Gibt es das?
Da fragt einer nach der großen Liebe. Wie wäre es mit einer Zeitungsannonce?
Ich lese mal, denk ich mir, was man da so erwartet. Und bietet.
"Muss mich sputen…" das fängt ja schon gut an. Auch noch unter Zeitdruck, immerhin schreibt sie am Ende: "übt sich in der Leichtigkeit des Seins- und in Geduld", das lässt auf eine entspannte erste Begegnung hoffen. Oder lieber die christliche Witwe mit Villa?
Knackig formuliert: "Mann mit Geld und Familienwunsch gesucht." Das ist doch mal eine reelle Ansage. Ohne diesen ganzen oberflächlichen Firlefanz. Wer will schon wissen, wer da was genau sucht. Da wäre aber auch noch die "Lifestyle-immune Tropenwaldschützerin" im Angebot. Was ist denn das? Eine Baumbesitzerin? Oder Besetzerin in Birkenstocksandalen?
Gesucht wird auch ein "großmütiger Mann mit geradem Blick in den Augen, der zwischen Haben und Sein unterscheiden kann." Darüber muss ich wohl erst einmal nachdenken, wo sollte er denn einen krummen Blick haben, frag ich mich.
Aber jetzt: "Vielleicht die letzte Chance, noch einmal der großen Liebe zu begegnen…" Scheint mir doch etwas pessimistisch, vielleicht gar auf Endzeitstimmung eingestellt die gute Frau, meint sie doch am Ende "Evtl. haben wir Glück." Na ja, eventuell auch nicht.
Nun kommt er, ich ahnte es immer schon:
"Dichter sucht Denkerin" das klingt doch verlockend. Ich kann das Dichten ja sein lassen, zur Not. Ob er wohl nicht denkt? Nein, da steht es: "kluger Mann". Da bin ich aber beruhigt. Und eine "inspirierende Reise, gern um die ganze Welt" stellt er in Aussicht. Zahlt er auch? Immer diese Bedenken, aber er wünscht doch, dass sie "scharfsinnig" ist, da wird man ja noch fragen dürfen. Oder ist das nicht "romantisch" genug?
Ich lese weiter. Und staune.
"Ich suche die Richtige und wünsche, dass Sie es sind!" Halt, vergreift sich da nicht jemand im Tonfall? Diesem Wunsch werde ich wohl nicht entsprechen.
Wieso in aller Welt hat denn die "promovierte, niedergelassene Ärztin mit mädchenhafter Erscheinung, sehr schlank, leidenschaftlich, mit langen blonden Haaren, vorzeigbar in Hüftjeans, auf High-heels, in Pelz und Abendkleid" noch nicht ihren Traummann gefunden? Es könnte daran liegen, dass sie einen "Berliner Arzt ab 185cm bis 48 Jahre mit vollem Haar, ohne Bart, Nichtraucher" und exakt vorgeschriebenen Interessen sucht.
"Ahnst du was?" Oh, das war ein paar Anzeigen weiter vorne.
Vielleicht sollte man doch auf die rein freundschaftliche Ebene zurückgreifen, statt die große Liebe zu suchen.
Hier sind "erwünscht: Herzensgüte, Humor, Feingefühl und Zeit.
Unerwünscht: Sex, Nikotin, Alkohol und Stress."
Aber auch da gibt es einen Haken. "Was halten Sie davon, zusammen zu wohnen?"
Dichtende Denker und denkende Dichterinnen vereinigt euch.
Mir ist das alles nicht koscher.
(Zitate entnommen aus dem ZeitMagazin Nr. 39)
Gibt es das?
Hallo smile,
Habe ich mit Schmunzeln gelesen, und die Tatsache, dass die Annoncen echt sind, lässt den Text noch besser werden. Und flüssig geschrieben ist der Text auch.
Beim Lesen habe ich mich gefragt, ob der Ich-Erzähler einen Mann oder eine Frau sucht. Erst zeigt er/sie Interesse an Frauen, dann springt er/sie auf einen Dichter an, der eine Denkerin sucht. Es ist zwar wegen des Anfangs und des Endes klar, dass Ich-Erzähler nur stöbert, aber dann würde ich es an der Stelle nochmal betonen. Da werden ja ganz konkrete Überlegungen gemacht: "Ich kann das Dichten ja sein lassen, zur Not".
wo sollte er denn einen krummen Blick haben, frag ich mich
wo sonst sollte er denn (oder hier: sonst) einen krummen Blick haben, frag ich mich.
Mehreren Sätzen fehlt Subjekt/Prädikat, aber das passt. So in der Art schnelle Gedanken, die einem durch den Kopf gehen, wenn man die Annoncen liest. Kommt so bei mir an.
Man könnte den Text noch etwas aufpeppen, indem man jemanden ernsthaft suchen lässt, der immer desillusionierter wird. Nur so als Anregung.
Er gefällt mir auch so schon gut.
Schönen Abend
Jürgen
Habe ich mit Schmunzeln gelesen, und die Tatsache, dass die Annoncen echt sind, lässt den Text noch besser werden. Und flüssig geschrieben ist der Text auch.
Beim Lesen habe ich mich gefragt, ob der Ich-Erzähler einen Mann oder eine Frau sucht. Erst zeigt er/sie Interesse an Frauen, dann springt er/sie auf einen Dichter an, der eine Denkerin sucht. Es ist zwar wegen des Anfangs und des Endes klar, dass Ich-Erzähler nur stöbert, aber dann würde ich es an der Stelle nochmal betonen. Da werden ja ganz konkrete Überlegungen gemacht: "Ich kann das Dichten ja sein lassen, zur Not".
wo sollte er denn einen krummen Blick haben, frag ich mich
wo sonst sollte er denn (oder hier: sonst) einen krummen Blick haben, frag ich mich.
Mehreren Sätzen fehlt Subjekt/Prädikat, aber das passt. So in der Art schnelle Gedanken, die einem durch den Kopf gehen, wenn man die Annoncen liest. Kommt so bei mir an.
Man könnte den Text noch etwas aufpeppen, indem man jemanden ernsthaft suchen lässt, der immer desillusionierter wird. Nur so als Anregung.
Er gefällt mir auch so schon gut.
Schönen Abend
Jürgen
Hallo Jürgen, Mucki und Elsa,
freut mich sehr, dass ihr schmunzeln konntet. Jürgens Einwände sind sicher berechtigt. Der Text ist mir mit einem Schmunzeln so "herausgeflutscht", deshalb werde ich ihn erstmal so belassen.
Ja.
liebe Grüße smile
freut mich sehr, dass ihr schmunzeln konntet. Jürgens Einwände sind sicher berechtigt. Der Text ist mir mit einem Schmunzeln so "herausgeflutscht", deshalb werde ich ihn erstmal so belassen.
Unglaublich, was es alles gibt!
Ja.

liebe Grüße smile
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
"Ich kann das Dichten ja sein lassen, zur Not."
Wunderbar!
Bis auf den letzten Satz, den ich ersatzlos weglassen würde, liest sich das sehr amüsant (weil man es selbst kennt? Und immer wieder neugierig die Anzeigen studiert? nein, nein :o))
An zwei oder drei Stellen taucht 'sie' als Anrede auf, das würde ich dann auch entsprechend groß schreiben, damit es klarer wird.
Und Fragezeichen würde ich auch im Zitat setzen, wenn es sich um einen Fragesatz handelt.
Es grüßt,
Tom.
Wunderbar!
Bis auf den letzten Satz, den ich ersatzlos weglassen würde, liest sich das sehr amüsant (weil man es selbst kennt? Und immer wieder neugierig die Anzeigen studiert? nein, nein :o))
An zwei oder drei Stellen taucht 'sie' als Anrede auf, das würde ich dann auch entsprechend groß schreiben, damit es klarer wird.
Und Fragezeichen würde ich auch im Zitat setzen, wenn es sich um einen Fragesatz handelt.
Es grüßt,
Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Hallo Tom,
das freut mich aber, dass du hier noch vorbeigeschaut hast. Mit dem letzten Satz hast du vermutlich recht. Ich streich ihn, er war mir sowieso nicht ganz koscher.
Ich gehe mal auf die Suche nach den "Sie" und den Fragezeichen.
danke und liebe Grüße smile
das freut mich aber, dass du hier noch vorbeigeschaut hast. Mit dem letzten Satz hast du vermutlich recht. Ich streich ihn, er war mir sowieso nicht ganz koscher.

Ich gehe mal auf die Suche nach den "Sie" und den Fragezeichen.
danke und liebe Grüße smile
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