Ein Liebesbrief

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Niko

Beitragvon Niko » 09.01.2007, 12:39

Geliebte

So vieles habe ich dir zu sagen und habe es nie getan. Sovieles blieb unausgesprochen, unbesprochen, ungetan. Seit sovielen Jahren meistern wir beide gemeinsam das Leben, haben wunderbaren Kindern das Leben geschenkt und sie waren die Erfüllung unseres Daseins geworden. Warum bedarf es immer erst eines ungewöhnlichen Ereignisses, um sich öffnen zu können? Warum nur lebt man sein alltägliches Leben und vergisst, sich die Zeit für die wirklich wichtigen Dinge dieses Lebens zu nehmen?
Jetzt, wo das Ende nahe ist, dein Ende, unser Ende, ist es uns gelungen, über alle Dinge, die uns bewegen, zu reden. Über unsere Sorgen, Gedanken, unsere Verletztheiten, über Dinge, die wir uns nie getraut haben , jemals anzusprechen. Unsere Liebe hat das geschafft, und es tut gut. Wir haben es verstanden, die Krankheit, ja selbst eine solch todbringende Krankheit wie die deine ein Stück weit bei aller Grausamkeit und Bedrückung auch als ein Geschenk zu begreifen. Denn endlich spüren wir, was es heißt, leben zu dürfen. Wir sehen jetzt wieder die Schönheit der Natur, wir schöpfen den Tag aus und in unserem Bewusstsein wächst eine neue Verbundenheit der Herzen. Eine neue Dimension dessen, was man Liebe nennt. Ich habe mich in all den Jahren dir nie so nahe gefühlt wie ich es jetzt tue. Oftmals frage ich mich, warum wir erst so spät diese Intensität erleben können. Aber dann wiederum bin ich voller Dankbarkeit, diese Erfahrung überhaupt machen zu dürfen. Ich werde dich lieben. Bis zu deinem letzen Atemzug und weit darüber hinaus. Du wirst immer in mir sein und ein Teil , nein....der wichtigste Teil in meinem Herzen sein. In meinen Gedanken werde ich immer mit dir zusammen sein. Wir werden gemeinsam durch die Wälder schlendern, dem Gesang der Vögel lauschen. Gemeinsam werden wir bei den Kindern sein und uns daran erfreuen, wie sie sich entwickeln. Mit dir zusammen werde ich aufstehen und mit dir zusammen ins Bett gehen. So wie immer. Nie wirst du wirklich weg sein.
Ich weine über dein und unser Schicksal. Es gelingt mir nicht oft, so stark zu sein, wie du es bist. Mit welcher Kraft du dieses alles erträgst! Du schaffst es zu leben, als gäbe es diese Krankheit nicht. Es scheint mir manchmal, als würdest du sie einfach ignorieren. Dein Lachen, deine Güte und dein Lebenswille sind ungebrochen und alle Verzweiflung scheinst du verbannt zu haben. Nur manchmal, wenn du glaubst ich merke es nicht, lässt du deinen Tränen und deinem Schmerz freien Lauf. Und ich verzweifle, weil ich dir all das nicht nehmen kann. Nicht die Tränen und nicht die Schmerzen. Alles, was ich tuen kann ist, dir beizustehen, deine zärtliche Hand zu halten und dich an mich zu drücken. Aber wirklich tuen kann ich nichts. Niemand kann das. Darum weine ich.
Ich kann nicht mehr viel schreiben. Der Schmerz ist zu groß.
Ich möchte dir danken. Danken für die wundervollen Jahre, die ich an deiner Seite verbringen durfte. Ich danke dir für deine aufopfernde Liebe und für alles, was du mir und den Kindern gutes getan hast.
Ich küsse und umarme dich in inniger Liebe und ewiger Verbundenheit der Herzen.
Ich hätte mir so sehr gewünscht, du hättest diesen Brief noch lesen können....
Zuletzt geändert von Niko am 07.07.2011, 10:56, insgesamt 4-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 11.01.2007, 01:00

z.b. einen eigenen text auswählen und darum bitten, kritiken zu verfassen, die den autor möglichst "treffen", fände ich interessant - und denke, dass sich die "echten" texte von den "kitschigen" eines jeden autors - auch meine natürlich - durch einen solchen prozess sehr gut scheiden ließen - für den autor selbst, anhand seiner eigenen gefühle, wohlgemerkt.


schlag mich, beiss mich, gib mir tiernamen? soll das eine literarische sado-maso kiste werden? was verstehst du unter treffen? (du setzt es ja immerhin in """")? trefflich kritisieren oder wirklich da treffen, wo es weh tut(was ja in dem erlesenen kreise dann niemandem weh tut, weil ja krasse kritik schick ist)? und wenn es denn nur "treffend/trefflich kommentieren ist: wozu dann diese sonderecke? niemand scheut sich vor deutlicher, konstruktiver kritik, aram. denn sie dient dazu, dass sie mich als autor weiterbringt, so es um meinen text geht. und mir als kommentierendem kommen durch das befassen und auseinandersetzen ebenso klarheiten in den kopf. soll es jetzt etwa in sein, möglichst derbe miteinander umzugehen? sorry.......entweder hab ich da was völlig missverstanden oder ich versteh die welt nicht mehr.

lieben gruß: Niko

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.01.2007, 01:05

jou, Niko,
meine Gedanken. S. o.
so masochistisch veranlagt bin ich noch nicht...

Übrigens: Hast du schon mal überlegt, den Titel zu ändern oder zu ergänzen? Z.B. in Klammern dahinter (Thema: Umgang mit Textkritik) oder so ähnlich?
Saludos
Magic

Niko

Beitragvon Niko » 11.01.2007, 01:15

nachtrag: was die folge von dieser sonderecke sein würde?

möglichkeit 1) alle haben nach einer zeit stress. ist wie mit dem therapie-spiel. man will spaß haben. und auf einmal redet keiner mehr mit dem anderen, weils dann doch der deutlichkeit zuviel wurde. so war´s dann auch nicht geplant

2) es läuft. und man fühlt sich gut. wir bekommen ein lit-forum in zwei klassen manier: die eine kaste ist die bessere, elitärere. sie hält aus. setzt sich wenigstens mit ernsthafter kritik auseinander. die anderen hören ja doch nur lieber etwas nettes. oder wenn negatives, dann doch bitte mit viel zuckerwatte.

leute....wenn wir uns auf der straße treffen würden, haben wir mehr hilfe: die bewegung, die gestik, die augen, die mimik... - hier bleibt zum verständigen nur das nackte wort. eigentlich doch der idealfall und ein gefundener sonntagsschmaus für leute, die sich liebend gerne am wort aufhalten, es sezieren und geschickt einsetzen. warum kann das nur in texten gelingen`? warum soll es nicht möglich sein, einigermaßen normal miteinander umzugehen. wir brauchen keine arroganten wortschwallpanzer und kein flapsiges rumgetue. wir brauchen uns doch eigentlich nur beim wort nehmen. lasst uns deutlich sagen und auf grund unserer veranlagung auch unmissverständlich, was wir meinen. und nehmen wir uns vor, niemanden in der person angreifen zu wollen, sondern jeden so zu nehmen, wie er ist.
es gibt hier auch den/ die ein oder andere/n, die nicht ganz meinem geschmack entsprechen. aber: muss jeder so sein, so schreiben wie ich? kann ich a nicht neben b lassen und dazwischen auch ruhig noch c packen? ich finde es gerade auch interessant, mit ganz anders gearteten wortkonstrukten umzugehen. das bringt mir was. für mich. und ich schließe rückschlüsse auf den menschen, der das schreibt. und egal, was ich für schlüsse ziehe: er ist kollege, mensch, leidensgenosse, mitautor und ich habe mindestens respekt (obwohl ich dieses woort seit kanzler schröder nicht mehr hören kann) und achtung vor jedem, der sich nackig macht. und das tun wir irgendwie alle. egal ob da nun selbstsucht, eitelkeit oder leidensdruck hinter steht. es ist ein großer schritt. denn was immer mitschwingt ist auch angst. entdeckt zu werden, entblößt zu werden, sich zu blamieren, oder das andere das, was ich toll finde, absolut schrottig finden. dass ich mich mit kommentaren blamiere.....das alles steckt doch auch in jedem von uns.

kann man das nicht in der gesamtheit annehmen und berücksichtigen? nur für den jeweiligen kommentar? sollte doch drin sein. oder?

lieben gruß: Niko

aram
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Beitragvon aram » 11.01.2007, 01:27

lieber niko,

ich habe den ursprünglichen kommentar nifls, den du als "etwas unangemessen" bezeichnet hast, nochmal gelesen ... ich finde es schade, dass ein ehrlicher und engagierter kommentar in diesem forum ein solches ettikett verpasst bekommt ... meiner meinung wäre es ehrlicher von dir gewesen zu sagen "dieser kommentar verletzt mich etwas".

stattdessen hast du den spieß sozusagen umgedreht, und nifls kommentar angegriffen...

später warf paul ost klara vor, in ihrer kritischen bemerkung läge "latente aggression".

...da entstand bei mir das bedürfnis nach einem raum, in dem man sich freier ausdrücken kann, ohne gleich der unangemessenheit bezichtigt zu werden... was meine (zunächst nur so vor mich hingemurmelten) idee angeht, habe ich versucht, ihren hintergrund zu erklären - wer meint, das habe mit masochismus zu tun, hat vermutlich keine erfahrung mit solchen dingen... wahrscheinlich ist mein vorschlag zu weit von durchschnittlich verbreiteten überzeugungen weg, um umsetzbar zu sein, würde schon deshalb nicht funktionieren. ich nehme ihn zurück.

liebe grüße
aram
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l. cohen

Niko

Beitragvon Niko » 11.01.2007, 01:43

zum einen, aram gehen meine ganz intimen empfindungen niemanden etwas an. eine einsicht übrigens, die mir das internet auch beigebracht hat. zum anderen hätte die von dir angedachte formulierung,wenn sie denn zuträfe (hat mich verletzt) die gleiche diskussion ausgelöst. das wäre jacke wie hose. ich habe mich gerade durch die wortwahl bemüht, möglichst sachlich zu bleiben. und das gefühl hatte ich bei nifl. nicht ganz. obschon ich auch seine konstruktiven ansätze natürlich gesehen habe. ich sehe auch ein ungleichgewicht zwischen kommentierern, die frisch von der leber beizeiten auch überzogen kommentieren und denen, die vorsichtig herangehen. schlussletztlich sind letztere die gebeutelten, weil sie ne in der art zurückgeben würden.

wenn du einen freien raum hast, aram, dann geht das gleiche wie hier los. nur mit einem unterschied: jeder will dann bemüht offen sein, das ganze wird ungefiltert und kann wirklich ganz bösartig enden. ich hab soetwas in der art schon erlebt. alles was ich hier will, ist schreiben, mich wohlfühlen und mich auseinandersetzen. mit ehrichen und deutlichen (wie oft muss ich es noch schreiben) und konstruktiv - sachlichen kritiken.


gutenacht-grüße: Niko - unverletzt ;-)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.01.2007, 01:44

wer meint, das habe mit masochismus zu tun, hat vermutlich keine erfahrung mit solchen dingen... wahrscheinlich ist mein vorschlag zu weit von durchschnittlich verbreiteten überzeugungen weg, um umsetzbar zu sein, würde schon deshalb nicht funktionieren. ich nehme ihn zurück.


Hallo aram,

eigentlich wollte ich mich gerade ausloggen, da sah ich noch dein posting. Es ist ein gutes Beispiel für Sender und Empfänger.
Weißt du, wie ICH, ich ganz persönlich!, diese zitierten Zeilen interpretiere? Ich sagst dir:
Du glaubst, über den Dingen zu stehen, (zu weit von durchschnittlich verbreiteten....) und da wir, die "Durchschnittlichen" damit nicht umgehen können, ziehst du den Vorschlag zurück.

Ich nehme jetzt mal *Narziss an:* wohlwollend *Narziss aus* an, dass du es anders meinst.

Gute Nacht
Magic

aram
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Beitragvon aram » 11.01.2007, 01:49

liebe magic,

danke für dein feedback!


lieber niko,

wenn du meinst, das wäre "jacke wie hose", leben wir nicht in der gleichen welt...


gute nacht
aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in

l. cohen

Gast

Beitragvon Gast » 11.01.2007, 01:50

Lieber lichel
danke, dass du verschoben hast.
LGG

Lieber aram,
da ich dich persönlich kenne und schätze, glaube ich daran, dass du überzeugt bist, ein solches Experiment ließe sich hier im Netz durchführen.
Ferner, dass du der Meinung bist, es könne für Beteiligte hilfreich sein und Erfahrungen mit sich bringen, die u. a. auch der Selbstreflektion zu Gute kommen würden.
Ich unterstelle dir durch und durch hehre Motive.

In der Tat sehe ich wie Magic auch, eine Art "therapeutischen" Ansatz, den ich nicht mit einem Begriff belegen möchte.
Ich habe kein gutes Gefühl dabei, käme mir wie ein Versuchskaninchen vor.

Ich bin unerschrocken, zeige mich so im Salon, wie ich bin, das muss reichen. In einen Ring werde ich nicht steigen.
Die meisten sind hier einander fremd, obwohl das Netz anderes suggeriert. Einige sind nicht unter ihrem Bürgerlichen Namen aktiv. (Was ich nicht verstehe, auch nicht muss, aber toleriere).
Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, ob ich mich rein zeitlich würde, in ein solches Projekt einbringen wollen, mal abgesehen von meinen grundsätzlichen Bedenken.
Was glaubst du zu welchen echten Missverständnissen eine solche "Diskussion" führen würde? Diese wären ganz sicher um einiges größer, als jene bereits in diesem Faden spürbaren. Es können Zerwüfnisse entstehen, die nicht mehr heilbar sind. Auch das sollte man einkalkulieren, wenn man nicht leichtfertig ist.
Wir sprechen zwar alle Deutsch, aber nicht dieselbe Sprache

Ein solches Projekt hat möglicherweise, mit der entsprechenden Dikussionsmoderation durch Fachleute im realen Leben Erfolg, da wo die miteinander Streitenden auch die Metamitteilungen sehen können.
Hier im Netz kann m. E. so etwas nur scheitern.

Im besten Fall, werden nachher Wunden verpflastert und Risse gekittet, man spricht wieder miteinander, aber nichts wird wieder so sein wie davor.

Sind wir nicht alle hier um Texte einzustellen und diese zu besprechen?
Lass uns das doch weiterhin so halten.

Liebe nächtliche Grüße
Gerda

...hat sich mit mehreren andern Statements auch mit deinem letzten überschnitten, weil ich länger zum Schreiben brauchte

Lieber Niko,

möchtest du deinen Text nich abkoppeln, damit ggf. zum Text sachliche Änderungsvorschläge gesondert gemacht werden können, wenn du es möchtest? Bzw. deine Text aus der diskussion herausnehmen und ruhen lassen?
Die Diskussion hat ja nun eine Wendung genommen, die ganz allgemeiner Natur ist und "Kritik" im Salon betrifft.

Dir auch liebe Grüße
Gerda

Lieber Nifl,

du hast irgendwo sinngemäß geschrieben:
Wären alle Kritiken (zu Nikos Text) gut ausgefallen, hättest du den Salon verlassen.
Jedenfalls habe ich das so verstanden.
Findest du das fair?
Warum hast du dann nicht längst einmal, das Thema Kritik, ganz allgemein zur Sprache gebracht und den Mitgliedern, insbesondere aber Lisa dein Problem geschildert?
(Auch ich habe mit manchen Beiträgen das Problem, dass ich finde sie bekommen zu viel des Guten ab).
Ich kann nicht glauben, dass du einfach verschwinden würdest und keiner wüsste weshalb.
Wenn du doch Offenehit und Ehrlichkeit so propagierst, dann bitte auf der ganzen Linie.
Dann hättest du schreiben können:
Lieber Saloner,
mir stinkt es hier langsam. Auch die schwächsten Texte werden noch gelobt. Das verstehe ich nicht unter Kritik.
Wir sollten das dringend überdenken und etwas ändern.


Oder sehe ich das so falsch?

Liebe Grüße
Gerdanken

aram
Beiträge: 4475
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 11.01.2007, 02:02

liebe gerda,

ich hatte mir mit meiner idee wie gesagt erlaubt, 'laut zu denken' - dass sie teilweise die emotionen schürt (magic griff schon zum fettdruck .-) und mehrere stimmen vorhersagen können, was in der praxis geschehen würde, bedeutet für mich, dass eine umsetzung wenig chancen hätte: ein wesentlicher faktor zum erfolg derartiger spiele ist eine so genannte "offene haltung".

gute nacht,
aram
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l. cohen

Niko

Beitragvon Niko » 11.01.2007, 02:52

ein wesentlicher faktor zum erfolg derartiger spiele ist eine so genannte "offene haltung".


stimmt, aram. was aber nichts besagt. denn die kritiker eines solchen raumes - so unke ich mal - wären ja nicht involviert und damit nicht relevant. ich sage ganz ehrlich, dass ich zwar neugierig wäre, aber mich fürchte vor verletzung und auch davor, impulsiv zu reagieren. das möchte ich mir ersparen. und euch auch.

grüße in den nächtlichen morgen: Niko

Klara
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Beitragvon Klara » 11.01.2007, 11:02

Hallo,

die Sonderecke für hochbegabte Einstecker und Austeiler in Text-Bezügen… hm.

Ich fürchte, nach dem, was ich jetzt gelesen habe, funktioniert es nicht. Aber nicht, weil irgendjemand nicht gut genug dafür wäre, sondern weil mir scheint, dass die Idee nicht gut ist (sorry, aram). Dabei ginge es wohl tatsächlich mehr um Selbsterfahrung und Fremderfahrung als um Texte, um Ängste und Visionen – und mir würde da das Vertrauen fehlen. In die gemeinsame Sprache (die wir nicht sprechen, wie Gerda ganz richtig bemerkte), in euch alle, sage ich ganz ehrlich, denn ich kenne euch nicht und ihr seid viele, viele verschiedene Menschen, und das Vertrauen in mich. Ich wäre wahrscheinlich verletzend, weil ich dann noch mehr den Anspruch hätte, dass jemand meine Art der Textkritik „aushalten“ muss, sachlich annehmen oder ablehnen aber nicht als persönlichen Angriff auffassen undsoweiter. Ich schätze ja jetzt schon oft genug falsch ein, wie etwas von mir ankommt, überschätze mich selbst, überschätze die Fähigkeit des Kommentierten, meine Worte als Gabe zu nehmen, unterschätze die Eitelkeiten etc. Auch hätte ich selbst Angst vor scharfer Kritik. Die habe ich jetzt auch, aber es passiert immer nix Schlimmes…

… Und hier kommt der Anschluss: Etwas scheint nicht zu stimmen hier, das kommt aus diesem thread heraus. Die meisten betonen einerseits ihre eigene „Sensibilität“ (ich übersetze mal mit „Empfindlichkeit“, die Angst, verletzt zu werden etc. Und anderereseits sagen sie mehr oder weniger deutlich, dass viele Kommentare weich gespült sind, zu wenig am Kern der Sache, zu viele Worte verschwenden für Beiwerk wie bitte, danke für dein Lob, ich fühle mich selbst verpflichtet, auf jeden Kommentar einzugehen, auch wenn es gar keiner ist, fühle mich verpflichtet, danke zu sagen, weil der Umgangston hier sehr höflich ist. Vielleicht ist es zu höflich, ich weiß es nicht. Es gibt andere Foren, da geht es hart zur Sache, die sind aber nicht unbedingt konstruktiver, sondern verletzend, und das kann richtig mies sein, gewollt, Psychopathen schwirren herum und gewollte oder ungewollte Trolls, die dann mitunter auch ganze Foren zerstören, mit Absicht, als Spiel. Gruppendynamik sozusagen.

Im Internet spielen sich „Beziehungen“ ja oft so unkontrollierbar beschleunigt ab. So schnell sind die Gefühle nicht, nur die Finger auf den Tasten. Im „richtigen“ Leben bräuchte es dafür Jahre: Sympathien und Antipathien filtern, Freundschaften knüpfen, Bündnisse eingehen, Achtung entwickeln, Koexistenzen, Toleranzen, Flirts, Bindungen – und dann Hass, Gleichgültigkeit, Verletzungswille, Krieg, Tod.

Das kann hier niemand wollen, und ich vermute, dass der (über?) vorsichtige Umgang miteinander auch von anderen Erfahrungen im Netz rührt. Ich habe hier zum Beispiel (und bin dankbar dafür!) noch keinen einzigen Troll gesichtet… Das ist gut so, die machen alles kaputt. Aber für mein Gefühl kommt das direkte, deutliche, was manche von euch an mir selbst schätzen, zu kurz.

Ich muss nicht immer bitte, danke, das ist lieb von dir, fühl dich bitte nicht verletzt, wenn ich jetzt sage, dass dieser Buchstabe dort – sorry, ich übertreibe. Ich möchte bitte und danke sagen, wenn ich es empfinde, und nicht um irgendwelche Regeln nicht zu verletzen. Ich versuche mich an die Regeln zu halten, dennoch, aber es entspricht nicht meinem Idealbild, ganz einfach aus dem Grund, dass die Zeit kostbar ist und bei Floskeln mir verschwendet erscheint.

Und, mal ganz ehrlich: Seid ihr wirklich alle so NETT? Ich kann das gar nicht glauben ,-)

Findet ihr wirklich die meisten besprochenen Texte so gut, wie ihr schreibt? So „berührend“, „nachdenklich machend“ oder weiß ich was? Ich fühle mich beim Kommentieren gebremst dadurch, habe ja auch schon öfter gesagt bekommen, dass ich meine „Winterhandschuhe“ ausziehen soll, suggerierend, dass ich jetzt in der warmen Stube bin, dass ich „latent aggressiv“ sei oder dass mir eben der Zugang zu Texten und die Fähigkeit zum sensiblen Einfühlen in das Geschriebene fehle. Derlei sagten natürlich nicht diejenigen, deren Texte ich deutlich gut fand ,-)

Andererseits sollte man sich natürlich seiner eigenen Fehlbarkeit bewusst sein, Geschmäcker etc. Aber wenn das reale Feedback, dass etwas Schrott ist, nicht kommt – dann tut mir der Text UND der Autor Leid, oder? DANN wäre das hier tatsächlich eine Selbsthilfe-Streichelgruppe, und kein Textforum.

Lisa selbst wird ja schon misstrauisch, hat sie irgendwo hier geschrieben, dass niemand ihre Texte härter ran nimmt (dabei dachte ich, ich hätte das am Anfang mal getan?)

Es scheint dann manchmal so, als gebe es so viele Tabus und so viel Angst, verletzt zu werden und zu verletzten, dass man wühlen muss in den Kommentaren nach der Essenz: Was wurde da denn gesagt? Da braucht einer zum Beispiel 20 Zeilen, um zu ummänteln, dass er nicht gut findet, was es zu kommentieren galt. Weil: Man will sich ja nicht unbeliebt machen.

Ich frage: Warum eigentlich nicht? Bei nächster Gelegenheit könnte man sich ja wieder beliebt machen! Wir sind hier doch alle nicht real, egal ob mit Bürgersname und erkennbarem Avatar oder nicht, wir begegnen uns mit Tastenclics. Vielleicht hülfe ein bisschen Abstand von der eigenen Person, um offener mit sich selbst zu werden? Ich weiß es nicht, ich frage. Ich persönlich habe deshalb keinen Bürgersnamen hier eingestellt (und aus anderen Gründen). Ich möchte nicht „ich selbst“ sein. Das wäre Illusion. Bzw. kann ich mehr „ich selbst“ sein, wenn ich klara heiße. Übrigens ist das auch gar nicht so wichtig, finde ich. Wer seine Deckung aufgeben will, kann das ja jederzeit tun – insgesamt oder einzelnen gegenüber.

as Internet ist keine Spielwiese, auch wenn man hier gut spielen kann. Es ist eine harte, raue, gefährliche Realität, über die man vielleicht noch weniger Kontrolle hat als über die nicht-virtuelle Realität. Ich wüsste nicht, wer alles liest in einem „harten Textraum“. Ich weiß es auch jetzt nicht, aber so ein Raum würde tendenziell unfreundliche Menschen anziehen, schätze ich (ob das nun daran liegt, dass die meisten nicht reif genug sind für so etwas, aram, oder daran, dass Menschen sind wie sie sind, weiß ich nicht), und mit solchen möchte ich mich nicht herum schlagen.

Ich weiß, dass die Distanz zum eigenen Text schwierig ist. Ich bin auch „verletzt“, wenn jemand etwas nicht gut findet, das ich geschrieben habe, was ich gut finde. Aber wirklich verletzt bin ich eigentlich nur dann, wenn die Kritik zutrifft. Wenn sie nach Nachdenken nicht den Text trifft (bei nifl ist das manchmal so: kann ich mir anhören, muss ich aber nicht nachvollziehen, bleibe ganz sachlich und halte – darauf bin ich stolz! – den Wert meines Textes dennoch im Herzen), dann „trifft“ sie mich auch nicht. Manchmal braucht es einfach ein wenig Zeit, mit Kritik umzugehen. Und manche Kritiker liegen einem nicht – genauso wie manche Texte einem nicht liegen. Das stellt sich dann wohl schnell heraus und muss niemandem schaden.

Ich selbst kritisiere nur dort, wo mich etwas anspricht, oder wo ich mich als scharfe Wortgeberin angesprochen fühle, oder wo etwas so deutlich der Kritik zu bedürfen scheint, dass ich muss. Es muss mir Spaß machen zu kritisieren. Ich bekomme dafür ja kein Geld. Und auch wenn es nicht „gefällt“, was ich sage, stecke ich Zeit und Kraft da rein, das kommt dann offenbar nicht so richtig an, und das ist schade. Ich selbst zweifle deshalb seit einiger Zeit insgesamt an der Einrichtung Litforum im Netz. Jedenfalls in der zeitfressenden Variante. Manchmal verfluche ich, dass es das Internet gibt – denn all die Zeit, die ich in „fremde“ Texte stecke, fehlt mir für die eigenen. Andererseits lernt man ja auch, immerzu, beim Nachdenken über andere Sachen, lernt über Sprache, die anderen, sich selbst.

Ich habe keine Lösung, habe laut gedacht, und hoffe, ihr könnt etwas davon gebrauchen.

LG
Klara

pandora

Beitragvon pandora » 11.01.2007, 11:34

liebe alle,

ich möchte ausdrücklich unterstreichen, was klara hier äußert: die diskussion zeigt, dass hier im forum etwas nicht stimmt. wenn aram schreibt, dass er dem lob, das seinen texten zuteil geworden ist, nicht ganz traut, heißt das ja wohl, dass er unter der oberfläche negative rückmeldungen vermutet. wenn lisa gespannt darauf ist, womit manche im separee ihr gegenüber rausrücken, meint sie wohl, dass einige leute in bezug auf ihre texte hinter den berg gehalten haben.
sollten wir dann, bevor wir uns zu therapeutischen zwecken ins stille kämmerlein verkrümeln, nicht erst einmal alle überdenken, WIE wir kritisieren?
ich für mich möchte postulieren, dass ich ÖFFENTLICH sage, was ich zu sagen habe. ich verstehe nicht, was eine abgeschottete arena für einen sinn haben soll.
meine überlegung ist, dass man eventuell einen ordner einrichten könnte, in dem texte ANONYM gepostet werden. dann ist VIELLEICHT die gefahr kleiner, dass kritiker auf persönliche befindlichkeiten rücksicht nehmen oder innerhalb gruppendynamischer prozesse agieren. (das ist nur ein gedanke. mir ist bewusst, dass dann möglicherweise andere problematiken ins spiel kommen)

p.

Klara
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Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 11.01.2007, 11:42

Hallo,

die Idee finde ich gar nicht so übel... anonym zu posten. Zumindest als Versuch. Einerseits wäre es ein bisschen verspielt (man versucht nebenbei, am Stil abzulesen, wer der Urheber ist bzw. versucht, sich zu verstecken oder das Gegenteil). Andereseits wären die Kritiken vielleicht "freier" und weniger von persönlichen Rücksichtnahmen geprägt, als sie es jetzt offenbar sind. Jeder anonym gepostete Text bleibt solange anonym, wie der Autor es für richtig hält.

Ist das technisch überhaupt möglich?

LG
K

Gast

Beitragvon Gast » 11.01.2007, 12:12

Liebe Klara und Alle,
du hast in manchen Punkten Recht, was den Umgang mit Texten angeht, in anderen Punkten denke ich, betrachtest du Texte nicht auf Augenhöhe, sondern siehst auf sie herunter (Schrott).

Ich bin ich schon per PN darauf aufmerksam gemacht worden, dass der Ton hier viel zu hart sei, was ein weiterer Beweis dafür ist, wie unterschiedlich Menschen, Kritik rezipieren.
Ich habe mir mit der Zeit hier auch angewöhnt, lieber zu schreiben: Ich finde das... statt, Das ist...
Ich merke auch, dass ich inzwischen um des gutes Tones willen, zwar meine Meinung sage, aber immer ummantelt. Da ist was dran. Ja. Aber ich glaube es erleichtert den Umgang, denn solch ein Forum lebt von der Kommunikation und nicht auschließlich davon, das sachgerecht geschrieben und kritisiert wird.
Viele, die hier schreiben (da beziehe mich ein) haben gar nicht das Know How wirklich ausschließlich sachgerecht am Text zu bleiben. Außerdem frage ich mich: wer bin ich denn dass ich jemandem knallhart sagen muss: Das ist Schrott.
Ein sehr begabter und außerordentlich sachkundiger Autor (Uwe Pfeiffer, Herausgeber der Dulzinea) hat mal zu mir gesagt: Gerda, es gibt keinen Schrott. [Ich hatte das Wort ähnlich gebraucht wie du] Wenn sich jemand die Mühe macht, sein Gedanken aufzuschreiben, so kann das kein Schrott sein. Also ich kann zwar finden, dass etwas "Schrott" ist, aber objektiv, sagen: Das ist Schrott, halt ich für unangemessen und überheblich. Mich haben diese Sätze vor etwa 3 Jahren jedenfalls nachdenklich gemacht.
Ich muss mich ja auch fragen, wer bin ich denn eigentlich, dass ich konstatiere? Habe ich denn die Sachkompetenz oder reagiere ich aus einem Halbwissen und den persönlichen Vorlieben, vielleicht gemixt mit dem, was ich unter "Zeitgeschmack" verstehe?

Das alles sollte aber niemanden hindern ehrlich seine Meinung über einen Text zu sagen.
Nur auch da, spielt es eine Rolle, wie jeder für sich genommen empfindet und seine meinung in Sprache kleidet. Füre den einen heißt: Das ist dir dieses Mal nicht so gut gelungen, bereits, das ist Mist ;-)
Für den anderen, jeder hat mal einen schlechten Tag.
Ich habe mal irgendwann im Frühjahr einen kritikfaden eröffnet,

http://www.blauersalon.net/online-liter ... ik&start=0

weil mit harte ehrlich und sachliche Texttkritik am Herzne liegt, ich finde den Faden im Moment nicht, wenn ich ihn wiedergefunden habe, stelle ich den Link hier einmal ein. (nachgetragen)
Hier zitiere ich mich aus einem andern Faden:
http://www.blauersalon.net/online-liter ... c&start=28
...und erspüren ob ein Text mich anspricht und ob er nach mehrmaligem Lesen mehr aus mir hervorlockt, als schön, nicht so doll oder Mist.
Dann den Verstand einschalten, schauen, ob der Text sich mir öffnet, wenn nicht, nochmals lesen und ggf. überlegen, was die Intention des Autors sein könnte, bzw. was er mir erzählt....usw.
Ich glaube, ich mache es wie bisher, in dem Wissen, dass es "Die Objektivität" nicht geben kann. Der Hintergrund vor dem Kritik und/oder Interpretation aufbaut, ist bei jedem Menschen ein anderer. Wenn also Menschen zu einer ähnlichen Auffassung gelangen, liegt es u. U. an ähnlichen Erfahrungen, Erkenntnissen, an Wissen, also an Voraussetzungen, die sie jeweils mitbringen, und die sie in den Stand setzen, Übereinstimmungen in einem gewissen Umfang über einen Text zu erzielen.

Ich glaube man darf das alles nicht zu eng sehen, liebe Klara.

Was Lisa bemängelt, dass an ihren Texten nicht mehr gemäkelt wird...

Liebe Lisa und Alle,

du weißt, dass ich auch dir sage, wenn ich finde, da hat es nicht die Qualität, die ich von dir kenne.
Nur, bei dir ist es schwer, ein Haar in der Suppe zu finden. dafür weiß ich einfach nicht genug. (Auch über Literaturwissenschaftliches)
Für mein Empfinden bewegt sich das, was du hier postest in den allermeisten Fällen, "abgeoben" (im positiven Sinn) von dem was die Allermeisten (hierzu gehöre ich auch) schreiben.
Du schreibst einfach und schlicht besser. Da ist es schwer, mal das berühmte Haar zu finden ;-)


Liebe Alle,

was mir aufgefallen ist, und weswegen ich Klara in großen Zügen gut verstehe, ist folgendes: Autorinnen sich hier mit Texten, die Anerkennung bei vielen fanden, (Das gilt auch für die Hör Bar) mit einem m. M. . a. nach schwachen Text beteiligen, ist es in der Regel so , dass sie nur von wenigen, also selten, klar gesagt bekommen, was schwach ist. Die berühmten Vorschusslobeeren. Vielleicht sollte sich ein jeder daraufhin einmal prüfen, ob er nicht dazu neigt schon ein Gedicht, weil es ja X oder Y geschrieben oder gesprochen hat, schon verführen lässt zu dem Gedanken: Das kann ja nur gut sein.
Mir geht es manchmal so, dass ich denke , ne, das was da jetzt als Lobeshymnen steht, stimmt dies Mal einfach nicht... Ich versuche dann mit Samtworten... aber ich werde nicht unbedingt von den Autoren, aber doch von anderen Kommentaren "darauf eingestellt" ;-) dass ich wohl irren müsse.
Ich schwimme ganz gern auch gegen den Strom, deswegen werdet ihr von mir keine honigsüßen oder geschönten Kritiken hören, sondern immer so har und klar wie ich empfinde, auch in der Hör Bar nicht, da trieft es m. E. nämlich tatsächlich sehr, (und deswegen bin ich da auch ziemlich still).

Liebe Grüße an Alle
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 11.01.2007, 12:27, insgesamt 1-mal geändert.


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