Blätter zur Berufskunde IV - Die Fink-Geschichten - Akt I

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Benutzeravatar
Thomas Milser
Beiträge: 6069
Registriert: 14.05.2006
Geschlecht:

Beitragvon Thomas Milser » 26.09.2006, 03:12

Blätter zur Berufskunde IV

Die Fink-Geschichten
Eine Heimwerker-Mansarde in 18 Akten
Akt I


[align=justify]Dem Innenarchitekten geht es schlecht. Er darbt. Es ist Winter, die Heizung rumpelt. Natürlich rumpelt sie. Die Erdgastherme ist ja auch mittels Austausch-Brennersatzes und Camping-Druckminderer höchst illegal auf Propangas umgerüstet. Das ständige Umschließen der Gasflaschen bringt jedes Mal Luft in die Leitung. Das rumpelt.
Den Bezirksschornsteinfegermeister Müller konnte er besänftigen und von der alljährlichen Abgasmessung seiner Therme abhalten, als er ihm im Hauptkeller das abgeschnittene und von den Stadtwerken versiegelte Gasrohr zeigte, welches früher einmal lauschig warmes Erdgas zu seinem Gehäuse hinten auf dem Hof führte.

"Wie heizt du denn jetzt?", kumpelte Müller ihn an.
"Na, mit Propan halt", ließ er den guten Mann im Glauben, er betreibe Katalytöfen oder ähnliches damit.
"Mann, du bist doch vom Fach, das musst du doch wissen, dass da Stickoxyde entstehen; wenn du dabei einschläfst, wirst du am nächsten Morgen nicht mehr wach."
"Ich weiß, ich lüfte ständig, damit's wieder schön kühl wird, und nachts ist hier alles aus, keine Sorge."
"Mannmannmann", müllerte Müller.
"Ja was, soll ich erfrieren, oder wie?" fragte der Innenarchitekt.
Das war eine gute Frage.

Bei diesen argen Minus-Temperaturen, dem großen Büro und der schlechten Wärmedämmung des Hauses bedeutet das Heizen mit Flüssiggasen: Jeden Tag eine Pulle. Elf Kilo. Mit dem Fahrrad. Elfneunundvierzig das Stück.
Man kommt erstmal nassgeschwitzt und hyperventilierend von der Strampelei nach Hause, schließt die neue Gasflasche an, lässt sie zwei Stunden ballern – die mittlere Raumtemperatur beträgt dann immerhin schon satte 14 Grad – und stellt die Anlage nach zwei Stunden wieder ab, weil die Flasche bis zur Hälfte eingefroren ist. Eine 18-KW-Anlage saugt ganz ordentlich. Vom ständigen Abtauen der Flasche bilden sich schon Rostränder auf dem Küchenteppich.
Irgendwann gegen Nachmittag wirds dann kuschelig warm im Haus, jetzt schon 16 bis 18 Grad. Die Lammfellweste kann er jetzt ausziehen, Norweger und Thermo-Jogger mit der Schiesser-Feinrippunterwäsche - Langarmhemd und Strumpfhose - genügen völlig.

Der Innenarchitekt, der einst auch mal Tischler war und ein bisschen Steinmetz gelernt hat, der hier und da eine Wand verputzen kann, gelegentlich ein bisschen mauert, dann wieder verglast oder bemalt, kontrolliert online seinen Kontostand. Minus 1958 bei 2000 Dispo. 42 Euro also frei zum Verprassen. Das reicht gerade für einen Kühlschrank voll. Ein Auftrag wäre jetzt gut. Irgendeiner. Seinetwegen auch wieder Trockenbau, Dachdämmung, irgendwas, egal; irgendwas, was schnell Geld bringt.

Beim Kacken fällt der Blick in den Anzeigenteil des 'Wochanzeiger Duisburg-Nord'. "Man sollte mal unkonventionelle Wege gehen", denkt er sich und wischt sich ab. Das Käseblatt, das erbarmungslos verteilt wird, auch wenn man 'Bitte keine Werbung' auf dem Postkasten stehen hat. Die halten das für Journalismus. Ernsthaft. Aber kein Artikel ohne Grammatik- oder Rechtschreibfehler. Er hatte sich dort schon als Lektor beworben. Sie hatten ihn aber nicht gewollt.[/align]
Tischler, Lehm- und Ökobauer,
Möbel-und Objektgestalter,
Baukünstler su. Job,
freiberufl. o. angest.
DU 4451999


[align=justify]Das mit dem 'Ököbauer' war ihm zu spät aufgefallen. Ein Semantik-Fehler. Mit Tomaten und Sellerie im eigenen Garten – in welchem Garten ? – hatte er es nicht so. Er hatte Öko-Bau gemeint. Trotzdem blinkte abends das Lämpchen des Anrufbeantworters:
"Hallo, hier ist Frau Fink. Ich habe ihre Anzeige gelesen. Ich suche jemanden, der mir ein paar Bilder aufhängt, und verschiedene Schreinerarbeiten machen kann. Da wären so Deckenbalken zu montieren, und Regale aufzuhängen...Ich bitte um Rückruf...."
murmelte es, wie von Termiten.

Bilder aufhängen? Regale?
Dem Innenarchitekten wurde schwarz vor Augen.
Er atmete tief ein.

"Ja hallo, Müller Baukunst hier. Sie hatten sich auf meine Anzeige gemeldet?"[/align]
...

Fortsetzungen folgen
Zuletzt geändert von Thomas Milser am 02.10.2006, 23:36, insgesamt 9-mal geändert.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 03.10.2006, 00:10

Ich brauch keene Analyse mehr. Ich weiß selbst, dass ich ein einziges Rätsel und von einer unglaublich konsequenten Inkonsequenz geprägt bin ;-)
Saludos
Magic

Benutzeravatar
Thomas Milser
Beiträge: 6069
Registriert: 14.05.2006
Geschlecht:

Beitragvon Thomas Milser » 03.10.2006, 11:25

Wir werden auch nicht dich, sondern die Akteuse im Text psychoanalysieren. Darum heißen die ja auch nicht 'Die Magic-Geschichten', sondern 'Die Fink-Geschichten'.

harrharr....
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 03.10.2006, 11:36

zum Glück! :pfeifen:

Saludos
Magic


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 4 Gäste