Seite 1 von 1

Geister der Nacht

Verfasst: 07.03.2010, 16:30
von derSibirier
Sie kommen in der Dunkelheit und lassen sich neben dir nieder, du bist alleine mit ihnen. Du schläfst ein und sie berühren dich. Sie wollen nahe bei dir sein, dir Geschichten erzählen. Sie sagen, dass sie tot sind, keine Ruhe finden. Sie sind anschmiegsam und sehnen sich nach der Liebe, die sie nie gespürt haben. Sie flüstern Dinge, die ungut sind, und du hörst ihnen zu. Du träumst von ihren Geschichten und fragst sie nicht, warum es so ist. Sie wollen, dass du ihre Tränen spürst, Tränen, die sie nie geweint haben, was sie unendlich bereuen. Sie fühlen sich kalt an. Sie lächeln nicht. Und du frierst. Dann schreien sie, und du denkst an deine Kindheit und an die Angst vor der Dunkelheit. Ihre Geschichten sind traurig und ihre Wesen zerbrochen. Sie tun dir Leid und du sagst, dass sie sich an dir festhalten sollen, dass es nicht dunkel und finster ist. Dann gehen sie und du wachst auf, erinnerst dich nicht mehr an sie. Du vergisst sie, bis es wieder Nacht wird und sie kommen, um dir ihre Geschichten zu erzählen, denn es sind deine Geschichten.

Verfasst: 16.03.2010, 14:01
von Tanja
Hallo Sibirier!

So viele haben deinen Text gelesen und bestimmt auch viele von ihnen mehrmals, so wie ich. Und doch hat dir keiner Resonanz hinterlassen. Erst dachte ich: "Oh ein Beitrag mit Null Antworten" und habe mich gefragt warum. Dann habe ich den Text gelesen und wusste selber keine. In den letzten Tage habe ich dann immer und immer wieder deine Zeilen gelesen.
Der Text gefällt mir. Die Sprache ebenso. Er ist nicht außergewöhnlich und soll es bestimmt auch gar nicht sein. Aber er ist aussagekräftig, meiner Meinung nach. Ich habe mir spontan Gedanken zu meinen Träumen gemacht, zu meinen Ängsten.
Ich würde den Text auch so stehen lassen, bis auf eine Stelle, die für mich nicht klingt:

derSibirier hat geschrieben:Sie lächeln nicht und du frierst.

Das würde ich trennen. Etwa so.

Sie lächeln nicht. Du frierst.
oder
Sie lächeln nicht. Und du frierst.

Zusammen liest es sich zusammengehörig, doch es passt nicht wirklich zusammen. Ich kann es nicht besser erklären. Hoffe du verstehst was ich meine.

Liebe Grüße von Tanja

Verfasst: 16.03.2010, 16:50
von derSibirier
hallo Tanja

Der Text ist mehr eine Feststellung, als eine Geschichte, Es sind manchmal die Gedanken, wenn man auf den Schlaf wartet. Man stört sich nicht an ihnen, man lässt sie geschehen.

Hm, dein Verbesserungsvorschlag, warum nicht, ein kleier Stopp ist da sicher angebracht.

liebe Grüße dir derSibirier

Verfasst: 16.03.2010, 22:20
von Mucki
Hallo Sibirier,

diese "Geister der Nacht", diese Ruhelosigkeit/Gedankenspiralen kenne ich nur zu gut. Ich finde das ganz gut eingefangen, vor allem der letzte Satz gibt so einen richtigen "Kick". Diese Stimmung, die du rüberbringst, wirkt bedrohlich.
Das einzige, worüber ich grübele, ist das "Wollen" und das "Sagen" dieser Geister. Hier z.B.
derSibirier hat geschrieben:Sie sagen, dass sie tot sind, keine Ruhe finden. Sie sind anschmiegsam und sehnen sich nach der Liebe, die sie nie gespürt haben.

Aber, wenn man es so liest, dass diese Geister der Nacht eine Projektion des LIs sind, in dem es quasi "gefangen" ist, es nicht abschütteln kann, passt es durchaus. Und gerade der letzte Satz bestätigt mir dies.
Mit einem leichten Schauern gelesen, da mir sehr vertraut.

Saludos
Gabriella

Verfasst: 17.03.2010, 05:26
von derSibirier
Ich kannte einmal einen toten Menschen, der versuchte, sich an mich zu schmiegen. Er bereute sein Versäumen im Leben, als er Tod war. Er wollte die Liebe spüren, die er in seinem Leben von sich gewiesen hatte. Ich war noch jung und es war zu spät, ich schickte ihn fort.
Heute schicke ich sie nicht mehr fort.

ein sehr ernster Sibirier

Verfasst: 17.03.2010, 12:08
von Mucki
Und ich kannte einen Toten, der mich sein Leben lang dominierte, mich nie an sich heranließ, dafür aber immer von sich stieß. Und in meinen Träumen kommt er immer wieder und verfolgt mich, er lässt mich einfach nicht in Ruhe, macht quasi als Toter weiter, was er als Lebender tat ...
Ich nehme das auch sehr ernst, Sibirier

Verfasst: 18.03.2010, 09:12
von Centa
Hallo Sibirer!

Dein Text spricht mich sehr an und erinnert mich an einen Satz, den ich sehr mag:
"Erst wenn du dich dem Dunkel stellst, wird dir der Schritt ins Licht geschenkt"

Grüße an alle im Forum, bin neu hier und schüchtern, trotzdem genieße ich es sehr.

Verfasst: 18.03.2010, 17:39
von derSibirier
hallo liebe Centa
Dein Zitat hat ähnliches wie der Text in sich.
*smile!*, du bist schüchtern. Ich achte Menschen, die in der Anonymität eines Forums Gefühle haben und diese aussprechen.

schöne Grüße
derSibirier

Verfasst: 21.03.2010, 20:22
von Centa
Hallo Sibierer
Danke! Das mit den Gefühlen ist schon ein wichtiges Thema. Aber es gibt viele Menschen, die Angst vor Gefühlen haben. Bei sich und anderen. Ich will sie lieber als Freunde und Wegweiser zu betrachten. Und als etwas Wertvolles.
herzliche Grüße
Centa