Der Sadhu

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allerleirauh
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Beitragvon allerleirauh » 20.11.2012, 21:38

Ein Sadhu sitzt am Ufer des heiligen Sees.
Er sei, so erzählt er, hierher gekommen, um zu meditieren und zu sterben.

Beim letzten Tageslicht steigt er, vollständig bekleidet, in das eiskalte Wasser.

In der Nacht sinken die Temperaturen weit unter den Gefrierpunkt.

Am Morgen ist sein Platz am Shivaschrein verwaist.
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jondoy
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Beitragvon jondoy » 28.12.2012, 01:20

Die Legende über die Entstehung des Sees (sehr frei nacherzählt)

Der Legende nach durchwühlten vor Zeiten die sterblichen Götter des hinduistischen Panteons mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Kräften die Meeresgründe der Ozeane, um das Elixier ewigen Lebens, das sie darunter vermuteten, zu finden.
Sie öffneten bei ihrer Suche versehentlich sämtliche Methangasvorkommen, die bis dahin lautlos unter den Meeresböden schlummerten, die daraufhin an die Erdoberfläche strömten und die Erdatmosphäre zu vergiften drohten. Die Welt wäre damals wohl zugrunde gegangen, wenn nicht ein Held aufgestanden wäre, um die Welt zu retten.
Shiva, eine der drei Hauptgottheiten des Hinduismus neben Vishnu und Brahma, bot sich an, alles aufsteigende Methangas zu schlucken und die hohen Berge hinauf, an den Schneepalästen der Götter vorbei, bis über die Biosphäre der Erde hinaus zu tragen und erst dort wieder freizulassen.
Er schluckte das Methangas und mit dem ganzen Gift in seinem göttlichen Körper verschwand er in die hohen Berge des Himalaya.
Unterwegs, in der kargen, unwirtlichen Hochgebirgslandschaft zwischen Langtang und Helambu, bekam er plötzlich heftige Bauchkrämpfe. Übelkeit und Durst zwangen ihn zu einer Rast. Verzweifelt suchte er nach reinem Quellwasser, um seinen Durst zu löschen und mit der reinigenden Wirkung eines solchen Wassers die Blähungen in seinem Bauch loszuwerden. Doch außer Fels und Gletschern fand er in dieser Höhe nichts.
Doch Shiva wusste sich zu helfen. Er nahm seinen Dreizack, spaltete damit das Felsgestein und köstliches, reinigendes Quellwasser sprudelte aus dem Fels hervor: Der See Gosainkund war erschaffen.
Seither halten es für Hindus, nicht nur aus Nepal, für erstrebenswert, wenigstens einmal im Leben in dem eiskalten, kristallklaren Wasser dieses Sees zu baden, um sich von ihren Sünden zu reinigen.
Jedes Jahr, im Sommer, meist im August, wenn der Monsum das Land beherrscht, pilgern deshalb viele von ihnen hinauf an Shivas See, um an den in einer Vollmondnacht stattfindenden rituellen Badezeremonien in diesem See teilzunehmen und zu beten.


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