Idegen
Verfasst: 11.12.2011, 21:45
Idegen
Das Idegen war dem Vertrauten so ähnlich, dass er es lange Zeit nicht bemerkte. Es mochte durch ein Kellerfenster ins Haus gekommen sein oder die offen stehende Balkontür, vielleicht aber hatte er es auch nur auf der Straße eingeatmet und so mit in die Wohnung gebracht – er neigte dazu sorglos zu sein.
Das Idegen hatte längst schon zu nisten begonnen, als ihm ein etwas süßerer Geruch auffiel, ein helleres Lachen in ihrer Stimme, mit dem sie es zu locken schien. Auch begann sie das Wort „ja“ nicht nur bestätigend, sondern auch als Fragepartikel und in vielen Zwischennuancen zu gebrauchen, als sei es die einzige, inhaltsschwere Vokabel einer Geheimsprache, die nur sie und das Idegen sprachen, die ihm selbst aber verschlossen blieb. Ihm fiel auf, dass sie sich gut kleidete und ihr bestes Parfüm trug, wenn sie alleine blieb, so als wolle sie dem Idegen gefallen.
Dann ging sie. Außer ihr fehlten noch zwei Messer und die Waage. Und es war still im Haus. Ihre Sätze kamen per Post. Er stellte sich vor, wie sie sich (an einem anderen Ort) mit den Messern täglich die Worte von der Zunge schabte und wog, bevor sie sie ihm sandte.
Das Idegen aber ging nicht. Breitbeinig saß es auf seinem Lieblingssessel und ließ die Beine baumeln, wenn er von der Arbeit heim kam. Es schien fett geworden und je genauer und besorgter er es betrachtete, desto fetter wurde es. Schließlich lag es auch nachts in seinem Bett und er schlief zusammengekauert auf einer alten Matratze unter der Treppe. Wenn er es nicht sah, so schien ihm doch, als klinge das Echo seines Kicherns durch alle Räume.
Dann wurde es leiser und er sah das Idegen immer seltener. Nur manchmal noch meinte er irgendwo seine Bewegung zu erblicken, doch meist war es die Katze, die die Gardinen in Schwingung versetzt hatte. Nachdem er es zwei Wochen nicht mehr gesichtet hatte, durchkämmte er das Haus. Jeden Raum inspizierte er. Doch das Idegen blieb verschwunden, es hatte ihn verlassen. Vielleicht hatte er sich auch nur gewöhnt.
Das Idegen war dem Vertrauten so ähnlich, dass er es lange Zeit nicht bemerkte. Es mochte durch ein Kellerfenster ins Haus gekommen sein oder die offen stehende Balkontür, vielleicht aber hatte er es auch nur auf der Straße eingeatmet und so mit in die Wohnung gebracht – er neigte dazu sorglos zu sein.
Das Idegen hatte längst schon zu nisten begonnen, als ihm ein etwas süßerer Geruch auffiel, ein helleres Lachen in ihrer Stimme, mit dem sie es zu locken schien. Auch begann sie das Wort „ja“ nicht nur bestätigend, sondern auch als Fragepartikel und in vielen Zwischennuancen zu gebrauchen, als sei es die einzige, inhaltsschwere Vokabel einer Geheimsprache, die nur sie und das Idegen sprachen, die ihm selbst aber verschlossen blieb. Ihm fiel auf, dass sie sich gut kleidete und ihr bestes Parfüm trug, wenn sie alleine blieb, so als wolle sie dem Idegen gefallen.
Dann ging sie. Außer ihr fehlten noch zwei Messer und die Waage. Und es war still im Haus. Ihre Sätze kamen per Post. Er stellte sich vor, wie sie sich (an einem anderen Ort) mit den Messern täglich die Worte von der Zunge schabte und wog, bevor sie sie ihm sandte.
Das Idegen aber ging nicht. Breitbeinig saß es auf seinem Lieblingssessel und ließ die Beine baumeln, wenn er von der Arbeit heim kam. Es schien fett geworden und je genauer und besorgter er es betrachtete, desto fetter wurde es. Schließlich lag es auch nachts in seinem Bett und er schlief zusammengekauert auf einer alten Matratze unter der Treppe. Wenn er es nicht sah, so schien ihm doch, als klinge das Echo seines Kicherns durch alle Räume.
Dann wurde es leiser und er sah das Idegen immer seltener. Nur manchmal noch meinte er irgendwo seine Bewegung zu erblicken, doch meist war es die Katze, die die Gardinen in Schwingung versetzt hatte. Nachdem er es zwei Wochen nicht mehr gesichtet hatte, durchkämmte er das Haus. Jeden Raum inspizierte er. Doch das Idegen blieb verschwunden, es hatte ihn verlassen. Vielleicht hatte er sich auch nur gewöhnt.