Ein grandioser Abend – trotz Ostwind, der mir, wie Du ja weißt, durch die Gedanken fährt, dass keiner auf dem anderen bleibt.
Die Luft blank gewischt, die Welt ein frisch geputztes Fenster.
Ich fahre Rad auf dieser verbotenen Straße und freue mich darüber wie ein Kind.
Die Sonne ist schon gegangen, ihre Farben wehen als Schleier hinter ihr her. Bäume und Häuser gleichen Schattenrissen. Nur über der Ebene steht eine Wolkenwalze, die ein großer Expressionist mit seinem Pinsel verwischt haben muss.
Ich will einfach immer weiter fahren, weiter und weiter, ohne zu wissen, wo ich ankommen werde.
Deine Worte: Es ist als hätten sie sich in die Innenseite meiner Haut geschmiegt. Ich schaue mir zu. Meinen Händen wie sie schreiben. Jedes Wort runder. Und jedes heißt „Du“.
Es ist, als sei mein Körper mir fremd. Alles ist ihm neu.
Du fehlst wie an diesem Abend der Mond. Eine Barke am anderen Ufer, die hartnäckig eine Überfahrt verweigert.
Erstfassung:
Ein grandioser Abend – trotz Ostwind, der mir, durch die Gedanken fährt, dass keiner auf dem anderen bleibt.
Die Luft blank gewischt, die Welt ein frisch geputztes Fenster.
Ich fuhr Rad auf dieser verbotenen Straße und freute mich wie ein Kind, weil es verboten war.
Die Sonne war schon gegangen, ihre Farben wehten wie ein Schleier hinter ihr her. Bäume und Häuser glichen Schattenrissen, fern und doch nah, als habe einer an den Dimensionen gedreht. Nur über der Ebene stand eine Wolkenwalze, die ein großer Expressionist mit seinem Pinsel verwischt haben muss.
Ich wollte einfach immer weiter fahren, weiter und weiter, ohne zu wissen (ja, ich wollte es nicht einmal wissen), wo ich ankommen würde.
Deine Worte: Es ist als hätten sie sich in die Innenseite meiner Haut geschmiegt. Ich schaue mir zu. Meinen Füßen wie sie gehen. Meinen Händen wie sie schreiben. Jedes Wort runder. Und jedes heißt „Du“.
Es ist, als sei mein Körper mir fremd. Und das ist er ja auch, alles ist ihm neu.
Du fehlst wie an diesem Abend der Mond. Eine Barke am anderen Ufer, die hartnäckig eine Überfahrt verweigert.
Im Mai
Hallo Leonie,
finde das auch einen fein gesponnenen Text. Ich habe den Text erstmal ohne die Kommentare gelesen und konnte die Grandiosität gut nchvollziehen, ohne dass mich das Du störte.
Ein Abend kann berauschend schön sein vom Panorama etc. her, und gerade dadurch spürt man das Fehlen des Du.
Ich sehe die Wolken und die Bewegung des lyrischen Ichs und das lyrische Ich wirkt zart und ein wenig verletzlich, als ihm das Fehlen des Du einfällt.
Komischerweise sehe ich immer eine Plantage vor mir, in den Südstaaten,
viele Grüße
Ben
finde das auch einen fein gesponnenen Text. Ich habe den Text erstmal ohne die Kommentare gelesen und konnte die Grandiosität gut nchvollziehen, ohne dass mich das Du störte.
Ein Abend kann berauschend schön sein vom Panorama etc. her, und gerade dadurch spürt man das Fehlen des Du.
Ich sehe die Wolken und die Bewegung des lyrischen Ichs und das lyrische Ich wirkt zart und ein wenig verletzlich, als ihm das Fehlen des Du einfällt.
Komischerweise sehe ich immer eine Plantage vor mir, in den Südstaaten,
viele Grüße
Ben
Lieber Yorick,
nein, Du bist nicht zu blöd. Vielleicht ist einfach das Problem, dass es als lyrische Postkarte konzipiert war, das lyr Ich also das lyrDu vor Augen hat. Was sich aber dem "Fremdleser" dann so nicht mitteilt.
Ich finde viele Anregungen in dem, was Du schreibst (vor allem die Denksportaufgabe, das ist genau das, was ich bei anderen auch immer kritisiere, wenn mich so was Abstraktes aus dem Bild reißt).
Danke an Dich!
Liebe smile,
das mit dem Du, ich fürchte, das möchte ich nicht auflösen. Es darf ruhig ein bisschen geheimnisvoll bleiben. Deinen Vorschlag finde ich auch gut, aber ich merke, dass er sich von meiner Sprache doch entfernt, mir fremd ist. Das mit den Vergleichen ist ein guter Hinweis, da schaue ich nochmal, wie ich das ändern könnte. Und das mit dem Verweigern, doch, das ist gewollt.
Dir auch ein Dankeschön!
Lieber Fux,
witzig, die Verlagerung über den großen Teich. Finde ich spannend. Danke für Deinen Rückmeldung, ich freu mich drüber!
Liebe Grüße Euch dreien und danke!
leonie
nein, Du bist nicht zu blöd. Vielleicht ist einfach das Problem, dass es als lyrische Postkarte konzipiert war, das lyr Ich also das lyrDu vor Augen hat. Was sich aber dem "Fremdleser" dann so nicht mitteilt.
Ich finde viele Anregungen in dem, was Du schreibst (vor allem die Denksportaufgabe, das ist genau das, was ich bei anderen auch immer kritisiere, wenn mich so was Abstraktes aus dem Bild reißt).
Danke an Dich!
Liebe smile,
das mit dem Du, ich fürchte, das möchte ich nicht auflösen. Es darf ruhig ein bisschen geheimnisvoll bleiben. Deinen Vorschlag finde ich auch gut, aber ich merke, dass er sich von meiner Sprache doch entfernt, mir fremd ist. Das mit den Vergleichen ist ein guter Hinweis, da schaue ich nochmal, wie ich das ändern könnte. Und das mit dem Verweigern, doch, das ist gewollt.
Dir auch ein Dankeschön!
Lieber Fux,
witzig, die Verlagerung über den großen Teich. Finde ich spannend. Danke für Deinen Rückmeldung, ich freu mich drüber!
Liebe Grüße Euch dreien und danke!
leonie
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
Hi Leo,
ich habe nicht alle Komms gelesen, aber den der verehrten Kollegin Flora finde ich - wie so oft - sehr treffend, insbesondere hinsichtlich der Verdichtung und des Weglassens.
Die Zweitfassung ist mit Sicherheit ein richtiger Schritt, wenn auch noch nicht in Gänze konsequent.
Dass du den Schluss mit der Barke nicht verkürzt hast, finde ich - verzeih, liebe Flora - allerdings sehr richtig. Dieses Bild ist eins der schönsten.
Bei deinen Texten (ja, die lese ich, auch wenn ich meist nix sage dazu) habe ich oft das Gefühl, dass in dir ein Wirbelsturm an scharfer Wahrnehmung, nahezu kindlicher Phantasie und großer Gefühlstiefe tobt, der im Moment der Niederschrift noch nicht weiß, in welche Richtung er nun blasen soll. Das Vermischen der Eindrücke und Beschreibungen ist m.E. nur dann stimmig, wenn es der Sprachstil und die Erzählebene auch sind, die alles miteinander verweben.
Aber auch in der Zweitfassung reichen sich wunderbare Bilder ("die Welt ein blankgeputztes Fenster" und eben das mit der Barke) mit - verzeih - ziemlich ausgelutschten Phrasen ("freuen wie ein Kind", "fern und doch nah" *gähn*) munter die Hand.
Da steht immer was auf der Bremse, dann bricht es kurz heraus, dann beschreibt es wieder umständlich Gedanken, die eigentlich aus den Zeilen sprechen sollten. Am besten wird dies deutlich direkt beim Anfangssatz; ich möchte als Leser nicht als Vorgabe gesagt bekommen: "Es war ein grandioser Abend", und ab jetzt muss ich ja wohl auch alles grandios finden (das ließe ich gerade noch gelten, wenn der Text dies im Verlauf umkehren würde).
Ich möchte am Ende des Textes voller Bilder sein und denken:"Grandios!"
Ich glaube, dass du deiner Gefühlstiefe unbedingt etwas gegenübergestellen musst, um in Balance zu kommen: mehr Abstraktion. Viel mehr. Deine Texte sollten irgendwann mal deinen Körper verlassen können, auf die nächste Ebene springen, und dem Leser in die Hand gegeben werden.
Auch, wenn ich gerne Fremdsprachliches vermeide, möchte ich dir zurufen: "Show, don't tell!"
Liebe Grüße,
Tom.
ich habe nicht alle Komms gelesen, aber den der verehrten Kollegin Flora finde ich - wie so oft - sehr treffend, insbesondere hinsichtlich der Verdichtung und des Weglassens.
Die Zweitfassung ist mit Sicherheit ein richtiger Schritt, wenn auch noch nicht in Gänze konsequent.
Dass du den Schluss mit der Barke nicht verkürzt hast, finde ich - verzeih, liebe Flora - allerdings sehr richtig. Dieses Bild ist eins der schönsten.
Bei deinen Texten (ja, die lese ich, auch wenn ich meist nix sage dazu) habe ich oft das Gefühl, dass in dir ein Wirbelsturm an scharfer Wahrnehmung, nahezu kindlicher Phantasie und großer Gefühlstiefe tobt, der im Moment der Niederschrift noch nicht weiß, in welche Richtung er nun blasen soll. Das Vermischen der Eindrücke und Beschreibungen ist m.E. nur dann stimmig, wenn es der Sprachstil und die Erzählebene auch sind, die alles miteinander verweben.
Aber auch in der Zweitfassung reichen sich wunderbare Bilder ("die Welt ein blankgeputztes Fenster" und eben das mit der Barke) mit - verzeih - ziemlich ausgelutschten Phrasen ("freuen wie ein Kind", "fern und doch nah" *gähn*) munter die Hand.
Da steht immer was auf der Bremse, dann bricht es kurz heraus, dann beschreibt es wieder umständlich Gedanken, die eigentlich aus den Zeilen sprechen sollten. Am besten wird dies deutlich direkt beim Anfangssatz; ich möchte als Leser nicht als Vorgabe gesagt bekommen: "Es war ein grandioser Abend", und ab jetzt muss ich ja wohl auch alles grandios finden (das ließe ich gerade noch gelten, wenn der Text dies im Verlauf umkehren würde).
Ich möchte am Ende des Textes voller Bilder sein und denken:"Grandios!"
Ich glaube, dass du deiner Gefühlstiefe unbedingt etwas gegenübergestellen musst, um in Balance zu kommen: mehr Abstraktion. Viel mehr. Deine Texte sollten irgendwann mal deinen Körper verlassen können, auf die nächste Ebene springen, und dem Leser in die Hand gegeben werden.
Auch, wenn ich gerne Fremdsprachliches vermeide, möchte ich dir zurufen: "Show, don't tell!"
Liebe Grüße,
Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Lieber Tom,
was für ein geiler Kommentar ist das denn? Ich danke Dir
.
Dieser Text war mal als lyrische Postkarte konzipiert. Daher die Wertungen (grandios, etc.).
Alles andere werde ich mir merken und versuchen, es künftig besser umzusetzen...Ich kopier es mir gleich mal und häng es über den virtuellen Schreibtsich.
Liebe Grüße
leonie
was für ein geiler Kommentar ist das denn? Ich danke Dir

Dieser Text war mal als lyrische Postkarte konzipiert. Daher die Wertungen (grandios, etc.).
Alles andere werde ich mir merken und versuchen, es künftig besser umzusetzen...Ich kopier es mir gleich mal und häng es über den virtuellen Schreibtsich.
Liebe Grüße
leonie
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
Na, ich dachte mir, wenn ich schon so selten was von dir kommentiere, könnte ich mir ja diesmal ein bisschen Mühe geben und etwas - sagen wir mal - ganzheitlicher ausholen? :o))))
tom
p.s.: Meinen Kommentar kannst du dir ergo auch unter 'Salamander' denken ...
edit: 'Fokussieren' ist das Wort, was mir nicht eingefallen ist. Fokussieren muss man ...
tom
p.s.: Meinen Kommentar kannst du dir ergo auch unter 'Salamander' denken ...
edit: 'Fokussieren' ist das Wort, was mir nicht eingefallen ist. Fokussieren muss man ...
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Hallo Leonie,
insgesamt gefällt mir dein Stückchen ganz gut. Nur ein paar Zeilen stechen, da klischeehaft und nicht auf Niveau des Resttextes, heraus:
"Die Sonne ist schon gegangen, ihre Farben wehen als Schleier hinter ihr her. Bäume und Häuser gleichen Schattenrissen, fern und doch nah."
fern und doch so nah? bitte... :D
Ansonsten nichts zu bemängeln
insgesamt gefällt mir dein Stückchen ganz gut. Nur ein paar Zeilen stechen, da klischeehaft und nicht auf Niveau des Resttextes, heraus:
"Die Sonne ist schon gegangen, ihre Farben wehen als Schleier hinter ihr her. Bäume und Häuser gleichen Schattenrissen, fern und doch nah."
fern und doch so nah? bitte... :D
Ansonsten nichts zu bemängeln
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