Frei nach "Der freie Wille" (ein Film von Matthias Glasner)
Verfasst: 12.03.2010, 17:56
Die grazile Blondine mit den schier endlosen Beinen hatte sich ihm förmlich aufgedrängt, dort in der Herrenabteilung des Kaufhauses. Es war also nicht seine Schuld.
Die zwei Kaschmirpullover, die sie ihm mit den Worten „die betonen Ihren so schön durchtrainierten Oberkörper äußerst vorteilhaft“ angetragen hatte, hatte er dermaßen ausgiebig und größte Versunkenheit vortäuschend gemustert, dass sie ihn schließlich schulterzuckend sich selbst überlassen und von ihrer demütigenden Gegenwart erlöst hatte.
Der Geruch ihres Parfüms und die V-form ihres Dekolletees in der tiefausgeschnittenen, lippstiftroten Bluse jedoch hatten sich bereits in seine Wahrnehmung eingebrannt und dort eine nun schwärende Wunde hinterlassen, die drängend schmerzte.
Sicherlich war es ein Versehen gewesen, dass sie beim Zureichen der Pullis mit der Außenkante ihrer feingliedrigen und sorgfältig manikürten Hand an seinem Arm entlanggestriffen war. Nur kurz zwar, aber lang genug, um dort eine feurige Spur blanken Hohns zu ziehen.
Warum mussten ihn die Frauen stets so quälen? Ihn unbarmherzig mit dem konfrontieren, was er nicht haben konnte. So, wie er war, durfte er nicht einmal davon träumen, dass ihn jemals eine einfach so ranlassen würde. Wer war er denn schon? Ein Nichts! Zu klein, zu ungebildet, zu ungeschickt, wenn es um Worte ging, mit denen er bei den Fotzen, bei denen er würde landen wollen, punkten könnte. Nicht einmal einen Gnadenakt wert.
Wie sie ihn mit ihrer Schönheit verspotteten! Ein Blick hervor unter ihren langen Wimpern in seine stets unsicher umherirrenden Augen genügte, um ihn beschämt die Lider senken zu lassen. Er hasste es, wenn er sich dann vorstellte, wie sie ihn als das Weichei erkannten, das er nun mal war. Da halfen auch das ganze harte Muskeltraining und der Kampfsport dreimal die Woche nichts. Er war nun mal wie er war – nämlich einfach das Letzte - und würde es immer bleiben.
So blieb ihm nichts anderes, als das Beste draus zu machen.
Ab und zu gelang es ihm, sich an die Fersen einer dieser Schlampen zu heften und ihr unbemerkt zu folgen, wenn sie abends nach der Arbeit oder dem Abtanzen in der Discothek allein heimgingen. Oft allerdings gingen sie nicht alleine heim, sondern so gut wie immer hatten sie sich einen jener Macker geangelt, die vom Schicksal so ekelhaft bevorzugt worden waren, dass die einfach jede hätte haben wollen. Oder die zwar hässlich waren, aber so viel Kohle hatten, dass die Weiber für alles andere plötzlich blind waren.
Die waren doch alle gleich, diese schwanzlutschenden, oberflächlichen Dreckshuren. Hauptsache, ein Kerl hatte genügend Kohle und einen Großen in der Hose!
Er selbst hatte oft grade mal genug übrig zum Monatsende, um sich ausnahmsweise ein Bier extra gönnen zu können auf einem seiner Streifzüge. Ansonsten war alles genau rationiert und streng verplant, wollte er nicht eine Woche hungern, bis das nächste Gehalt am Konto eingelangt war. Doch er hatte gelernt, aus der Not eine Tugend zu machen – das Heimgehen zu Fuß aus der City bis zu den deprigrauen Riesen-Plattenbauten der Vorstadt hatte seine Ausdauer gestärkt. Er konnte einem dieser verfickten Drecksluder also beliebig lange und weit folgen, ohne auch nur ansatzweise müde zu werden.
Für den alles entscheidenden Sprint am Schluss hatte er jedenfalls immer noch genügend Kraftreserven, um grade noch vor dem Zufallen der Tür hinter ihnen ins Haus zu schlüpfen, aber noch mit soviel Abstand, dass sie ihn – meistens jedenfalls – nicht zu früh bemerkten. Wenn es doch mal passierte, war das immer irgendwie Scheiße, weil sie ihn dann dazu zwangen, sie rasch und zielgerichtet auszuschalten, bevor sie Radau schlagen konnten.
Das verdarb ihm immer ein wenig den Genuss, denn die hübschgeschminkten Gesichter waren dann meist unschön blutverschmiert und das törnte dann doch ein klein bisschen ab. Er drehte sie in diesem Falle dann lieber auf den Bauch. Es fand sich eben für alles eine Lösung.
Und für den Fall der Fälle hatte er immer ein kleines Erste-Hilfe-Kit mit Mullbinden, Pflastern und Wunddesinfektionsmittel dabei, das er ihnen dann dortließ.
Er war ja schließlich kein Unmensch. Zumindest hierbei war er sich sicher.
(nachtrag des autors: ich hoffe, die teilweise explizite wortwahl stößt hier niemandem empfindsam auf. doch sie war mE für diesen text essentiel und unumgänglich.
gruß,
keinsilbig)
Die zwei Kaschmirpullover, die sie ihm mit den Worten „die betonen Ihren so schön durchtrainierten Oberkörper äußerst vorteilhaft“ angetragen hatte, hatte er dermaßen ausgiebig und größte Versunkenheit vortäuschend gemustert, dass sie ihn schließlich schulterzuckend sich selbst überlassen und von ihrer demütigenden Gegenwart erlöst hatte.
Der Geruch ihres Parfüms und die V-form ihres Dekolletees in der tiefausgeschnittenen, lippstiftroten Bluse jedoch hatten sich bereits in seine Wahrnehmung eingebrannt und dort eine nun schwärende Wunde hinterlassen, die drängend schmerzte.
Sicherlich war es ein Versehen gewesen, dass sie beim Zureichen der Pullis mit der Außenkante ihrer feingliedrigen und sorgfältig manikürten Hand an seinem Arm entlanggestriffen war. Nur kurz zwar, aber lang genug, um dort eine feurige Spur blanken Hohns zu ziehen.
Warum mussten ihn die Frauen stets so quälen? Ihn unbarmherzig mit dem konfrontieren, was er nicht haben konnte. So, wie er war, durfte er nicht einmal davon träumen, dass ihn jemals eine einfach so ranlassen würde. Wer war er denn schon? Ein Nichts! Zu klein, zu ungebildet, zu ungeschickt, wenn es um Worte ging, mit denen er bei den Fotzen, bei denen er würde landen wollen, punkten könnte. Nicht einmal einen Gnadenakt wert.
Wie sie ihn mit ihrer Schönheit verspotteten! Ein Blick hervor unter ihren langen Wimpern in seine stets unsicher umherirrenden Augen genügte, um ihn beschämt die Lider senken zu lassen. Er hasste es, wenn er sich dann vorstellte, wie sie ihn als das Weichei erkannten, das er nun mal war. Da halfen auch das ganze harte Muskeltraining und der Kampfsport dreimal die Woche nichts. Er war nun mal wie er war – nämlich einfach das Letzte - und würde es immer bleiben.
So blieb ihm nichts anderes, als das Beste draus zu machen.
Ab und zu gelang es ihm, sich an die Fersen einer dieser Schlampen zu heften und ihr unbemerkt zu folgen, wenn sie abends nach der Arbeit oder dem Abtanzen in der Discothek allein heimgingen. Oft allerdings gingen sie nicht alleine heim, sondern so gut wie immer hatten sie sich einen jener Macker geangelt, die vom Schicksal so ekelhaft bevorzugt worden waren, dass die einfach jede hätte haben wollen. Oder die zwar hässlich waren, aber so viel Kohle hatten, dass die Weiber für alles andere plötzlich blind waren.
Die waren doch alle gleich, diese schwanzlutschenden, oberflächlichen Dreckshuren. Hauptsache, ein Kerl hatte genügend Kohle und einen Großen in der Hose!
Er selbst hatte oft grade mal genug übrig zum Monatsende, um sich ausnahmsweise ein Bier extra gönnen zu können auf einem seiner Streifzüge. Ansonsten war alles genau rationiert und streng verplant, wollte er nicht eine Woche hungern, bis das nächste Gehalt am Konto eingelangt war. Doch er hatte gelernt, aus der Not eine Tugend zu machen – das Heimgehen zu Fuß aus der City bis zu den deprigrauen Riesen-Plattenbauten der Vorstadt hatte seine Ausdauer gestärkt. Er konnte einem dieser verfickten Drecksluder also beliebig lange und weit folgen, ohne auch nur ansatzweise müde zu werden.
Für den alles entscheidenden Sprint am Schluss hatte er jedenfalls immer noch genügend Kraftreserven, um grade noch vor dem Zufallen der Tür hinter ihnen ins Haus zu schlüpfen, aber noch mit soviel Abstand, dass sie ihn – meistens jedenfalls – nicht zu früh bemerkten. Wenn es doch mal passierte, war das immer irgendwie Scheiße, weil sie ihn dann dazu zwangen, sie rasch und zielgerichtet auszuschalten, bevor sie Radau schlagen konnten.
Das verdarb ihm immer ein wenig den Genuss, denn die hübschgeschminkten Gesichter waren dann meist unschön blutverschmiert und das törnte dann doch ein klein bisschen ab. Er drehte sie in diesem Falle dann lieber auf den Bauch. Es fand sich eben für alles eine Lösung.
Und für den Fall der Fälle hatte er immer ein kleines Erste-Hilfe-Kit mit Mullbinden, Pflastern und Wunddesinfektionsmittel dabei, das er ihnen dann dortließ.
Er war ja schließlich kein Unmensch. Zumindest hierbei war er sich sicher.
(nachtrag des autors: ich hoffe, die teilweise explizite wortwahl stößt hier niemandem empfindsam auf. doch sie war mE für diesen text essentiel und unumgänglich.
gruß,
keinsilbig)