Die Couch als natürlicher Lebensraum

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Sam

Beitragvon Sam » 27.12.2007, 06:15

Aus: Heim & Mann, Ausgabe 56


Die Couch als natürlicher Lebensraum
Von Sybille Kaul


„Endlich eine Stimme der Vernunft im babylonischen Meinungswirrwarr über die richtige Männerhaltung“, titelte die New York Times letzte Woche und bezog sich dabei auf die Erscheinung des neuen Buches der Anthropologin Dr. Ruth Weyrauch.
Obwohl die Zahl rückläufig ist, halten sich in den westlichen Ländern immer noch mehr als 80 Prozent der Frauen einen Mann, und nicht wenige von ihnen sehen sich mit scheinbar unüberwindlichen Problemen konfrontiert, angefangen von der Aufzucht und Abrichtung bis hin zur Ernährung und artgerechten Haltung.
Dr. Weyrauch, die sich seit über zwanzig Jahren mit diesen Problemen beschäftigt, versucht in ihrem neusten Buch Ursachen aufzuspüren und Lösungen anzubieten. Sie durchleuchtet die Geschichte der Domestizierung des Mannes und deckt dabei Missstände auf, die gerade in den letzten Jahrzehnten dazu beigetragen haben, dass sich die Männerhaltung zu einem ernsten Problem unserer Gesellschaft entwickelt hat. Die Verantwortung dafür, so Weyrauch, liegt ganz klar bei der Frau. Hatte eine Frau sich früher einen Mann ins Haus geholt, erklärt sie, dann um die ganze Arbeit in Verbindung mit dem Bestreiten des Lebensunterhalts zu bewältigen. Die moderne Frau hat dies aber nicht mehr nötig. Dass die Spezies Mann trotzdem nicht mehr nur noch als seltenes Exemplar im Zoo zu bewundern ist, sondern immer noch den Großteil der Haushalte bevölkert, liegt ihrer Meinung nach am Bedürfnis der Frau nach „negativer Bespiegelung“. Diese fehlt nämlich in unserer schnelllebigen und äußerst effizient arbeiteten Gesellschaft, wird aber ermöglicht durch die tägliche Konfrontation mit dem Mann. Er sorgt für das so wichtige Gefühl der Erleichterung in einer Gemeinschaft zu leben, die sich von allen archaischen Fesseln befreit hat. Er bezeugt tagtäglich den Sieg der Frau im evolutionären Wettlauf der Geschlechter. Kurz, die Frau braucht den Mann um sich besser zu fühlen. Ein Sieger kann sich nur dann wirklich als Sieger fühlen, wenn es auch einen Verlierer gibt.

So weit so gut, warum aber dann diese zunehmende Problematik mit der Männerhaltung? Warum findet man in immer mehr Haushalten Männer im Zustand extremer Verlotterung, Apathie oder Hyperkinese? Warum gibt es, vor allen in den Großstädten, eine stetig wachsende Zahl an wildlebenden Männern, überfüllte Männerheime und immer wieder Berichte von Übergriffen aggressiver Männer, aber auch brutaler Misshandlungen seitens frustrierter Frauen, die ihren Mann nicht in den Griff bekommen?
Es sind goldene Zeiten für Verhaltenstherapeuten, schreibt Weyrauch, dabei wäre all das nicht nötig, würden die Frauen nur ein paar Grundregeln beachten, was die Haltung des Mannes angeht. Man kann die Evolution nicht innerhalb ein oder zwei Generationen rückgängig machen oder ihr eine völlig neue Richtung geben.
Und dann wieder jenes Stichwort, welches das ganze Buch wie ein roter Faden durchzieht: Der natürliche Lebensraum.
Ein großer Vorteil des Mannes ist, erklärt Weyrauch, dass er von seiner Veranlagung her zu einer rudimentären Selbstpflege in der Lage ist. Diesen „genetischen Glücksfall“ (Bernstein) gilt es zu fördern, in dem der Mann in einem Umfeld gehalten wird, welches seine grundlegenden Bedürfnisse befriedigt. Viele Frauen machen den Fehler, in ihren Männern mehr zu sehen, als sie eigentlich sind, sie zu „verweiblichen“. Da werden dann Dinge vom Mann verlangt, die seine Fähigkeiten weit übersteigen. Dies führt unweigerlich zu starker Frustration, bei Mann wie Besitzerin. Falsche Erziehungsmaßnahmen bis hin zur Gewalt sind die Folge, und nicht selten sehen viele Frauen als einzigen Ausweg, den Mann auszusetzen oder in ein Heim abzuschieben. Das kann aber keine Lösung sein, meint die Autorin, dadurch werden soziale Probleme generiert, deren Auswirkungen wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.
Was ist also zu tun? Was rät Weyrauch den unzähligen erschöpften und ausgelaugten Männerhalterinnen?
„Setzen sie ihren Mann auf die Couch, schalten sie den Fernseher an, bringen sie ihm die von ihm gewünschte Nahrung und Getränke und lassen sie ihn dort so lange wie nur irgend möglich ungestört. Sie werden ihr wahres Wunder erleben.“
Zuletzt geändert von Sam am 31.12.2007, 09:42, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitragvon Pjotr » 27.12.2007, 08:40

Hallo Sam,

über Thesen indirekt um zwei Ecken herum zu schreiben, also über eine fiktive Buchrezension, dann mittels fiktivem Buchautor selbst, gefällt mir gut. Haha, die samsche Wertung wird dadurch doppelt distanziert. Nicht schlecht. Was den Inhalt und die satirische Form betrifft: ich musste stellenweise grinsen.

Kosmetik:
Dr._Weyrauch, die sich seit über zwanzig ...
Großteil der Haushalte bevölkert, ...

Cheers

Pjotr

Nicole

Beitragvon Nicole » 27.12.2007, 08:58

(Hi Sam, guten Morgen!)

Hallo Frau Kaul,

Schön, das endlich mal jemand über die Domestizierung spricht...ich vermisse in ihrem Exkurs allerdings ein paar grundlegende Hinweise für die anspruchsvollere Pflege...könnte ich bitte einen Tip bekommen, wie man dem Haustier "Mann" noch ein paar wichtige Kunststückchen beibringt? Ich sah bei einer Bekannten ein gut erzogenes Exemplar, das sich auf kurzen Wink hin von der Couch erhob und selbstständig, ohne Bruch und vor allem ohne Murren die Spuälmaschine einräumte. Áls Belohnung erhielt er (im übrigen ein sehr ansehnliches Exemplar mit noch durchaus vollem Haarwuchs und darüberhinaus ohne die doch recht entstellende Verformung des mittigen Vorderteils, die sich bei artgerechter Haltung auf der Couch recht schnell einstellt..) lediglich ein kleines Leckerli, das er, ohne zu krümeln und ohne störende Schmatzgeräusche tatsächlich annährend elegant verspeiste.
Ich gestehe, ich war ein wenig neidisch ob dieser gelungenen Dressur, die Bekannte jedoch wollte mir den sicherlich zugrundeliegenden Trick nicht verraten. Sie sprach von genetisch bedingten Eigenschaften, auf die man bereits bei der Anschaffung zu achten habe. Kann das sein? Ist es tatsächlich möglich, daß zwei Exemplare der Rasse "Mann" so unterschiedliche Veranlagungen haben?
Sie sehen, ich benötige wirklich dringend ihren Rat und warte daher gespannt auf die Fortsetzung ihrer Kolumne...

Viele Grüße,

Nicole

(P.S. gerne gelesen und geschmunzelt!!)

Sam

Beitragvon Sam » 31.12.2007, 07:41

Hallo Pjotr,

danke fürs Lesen und deine Hinweise. Werde es gleich ausbessern. Und wenn du stellenweise grinsen musstest, dann hat der Text ja seinen Zweck erfüllt.

Liebe Grüße

Sam

Sam

Beitragvon Sam » 31.12.2007, 08:01

Hallo Frau Nicole,

herzlichen Dank für Ihr Interesse an meinem Artikel. Leider kann ich Ihnen bei Ihren Fragen, was die Dressur eines Mannes angeht, nicht viel weiter helfen. Ich empfehle Ihnen daher den Kauf des Buches von Dr. Weyrauch.
Zugegeben, was Sie von Ihrer Bekannten berichten, lässt mich ebenfals neidisch werden. Wo doch gutaussehende und gehorsame Männer immer seltener werden. Und selbst die edlen Rassen sind durch Überzüchtung mittlerweile so degeneriert, dass man schon sehr viel Glück haben muss, um etwas hübsches aber auch pflegeleichtes zu bekommen. Zu einem guten Preis natürlich.
Aber ich habe einen Geheimtipp für Sie. Nur nicht weiterverraten. Ich kenne einen Ort, wo es noch richtige gute Exemplare zu echten Schleuderpreisen gibt. Ein kleiner, unscheinbarer Fleck im südlichen Herzen der bayuwarischen Hauptstadt. Dort werden einmal im Jahr Zelte aufgestellt, in welche die besten Exemplare der Gattung Mann eingepfercht, gefüttert und getränkt werden. Sie müssen sich nur in eines der Zelte schleichen und einen abgreifen. Wenn sie Glück haben, ist es sogar gute Importware.

Ansonsten empfehle ich Ihnen folgende Lektüre:

Der Mann in mir - Die dunkle Seite der Frauenseele, von Henriette Schrobish, Söldnerverlag ISBN 52346888

und

Nicht schon wieder! - Was tun, wenn mein Mann sich in mich verliebt? von Susan Enkel, ebenfalls Söldner, ISBN 52346889

Einen guten Rutsch wünscht

Sybille Kaul

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Beitragvon Lisa » 02.01.2008, 12:28

Liebe Sybille,

ich muss zugeben, dass ich mich leider etwas gelangweilt habe bei ihrer Buchrezension und mäßig geärgert, was mir allerdings nicht an ihrer Rezension, sondern an dem rezensierten Buch zu liegen scheint. Ich finde die Thesen darin "nett" geschrieben, was nicht das schlechteste ist, aber ich glaube dann doch wieder nicht das, was bei einer Satire empfunden werden sollte. Gerade beim Thema Mann&Frau schwierig, wenn sich der Humor genau auf dem Level abspielt, auf dem sich alle zu diesem Thema abspielen (Mario Bart, Gaby Köster): Obwohl ich selbs bei gut gemachen Sachen ers selbst anfange mit darüber zu lachen, komm mir dann doch schleichend ein unangenehmes Gefühl und ich nehme eine ablehnende Haltung ein, weil sie ihre Spannung und ihre Lacher aus Klischeebestätigung ziehen und das gefällt mir nicht. Dann wirkt es nich so, als sei "Aus: Heim & Mann, Ausgabe 56" ein Lächerlichmachen über solche Zeitschriften oder Geisteshaltungen, sondern als stünde es wirklich darin, das hat für mich etwas, verzeihung, Süffisantes.

Gestrenge Lesebrillengrüße,
Ihre Emma
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Sam

Beitragvon Sam » 04.01.2008, 06:54

Liebe Emma,

mein Name ist Gertrude Schöbbelloseck und ich bin Chefredakteurin bei Heim & Mann. Vielen Dank für Ihren kritischen Leserbrief. Und natürlich, Sie haben ja sooo Recht. Wie konnte uns das nur passieren. Dieser Artikel und dann über solch ein Buch. Selbstverständlich haben wir Frau Kaul gleich zur Rede gestellt ( und glauben Sie mir, wir haben auch gleich Konsequenzen gezogen und diese Person aus dem unmittelbaren redaktionellen Umfeld entfernt, was heißt, dass sie nun am Südpol das heteroesexuelle Verhalten ausgestoßener Königspinguine studiert, Haha!!) und diese Frau Kaul konnte zu ihrer Verteidigung eigentlich nichts sagen, außer:
"Es hat mir Spaß gemacht, sowas zu schreiben."
Wenn das ein Grund ist, naja. Wenn Sie mich fragen liebe Frau Emma, dann hat die blöde Zicke den Text gar nicht selber geschrieben, sondern irgend ein halbintellektueller Mann, der unter ständiger Angst vor dem starken Geschlecht lebt. Typisches Abwehrverhalten. Aus diese Grund sollte man diese eigenartige Spezies aus dem kulturellen Leben völlig heraushalten. Denn egal was sie schreiben, irgendwo hängen immer ihre Eier im Weg herum. Sie verstehen??

Wie dem auch sei, Danke für Ihr Interesse und ich hoffe, Sie kündigen Ihr Abo nicht.

Herzliche Grüße

Gertrude Schöbbelloseck
Chefredakteurin Heim & Mann


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