anna, ein mir unbekannter Mann im grauen Anzug und ich im Aufzug. Die Tür öffnet sich. Ich gehe auf sie zu, doch das Reh hält mich zurück. Irgendetwas stimmt nicht mit ihr. Ich steige nicht aus. Vielleicht spinne ich mir auch etwas zusammen. Außerdem kann ich ja wieder runterfahren. Fragend schaut der Mann uns an. Ich zucke nur mit den Schultern und gehe zur Seite, bleibe aber vorne stehen. Anna rührt sich nicht. Die Tür schließt sich wieder. Im 17. Stock steigt er aus. Ich drehe mich um. Anna wirft mir einen unsicheren Blick zu. Angst, es ist Angst, die ich in ihren Augen sehe. Keiner der Aufzugsknöpfe leuchtet. Was geschieht jetzt?
Anna kaut auf ihrer Unterlippe. Schließlich hastet sie zur Tür und drückt auf den obersten Knopf, die Nr. 20. Dabei rutscht ihr rechter Pulloverärmel herunter. Nein, nein, nein, verdammte Scheiße! Ihr Arm ist übersäht mit knallroten Malen. Nein! Mir wird schlecht. Anna, verflucht, was tust du mir an? Ich will nicht zurück in die Dunkelheit! Nein! Ich presse mich gegen die Wand. Ich will das nicht! Ich bin normal. Ich bin die normale Lena. Normal, normal, normal, verdammt! Sie hat die 20 gedrückt. Sie wird doch nicht? Dann hatte sie eben Angst vor mir! Vor dem, was ich tun könnte!
Fahrig zerrt Anna den Ärmel herunter. Ich kann meine Atmung kaum noch kontrollieren. Anna presst beide Arme um sich, hält die Luft an. Lena, Kontrolle, Kontrolle, denk nach! Ich drücke auf die 19, Anna lässt ihre Arme sinken, atmet aus. Ohne mich umzudrehen, steige ich aus und renne zum Treppenhaus, in den 20. Stock.
Dort angekommen, hechte ich die kleine Treppe zum Dach hoch. Ich sehe Anna. Mein Instinkt hat mich nicht getäuscht. Sie will gerade über die Reling klettern, guckt dabei gehetzt um sich. Was tue ich jetzt? Wie halte ich sie davon ab? Langsam gehe ich auf sie zu. Anna hebt beide Arme mit gespreizten Fingern nach oben. Du glaubst doch nicht, dass ich dich springen lasse? Ganz ruhig, Anna, bitte! Ich bewege meine Handflächen beschwichtigend nach unten. Ich nähere mich ihr. Sie beobachtet mich erstarrt. Ist ja gut. Ich bleibe stehen. Es trennen uns etwa fünf Meter. Wie ein angeschossenes Tier steht sie da, jederzeit zum Sprung bereit. Wie kann ich sie davon abbringen? Muss ich es ihr zeigen? Verflucht. Ja, ich weiß keinen anderen Weg. Mit zittrigen Fingern öffne ich meinen Blazer, knöpfe meine Bluse auf, schiebe sie etwas zur Seite. Anna schlägt sich die Hand auf den Mund. Ihre Augen sind weit aufgerissen. Ich nicke langsam. Ja, Anna, ich bin wie du. Schau hin. Du bist nicht allein mit dieser abgefuckten Scheiße! Mit kleinen Schritten gehe ich weiter. Anna klettert über die Brüstung. Halt, verdammt noch mal! Geh nicht weiter! Sie schaut mich an. Fragend. Zweifelnd. Ungläubig. Ich schüttele den Kopf. Nein, tu es nicht! Mir bleibt nur noch eines. Ich krame eine Zigarette aus meiner Tasche und zünde sie an. Annas Augen brennen. Ja, ich weiß, wonach deine Augen brennen, Anna. Ich weiß es genau! Anna setzt sich auf die Kante, ihre Beine hängen in der Luft. Sie verharrt. Gott sei Dank. Sie verharrt. Ich folge ihr über die Reling, setze mich mit etwas Abstand neben sie. Ich rauche und warte. Ja, Anna, man kann die Scheißdinger auch rauchen! Ihr Blick wechselt hektisch zwischen mir und dem Abgrund hin und her. Wieder verneine ich mit dem Kopf. Okay, du musst den ganzen verfluchten Dreck sehen! Fuck, die Zigarette ist mir im Weg, ich stecke sie in den Mundwinkel, ziehe meine Bluse ganz zur Seite, stopfe die Zipfel in meinen Rock und drehe mich zu Anna. Ich zeige auf meinen verschandelten Bauch, winke Anna heran. Jetzt komm endlich her! Denkst du, mir macht das Spaß? Niemand bekommt diesen Flächenbrand freiwillig zu sehen! Merkst du denn nicht, was ich hier für dich tue? Nur für dich? Nach einer Weile rutscht Anna endlich näher. Sie bewegt einen Arm zu mir. Sie zögert. Ich nicke ihr zu. Ja, verdammt, jetzt mach endlich! Vorsichtig streicht sie über meinen Bauch. Ich bin kurz davor, zu hyperventilieren. Ich halte es nicht mehr aus und wende mich zu Anna, rolle ihre beiden Pulloverärmel hoch, berühre behutsam ihre Arme. Sie hält die Luft an. Heilige Scheiße, ihre beiden Arme sind total versengt. Ich finde kaum noch weiße Haut. Anna sieht mich flehend an. Ja, ich weiß, was du willst, Anna. Was du jetzt, in diesem Moment, brauchst, damit du nicht springst. Damit du für einen Moment Ruhe in dir fühlst. Damit du für einen Moment ausatmen kannst, auch wenn es verflucht wehtut. Und so verflucht guttut. Ich schließe die Augen, hole tief Luft. Es geht nicht anders. Es gibt in diesem Moment nur diesen einen Ausweg. Ich gebe klein bei, nicke resignierend und gebe ihr die Scheißzigarette. Ich kann nicht hinsehen, hole stattdessen die Heilsalbe aus meiner Tasche. Sie ist immer noch mein stetiger Begleiter, für den Notfall. Ganz still sitzt Anna da. Sie atmet ruhig. Ich versorge ihre Wunde, strecke ihr meine Hand entgegen. Anna ergreift sie fest.
Diesen Satz am Schluss des 1. Absatzes entfernt:
Wenn meine Kollegen über mich Bescheid wüssten, würden sich mich meiden, so wie ich Betriebsausflüge meide. Lena, die Aussätzige. Und Ebert würde mir kein Lob mehr aussprechen, egal, wie gut ich meine Arbeit mache.
2. Fassung
Schattenspiegel
Lena parkt ihren Golf in der Tiefgarage des Hochhauses, geht zum Aufzug und drückt auf die 15. Am Nachmittag hat sie einen Termin mit ihrem Chef. Er möchte über ihre Zukunft in der Abteilung reden. Lena weiß, dass er sehr zufrieden mit ihrer Arbeit ist. Sie freut sich auf das Gespräch und zupft ihren Blazer zurecht, als der Fahrstuhl im Erdgeschoss hält. Viele Menschen steigen ein. Kollegen nicken ihr freundlich zu. Lena erwidert lächelnd. Als letzte huscht ein Mädchen in den Fahrstuhl und quetscht sich mit gesenktem Blick in die hintere, linke Ecke. Lena mustert sie. Die Fremde trägt langes schwarzes Haar, hat keine Tasche dabei. Lena schätzt sie auf zwanzig, etwa ihr Alter. Sie ist zierlich und trägt einen viel zu großen, grauen Wollpullover. Ihre dünnen Beine presst sie zusammen. Ihr Blick ist auf den Boden gerichtet. Um ihren Hals baumelt eine Kette mit silbernen Buchstaben in geschnörkelter Schrift: Anna. Als sie kurz aufschaut, sieht Lena ihre gehetzten dunklen Augen. Anna wendet den Blick ab. Ihre Hände krallen sich in ihre Pulloverärmel. Erst jetzt fällt Lena auf, dass Anna keinen Fahrstuhlknopf gedrückt hat. Mit jedem Stockwerk quellen Menschen hinaus. Als das Bing in der 15. Etage ertönt, stehen nur noch Anna, Lena und ein ihr unbekannter Mann im grauen Anzug im Aufzug. Die Tür öffnet sich. Lena geht auf sie zu, hält inne und steigt nicht aus. Fragend schaut der Fremde die beiden an. Lena zuckt mit den Schultern und geht zur Seite. Anna rührt sich nicht. Die Tür schließt sich wieder. Im 17. Stock steigt er aus. Lena wartet. Anna wirft Lena einen kurzen, fragenden Blick zu. Keiner der Aufzugsknöpfe leuchtet.
Anna kaut auf ihrer Unterlippe. Schließlich hastet sie zur Tür und drückt auf den obersten Knopf, die Nr. 20. Dabei rutscht ihr der rechte Ärmel herunter. Als Lena knallrote Male sieht, krampft sich ihr Magen zusammen. Fahrig zerrt Anna den Ärmel herunter. Lena atmet schneller. Anna presst beide Arme um sich. Als Lena auf die 19 drückt, lässt Anna ihre Arme sinken. Lena steigt aus, ohne sich umzudrehen und rennt zum Treppenhaus, in den 20. Stock.
Dort angekommen, hechtet sie eine kleinere Treppe zum Dach hoch. Sie sieht Anna, die gerade über die Reling klettern will und dabei gehetzt um sich guckt. Lena geht langsam auf sie zu. Anna hebt beide Arme mit gespreizten Fingern nach oben. Lena bewegt ihre Handflächen nach unten. Sie nähert sich Anna, die sie erstarrt beobachtet. Lena bleibt stehen. Es trennen sie etwa fünf Meter. Sie zieht den Blazer aus, öffnet ihre Bluse und schiebt sie etwas zur Seite. Anna hält sich die Hand auf den Mund. Ihre Augen sind weit aufgerissen. Lena nickt langsam und geht mit kleinen Schritten weiter. Anna klettert über die Brüstung und schaut Lena an. Sie schüttelt den Kopf, holt eine Zigarette aus ihrer Tasche und zündet sie an. Annas Augen brennen. Sie setzt sich auf die Kante, ihre Beine hängen in der Luft. Sie verharrt. Lena folgt ihr über die Reling, setzt sich mit etwas Abstand neben Anna, raucht und wartet. Annas Blick wechselt hektisch zwischen Lena und dem Abgrund hin und her. Wieder schüttelt Lena den Kopf. Sie steckt die Zigarette in den Mund, zieht ihre Bluse ganz zur Seite, stopft die Zipfel in ihren Rock und dreht sich zu Anna. Mit ihrer rechten Hand zeigt sie auf ihren Bauch, winkt Anna heran. Nach einer Weile rutscht Anna näher zu ihr. Schließlich bewegt sie einen Arm zu Lena. Sie zögert. Lena nickt ihr zu. Vorsichtig streicht sie über Lenas Bauch. Lena atmet flach und schnell. Sie wendet sich zu Anna, rollt ihre beiden Pulloverärmel hoch, berührt behutsam ihre Arme. Anna sieht sie flehend an. Lena schließt die Augen, holt tief Luft. Schließlich nickt sie langsam und gibt ihr die Zigarette.
Nachdem Lena Annas Arm mit Heilsalbe versorgt hat, streckt sie ihr eine Hand entgegen. Anna ergreift sie.
1. Fassung
Schattenspiegel
Lena parkt ihren Golf in der Tiefgarage des Hochhauses, geht zum Aufzug und drückt auf die 15. Am Nachmittag hat sie einen Termin mit ihrem Chef. Er möchte über ihre Zukunft in der Abteilung reden. Lena weiß, dass er sehr zufrieden mit ihrer Arbeit ist. Sie freut sich auf das Gespräch und zupft ihren Blazer zurecht, als der Fahrstuhl im Erdgeschoss hält. Etliche Kollegen steigen ein. Sie nicken ihr freundlich zu. Lena erwidert lächelnd. Ihr unbekannte Menschen strömen hinterher. Als letzte betritt ein Mädchen den Fahrstuhl und quetscht sich mit gesenktem Blick in die hintere, linke Ecke. Lena mustert sie. Die Fremde trägt langes schwarzes Haar, hat keine Tasche dabei. Lena schätzt sie auf zwanzig, etwa ihr Alter. Sie ist zierlich und trägt einen viel zu großen, grauen Wollpullover. Ihre dünnen Beine presst sie zusammen. Ihr Blick ist auf den Boden gerichtet. Um ihren Hals baumelt eine Kette mit silbernen Buchstaben in geschnörkelter Schrift: Anna. Als sie kurz aufschaut, sieht Lena ihre gehetzten dunklen Augen. Lenas Herz beginnt zu hämmern. Anna wendet den Blick ab. Ihre Hände verkrallen sich in ihre Pulloverärmel. Erst jetzt fällt Lena auf, dass Anna keinen Fahrstuhlknopf gedrückt hat. Mit jedem Stockwerk quellen Menschen hinaus. Als das vertraute Bing in der 15. Etage ertönt, stehen nur noch Anna, Lena und ein ihr unbekannter Mann im grauen Anzug im Aufzug. Die Tür öffnet sich. Lena geht auf sie zu, hält inne und steigt nicht aus. Fragend schaut der Fremde die beiden an. Lena zuckt mit den Schultern und geht zur Seite. Anna rührt sich nicht. Die Tür schließt sich wieder. Im 17. Stock steigt er aus. Lena wartet. Anna wirft Lena einen hastigen Blick zu. Keiner der Aufzugsknöpfe leuchtet.
Anna kaut auf ihrer Unterlippe. Schließlich huscht sie zur Tür und drückt auf den obersten Knopf, die Nr. 20. Dabei rutscht ihr der rechte Ärmel herunter. Lena sieht rote Male. Einige sind verblasst, andere leuchten knallrot. Fahrig zerrt Anna den Ärmel herunter. Lena atmet schneller. Annas Augen zucken. Sie presst beide Arme um sich. Lena drückt auf die 19. Anna lässt die Arme nach unten fallen. Als Lena aussteigt, meidet sie Annas Blick und rennt zum Treppenhaus, in den 20. Stock.
Dort angekommen, nimmt sie die nächste, kleinere Treppe, läuft auf das Dach und schaut sich hastig um. Anna steht vor der Reling, will gerade über die Metallstäbe klettern, sieht sich dabei suchend um. Lena geht langsam auf sie zu. Annas Augen weiten sich. Sie hebt beide Arme nach oben und streckt die Hände mit gespreizten Fingern aus. Lena bewegt ihre Handflächen nach unten. Sie nähert sich Anna, die sie erstarrt beobachtet. Lena bleibt stehen. Es trennen sie etwa fünf Meter. Sie zieht den Blazer aus, öffnet ihre Bluse und schiebt sie etwas zur Seite. Anna hält sich die Hand vor Augen. Lena nickt langsam und geht vorsichtig weiter auf Anna zu. Anna klettert über die Brüstung und schaut Lena fragend an. Lena schüttelt den Kopf, holt eine Zigarette aus ihrer Tasche und zündet sie an. Annas Augen brennen. Sie setzt sich auf die Kante, ihre Beine hängen in der Luft. Sie verharrt. Lena folgt ihr über die Reling, setzt sich mit etwas Abstand neben Anna, raucht und wartet. Annas Blick wechselt hastig zwischen Lena und der Straße, einundzwanzig Stockwerke unter ihr, hin und her. Wieder schüttelt Lena den Kopf. Sie zieht ihre Bluse ganz zur Seite, stopft die Zipfel in ihren Rock und dreht sich zu Anna. Mit ihrer rechten Handfläche nach oben, winkt sie zu ihrem Bauch. Nach einer Weile rutscht Anna näher an sie heran. Schließlich bewegt sie einen Arm zu Lena. Ihre Hand befindet sich vor ihrem Bauch. Anna guckt sie fragend an. Lena nickt. Zögernd streichelt sie Lenas Bauch. Lena atmet flach und schnell. Sie wendet sich zu Anna, streift ihre beiden Pulloverärmel hoch und berührt zärtlich ihre Arme. Anna sieht sie flehend an. Lena schließt die Augen, nickt und gibt ihr eine Zigarette.
Nachdem Lena Annas Arm mit Heilsalbe versorgt hat, streckt sie Anna ihre Hand entgegen. Anna ergreift sie.
Liebe Gabriella,
diese Geschichte zieht mich in ihren Bann!
Obwohl ich sie zum Schluss nicht zur Gänze verstehe, zB die Szene mit dem Bauch. Ist Lena schwanger? Oder geht es einfach um eine zärtliche, intime Geste, mit der sie Anna letztendlich rettet? An sich gefällt mir das gut. Und vielleicht braucht es auch gar keine Erklärung.
(Etwas aus der Luft gegriffen scheint mir nur, dass Lena Heilsalbe bei sich hat, aber das nur am Rande.)
Sehr gern gelesen!
Liebe Grüße
diana
diese Geschichte zieht mich in ihren Bann!
Obwohl ich sie zum Schluss nicht zur Gänze verstehe, zB die Szene mit dem Bauch. Ist Lena schwanger? Oder geht es einfach um eine zärtliche, intime Geste, mit der sie Anna letztendlich rettet? An sich gefällt mir das gut. Und vielleicht braucht es auch gar keine Erklärung.
(Etwas aus der Luft gegriffen scheint mir nur, dass Lena Heilsalbe bei sich hat, aber das nur am Rande.)
Sehr gern gelesen!
Liebe Grüße
diana
Hallo Mucki,
ich finde interessant, dass kein Wort gesprochen wird. Das ist eine ziemliche Herausforderung, die mE. schon -gerade im letzten Abschnitt- etwas bemüht und umständlich wirkt. Ich habe nicht wirklich alle Gesten vor Augen gehabt.
Zwei Mädchen, eines offensichtlich "abgerissen" und eines "offensichtlich" das Gegenteil, erkennen sich, sie beide sind autoaggressiv. Diese Gemeinsamkeit lässt in Lena eine Art Fürsorgepflicht entstehen, sie ahnt, dass Anna sich das Leben nehmen will. Auf dem Dach gibt Lena sich zu erkennen, sie hat die Male auf dem Bauch (deshalb auch die Heilsalbe dabei). Das -und nicht irgendwelches Gequatsche- lässt Anna Vertrauen fassen und am Ende geben sie sich GEGENSEITIG Halt.
Für mich driftet das leider in Richtung Kitsch ab und ich habe große Schwierigkeiten dem Text zu glauben.
Ein paar korinthische Auffälligkeiten:
warum stehen die so schön sortiert nach bekannt und unbekannt vor der Fahrstuhltür?
das kommt irgendwie zu unvermittelt und dramatisch tell
warum hat sie denn nicht den 20sten gedrückt?
hat jedes Stockwerk ein eigenes Bing?
Gruß
ich finde interessant, dass kein Wort gesprochen wird. Das ist eine ziemliche Herausforderung, die mE. schon -gerade im letzten Abschnitt- etwas bemüht und umständlich wirkt. Ich habe nicht wirklich alle Gesten vor Augen gehabt.
Zwei Mädchen, eines offensichtlich "abgerissen" und eines "offensichtlich" das Gegenteil, erkennen sich, sie beide sind autoaggressiv. Diese Gemeinsamkeit lässt in Lena eine Art Fürsorgepflicht entstehen, sie ahnt, dass Anna sich das Leben nehmen will. Auf dem Dach gibt Lena sich zu erkennen, sie hat die Male auf dem Bauch (deshalb auch die Heilsalbe dabei). Das -und nicht irgendwelches Gequatsche- lässt Anna Vertrauen fassen und am Ende geben sie sich GEGENSEITIG Halt.
Für mich driftet das leider in Richtung Kitsch ab und ich habe große Schwierigkeiten dem Text zu glauben.
Ein paar korinthische Auffälligkeiten:
Ihr unbekannte Menschen strömen hinterher
warum stehen die so schön sortiert nach bekannt und unbekannt vor der Fahrstuhltür?
Lenas Herz beginnt zu hämmern.
das kommt irgendwie zu unvermittelt und dramatisch tell
Erst jetzt fällt Lena auf, dass Anna keinen Fahrstuhlknopf gedrückt hat
warum hat sie denn nicht den 20sten gedrückt?
Als das vertraute Bing in der 15. Etage ertönt
hat jedes Stockwerk ein eigenes Bing?
Gruß
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)
Hallo Diana und Nifl,
danke euch für die Kommentare.
Diana: warum Lena Heilsalbe dabei hat und was es mit dem Bauch auf sich hat, hat Nifl bereits erklärt.
Nifl,
ich habe eine 2. Fassung oben eingestellt. Die Korinthen habe ich ausgemerzt.
Ja, eine solche Szene ohne Worte zu schreiben, sondern nur mit Gesten, ist in der Tat eine Herausforderung. Das Problem ist hier, dass man diese Gesten gut vor Augen haben muss. Ich hoffe, es ist in der 2. Fassung besser gelungen. Ich habe bei mir selbst beobachtet, dass man den Text langsam lesen und die Gesten quasi nachahmen muss. Ich glaube schon, dass man sie dann versteht.
Das Vertrauen von Anna gewinnt Lena durch Zeigen, nicht durch Gequatsche, ja. Aber das hier
kann ich nicht unterschreiben. Lena gibt Anna Halt. Durch die Intro möchte ich ja etwas ausdrücken, was Lenas Lebenssituation betrifft.
Aber Kitsch? Nee, ich glaube nicht, dass diese Szene und auch deren Ende trivial oder rührselig o.ä. ist. Dazu ist es m.E. zu starker Tobak. Außerdem ist ja am Ende nicht alles gut und Friede Freude Eierkuchen. Einzig die Situation, in der sich Anna befand, ist - für den Moment - gebannt. Wie es weitergeht, steht in den Sternen.
Saludos
Gabriella
danke euch für die Kommentare.
Diana: warum Lena Heilsalbe dabei hat und was es mit dem Bauch auf sich hat, hat Nifl bereits erklärt.
Nifl,
ich habe eine 2. Fassung oben eingestellt. Die Korinthen habe ich ausgemerzt.
Ja, eine solche Szene ohne Worte zu schreiben, sondern nur mit Gesten, ist in der Tat eine Herausforderung. Das Problem ist hier, dass man diese Gesten gut vor Augen haben muss. Ich hoffe, es ist in der 2. Fassung besser gelungen. Ich habe bei mir selbst beobachtet, dass man den Text langsam lesen und die Gesten quasi nachahmen muss. Ich glaube schon, dass man sie dann versteht.
Das Vertrauen von Anna gewinnt Lena durch Zeigen, nicht durch Gequatsche, ja. Aber das hier
Nifl hat geschrieben:und am Ende geben sie sich GEGENSEITIG Halt.
kann ich nicht unterschreiben. Lena gibt Anna Halt. Durch die Intro möchte ich ja etwas ausdrücken, was Lenas Lebenssituation betrifft.
Dass du meinen Texten die Glaubhaftigkeit absprichst, ist ja nichts Neues. ,-)Nifl hat geschrieben:Für mich driftet das leider in Richtung Kitsch ab und ich habe große Schwierigkeiten dem Text zu glauben.
Aber Kitsch? Nee, ich glaube nicht, dass diese Szene und auch deren Ende trivial oder rührselig o.ä. ist. Dazu ist es m.E. zu starker Tobak. Außerdem ist ja am Ende nicht alles gut und Friede Freude Eierkuchen. Einzig die Situation, in der sich Anna befand, ist - für den Moment - gebannt. Wie es weitergeht, steht in den Sternen.
Saludos
Gabriella
Hallo Rosebud,
dass die Spannung bis zum Schluss aufrechterhalten bleibt für dich, freut mich. Das war mir wichtig. Die Tatsache, dass relativ schnell klar wird, was Anna vorhat, ist mir bewusst und auch so gewollt.
Zur Gattungsfrage: die hatte ich nicht im Kopf, also Exposé für Kurzfilm oder so. Ich wollte szenisch schreiben, ohne Worte, ohne Dialoge, wie ich es sonst fast immer mache. Gesten sollen hier den Leser vor allem durch die Szene führen. Ja, der Name von Anna war mir wichtig, um zu vermeiden, ständig "die andere" oder "sie" o.ä. schreiben zu müssen. Da kam mir die Idee mit der Halskette.
Zum "leichten Perspektivenwechsel". Stimmt, der ist schon drin, aber ich finde, dass er nicht zu stark ist. Im Prinzip ist die generelle Perspektive die von Lena. In keinem Satz schreibe ich direkt, was Anna sieht oder fühlt. Was ich zu Beginn über Lena schreibe, die Innenperspektive in der Intro ist mir wichtig, um darzustellen, dass Lena trotz ihres "Schattens", den Anna spiegelt, es geschafft hat, ein normales Berufsleben auszuüben. Wobei sie weiterhin mit diesem "Schatten" leben muss, deshalb hat sie Heilsalbe in ihrer Tasche.
Ich schreibe doch bei der Szene auf der Reling, dass Lena eine Zigarette aus ihrer Tasche holt. Oder ist dort gar nicht klar, dass es Lenas Tasche ist?
Muss ich drüber nachdenken, da ich das hier
meiner Meinung nach auflöse durch den Schlusssatz.
Mit diesem "Hand entgegenstrecken" und "ergreift sie", möchte ich quasi das nächste Setting anlaufen lassen, soz. ein antreibendes Element, ein "Raus" aus der Dachszene, eine Aufbruchsstimmung einläuten.
Hab vielen Dank für deinen Kommentar!
Saludos
Gabriella
dass die Spannung bis zum Schluss aufrechterhalten bleibt für dich, freut mich. Das war mir wichtig. Die Tatsache, dass relativ schnell klar wird, was Anna vorhat, ist mir bewusst und auch so gewollt.
Zur Gattungsfrage: die hatte ich nicht im Kopf, also Exposé für Kurzfilm oder so. Ich wollte szenisch schreiben, ohne Worte, ohne Dialoge, wie ich es sonst fast immer mache. Gesten sollen hier den Leser vor allem durch die Szene führen. Ja, der Name von Anna war mir wichtig, um zu vermeiden, ständig "die andere" oder "sie" o.ä. schreiben zu müssen. Da kam mir die Idee mit der Halskette.
Zum "leichten Perspektivenwechsel". Stimmt, der ist schon drin, aber ich finde, dass er nicht zu stark ist. Im Prinzip ist die generelle Perspektive die von Lena. In keinem Satz schreibe ich direkt, was Anna sieht oder fühlt. Was ich zu Beginn über Lena schreibe, die Innenperspektive in der Intro ist mir wichtig, um darzustellen, dass Lena trotz ihres "Schattens", den Anna spiegelt, es geschafft hat, ein normales Berufsleben auszuüben. Wobei sie weiterhin mit diesem "Schatten" leben muss, deshalb hat sie Heilsalbe in ihrer Tasche.
Rosebud hat geschrieben:Du betonst, dass Anna keine Tasche hat, aber die Tasche, aus der Zigaretten und Salbe kommen, wurde mit keinem Wort zuvor erwähnt. Das würde ich irgendwo im letzten Drittel noch andeuten.
Ich schreibe doch bei der Szene auf der Reling, dass Lena eine Zigarette aus ihrer Tasche holt. Oder ist dort gar nicht klar, dass es Lenas Tasche ist?
Rosebud hat geschrieben:Man könnte auch noch überlegen, ob man die letzten beiden Sätze nicht weglässt. Die Hand muss Anna ja nicht mehr ergreifen, sie hatte ja zuvor schon mehrfach Körperkontakt mit Lena. Heißt, die beiden Frauen haben bereits Kontakt zueinander hergestellt, und zwar auch schon nonverbal.
Muss ich drüber nachdenken, da ich das hier
Rosebud hat geschrieben:Wenn man allerdings die Story nach der Übergabe der Zigarette enden lässt, weiß der Leser nicht, ob sich Anna damit verbrennt oder an ihr zieht. Im Film ließe sich das leicht darstellen. Im Text müsste man vielleicht mit einem Satz enden, der das klarstellt.
meiner Meinung nach auflöse durch den Schlusssatz.
Mit diesem "Hand entgegenstrecken" und "ergreift sie", möchte ich quasi das nächste Setting anlaufen lassen, soz. ein antreibendes Element, ein "Raus" aus der Dachszene, eine Aufbruchsstimmung einläuten.
Hab vielen Dank für deinen Kommentar!
Saludos
Gabriella
Hi Mucki,
Hm, nein, gebe meine Gegenseitigkeit nicht her. Die Frage ist doch, warum sie Anna hilft? Durch das Helfen geht es ihr selbst auch besser und es stärk ihre Bewusstseinsbildung usw.. Für mich ist das auch ein möglicher Schritt in Richtung Therapie, entfernt vergleichbar mit den Mechanismen einer Selbshilfegruppe, Lena öffnet sich (im wahrsten und übertragenem Sinne) Und ich sehe Lena auch nicht fortgeschrittener, im Gegenteil. Nur weil sie professioneller ihr Problem verheimlicht, herunterspielt, verleugnet, nichtbeachtet usw? Dadurch wird der Druck doch nur immer immer größer?
Zum Thema Kitsch und Glaubhaftigkeit:
Du schreibst von AutoAGGRESSION, deine Figuren benehmen sich aber wie nach Hilfe lechzende Lämmer. Bei mir hätte Anna geschrien: Verpiss dich du Fotze! oder mindestens: Was glotzt du so blöd. oder Was stalkst du mich, hau ab!
So einfach ist helfen und sich helfen lassen eben nicht und deshalb ist das für mich Kitsch.
Gruß
und am Ende geben sie sich GEGENSEITIG Halt.
kann ich nicht unterschreiben. Lena gibt Anna Halt. Durch die Intro möchte ich ja etwas ausdrücken, was Lenas Lebenssituation betrifft.
Hm, nein, gebe meine Gegenseitigkeit nicht her. Die Frage ist doch, warum sie Anna hilft? Durch das Helfen geht es ihr selbst auch besser und es stärk ihre Bewusstseinsbildung usw.. Für mich ist das auch ein möglicher Schritt in Richtung Therapie, entfernt vergleichbar mit den Mechanismen einer Selbshilfegruppe, Lena öffnet sich (im wahrsten und übertragenem Sinne) Und ich sehe Lena auch nicht fortgeschrittener, im Gegenteil. Nur weil sie professioneller ihr Problem verheimlicht, herunterspielt, verleugnet, nichtbeachtet usw? Dadurch wird der Druck doch nur immer immer größer?
Zum Thema Kitsch und Glaubhaftigkeit:
Du schreibst von AutoAGGRESSION, deine Figuren benehmen sich aber wie nach Hilfe lechzende Lämmer. Bei mir hätte Anna geschrien: Verpiss dich du Fotze! oder mindestens: Was glotzt du so blöd. oder Was stalkst du mich, hau ab!
So einfach ist helfen und sich helfen lassen eben nicht und deshalb ist das für mich Kitsch.
Gruß
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)
hallo gabi,
ich schleiche um die geschichte und weiß nicht genau...ich hätte mich wahrscheinlich in dieser geschichte, bzw. dieser thema gegen einen allwissenden erzähler entschieden und es in ich-form geschrieben...so in etwa "ich stieg in aufzug und dann war sie da...". es hätte mir die möglichkeiten geöffnet subjektive beobachtungen einzubringen, und die finde ich nicht uninteressant, weil wir da zwei figuren haben mit ähnlichen krankheitsbild, bloß an verschiedenen wegabschnitten (eine ist "sozialisiert", hat gelernt sich zu tarnen und bedeckt zu halten, die andere hat beschlossen dem elend ein ende zu machen), das hätte ein bisschen speed gegeben. der allwissender erzähler beschreibt die situation "neutral" (ich denke das war deine absicht, nur geschehhenisse ohne wertung darzustellen) aber ich kann es nicht so ganz abnehmen da mir wertung doch irgendwie durch die zeilen schwingt...dann doch lieber gleich ich gleich subjektiv und "ungetarnte wertung" bzw. reflexion...? oder das gegenteil: noch viel trockener, entpersonalisierter---mit gar verzicht auf rufnamen und rahmen der beförderungsgeschichte (hat keine funktion im text außer angepasstheit einer derfiguren zu zeigen, vllt iwie anders?)...liebe grüße, pjesma
ich schleiche um die geschichte und weiß nicht genau...ich hätte mich wahrscheinlich in dieser geschichte, bzw. dieser thema gegen einen allwissenden erzähler entschieden und es in ich-form geschrieben...so in etwa "ich stieg in aufzug und dann war sie da...". es hätte mir die möglichkeiten geöffnet subjektive beobachtungen einzubringen, und die finde ich nicht uninteressant, weil wir da zwei figuren haben mit ähnlichen krankheitsbild, bloß an verschiedenen wegabschnitten (eine ist "sozialisiert", hat gelernt sich zu tarnen und bedeckt zu halten, die andere hat beschlossen dem elend ein ende zu machen), das hätte ein bisschen speed gegeben. der allwissender erzähler beschreibt die situation "neutral" (ich denke das war deine absicht, nur geschehhenisse ohne wertung darzustellen) aber ich kann es nicht so ganz abnehmen da mir wertung doch irgendwie durch die zeilen schwingt...dann doch lieber gleich ich gleich subjektiv und "ungetarnte wertung" bzw. reflexion...? oder das gegenteil: noch viel trockener, entpersonalisierter---mit gar verzicht auf rufnamen und rahmen der beförderungsgeschichte (hat keine funktion im text außer angepasstheit einer derfiguren zu zeigen, vllt iwie anders?)...liebe grüße, pjesma
hmmm ... also, auf diese lesart bin ich nicht gekommen und finde sie, ehrlich gesagt auch ... hm ... etwas unglaubwürdig ... vielleicht könnte pjesmas idee mit der ich-perspektive helfen, den text authentischer wirken zu lassen.
aber - andererseits - man /muss/ diese geschichte ja nicht so lesen. eigentlich ist der schluss ja so gestaltet, dass es offen bleibt, was los ist. kommt ja auch immer drauf an, was der leser draus macht.
liebe grüße, diana
aber - andererseits - man /muss/ diese geschichte ja nicht so lesen. eigentlich ist der schluss ja so gestaltet, dass es offen bleibt, was los ist. kommt ja auch immer drauf an, was der leser draus macht.
liebe grüße, diana
Dass diese Szene bzw. dieses Thema die Geister spalten würde, war mir schon klar. Ich habe auch gezögert, ob ich sie hier einstellen soll oder nicht. Es ist ein Tabu-Thema, über das nicht gerne gesprochen oder geschrieben wird. Warum verletzen Menschen sich selbst? Können Menschen, die in ihrem Leben noch nie mit solchen Dingen konfrontiert wurden, überhaupt damit umgehen, in diesen Abgrund menschlicher Psyche blicken, ohne sich angewidert abzuwenden? Oder fühlen sie sich ohnmächtig und möchten lieber über schöne, freundliche Dinge lesen und mit sowas hier lieber nicht in Kontakt treten? Fakt ist, dass diese Art des selbstverletzenden Verhaltens leider keine Ausnahmeerscheinung ist und gerade bei jungen Menschen häufig anzutreffen ist. Es ist für sie ein Ventil, weil sie dem Lebensdruck nicht standhalten können. Dieser Druck entsteht durch verschiedene Auslöser. Es kann ein Elternteil (oder ein anderer Mensch) sein, der das Kind physisch oder psychisch misshandelt hat. Es kann durch ein extremes Minderwertigkeitsgefühl und Selbstverachtung/Selbsthass verursacht sein, welches wiederum seine Auslöser hat, etc. etc. Es gibt tausend Auslöser dafür und tausend Facetten von selbstverletztendem Verhalten.
Nifl:
Was Lena betrifft: in dieser Szene beschreibe ich nicht, ob sie ihr Problem verheimlicht, verleugnet oder herunterspielt. Das einzige, was ich hier durchblicken lasse, ist, dass sie weiterhin damit lebt, da sie die Heilsalbe in ihrer Tasche dabei hat, sprich, Lena hat es nicht überwunden. Durch ihre krankhafte Affinität zu dieser Art von selbstverletztendem Verhalten, ist sie ja überhaupt in der Lage, Anna - in dieser Situation! - zu helfen und handelt so, wie sie es hier tut. Natürlich ist dies keine Lösung für Annas Problem und auch nicht für Lena. Es geht um die akute Situation. Lena verhält sich nicht wie ein "nach Hilfe lechzendes Lamm". Auch Anna tut dies nicht. Menschen, die sich selbst verletzen und an dem Punkt befinden, an dem sich Anna befindet, schreien nicht laut um Hilfe. Sie tun alles, um nicht erkannt zu werden, weil sie sich damit entblößen, weil sie sich unendlich schämen. Sie leben wie "Geister". Auch wenn ich die Szene mit Dialogen geschrieben hätte, hätte ich diese Worte nicht aus Annas Mund kommen lassen. Das hätte dann dazu geführt, dass ihr Gegenüber die Polizei gerufen hätte. Und das ist das letzte, was jemand wie Anna in dieser Situation will. Dann hätte auch Lena anders reagiert und die Situation wäre eskaliert. Durch die "stillen Gesten" deeskaliert die Situation hier.
Rosebud:
Ich habe oben eingefügt, dass Lena raucht und später die Zigarette in den Mund steckt. So ist es dann klarer, stimmt.
Es ist so von mir intendiert, wie du es im vorletzten Absatz schreibst. "Annas Augen brennen" soll genau das ausdrücken, was du schreibst. Lena raucht die Zigarette, Anna braucht sie als Ventil des immensen akuten Drucks, um sich nicht vom Dach zu stürzen. Lena erkennt das und gibt ihr deshalb die Zigarette.
pjesma:
Ja, zwei Menschen mit ähnlichem Krankheitsbild, bloß an verschiedenen Wegabschnitten.
Ganz ohne Wertung kann ich diese Szene nicht schreiben und in der Ich-Perspektive auf keinen Fall. Das würde viel zu dramatisch und emotional werden. Da hätte Nifl seine wahre Freude daran, mir den Text zu zerfetzen. Das wäre dann Drama, Drama. Und völlig trocken und entpersonalisiert bekäme ich es erstrecht nicht hin.
Diana:
trivial wäre es meiner Ansicht nach gewesen, wenn Lena schwanger wäre und der Anblick des schwangeren Bauches Anna von ihrem Vorhaben abgehalten hätte. Das wäre in meinen Augen völlig unglaubwürdig und auch unsinnig.
Den Schluss halte ich, wie schon an Rosebud in meinen vorherigen posting geschrieben, nicht für offen.
Danke euch allen für die vielen Feedbacks!
Saludos
Gabriella
Nifl:
Was Lena betrifft: in dieser Szene beschreibe ich nicht, ob sie ihr Problem verheimlicht, verleugnet oder herunterspielt. Das einzige, was ich hier durchblicken lasse, ist, dass sie weiterhin damit lebt, da sie die Heilsalbe in ihrer Tasche dabei hat, sprich, Lena hat es nicht überwunden. Durch ihre krankhafte Affinität zu dieser Art von selbstverletztendem Verhalten, ist sie ja überhaupt in der Lage, Anna - in dieser Situation! - zu helfen und handelt so, wie sie es hier tut. Natürlich ist dies keine Lösung für Annas Problem und auch nicht für Lena. Es geht um die akute Situation. Lena verhält sich nicht wie ein "nach Hilfe lechzendes Lamm". Auch Anna tut dies nicht. Menschen, die sich selbst verletzen und an dem Punkt befinden, an dem sich Anna befindet, schreien nicht laut um Hilfe. Sie tun alles, um nicht erkannt zu werden, weil sie sich damit entblößen, weil sie sich unendlich schämen. Sie leben wie "Geister". Auch wenn ich die Szene mit Dialogen geschrieben hätte, hätte ich diese Worte nicht aus Annas Mund kommen lassen. Das hätte dann dazu geführt, dass ihr Gegenüber die Polizei gerufen hätte. Und das ist das letzte, was jemand wie Anna in dieser Situation will. Dann hätte auch Lena anders reagiert und die Situation wäre eskaliert. Durch die "stillen Gesten" deeskaliert die Situation hier.
Rosebud:
Ich habe oben eingefügt, dass Lena raucht und später die Zigarette in den Mund steckt. So ist es dann klarer, stimmt.
Es ist so von mir intendiert, wie du es im vorletzten Absatz schreibst. "Annas Augen brennen" soll genau das ausdrücken, was du schreibst. Lena raucht die Zigarette, Anna braucht sie als Ventil des immensen akuten Drucks, um sich nicht vom Dach zu stürzen. Lena erkennt das und gibt ihr deshalb die Zigarette.
pjesma:
Ja, zwei Menschen mit ähnlichem Krankheitsbild, bloß an verschiedenen Wegabschnitten.
Ganz ohne Wertung kann ich diese Szene nicht schreiben und in der Ich-Perspektive auf keinen Fall. Das würde viel zu dramatisch und emotional werden. Da hätte Nifl seine wahre Freude daran, mir den Text zu zerfetzen. Das wäre dann Drama, Drama. Und völlig trocken und entpersonalisiert bekäme ich es erstrecht nicht hin.
Diana:
trivial wäre es meiner Ansicht nach gewesen, wenn Lena schwanger wäre und der Anblick des schwangeren Bauches Anna von ihrem Vorhaben abgehalten hätte. Das wäre in meinen Augen völlig unglaubwürdig und auch unsinnig.
Den Schluss halte ich, wie schon an Rosebud in meinen vorherigen posting geschrieben, nicht für offen.
Danke euch allen für die vielen Feedbacks!
Saludos
Gabriella
Oh, liebe Gabi, ich finde es nicht trivial, wenn jemand versucht einem anderen Menschen nahe zu kommen, ihm dadurch zu helfen, wodurch letztlich denn auch immer. Hier entwickelst du eine sehr nahe, intime Situation. Ok, ich habs nicht durchblickt, finde aber eben, dass das dem Text keinen Abbruch tut.
Auch denke ich, dass das nicht unbedingt ein Tabu-Thema ist. Ich jedenfalls meine (oder hoffe?), dass diese Art der Autoaggression schon ins Bewusstsein der Menschen gerückt ist.
Die Frage ist halt, würde es so in der Art, wie du es hier in Szene stellst, dieses gegenseitige „Outen“ - tatsächlich funktionieren?
Auf jeden Fall ein wichtiger Text, der zum Nachdenken anregt, meine ich.
Herzlich,
Diana
Auch denke ich, dass das nicht unbedingt ein Tabu-Thema ist. Ich jedenfalls meine (oder hoffe?), dass diese Art der Autoaggression schon ins Bewusstsein der Menschen gerückt ist.
Die Frage ist halt, würde es so in der Art, wie du es hier in Szene stellst, dieses gegenseitige „Outen“ - tatsächlich funktionieren?
Auf jeden Fall ein wichtiger Text, der zum Nachdenken anregt, meine ich.
Herzlich,
Diana
Hallo Diana,
trivial wäre es, wenn die Auflösung von Annas Situation durch eine Schwangerschaft von Lena geschähe. Das meinte ich.
Natürlich ist eine Hilfestellung, wie auch immer, nicht trivial. Ganz im Gegenteil.
Diese Frage kann ich dir nicht beantworten. Vielleicht ja. Auf jeden Fall schafft dieses Outen seitens Lena Vertrauen bei Anna. Und da kann ich mir schon vorstellen, dass dies durchaus realistisch ist.
Das ist gut. Dann habe ich mit diesem Text etwas erreicht.
Liebe Grüße
Gabi
trivial wäre es, wenn die Auflösung von Annas Situation durch eine Schwangerschaft von Lena geschähe. Das meinte ich.
Natürlich ist eine Hilfestellung, wie auch immer, nicht trivial. Ganz im Gegenteil.
birke hat geschrieben:Die Frage ist halt, würde es so in der Art, wie du es hier in Szene stellst, dieses gegenseitige „Outen“ - tatsächlich funktionieren?
Diese Frage kann ich dir nicht beantworten. Vielleicht ja. Auf jeden Fall schafft dieses Outen seitens Lena Vertrauen bei Anna. Und da kann ich mir schon vorstellen, dass dies durchaus realistisch ist.
birke hat geschrieben:Auf jeden Fall ein wichtiger Text, der zum Nachdenken anregt, meine ich.
Das ist gut. Dann habe ich mit diesem Text etwas erreicht.
Liebe Grüße
Gabi
du musst die geschichte nicht in forum stellen zum zerfetzen
, solltest du dich entscheiden sie in eine starkemotionälle form zu schreiben. aber versuch wäre es wert, denke ich. manchmal kommt man dem kern komplizierte sachbestände näher während und durch ungefillterter schreibprozes (unbeobachtet sich gehen lassend)
lg
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lg
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