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Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
carl
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Beitragvon carl » 03.11.2011, 15:30

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Zakkinen
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Beitragvon Zakkinen » 17.11.2011, 09:13

Hallo Carl,
kein Grund, geknickt zu sein. Sam z.B. mochte den Text doch. Ich würde ihn an Deiner Stelle einfach noch mal mit der gewonnenen Erkenntnis überarbeiten. Vielleicht auch erst in ein paar Wochen. Vermutlich ist an der Idee genug dran, um etwas draus zu machen. Und wenn Du nicht jedermanns (oder -fraus) Geschmack triffst, wäre es auch keine Katastrophe. Schließlich hat Schätzing auch nicht aufgegeben, nur weil ich ihn nicht mag.
Liebe Grüße
Henkki

carl
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Beitragvon carl » 17.11.2011, 18:16

Lieber Henkki,

dank dir für deine tröstenden Worte!
Aber mein Mast bleibt geknickt... es sei denn, ich käme auf die Verkaufszahlen von Herrn Schätzing.
Mein literarisches Gewissen könnte unter diesen Umständen sehr gut davon leben, äh, damit leben, dass ich die Trivial-Literatur geschrammt habe... nur leider: wenn es dem gebildeten Leser nicht nur zu flach, sondern dazu auch noch zu kompliziert ist: no chance!

LG, Carl

carl
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Beitragvon carl » 28.11.2011, 12:00

Hallo ihr,

ich habe mir jetzt den Text unter euren Gesichtspunkten nochmal durchgelesen:
- ihr habt recht, das ist ein zusammengestrichenes kapitel aus einem Roman. Dort sind dem Leser die Figuren bekannt und sie sind in einen größeren Kontext eingebettet.
Ich hätte jetzt allerdings nicht gedacht, dass die einzelnen Abschnitte so wenig selbst-erklärend sind.
- Jelena: Dank für den Bruckner-Hinweis ;-)

Trotzdem habe ich noch Gegenfragen:
- wieso ist der Tonfall "machohaft"? Hier müsstet ihr aber schon genau prüfen, inwieweit ihr auf bestimmte Klischees in eurer eigenen Wahrnehmung abfahrt. D.H. dass der Text eine bestimmte Reaktion provoziert.
- was genau ist mit "ungebrochenem Klischee" gemeint? Beispiel? Die Handkussszene (Flora?) und wieso?

Vieeleicht mögt ihr euch ja trotzdem nochmal damit beschäftigen ...
LG, Carl

Yorick

Beitragvon Yorick » 28.11.2011, 13:25

Hallo Carl,

mir hat der Text auch nicht gefallen. Anstrenged zu lesen, viel Technik, habe keinen Zugang zu der Figur/den Figuren finden können. Zur Story auch nicht.

Du schriebst:
>> In der Tat gibt es in diesem Text keine Introspektion. Alles ist Oberfläche.

Tja. Dann kommt auch nix rüber. "Langweile lässt sich nicht durch Langweile darstellen". Mir fehlt ein Kontrast, eine Spannung. Tiefe in den Figuren.

Deutlich für mich hier:

>>Die nächsten Tage sind die schwierigsten seines Lebens.
>> Kein Problem.
>> Schon schwieriger. (aber nicht schwer, kriegt er gut hin.)
>> Keine Herausforderung
...
>>Er lässt sich nichts anmerken.

Was genau ist jetzt schwierig? Dann kommt "die Last der Verantwortung", "Entscheidungen über Leben und Tod".
Allgemeinplätze, die mir die Figur nicht näher gerbracht haben. Auf mich wirkt das dadurch gefühllos und auch "machohaft" (Größenwahn/abgestellt).

>> [Rückmeldung] Muss auch nicht besonders elaboriert sein, grins...

>> wieso ist der Tonfall "machohaft"? Hier müsstet ihr aber schon genau prüfen, inwieweit ihr auf bestimmte Klischees in eurer eigenen Wahrnehmung abfahrt.

Nee. Das sollte der Autor prüfen. Wenn der Text so sein soll, alles ok. Wenn nicht, ist es einfach eine Rückmeldung "ich finde das machohaft." Die Sache des Autors, was er draus macht. Wer sagt das, sagen das alle, woran könnte das (im Text) liegen. Vielleicht ja wirklich am Publikum.
Wenn Leute Bierflaschen auf die Bühne werfen sagt man denen ja auch nicht: Überprüft bitte euer Aggressionspotential. Die Show gefällt den Leuten einfach nicht.

Viele Grüße,
Yorick.

carl
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Beitragvon carl » 29.11.2011, 08:30

Hallo Yorick,

ertsmal Dank für deine Rückmeldung!

Wenn die Zuschauer aber Bierflaschen auf die Bühne werfen, dann haben sie ein Aggressions-Problem und nicht der Autor ;-) . Man kann sein Missfallen auch zivilisierter ausdrücken.
Aber das ist ja zum Glück nicht unser Problem hier.

Natürlich bin ich schon für eine Rückmeldung der Art "gefällt mir/nicht" dankbar, und angesichts der Tatsache, dass die meisten Angesprochenen den Text für sperrig, langweilig, mühsam zu lesen etc. halten, ist es natürlich eine Zumutung, um eine genauere Kritik zu bitten.
Deshalb habe ich mich auf das Machohafte beschränkt.
Natürlich habe ich das in der Zwischenzeit auch selbst getan.
Und stelle gerade deshalb die Rück-Frage.

Mir ist nicht klar, mit welchem Verständnis/Missverständnis ich rechnen muss und wo ggf. mein Blinder Fleck sitzt.

Bei dir kann ich das Missverständnis kurz benennen:
">> In der Tat gibt es in diesem Text keine Introspektion. Alles ist Oberfläche.

Tja. Dann kommt auch nix rüber. "Langweile lässt sich nicht durch Langweile darstellen". Mir fehlt ein Kontrast, eine Spannung. Tiefe in den Figuren."

"Alles ist Oberfläche" ist nicht meine private Meinung.
Das bedeutet umgekehrt: die von dir vermisste Tiefe ist eine bloße Behauptung (von Autoren in ihren Texten).
Die vielen Texte auch hier im Salon, in denen das Lyr-ich hauptsächlich über seine Befindlichkeit räsoniert, "sind für diesen Kulturkreis durchgearbeitet." Inzwischen kreist das Lyr-ich nur noch in einer Blase um sich selbst. Oder leidet an der Umwelt, mit dem sattsam bekannten Ende.
Das lässt sich auch durch immer ausgefallenere Metaphern nicht überspielen.
Wie gesagt, ist nicht meine private Meinung.

Meine Frage war jetzt: wenn ich nur beschreibe, was einer tut und nicht warum, entsteht dann ein Bild?
Wie erzeugt man Tiefe, ohne sie irgendwo, z.B. durch Introspektion, zu behaupten?
Dabei habe ich übersehen, wie viel ich von dem Protag in andere Personen "ausgelagert" habe wie z.B. die Ärztin, die sehr wohl "von innen" geschildert wird und das Geschehen aus ihrer Sicht kommentiert. Leder nicht in dem hier eingestellten Textausschnitt.
Und obwohl der Text in seiner Zusammenstreichung unbefriedigend ist, geht es hier um Lesegewohnheiten/-erwartungen. Die könnte man ja auch mal als Leser überprüfen... wenn man Lust dazu hat.

Zu dem, was du konkret anmerkst:
Um was es geht, wird im Text jeweils kurz erklärt, aber nicht ausführlich beschrieben. Das wäre ja noch mehr Technik. Und die Herausforderung besteht nicht darin, die Technik beherrschen zu lernen, sondern mit den Folgen klar zu kommen. Was das für die personale Integrität bedeutet.
Wie der Protag "Opfer" der Ereignisse wird, ist ausführlich beschrieben. Dass er sich selbst in all den Ereignissen für "den Größten" hält, stimmt nicht.
Er geht nur an/über Grenzen. Keineswegs bedenkenlos, aber er tut es, auch an/über seine eigenen.
Und dazu hat Sam in seinem letzten Beitrag den entscheidenden Satz zitiert.

So viel erstmal,

Grße, Carl

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leonie
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Beitragvon leonie » 29.11.2011, 10:58

Lieber carl,

warum will man einen Menschen kennen lernen? Warum will man einen Text weiterlesen? Da muss doch immer irgendetwas sein, das einen neugierig macht, das Interesse weckt.

Dass man spürt, da sind Übereinstimmungen, oder aber, da ist etwas Fremdes, das reizt, dass sich zu erkunden lohnt. Vielleicht sogar ein Geheimnis. Oft ist es der Reiz des Neuen, der da winkt. Oder aber das Gefühl, da kommt einer hinter etwas, das mir rätselhaft ist, da versteht einer etwas oder mich, da kriege ich eine neue Idee von der Welt, da kann ich meine Einstellungen überprüfen, etc.

Wo ich nur Oberfläche vermute, da reizt mich nichts. Da ist nur ein Bild, auf das ich einmal schaue, um dann weiterzugehen.
Wenn es tatsächlich so sein sollte, dass es keine Tiefe gibt, dass sie nur Behauptung ist, dann kann Oberfläche für mich jedenfalls nicht die Alternative sein.

(Eigentlich sagt das Zitat ja auch nur das Ende der Befindlichkeitslyrik aus und nicht das Ende der Tiefe. Ich finde die Frage, warum etwas so ist, wie es ist, warum ein Mensch geworden ist, was er ist, wo Potential liegt sich zu entwickeln, das sind doch immer noch spannende Fragen. Die Frage nach den Hintergründen lässt sich nicht ausklammern, wenn man sie durch Tiefe nicht lösen kann, dann löst man sie mit Sicherheit nicht an der Oberfläche...Wie dann? Perspektivisch vielleicht)).


Leser sind zudem manchmal gemeine Wesen: Sie legen aus der Hand, was sie langweilig finden. Natürlich kann man sich eine Weile sagen, ich lese mal weiter und gebe dem Autor eine Chance. Aber von sich selber zu erwarten, einen Text, der einen nicht interessiert, weiterzulesen, ist doch irgendwie Zeitverschwendung. Wenn es ein ganzes Buch ist, grenzt es vielleicht sogar an Masochismus. :-) :mrgreen: . Zumindest wenn es ein Buch ist, das eigentlich der Unterhaltung dienen sollte.
Als Autor kommst Du nur weiter, wenn Du das Scheitern eines Textes nicht dem Leser anlastest. (Eigentlich glaube ich sogar, dass das für das ganze Leben gilt).

Liebe Grüße

leonie

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 29.11.2011, 11:14

Hallo Carl,

Das bedeutet umgekehrt: die von dir vermisste Tiefe ist eine bloße Behauptung (von Autoren in ihren Texten).
Nein, die vermisste Tiefe entsteht, wenn der Text so geschrieben ist, dass man Menschen, Landschaft, Geschichte etc. wahrnimmt und vergisst, dass es sich um einen Text handelt.
Meine Frage war jetzt: wenn ich nur beschreibe, was einer tut und nicht warum, entsteht dann ein Bild?
Wie erzeugt man Tiefe, ohne sie irgendwo, z.B. durch Introspektion, zu behaupten?
Ich staune, weil ich das überhaupt nicht in deinem Text finde, er strotzt doch vor Introspektion/ seinen Gedanken?
(Ich überspitze mal ein wenig, ich hoffe, du nimmst mir das nicht krumm.)

Der Blick in den Spiegel erschüttert.
Ein Einstieg, der mich schon fast wieder aussteigen lässt. Introspektion auf Kitschromanniveau. Nimm das "erschüttert" raus und ich werde neugierig.
Sucht einen Grund in dem wirbelnden Chaos, auf dem er wieder stehen kann.
Introspektion und Metapher, aber keine neue, oder neugierigmachende.
Gut sieht er aus. Viel jünger. Ein Fremder.
Introspektion. Oberflächlich. Klischee. Was sieht er?
Die Babyhaut auf seiner Brust bezeugt, dass 'drei Monate bewusstlos' eine vorsichtige Untertreibung ist um ihn zu schonen. Drei Monate tot scheint es besser zu treffen.
Jetzt sehe ich einen Körper vor der Pubertät. Finde ich schwierig in Bezug auf die Softpornogeschichte
Dann bricht ein Sturm von Erinnerungen an seinen letzten Einsatz und die Kanzan'chi-Mission über ihn herein.
Hach weh, ein Sturm der Erinnerungen bricht an. Und das mitten im wirbelnden Chaos.
Als er sich etwas erholt hat, macht er ein paar Körper-Übungen. Nach einer Stunde Training hat sich alles auf ein harmonisch menschliches Maß eingependelt.
Sein Körper? Er kann also in der realen Welt seinen neuen Kinderkörper durch ein paar Körper-Übungen an seine Vorstellung anpassen? Durch diesen zusätzlichen Dreh, gleichst du die körperliche Seite so sehr der virtuellen Realität an, dass da überhaupt kein Kontrastfeld mehr entsteht. Sieht er jetzt wieder alt, brustbehaart und gut aus?
Er ist angenehm erhitzt.
Introspektion.
Stellt sich ans Fenster und schaut in den Park. Die Sonne geht grade unter. Die Autoscheinwerfer auf der angrenzenden Verkehrsader leuchten durch die kahlen Büsche. Freiburg also. Lebendig sein. Alles in allem nicht schlecht.
Wieder seine Gedanken. Aber oh wie cool, da hat er einen neuen Körper, kommt gerade aus dem Sturm der Erinnerungen und denkt sich: Alles in allem nicht schlecht.
Wenn die Geschichte für sich wirken soll, brauche ich das Freiburg nicht, das hat mich völlig irritiert und ist ja auch nicht mehr wichtig im weiteren Verlauf?
Die nächsten Tage sind die schwierigsten seines Lebens.
Introspektion. Platt, benannt, behauptet. Ich seh nichts. Lässt mich völlig kalt.
Er hat bisher gedacht, die Front sei der Härtetest gewesen. War sie auch, zumindest was das physische Überleben angeht. Was er aber jetzt durchmacht, stellt seine Identität mehr auf die Probe als alles, was er bisher im Krieg erlebt hat.
So, hat er das gedacht? .-) Was macht er denn durch, der Arme, was hat er denn im Krieg erlebt?
Am liebsten hätte er sich gleich allen Herausforderungen der Zukunft auf einmal gestellt, hätte eine Konferenz nach der andern einberufen, Aufgaben verteilt, aber die Ärztin - inzwischen weiß er ihren Namen wieder: Marcella de Brivio! - Marcella also hat es ihm verboten.
Wieder Introspektion. Und wow, was für ein Held und Macher, und das in den schwierigsten Tagen seines Lebens und gleich alle Herausforderungen der Zukunft.
Mit gutem Grund: Er soll erst mit seinem neuen Körper üben.
Kein Problem. Marcella ist völlig verblüfft von seiner Fitness.

War ja klar, bei so einem tollen Hecht. Kein Problem. Frau ist beeindruckt, völlig verblüfft. Was übt er denn so?
Keine Herausforderungen sind audio-visuelle Dateien oder Streams in Echtzeit. So hat er trotz des Verbots der behandelnden Ärztin - aber seit wann hat er sich was von seinen Ärzten verbieten lassen? - mit Thorsten Friederich konferiert und sich in das System des Geheimdienstes einweisen lassen. Thorsten ist sichtlich begeistert ihn zu sehen, gratuliert ihm überschwänglich zum Erfolg der Kanzan'chi-Mission. Und zu seiner Genesung.
Tolltolltoll, alles seine Sichtweise, und verbieten lässt er sich auch nichts, machen Helden immer so.
"Schon gut, Friedrich, bleiben Sie auf dem Teppich! Das ist unser aller Erfolg. Bisher hatten wir Glück, aber es ist noch nicht zu Ende!"
Wie generös von ihm, klingt nach der ganzen Eigenlobhudelei sehr unglaubwürdig.
Dann sprechen sie über die politische Lage und die Kompetenz-Verteilung. Berkenstein als Außenminister ist die Kröte, die er schlucken muss. Aber sie haben keinen andern und er macht seine Sache gut. Von Thorsten ausgewählte Bilder und Daten rauschen vor seinem inneren Auge vorbei, Leute bei der Arbeit, die ihm höflich zuwinken und dann konzentriert weitermachen, Absprachen, Protokolle und Verlautbarungen werden referiert: alles fühlt sich so an, als wäre er unmittelbar dabei.
Ich habe keine Ahnung, um was es geht. Muss ich das? Ist das wichtig?
Er muss sich setzen, sich an seinen Atemübungen festhalten um nicht aus dem Körper katapultiert zu werden. Schließlich fühlt er sich trotz rasender Kopfschmerzen einigermaßen im Bilde.
Welch dramatische Metapher, erschütternd! Und wieder der Held, der keine Schmerzen scheut.
"Täuschen Sie sich nicht Herr Major! Das klappt nur, weil alle wissen, dass Sie da sind. Sie sind der Nagel, der alles zusammenhält! Die Leute arbeiten letztlich auf Ihr Zu- oder Abraten hin, auf Ihre Entscheidung. Sie hoffen, dass Sie zum Schluss den Stein der Weisen aus der Tasche ziehen und alle Konflikte damit auflösen..."
Bei diesen Worten bricht die ganze Last der Verantwortung über ihn herein. Bisher hat er sich von Augenblick zu Augenblick gehangelt, immer im Bestreben, nicht vom Zug der Ereignisse überrollt zu werden. Er hat öfter in Kampfhandlungen Entscheidungen über Leben und Tod für sich und andere treffen müssen, aber in diesen Dimensionen? Für Millionen Menschen? Er lässt sich nichts anmerken.

Hier habe ich mich schon gefragt, ob das vielleicht eine Parodie werden sollte?
Die ganze Last der Verantwortung. Nicht nur die halbe! Vom Zug der Ereignisse überrollt werden ... ja welche denn? Diese Dimensionen. Millionen Menschen. Entscheidungen über Leben und Tod! Ich weiß zwar immer noch nicht, um was es geht, aber das ist natürlich mächtig beeindruckend. Und nein, so ein Held lässt sich natürlich nichts anmerken.

Hmmm... ich höre mal hier auf, aber das zieht sich durch den ganzen Text. Ich kann das leider nicht unter deinem "formalen" Gesichtspunkt für den Text nutzen. Und natürlich provoziert das Reaktionen, aber mir scheint nicht wie von dir intendiert?

1. inhaltlich: eine erotische oder auch nur sexuelle Begegnung zwischen älterem Mann (äh, Freud lässt grüßen) und jüngerer Frau in ihren Motiven und ihrer inneren Entwicklung "realistisch" zu beschreiben, aber auch "anmachend".
Dir ging es inhaltlich ausschließlich oder vorwiegend um die Bernadette-Geschichte??? Du findest das wirklich "realistisch"?? Und älterer Mann/jüngere Frau, ist doch hier völlig ausgehebelt?
2. formal: die beiden Glaubenssätze "alles ist Oberfläche" und "wenn die Simulation von der Realität nicht unterscheidbar ist, dann ist sie die Realität" durchzuspielen.
Das finde ich wirklich interessant und ärgere mich dann, dass die Geschichte das für mich überhaupt nicht aufgreifen oder thematisieren kann. Ich verstehe scheinbar aber auch nicht so ganz, was du unter "Oberfläche" verstehst.

Sam hat geschrieben:Und wie im wirklichen Leben, muss der Mensch sich in der geschaffenen, virtuellen Realität auch erst einmal neu (er)finden. Da kommt man um "Kitsch" fast nicht herum, da der ganze Prozess ein "back to bascis" erfordert.
...
Da wird das rein Menschliche, weil es immer schwerer zu erfassen ist, beinahe automatisch auf Kitschniveau reduziert, wenn man Kitsch mit emotionaler Hilflosigkeit, Vordergründigkeit oder der einfachen Sehnsucht nach einer feststehenden Wahrheit (Realität) gleichsetzen möchte.

Wer ist "man"? Der Autor oder seine Protags? Kitsch und Oberfläche in beiden Realitäten? Und wo finde ich denn in der Geschichte emotionale Hilflosigkeit und eine Sehnsucht nach einer feststehenden Wahrheit, oder soll das beim Leser hervorgerufen werden? Und wie kommst du darauf, dass das "Kitsch" ist? Ich kann dir mal wieder nicht folgen.

Liebe Grüße
Flora

edit: *lach* Ich fürchte gerade auch das Wort Introspektion, so schön es ist, habe ich vermutlich anders aufgefasst, als du es gemeint hast.
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

carl
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Beitragvon carl » 30.11.2011, 18:35

Hallo Flora,

erstmal Dank für deine Mühe!!
Ich komme im Moment nicht dazu, ausführlich zu antworten (muss gerade wieder die Welt retten ;-))

LG, Carl

carl
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Beitragvon carl » 01.08.2012, 11:08

Liebe Flora,

spät kommt die Antwort, aber sie kommt!
Ich verstehe jetzt, dass ich den Text stärker hätte umschreiben müssen, anstatt ihn nur zu kürzen. Handlung und Personen sind dem Leser aus dem Buch-Kontext vertraut, aber natürlich nicht hier in der Rubrik "Erzählungen".
Bei "Das Amulett" bin ich so vorgegangen. Das ist ein ungekürztes, aber entsprechend zur Kurzgeschichte umgeschriebenes Kapitel aus demselben Buch.
Was du in deinem letzten Kommentar monierst, kommt z.T. daher, dass der "Held" das ganze wie die verschiedenen Levels eines Video-Spiels angeht und im Grunde erst zum Schluss auf die "Realität" dahinter gestoßen wird.
Das Buch "Gezeitenwechsel" ist jetzt ein halbes Jahr raus und ich habe die erste Abrechnung: 700 verkaufte Stück.
Es gibt Kritik, aber auch Lob. Am besten gefällt mir diese: http://www.amazon.de/review/R184BZ193QJIWS

Liebe Grüße, Carl

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 18.03.2013, 10:46

Hallo Carl,

ich mag überhaupt nicht science fiction und fantasie Romane.
Auch Autoren wie Paul Auster, die eher nüchtern sind, lasse ich aus der Hand, wenn sie ins nebulöse ausgleiten. So gings es mir mit seinem Roman "Im Land der letzten Dinge", der am Schluss in der Public Library von New York sich verirrt, ich konnte nicht zu Ende lesen.

"Die Bibliothek erinnert mit ihren Holzvertäfelungen und endlosen, verwinkelten Gängen ..." Kann es sein, dass du dort warst?
Und dann: "Die Bibliothek hat also einen Ausgang. Seine KI protestiert. Er schaltet sie kurz entschlossen ab. Er blinzelt und tritt ins Sonnenlicht auf einen geschäftigen Boulevard..." Das ist doch die Fifth Avenue!

Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn der Protagonist auf seine KI gehört hätte und nicht rausgegangen wäre ...

LG

Carlos


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