WWWahlomat
Verfasst: 27.09.2009, 11:38
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Dass Wählen nicht einfach ist, weiß schon der Volksmund. Damit wir nicht zu sehr gequält werden, finden Wahlen nur alle vier respektive fünf Jahre statt. Allerdings kann einem bei so sporadisch stattfindenden Referenden leicht die Routine abhanden kommen. So fragte mich vor Jahren eine aufgeregte Jungwählerin: „Sag einmal, was ist noch mal ‚links’ und was ist ‚rechts’?“ Ich erklärte ihr, dass diese Bezeichnung aus der Sitzordnung im Parlament stamme, dass die Linke, die man oft auch die Roten nennt, typischerweise für flache soziale Hierarchien und Chancengleichheit sei, während die Rechte oftmals der Industrie näherstünde und konservativ, bewahrend sei – dies alles sei natürlich nur eine grobe Karikatur. „Gut“, erklärte meine erfreute Freundin. „Und Helmut Kohl, ist der links oder rechts?“
Seitdem ist die Situation nicht einfacher geworden. Die Rechte versucht die Linke links zu überholen, während linke Politiker öffentlich gegen von ihnen selbst erlassene Gesetze demonstrieren. Um Zeit zu haben, beschloss ich daher bei der diesjährigen Wahl meine Stimme per Briefwahl abzugeben.
Als ich dann den Stimmzettel in Händen hielt, war ich nicht wenig überrascht. Da ich im Fernsehen bei Wahlwerbung sofort weiterzappe – das Fernsehprogramm ist schlecht genug, wenn die Sender ausstrahlen dürfen, was sie wollen, da muss ich mir nicht auch noch antun, was sie gar nicht zu senden beabsichtigen – kannte ich mehr als die Hälfte der Parteien überhaupt nicht. Was zum Beispiel sind die Violetten, fragte ich mich. Was die Roten sind, hatte ich ja schon vor Jahren erklärt, auch weiß ich, dass sich Violett als Mischung aus Blau und Rot ergibt, allerdings waren bislang nur wenige Politiker im Bundestag richtig blau. Gut hingegen finde ich, dass die Piraten inzwischen von einer eigenen Partei vertreten werden. Mir fehlt allerdings noch eine Partei der Taschendiebe oder Bankräuber. Die Steuerhinterzieher waren ja sogar jahrzehntelang in der Regierung.
Um den Überblick nicht völlig zu verlieren, beschloss ich mir elektronische Hilfe zu holen. Bin ich auch verwirrt, der Wahlomat weiß, was ich wählen soll. Rasch beantworte ich 34 Fragen. Ich bin gegen Atomkraft, für Steuersenkungen und nein, Demokratie ist nicht die beste Staatsform: Eine von mir regierte Monarchie hätte weitaus weniger Probleme, zumindest aber weniger Parteien. Der schlaue Computer rechnet einen Augenblick und spuckt dann Ergebnis aus. Von allen etablierten Parteien soll ich genau die wählen, die ich bislang immer gewählt habe. Na prima. Aber ich bin neugierig und lasse nun auch die anderen Parteien. Und siehe da: Drei Parteien haben es geschafft sich an meiner bisherigen Lieblingspartei vorbeizumogeln, sie sollte ich eher wählen. Auf Platz drei, meine neuen Bekannten, die Violetten. Na dann Prost! Platz zwei belegen die Piraten. Doch als ich meine Augenklappe erstaunt lüfte, kommt die wirkliche Überraschung. Die Partei, die ich laut Wahlomat wählen soll, sind … die Rentner. Ich schnaufe, fühle mich spontan wacklig. Mit zitternder Hand mache ich mein Kreuz, tüte den Zettel ein und hoffe, dass es meine neue Partei vielleicht bis 2032 in den Bundestag schaffen wird. Dann würde sie dort auch meine Interessen vertreten.
PS: Versöhnt wurde ich mit den elektronischen Quizfragen übrigens noch am gleichen Abend. Facebook wollte in fünf Fragen (keine bezog sich auf mein Aussehen) wissen: Welchem Promi siehst du ähnlich? Die Antwort: Angelina Jolie. Na also, geht doch!
Dass Wählen nicht einfach ist, weiß schon der Volksmund. Damit wir nicht zu sehr gequält werden, finden Wahlen nur alle vier respektive fünf Jahre statt. Allerdings kann einem bei so sporadisch stattfindenden Referenden leicht die Routine abhanden kommen. So fragte mich vor Jahren eine aufgeregte Jungwählerin: „Sag einmal, was ist noch mal ‚links’ und was ist ‚rechts’?“ Ich erklärte ihr, dass diese Bezeichnung aus der Sitzordnung im Parlament stamme, dass die Linke, die man oft auch die Roten nennt, typischerweise für flache soziale Hierarchien und Chancengleichheit sei, während die Rechte oftmals der Industrie näherstünde und konservativ, bewahrend sei – dies alles sei natürlich nur eine grobe Karikatur. „Gut“, erklärte meine erfreute Freundin. „Und Helmut Kohl, ist der links oder rechts?“
Seitdem ist die Situation nicht einfacher geworden. Die Rechte versucht die Linke links zu überholen, während linke Politiker öffentlich gegen von ihnen selbst erlassene Gesetze demonstrieren. Um Zeit zu haben, beschloss ich daher bei der diesjährigen Wahl meine Stimme per Briefwahl abzugeben.
Als ich dann den Stimmzettel in Händen hielt, war ich nicht wenig überrascht. Da ich im Fernsehen bei Wahlwerbung sofort weiterzappe – das Fernsehprogramm ist schlecht genug, wenn die Sender ausstrahlen dürfen, was sie wollen, da muss ich mir nicht auch noch antun, was sie gar nicht zu senden beabsichtigen – kannte ich mehr als die Hälfte der Parteien überhaupt nicht. Was zum Beispiel sind die Violetten, fragte ich mich. Was die Roten sind, hatte ich ja schon vor Jahren erklärt, auch weiß ich, dass sich Violett als Mischung aus Blau und Rot ergibt, allerdings waren bislang nur wenige Politiker im Bundestag richtig blau. Gut hingegen finde ich, dass die Piraten inzwischen von einer eigenen Partei vertreten werden. Mir fehlt allerdings noch eine Partei der Taschendiebe oder Bankräuber. Die Steuerhinterzieher waren ja sogar jahrzehntelang in der Regierung.
Um den Überblick nicht völlig zu verlieren, beschloss ich mir elektronische Hilfe zu holen. Bin ich auch verwirrt, der Wahlomat weiß, was ich wählen soll. Rasch beantworte ich 34 Fragen. Ich bin gegen Atomkraft, für Steuersenkungen und nein, Demokratie ist nicht die beste Staatsform: Eine von mir regierte Monarchie hätte weitaus weniger Probleme, zumindest aber weniger Parteien. Der schlaue Computer rechnet einen Augenblick und spuckt dann Ergebnis aus. Von allen etablierten Parteien soll ich genau die wählen, die ich bislang immer gewählt habe. Na prima. Aber ich bin neugierig und lasse nun auch die anderen Parteien. Und siehe da: Drei Parteien haben es geschafft sich an meiner bisherigen Lieblingspartei vorbeizumogeln, sie sollte ich eher wählen. Auf Platz drei, meine neuen Bekannten, die Violetten. Na dann Prost! Platz zwei belegen die Piraten. Doch als ich meine Augenklappe erstaunt lüfte, kommt die wirkliche Überraschung. Die Partei, die ich laut Wahlomat wählen soll, sind … die Rentner. Ich schnaufe, fühle mich spontan wacklig. Mit zitternder Hand mache ich mein Kreuz, tüte den Zettel ein und hoffe, dass es meine neue Partei vielleicht bis 2032 in den Bundestag schaffen wird. Dann würde sie dort auch meine Interessen vertreten.
PS: Versöhnt wurde ich mit den elektronischen Quizfragen übrigens noch am gleichen Abend. Facebook wollte in fünf Fragen (keine bezog sich auf mein Aussehen) wissen: Welchem Promi siehst du ähnlich? Die Antwort: Angelina Jolie. Na also, geht doch!