Horgo und Yamnaa

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Yorick

Beitragvon Yorick » 28.09.2012, 15:09

Ich erwache mit dem Kopf auf der Klospülung. Der Schweiß läuft mir über das Gesicht, das Kitzeln der Tropfen hat mich geweckt. Mein Mund ist ausgetrocknet, der Rachen brennt und auf der Wange spüre ich den Abdruck der Spültaste. Es dauert eine Weile bis ich wieder weiß, wo ich bin. Zusammengekauert sitze ich auf dem Klodeckel, die Beine hochgezogen, damit man sie unter der Tür nicht sieht. Meine Knie schmerzen, als ich langsam die Beine strecke und benommen heruntersteige. In der Dunkelheit stoße ich mir den Ellenbogen und beiße auf die Lippen, um nicht zu schreien. Was zum Teufel mache ich hier?
Die Kabinentür habe ich nur angelehnt, damit die rote Besetztanzeige mich nicht verrät. Ich öffne sie einen Spalt und spähe in den Waschraum. Durch das vergitterte Fenster scheint das Mondlicht auf die Fliesen, vom Kanal tönt das Tuckern eines Motors herüber. Sonst ist alles still. Die Hitze des Sommertages hat sich hier in den schlecht belüfteten Räumen aufgestaut, es riecht scharf nach Urin und Pinkelstein.
Mir ist flau im Magen. Ich habe seit dem Nachmittag nichts mehr gegessen und die Hitze, die seit Wochen die Stadt niederdrückt, tut ihr übriges. Ich ziehe mein verschwitztes Hemd aus und halte den Kopf unter den Wasserhahn. Das Wasser aus den alten Leitungen schmeckt nach Eisen, aber es bringt etwas Abkühlung. Mein klebriges Hemd will ich nicht wieder anziehen, ich werfe es über die Schulter und der Gedanke, mit freiem Oberkörper durch das Gebäude zu gehen erregt mich. Behutsam öffne ich die Tür zum Flur. Nichts regt sich. Ist es wirklich so einfach? Sich auf dem Klo zu verstecken und in der Nacht gehört das ganze Museum mir allein? Was ist mit Überwachungskameras? Mit Schall- oder Bewegungsmeldern? Vielleicht habe ich bereits Infrarotschranken durchbrochen, den stillen Alarm ausgelöst und es sind bereits Streifenwagen auf dem Weg hierher? Was sollte ich den Beamten sagen? Das ich zufällig auf dem Klo eingeschlafen bin? Unglaubwürdig. Die Wahrheit? Im besten Fall würde man mich als Verrückt einstufen.
Ich lausche, atme so flach wie möglich. Es bleibt ruhig, das Naturkundemuseum ist eben keine Bank. Dennoch gehe ich auf Zehenspitzen, drücke mich an den Wänden entlang, nutze geschickt die dunklen Nischen, verstecke mich hinter einer Marmorstatue. Caravaggio, der nackte Dieb aus dem Englischen Patienten kommt mir in den Sinn und unwillkürlich reibe ich mir die Daumenballen. Nur das Summen der Hydrometer ist zu hören, und so gebe ich alle Vorsicht auf und betrete wie ein regulärer Besucher den großen Ausstellungssaal.
Was tue ich hier eigentlich? Bin ich wahnsinnig? Ich beging gerade einen Einbruch, und niemand würde mir glauben, dass ich nicht die Absicht habe, etwas zu stehlen. Sondern? Ja, warum war ich eigentlich hier? Der unerträgliche Hitze am Nachmittag wollte ich in den dicken Mauern des Museums entgehen, doch auch hier war es kaum kühler gewesen. Das angekündigte Gewitter wollte sich nicht entladen, stattdessen strömte die schwüle Luft durch die maroden Fenster auch in die Ausstellungsräume. Lustlos schlenderte ich an den Exponaten vorbei, eine Sonderausstellung mit dem Titel „Mystisches Afrika – Kult und Eros“. Mäßig interessiert schaute ich mir die Speerspitzen und fellbespannten trommeln an, bis ich die große Halle betrat, in der ich auch jetzt wieder stehe.
In der Mitte des Raumes stehen die lebensgroßen Statuen von Horgo und Yamnaa, die Verkörperung von Kraft und Fruchtbarkeit, gehauen aus Ebenholz, das seinen süßen, schweren Duft im Raum verströmt. Das Mondlicht fällt durch die großen Oberlichter auf die beiden Götterbilder und hebt jede Kontur hervor, sodass sie wie lebendige Menschen erscheinen. Horgos muskulöser Körper strahlt Entschlossenheit aus, sein aufgerichteter Phallus ragt Yamnaa entgegen, die in einem extatischen Tanz die Arme in die Luft wirft. Sie ist voller Spannkraft, und gleichzeitig eine einzige fließende Bewegung. Magisch zieht mich ihre Erotik an, ich möchte ihre Brüste berühren, ihre vollen Lippen küssen, sie auf meiner Haut spüren.
„Lass den Unsinn“, sagt eine Stimme in mir, aber ich höre nicht auf sie. Langsam öffne ich den Gürtel meiner Hose, schlüpfe aus meinen Sachen bis ich nackt wie Horgo vor ihr stehe. Die Erregung ergreift mich, ich höre das Blut in meinen Ohren rauschen, so wie vorhin, als ich zum ersten mal sah. Ich muss sie berühren, will meine Arme um sie schlingen, sie erobern. Horgos Kraft scheint in meinen Körper zu fließen, mein Schwanz richtet sich auf, zieht mich vorwärts zur schwarzen Göttin.
Mit den Fingerspitzen berühre ich das dunkle Holz, es fühlt sich warm an, ja beinahe lebendig. Mein Herz schlägt heftig, als ich die Arme um sie lege und meinen Oberkörper gegen ihren drücke. Ein Zittern fährt durch meinen Körper, eine Welle, die von ihr zu mir fließt. Ich drücke mich noch stärker an sie, umgreifen mit meinen Händen ihren rausgestreckten Hintern. Ich drücke mein Becken gegen das ihre, mein Penis berührt ihren Oberschenkel, gleitet zwischen ihre Beine, erspürt den fein gearbeiteten Eingang. Die Feuchtigkeit an meiner Schwanzspitze hat sich auf sie übertragen und nun dringe ich ein kleines Stückchen in sie ein. Es fühlte sich ganz weich an, gerade so, als wäre sie aus Fleisch und Blut. Dann dringe ich ein wenig tiefer ein, dann noch ein Stück.
Ein Gedanke kommt mir in den Sinn, was tue ich hie bloß? Das ist doch albern, eine Holzstatue zu vögeln. In diesem Moment spüre ich ihren Gegendruck. Wie eine saugende Welle, die mich in sie hineinzieht. Aber dann merke ich, dass ich mich nicht mehr bewegen kann, dass ich festhänge. Ich versuche mein Glied aus Yamnaa herauszuziehen, aber je stärker ich ziehe, desto schmerzhafter wird es.
In diesem Moment höre ich ein Geräusch, die Flügeltür vom großen Saal klappert. Ich halte, die Luft an, lausche. Ein Schatten löst sich von der Tür, das Geräusch bloßer Füße, die über Fliesen gehen, direkt auf die Skulpturen zu. Ich bin fast vollständig durch Yamnaa verborgen, kaum zu sehen, während vor mir im Mondlicht eine Frauengestalt sichtbar wird. Sie geht direkt auf Horgo zu, bleibt vor ihm stehen, betrachtet ihn, bemerkt mich gar nicht. Reglos verharre ich in meiner Position, voller Schamgefühle. Hoffentlich entdeckt sie mich nicht.
Mit wenigen Bewegungen streift sie ihr Kleid ab, steht nun ebenfalls nackt vor dem Götterbild. Ein leises Stöhnen entfährt ihr, als ihre Hände Horgos Körper berühren, sie drückt sich an ihn und ich kann sehen, wie sie ihre Hand um seinen Schwanz legt. Ihr Stöhnen wird lauter, sie reibt sich an ihm, umschlingt mit ihren Beinen das Ebenholz und ich sehe, wie sie sich auf seinen Schwanz sinken lässt.
„Vorsicht!“ sage ich in einer Vorausahnung, „tun sie das nicht!“ Die Frau erschrickt, und im selben Moment hört man ein hölzernes Klicken aus Horgos Inneren. Sie will sich von der Figur lösen, doch offensichtlich kann auch sie sich nicht mehr befreien.
„Wer ist da?“ fragt sie mit zitternder Stimme und dreht den Kopf über ihre Schulter in meine Richtung.
„Ein Museumsbesucher“ antworte ich. „In ähnlicher Situation wie sie.“ Einen Augenblick herrscht Schweigen. „Sie hängen auch fest?“ fragt sie schließlich.
„Peinlicherweise“ antworte ich. „Normalerweise tue ich so etwas nicht, es ist nur so dass...“
„Ich denke, da haben wir uns beide nichts vorzuwerfen“ unterbricht sie mich und fügt hinzu: „Und ich dachte schon, dass ich die Einzige bin, die auf solche Gedanken kommt. Tut irgendwie gut, nicht alleine zu sein.“
„Ja“, erwidere ich und versuche mich aus Yamnaas Schoß zu befreien, doch es ist zwecklos. Dabei ist das sonderbare, dass meine Erektion nicht im Mindesten nachlässt.
„Wie kommen wir den jetzt wieder los?“ fragt sie. „So langsam wird es etwas anstrengend.“
„Vielleicht hilft es, an völlig unerotische Dinge zu denken“ schlage ich vor. „Ich habe gelesen, dass der komplette Fischbestand vor der japanischen Küste verstrahlt ist.“
„Meine Großmutter hat Alzheimer“ sagt sie.
„Deutschland hat über zwei Billionen Euro Schulden.“
„Nächsten Monat muss das Auto zum TÜV.“ Ich sehe, dass sie versucht von Horgo loszukommen. „Ich hänge noch am Haken“ seufzt die Frau.
„Mhm, ich stecke auch noch in der Klemme“, grummle ich und höre ihr leises Lachen.
Eine Weile sagen wir nichts, jeder gefangen in seiner Position, in die uns unsere Leidenschaft gebracht hat und die unauflösbar scheint. Es ist immer noch drückend heiß, mein Schweiß zieht in Yamnaas hölzernen Körper ein und ein schwerer, erdiger Duft steigt von ihr auf, der meine Sinne benebelt.
„Dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als bis zum Morgen zu warten und uns von den Wärtern befreien zu lassen“ sage ich in die Stille.
„Das wird der peinlichste Moment in meinem Leben“ sage sie. „Ich sehe schon die Schlagzeile vor mir: Frau vögelt Kunstwerk! Sind Männer wirklich so hölzern?“ Wir lachen, und eine tiefe Entspannung breitet sich in mir aus. Und obwohl sich mein Schwanz tatsächlich mit noch etwas mehr Blut gefüllt hat, habe ich plötzlich mehr Bewegungsfreiheit. Sollte es da einen Zusammenhang geben? Ich gehe dem nach, lege meinen Kopf an Yamnaas Schulter, lasse mich noch mehr an ihren Körper sinken. Das erregt mich, und gleichzeitig lässt der unangenehme Zug etwas nach. Offenbar spürt die Fremde gerade etwas ähnliches, sie stöhnt leise, was mich noch mehr erregt.
„Das ist gut“ flüstere ich zu ihr herüber. „Haben sie keine Hemmungen.“
„Ebenso“ erwidert sie, „geben sie mir ruhig das Gefühl, nicht allein zu sein.“ Nun lasse ich auch ein paar Töne zu, zugegeben, eher ein grunzen. Aber es scheint ihr zu gefallen, ich sehe wie sie ihr Becken bewegt, wie sich ihr heller Körper am dunklen Holz reibt. Ich lasse mich noch mehr sinken, genieße Yamnaas Körper, genieße den meinen, lasse meine Stimme aufsteigen, die in dem Saal hallt und sich mit ihrer Stimme vermischt. Und tatsächlich, mehr und mehr kann ich mich bewegen, habe mehr Freiraum.
Ich schließe die Augen, mein ganzer Körper ist in Erregung und ich habe das Gefühl, in Yamnaa einzusinken. Oder sinkt sie in mich ein? Noch nie habe ich mich so lebendig gefühlt, als wäre ich gerade aus einem starren Schlaf erwacht. Die Stimme der fremden Frau wird zu Yamnaas Stimme, sie verschmelzen miteinander. Ich lasse meiner Lust freien Lauf, die Halle ist erfüllt von unserem Keuchen und Stöhnen, der Schweiß läuft mir über den Körper, meine Brust bebt. Im Moment größter Ektase kracht das Gewitter los und entlädt sich prasselnd auf die Scheiben. Die Götterstatuen geben uns frei und erschöpft sinken wir uns auf den Boden in die Arme. Während der Regen draußen wütete, schlafe ich mit dem Gefühl ein, geschützt in einer Hütte inmitten der afrikanischen Steppe zu liegen.
Am nächsten Morgen erwache ich und sehe in die erstaunten Gesichter einer japanischen Reisegruppe. Ich liege noch immer nackt zu Horgo und Yamnaas Füßen, die Frau ist verschwunden. Aber anstatt aufzuspringen und meine Blöße zu bedecken stehe ich langsam auf und reckte mich, was ein Kichern bei den Japanerinnen auslöst. Dann ziehe ich mich langsam an, verabschiede mich mit aneinander gelegten Händen und einer Verbeugung von der Reisegruppe und verlasse unbehelligt das Museum. Die Luft riecht frisch und die Sonne strahlt am blauen Himmel.

Sam

Beitragvon Sam » 28.09.2012, 19:58

Hallo Yorick,

ich habe den Text jetzt nur einmal gelesen. Näheres folgt noch im Laufe des Wochenendes.

Wollte nur schnell sagen, dass ich mich freue, nun nicht mehr der einzige zu sein, der hier im Salon eine Geschichte über Sex mit Holzstatuen eingestellt hat :-)


Gruß

Sam

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.09.2012, 17:44

Hallo Yorick,

was für eine verrückte, perverse, skurrile und vor allem witzige Geschichte. Du, ich hab hier so gelacht, als ich das las. Das ist wirklich Slapstickreif. Vor allem die Dialoge zwischen den beiden, als sie vom Thema ablenken wollen und sie sagt, ihr Auto muss zum TÜV. Herrlich!
Was mich besonders fasziniert, ist, dass man als Leser die ganze Zeit denkt, ach herrje, das geht übel aus, das kommt ganz Dicke. Die ganze Zeit hältst du mich als Leser so am Haken. Richtig spannend. Doch dann machst du etwas völlig anderes. Nichts Schlimmes passiert. Jeder zieht danach seiner Wege. Und das finde ich gerade gut!
Auch empfinde ich deine Beschreibung des Protags als sehr intensiv. Irgendwie vergesse ich als Leser dabei, wie pervers das Ganze eigentlich ist.

Nur am Anfang habe ich Probleme mir das hier bildlich vorzustellen:
Yorick hat geschrieben:Ich erwache mit dem Kopf auf der Klospülung. Der Schweiß läuft mir über das Gesicht, das Kitzeln der Tropfen hat mich geweckt. Mein Mund ist ausgetrocknet, der Rachen brennt und auf der Wange spüre ich den Abdruck der Spültaste. Es dauert eine Weile bis ich wieder weiß, wo ich bin. Zusammengekauert sitze ich auf dem Klodeckel, die Beine hochgezogen, damit man sie unter der Tür nicht sieht.

Was ist das für ein seltsames Klo, dass er den Kopf auf der Klospülung hat und die Tropfen als Kitzeln spürt? Und wie kann er eingeschlafen sein (bei all der inneren Spannung) und dabei noch die Beine hochgezogen halten?

Ansonsten bin ich deiner verrückten Story gerne gefolgt und habe dabei lauthals gelacht.

Saludos
Gabriella

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 01.10.2012, 05:31

Gelacht habe ich nicht. Geschmunzelt.
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Der Text hat mir sehr gut gefallen.

Yorick

Beitragvon Yorick » 01.10.2012, 14:29

Hallo Sam,

echt? Welchen Titel hat den die Geschichte? Dann schaue ich mal...

Gabriella, freut mich sehr, das dir der Text gefallen hat und du lachen musstest. Den Rumpf-Text habe ich vor vielen Jahren geschrieben, und aktuell für eine Lesung komplett überarbeitet/umgestellt. Er wurde mit großer Heiterkeit aufgenommen und sorgte für eine angeregte Stimmung. Ich war mir nicht sicher, ob der Text auch ungelesen diese Wirkung hat, da durch den Vortrag ein andere Rahmen gegeben ist. Schön, dass er auch "selbstgelesen" funktioniert hat. Denn genau das fehlt ja meistens, wenn es ums sexuelle (und sexuelle Probleme) geht: darüber lachen zu können. Und plötzlich sind "perverse" Dinge gar nicht mehr pervers - sondern es ist pervers, dass man nicht darüber sprechen kann.

Mh, das Klo scheint enorm exponiert zu sein. Renee, du hast dich ja auch dazu geäußert (bei der Lesung hat es jemand sogar "als auf der Quelle sitzen" beschrieben). Hätte ich nicht gedacht, da es ja im weiteren Verlauf des Textes keine Rolle mehr spielt, sonder nur der Startpunkt der Entwicklung ist - allein in der Dunkelheit auf dem Locus mit "perversen" Gedanken bis hin zum gleißenden Sonnlicht.
Das Einschlafen ist bestimmt nicht so einfach - aber wenn ich mir vorstelle, in welchen Stellungen ich schon in Flugzeugsitzen geschlafen habe...
Vielleicht müssten noch ein paar Worte dazu, um das Setting genauer zu beschreiben.


Danke für eure Rückmeldungen!

Viele Grüße,
Yorick.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.10.2012, 15:02

Hallo Yorick,

damit du nicht lange suchen musst. Sams Geschichte heißt: Die Madonna von Coìn, hier:

viewtopic.php?p=83648#p83648

Die Stelle mit dem Klo finde ich nicht zu exponiert. Ich kann sie mir nur schlecht vorstellen, also diese Sitzposition. ;-)
Ich kann gut nachvollziehen, dass dieser Text bei der Lesung mit großer Heiterkeit aufgenommen wurde!

Saludos
Gabriella

Yorick

Beitragvon Yorick » 01.10.2012, 17:14

Hallo Gabriella,

Danke für den Link. Ah, da war ich noch nicht hier, sondern saß noch im Literaturcafe.de, bis plötzlich das Licht ausging :-)

Grüße,
Yorick.

Sam

Beitragvon Sam » 03.10.2012, 16:55

Hallo Yorick,

tolle Geschichte, gefällt mir sehr gut. Beim ersten Lesen bin ich auch über die Klospülung gestolpert (nicht des Klos wegen, sondern allein aufgrund der Beschreibung), aber wenn man es nochmals in Ruhe liest, ist alles irgendwie sehr klar.

Deine Story geht einen klaren Weg und man amüsiert sich über das Erzählte, ohne nach Fallgruben oder doppelten Böden Ausschau zu halten. Die Schwüle des Wetters entspricht der schwülen Stimmung des Erzählers, seine sexuelle Ladung korrespondiert mit der elektrischen Spannung, die sich während der drückenden Hitze zwischen Himmel und Errde aufbaut. Mir kamen afrikanische Holzschnitzereien in den Sinn, langgliedrig mit exponierten Genitialien, die trotz ihrer Übertreibung sinnlich waren, einladend viel mehr als abschreckend.

Im Hintergrund höre ich zwar einige Gegenstimmen, denen ich aber wegen ihrer political correctness und ihrer Verklemmtheit kein Gehör schenke. Ich mag den Text und ich will auf eine ganz natürliche Art mögen, so als hätten die Götter uns den Sex geschenkt und, falls wir es vergäßen, ihre Botschaft in Holz gedrechselt.

Die Konversation zwischen dem Erzähler und der Frau, die gleichem Begehren nachgeht, finde ich ebenfalls gelungen. Vor allem die Versuche, sich zu destimulieren. Das hat etwas Slapstickhaftes, aber wenn man es ernst betrachtet, auch wieder einen großen Wahrheitsgehalt: Dem sexuellen Ungeschick ist nur mit Humor zu begegnen, möchte man es sich dadurch nicht seine somatische Selbstwahrnehmung vernebeln lassen.

Sehr gerne gelesen!


Gruß

Sam

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 05.10.2012, 18:12

Hallo Yorick,

deine Erzählung gefällt mir gut. Pervers finde ich sie eigentlich nicht. Mich berührt die Innigkeit, mit der die beiden Suchenden einander erkennen: Nach dem ersten Schrecken und zunächst ein wenig ungläubig: "Kann es denn sein, dass jemand so (sehnsüchtig/voller Leben) ist wie ich?", können sie bald nicht anders, als einander hinzugeben.

Die Sache mit dem Klo hat auch mich erst auf die falsche Fährte geführt. "Ein Glück, dass diese Zeiten hinter mir liegen", war mein erster Gedanke. Vielleicht kannst du aus der Erzählung zwei machen? Zum einen die sinnliche Episode. Und die Klo-Studie verwendest du z. B. für einen Mafia-Krimi, Männer in Anzügen, Whisky und Revolver im Hosenbund? Aber das meine Fantasie, nicht deine.

Mir gefällt, wie du Gefühlen einen Rahmen gibst. Auch ich habe deine Geschichte sehr gern gelesen.

Viele Grüße
Dede

Nada

Beitragvon Nada » 06.10.2012, 12:38

Hallo Yorick,

ich fand die Unterhaltungen witzig, aber ansonsten ist mir die Story zu absurd. Dass die Frau hinzukommt, die Situation ausnutzen könnte und sich witzige Unterhaltungen ergeben, wäre okay gewesen, aber dass sie ebenfalls am selben Tag mit ihrer "Perversion" in so eine missliche Lage gerät, ist mir zu viel.

Gern gelesen,
Nada

Yorick

Beitragvon Yorick » 06.10.2012, 13:10

Hallo Sam, Hallo Hetti,

vielen Dank für eure Kritiken! Die Klo-Sitzung ist nun mehrfach aufgefallen :) Und auch wenn formal alles korrekt erscheint, ist der Anfang wohl ein Stolperstein.
Hetti, du hast von "Whisky und Revolver" geschrieben. Ja, da steckt das irgendwie drin. Spontan fiel mir dazu der Leitsatz "Kill your darling" ein. Den Entwurf zu diesem Text habe ich vor 8 Jahren geschrieben, und in der Neubearbeitung habe ich den Anfang nahezu unverändert übernommen (der Rest ist dafür nahezu neu). Zu jener Zeit wollte ich irgendwie cool und witzig schreiben - das war nicht immer dem Inhalt hilfreich. Da drin steckt eine gewisse Eitelkeit, etwas aufgesetztes. Sich im Schreibprozess gerade von diesen Eitelkeiten, Lieblingen, zu trennen, fällt nicht leicht. Obwohl man ja genau das möchte: sich befreien von den aufgesetzten Schichten und wahrhaftig sein.

Danke für eure tollen Sätze! Wäre der kurze Text ein Roman, kämen diese auf die Klappen!

Viele Grüße,
Yorick.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 06.10.2012, 13:17

Hallo Yorick,
ich wollte auch gerne noch nachtragen, obwohl es schon mehrmals kam: Die Haltung auf dem Klo ist auch mir ein Rätsel, zumal ja nicht alle Klos baugleich sind (meint "Die Spülung" den Spülkasten? Ist die Taste an der Seite oder oben? - und bei uns ist zum Beispiel die Taste in der Wand, da kann der Kopf nicht draufliegen ... Verwirrung ...). Ansonsten hat mir die Geschichte sehr gefallen, sie entwickelt einen Sog, dem ich mich nicht entziehen konnte und der bis zum Schluss nicht abreißt. Herrlich, wie Sam schon anmerkte, der Dialog, der zum Gelächter führt, und auch die Verneigung am Ende ...

Sehr gern gelesen!
Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Yorick

Beitragvon Yorick » 06.10.2012, 13:21

Hallo Nada,

Ja, der Text ist natürlich auf der Plotebene sehr absurd und "dicke".
Dennoch auch Dir vielen Dank für die Rückmeldung.

Grüße,
Yorick.

Yorick

Beitragvon Yorick » 06.10.2012, 13:31

Hallo Zefira,

oh, jetzt komme ich gerade mit dem Antworten durcheinander, ich tippe wohl zu langsam... :-)

"meint "Die Spülung" den Spülkasten?"

äh, ja. Das wäre genauer gewesen. Und stimmt, eigentlich müsste die Bauweise mehr beschrieben werden, aber das soll natürlich nicht passieren, ist ja keine Toilettengeschichte...

Schön das der Text einen Sog für dich entwicklen konnte, das freut mich.

Und es freut mich, das der letzte Satz nicht unangenehm aufgefallen ist. Er funktioniert in diesem Zusammenhang. Früher hätte ich mich nie, nie, nie getraut, so etwas banales, literarisch unausgearbeitetes zu schreiben...

Grüße,
Yorick.


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