Ein Druck auf die Fernbedienung, die Warnblinkanlage ihres Wagens antwortet mit einem kurzen Leuchtsignal. Die Innenraumbeleuchtung geht an, einzig helles Objekt auf dem dunklen, leeren Parkplatz. Mit routinierten Bewegungen öffnet sie die Fahrertür, wirft die Aktentasche auf den Beifahrersitz, zieht Zigarettenschachtel und Feuerzeug aus der Jackentasche. Während sie sich hinter das Steuer gleiten lässt, schiebt sie eine Zigarette zwischen die Lippen, die Schachtel landet griffbereit im Ablagefach zwischen den Sitzen. Den Schlüssel ins Armaturenbrett schieben, Zigarette an. Sie lehnt sich zurück, inhaliert tief und schließt die Augen. Feierabend.
Gerade, als Sie den Finger auf den Startknopf legt, klingelt ihr Handy. Ein kurzer Blick auf das Display, sie setzt ein routiniertes Lächeln auf.
„Hallo, Frau Schumann.“
…
„Nein, nein, sie stören nicht.“
…
„Ja, bitte, stellen Sie durch.“
…
“ Guten Abend, Herr Harding.“
…
“ Ich sitze auf dem Sofa und ...“ ein kurzer Blick auf die Uhr „schaue gerade die Tagesthemen.“
…
Sie lacht auf. „ Nein, nichts wirklich interessantes...“
…
„Ja, natürlich.“
…
„Verstehe.“
…
„Das Gespräch ist wann?“ Sie lehnt den Kopf an die Kopfstütze.
…
„Ach, nichts Wichtiges, das kann ich verschieben.“
…
„ Er ist gerade kurz raus gegangen, aber ich richte es ihm gerne aus!“
…
„Ja, danke gleichfalls.“
Einen kurzen Moment bleibt sie ruhig sitzen, tippt dann eine Nummer in ihr Handy.
„Hi Liebes, ich bin es.“
…
„Du, paß auf, ich muss leider absagen...“
…
„Nein, nein...Ich habe da gestern am Flughafen jemanden kennen gelernt ... und ...“
…
„Wie? ... Thomas, Thomas ... Vieth, er ist Architekt“
…
„Verschiedenes ... echt tolle Objekte sage ich Dir ...“
…
„Nein, er ist nicht verheiratet, er ist ... er lebt in Trennung ... Auf jeden Fall hat er mich zum Essen eingeladen und ich hab mir gerade ein todschickes Kleid gekauft und ...“
…
„Ach, dass ist lieb, das Du nicht böse bist...“
…
„Ja, ich wünsche Euch auch einen schönen Abend!“
…
„Na klar, ich erzähle dann.“
…
„In allen Einzelheiten, versprochen!“
…
„Okay, ja, bis dann.“
Sie nimmt ihr Notizbuch zur Hand, streicht die letzte Eintragung und notiert darunter „Thomas Vieth, Architekt, Trennung, Abendessen.“ Und eine Zeile weiter „neues Abendkleid bestellen!“ Drei Ausrufezeichen.
Sie startet den Wagen.
Beim Betreten der Wohnung empfängt sie das Lichtsignal des Anrufbeantworters. Eine Nachricht ihrer Mutter. Sie geht in die Küche, schaltet den Backofen ein, nimmt eine halbleere Weinflasche aus dem Kühlschrank. Aus dem gestapelten Geschirr auf dem Spülstein sucht sie ein Weinglas heraus, spült es flüchtig unter fließendem Wasser ab, schenkt sich ein. An die Arbeitsplatte angelehnt, wirft sie einen kurzen Blick in ihr Notizbuch, nimmt dann das Telefon zur Hand und drückt die Wahlwiederholungstaste.
„Hi Mam. Du hattest angerufen.“
…
„Ja, sorry, ich war noch mit Simone unterwegs.“
…
„Nein, ich hab noch nicht mit ihm gesprochen ... hatte ich Dir doch erzählt ... er ist auf Geschäftsreise in Portugal.“
…
„Schwer zu sagen. Mindestens … zehn Tage noch, denke ich“
…
„Ja, Mama, ich werde das mit ihm klären, wenn er wieder da ist.“
…
„Nein, ich sagte doch schon, kein anderer Mann ...“
…
„Ja, natürlich möchte ich, dass er wieder zurückkommt.“
…
„Klar, Mama.“
…
„Dir auch.“
…
„Ja, ich melde mich..“
…
„Ich dich auch. Gute Nacht.“
Sie blättert in ihrem Notizbuch. Schnell hat sie die gesuchte Eintragung gefunden und fügt das aktuelle Datum und „+ 10 “ hinzu.
Sie nimmt eine Pizza aus dem Kühlfach, öffnet die Verpackung und schiebt sie in den Ofen. Kurzzeitwecker auf zwölf Minuten. Mit geschlossenen Augen bleibt sie an die Arbeitsplatte gelehnt stehen.
Ein lautes Klingeln erinnert sie daran, die Pizza aus dem Ofen zu holen. Sie schneidet handliche Tortenstücke. In Ermangelung eines sauberen Tellers schiebt sie das Brotmesser vom Schneidebrett, schüttet die Brotkrumen in die Spüle und stapelt die Pizzastücke auf dem Brettchen. Zusammen mit dem Weinglas stellt sie es auf den Küchentisch, neben ein großes Kugelglas mit einem dunkelroten Goldfisch darin.
„Guten Abend Goliath. Na, wie war Dein Tag?“
Vorsichtig taucht sie den Finger ins Wasser und versucht den Fisch mit der Fingerspitze zu berühren.
„Oh je, Du hast Recht, entschuldige.“
Sie steht auf, schaut sich suchend um und zieht dann die Dose mit dem Fischfutter hinter der leeren Obstschale hervor.
„So, mein Dicker, Abendessen!“
Kurz darauf schiebt sie das Brettchen von sich. Zwei Pizzastücke sind übrig.
„Die sind dann für später, Goliath. Paß gut darauf auf, ja?“
Mit dem Zeigefinger klopf sie gegen das Glas, nimmt ihre Aktentasche und fährt im Arbeitszimmer den Computer hoch. Das E-Mail Postfach meldet zehn neue Nachrichten. Die Viagra-Angebote wandern ungelesen in den Papierkorb, die Bestellbestätigung von amazon überfliegt sie kurz und notiert das genannte Lieferdatum in ihr Notizbuch. Schließlich öffnet sie die letzte Mail mit dem Hinweis „Sie haben eine persönliche Nachricht“, klickt auf den enthaltenen Link, loggt sich im Forum ein und liest.
Kurz überlegt sie, schaut auf den Kalender und antwortet dann:
„Liebe Mama2104,
vielen Dank für die Einladung zum Treffen in Köln. Wie gerne wäre ich gekommen! Leider hat mir mein Gynäkologe gerade heute erklärt, dass ich mich ab sofort schonen muss. Er hat mich krankgeschrieben und ich soll die nächsten Wochen nur noch liegen, mich nicht anstrengen und so. Ansonsten besteht die Gefahr, dass mein Engelchen zu früh auf die Welt kommt. Nun sind es ja nur noch 5 Wochen und ich möchte da wirklich nichts riskieren. Und außerdem, ich habe Dir ja erzählt, wie besorgt mein Mann die letzte Zeit ist. Er würde mich auch niemals fahren lassen. Ich wünsch Euch aber viel Spaß!
Ganz liebe Grüße, VollVorfreude1407.“
Kurz kontrolliert sie noch mal die Daten, dann drückt sie auf „Senden“.
schwarz auf weiß
Hai Nicole und Pjotr.
Es geht für mich weniger ums "Verstehen", sondern darum, ob der "Ausdruck" "literarisch" (huch wie hochtrabend) mein Empfinden trifft. Ein guter Text ist sprachlich genau. Dabei meine ich nicht ausladende Akribie, sondern "genau passende" Formulierungen mit "genau passenden" Worten ä Wörtern ä… da fängt es schon an *hihi
ZB. hätte man statt:
…vielleicht auch schreiben können:
für mein Ohr klänge das besser (aber lange noch nicht perfekt)… und "dunkel" ist sowieso "implizit"
Aber ich will auch gar nicht insistieren oder rechtfertigen oder missionieren oder oder oder … es sind ja auch für mich nur Korinthen und ich bin nur ein Kacker… und das sind nur Eindrücke und ja auch natürlich Geschmacksache.
LG
Nifl
Es geht für mich weniger ums "Verstehen", sondern darum, ob der "Ausdruck" "literarisch" (huch wie hochtrabend) mein Empfinden trifft. Ein guter Text ist sprachlich genau. Dabei meine ich nicht ausladende Akribie, sondern "genau passende" Formulierungen mit "genau passenden" Worten ä Wörtern ä… da fängt es schon an *hihi
ZB. hätte man statt:
Die Innenraumbeleuchtung geht an, einzig helles Objekt auf dem dunklen, leeren Parkplatz.
…vielleicht auch schreiben können:
Die Innenraumbeleuchtung ist nun das einzige, helle Objekt auf dem Parkplatz.
für mein Ohr klänge das besser (aber lange noch nicht perfekt)… und "dunkel" ist sowieso "implizit"
Aber ich will auch gar nicht insistieren oder rechtfertigen oder missionieren oder oder oder … es sind ja auch für mich nur Korinthen und ich bin nur ein Kacker… und das sind nur Eindrücke und ja auch natürlich Geschmacksache.
LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)
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