Die Treppenfrau
Verfasst: 04.02.2011, 15:11
Ich steige ins Tal hinab.
Eine alte Frau kommt mir entgegen.
Sie geht gebückt, erklimmt einige der staubigen Stufen auf allen vieren.
Die Greisin ist in einen leuchtend grünen Schleier und ein kobaltblaues Gewand gehüllt.
Wenn sie sich bewegt, sieht man silbernen Schmuck unter ihrer Kleidung blinken.
Ich halte ein. Trete zur Seite. Will abwarten. Höflich sein. Sie vorbeilassen.
Als die Alte schließlich auf meiner Höhe angelangt ist, richtet sie sich zu meiner Überraschung auf. Sie tritt an mich heran. Ganz nah. Ich kann ihren Atem spüren.
Dann nimmt sie sanft die Innenseite meiner Hand und legt für einen Lebensmoment ihre kühle, papierene Handfläche dagegen. Sie schaut mich an. Ganz ernst.
In ihren Augen sehe ich Freude. Und Trauer. Sie hat geliebt. Gehofft. Geträumt. Gehasst. Verloren. Gewonnen. Wie ich.
Zart berührt sie mein Kind in der gleichen Weise. So hat sie auch ihre Töchter berührt. Vor vielen Jahren.
Schließlich wendet sie sich ab und setzt ihren beschwerlichen Weg fort.
Nach wenigen Schritten jedoch dreht sie sich noch einmal um, so, als habe sie etwas vergessen.
Den Mann. Und die Söhne.
Sie grüßt sie zum Abschied mit erhobener Hand und entschwindet aus meinem Blickfeld.
In meiner Erinnerung bleibt sie. Die Treppenfrau.
(Al-Aqur, Februar 2009)
Eine alte Frau kommt mir entgegen.
Sie geht gebückt, erklimmt einige der staubigen Stufen auf allen vieren.
Die Greisin ist in einen leuchtend grünen Schleier und ein kobaltblaues Gewand gehüllt.
Wenn sie sich bewegt, sieht man silbernen Schmuck unter ihrer Kleidung blinken.
Ich halte ein. Trete zur Seite. Will abwarten. Höflich sein. Sie vorbeilassen.
Als die Alte schließlich auf meiner Höhe angelangt ist, richtet sie sich zu meiner Überraschung auf. Sie tritt an mich heran. Ganz nah. Ich kann ihren Atem spüren.
Dann nimmt sie sanft die Innenseite meiner Hand und legt für einen Lebensmoment ihre kühle, papierene Handfläche dagegen. Sie schaut mich an. Ganz ernst.
In ihren Augen sehe ich Freude. Und Trauer. Sie hat geliebt. Gehofft. Geträumt. Gehasst. Verloren. Gewonnen. Wie ich.
Zart berührt sie mein Kind in der gleichen Weise. So hat sie auch ihre Töchter berührt. Vor vielen Jahren.
Schließlich wendet sie sich ab und setzt ihren beschwerlichen Weg fort.
Nach wenigen Schritten jedoch dreht sie sich noch einmal um, so, als habe sie etwas vergessen.
Den Mann. Und die Söhne.
Sie grüßt sie zum Abschied mit erhobener Hand und entschwindet aus meinem Blickfeld.
In meiner Erinnerung bleibt sie. Die Treppenfrau.
(Al-Aqur, Februar 2009)