Abends
Es war 10 vor 8, als ich plötzlich mit dem Mikrofon vor mir stand und mich fragte: "Wissen Sie noch was Liebe ist?"
Ich war verdutzt über die Frage und überlegte 2 Minuten, bevor ich sagte: "Da oben im Regal ist das Foto meines Mannes. Das hab ich noch!"
Mit dieser Antwort war ich nicht zufrieden und fragte eindringlicher: "Wissen Sie wirklich noch was Liebe ist?"
Nun schaute ich irritiert meinen Dackel an, der genüßlich an einem Vollwert-Knochen kaute und von der Frage keine Notiz nahm.
Schon wieder waren 4 Minuten vergangen, als mir einfiel: "Wenn ich das richtige Shampoo aus der Apotheker-Zeitschrift nehme!"
Es herrschte Stille, eine berüchtigte Stille, und ich sah mein Gesicht blaß werden.
Die Uhr tickte, das Mikrofon hatte ich immer noch auf mich gerichtet, dann fiel es mir endlich ein: "Daß ich auf einem Ikea-Stuhl sitze!"
Tja, und dann fing die Tagesschau an, aber glauben sie bitte nicht, daß da was Neues kam.
Die sind wieder am Debatieren über eine Gesundheitsreform und an der Post und der Bahn soll auch was verändert werden. Na, sollen sie doch reden. Weder ist es mit meiner Gesundheit noch weit her, und die paar Briefe, die ich noch bekomme, die werden trotz Reform schon noch bei mir ankommen.
So lange die über das reden, kommen sie nicht wieder auf eine Rentenreform.
Also die Tagesschau war langweilig, aber mir war wegen dieses komischen Interviews irgendwie unruhig. Ich schaute nochmal ins Programm, aber es schien mir alles bekannt und so hatte ich seit langem mal wieder so einen unruhigen, unternehmungslustigen Drang. Das Wetter war noch gut und mild und so zog ich mich an, ohne zu wissen, wo ich eigentlich hin wollte. Der Dackel wollte nicht mit. Ich sage in mir immer 'Der Dackel' zu ihm, aber laut sage ich halt Schnurzi. Das gefällt ihm besser und er fühlt sich angesprochen. Wenn ich einfach Dackel zu ihm sage, reagiert er überhaupt nicht, So sagte ich also Schnurzi, aber er wollte nicht mit. Na ja, auch Tiere haben manchmal eine Willen.
Ich ging halt vor die Tür und es war wirklich noch sehr sommerlich und ich mal wieder, wegen meiner Vorsicht, viel zu warm angezogen.
Also wohin jetzt?
Mich zog es aufwärts, wie schon lange nicht. Ich bin ja schon eine alte Frau, und nach meinem Sturz will das linke Bein nicht mehr so richtig, aber es schien ganz intakt in dem Moment und so entschloß ich mich mal wieder auf die Lichte Höh zu gehen. Da war ich schon lange nicht mehr. Man sieht so schön auf den Ort von dort.
Ich ging also den Hortenweg aufwärts. Nach ein paar Minuten kam ich an das Grundstück von Schmidtchen und der kniete da in seinem Vorgarten und bohrte mit den Fingern in der Erde.
Mit Schmidtchen hatte ich mal eine kurze Affäre, wirklich nur kurz. Bevor jemand etwas merkte, habe ich es wieder gelassen. Es war ja nur einmal.
Ehrlich gesagt, der roch nicht gut und sein Schniepel war zu dick für mich. Das tat mehr weh, als es schön war. Wir haben dann so getan, als ob nichts wär und niemand hat was bemerkt.
Aber jetzt bohrte er da in der Erde.
"Schmidtchen, was machst du den da?"
"Huch, jetzt hast du mich aber erschreckt. Na ich suche die Tulpen. Die wollen diesjahr überhaupt nicht kommen."
"Aber es ist doch jetzt August, da gibt es doch gar keine Tulpen mehr."
"Hast du den noch nie meine Tulpen im August gesehen. Ich bin der Einzige, der das kann, und deshalb bleiben ja auch normalerweise immer alle um diese Jahreszeit hier stehen und schauen in meinen Garten. Im Kurblatt war ich auch schon deswegen, mit Bild. Aber diesmal wollen sie überhaupt nicht kommen. Ich bin schon ganz verzweifelt."
"Hast du denn einen Fehler gemacht?"
"Ich sehe keinen. Wie immer habe ich die Tulpenzwiebeln in den Kühlschrank gepackt und im Juli eingepflanzt. Dann sind sie immer im August gekommen. Nur diesmal nicht."
"Die kommen bestimmt noch ein wenig später. Wir hatten doch so einen kühlen Sommer. Du solltest nicht so ungeduldig sein.", sagte ich noch und ging weiter, immer bergauf den Hortenweg.
Bald hatte ich die Lichte Höh errreicht, viel schneller als ich gedacht hatte und setzte mich auf die Bank. Ja, das war schön, so über den Ort zu schauen und das Tal. Aber die Unruhe blieb.
Ich war so lebendig, so frisch. Es war richtig komisch. Schließlich entschloß ich mich der Unruhe nachzugeben und noch höher zu gehen, zum Claudiusstein. Der ist fast ganz oben auf der Anhöhe, aber noch auf der Seite von unserer Gemeinde. Ich habe immer gesagt, daß der Claudius, der Dichter, doch nie hier war, und man einen Anderen finden sollte, um den Stein so mit diesem Namen zu lassen. Aber da gab es nur böses Blut. Naja, nun heißt er weiter Claudiusstein und Haupsache, die Gemeinde ist stolz, auch wenn nichts stimmt.
Also, ich kam zum Claudiusstein und setze mich auf ihn, um mich zu verpusten. Es tat mit gut von dieser Höhe, auf der ich schon lange nicht mehr gewesen war, auf meine Gemeinde zu schauen, auf das Tal mit allem, was darin war.
Ich hatte kaum 10 Minuten so gesessen, als ich daran dachte, nun wieder zurückzugehen. Der Dackel wartete bestimmt schon auf sein allabendliches Fressen und ich hatte ja auch noch kein Nachtmahl gehabt.
Aber nein, mir war einfach jung und jeckig. Ich schaute auf das Tal und wollte weiter gehen, mich irgendwie davon entfernen.
Ich wußte, es war spät, bestimmt schon zehn Uhr und ich, so eine alte Frau, um diese Zeit im Wald!
Mich zog es weiter, einfach nach Mooskirchen. Mooskirchen liegt auf der anderen Seite der Höhe und ist unsere Nachbargemeinde nach Osten zu.
Es zog mich nach Mooskirchen, ohne daß ich einen Grund erkennen konnte. Ich bräuchte nur noch ungefähr dreihundert Meter aufwärts gehen und dann wäre ich über den Berg und auf Mooskirchen zu. Mir war klar, daß ich heute nicht mehr zurückkommen konnte zu mir. Aber in Mooskirchen konnte ich mich ja einquartieren. Die Bichlers, das sind die Neffen von der Frau meines Onkels von meinem Mann, die haben da so Gästezimmer. Und da ist bestimmt noch jemand wach, wenn ich komme und die nehmen mich bestimmt, sagte ich mir.
Also, ich stand auf vom Claudiusstein und ging noch die dreihundert Meter bis ganz zur Höhe. Dort oben sind nur wenige Bäume und der Wind saust sonst immer so dort, aber heute war es ruhig, fast, und ich hatte keine Mühe über die Höhe zu kommen.
Tja, da war ich also auf dem Weg nach Mooskirchen mitten in der Nacht. Die Wege durch den Forst von Mooskirchen waren wesentlich besser gepflegt, als bei uns. Nichts lag im Weg und wesentlich breiter waren die auch. Außerdem ging es ja jetzt nur noch bergab. So kam ich denn zügig auf Mooskirchen zu.
Ob mein Dackel schon bellte vor Hunger?, fragte ich mich zwischendurch, schob die Frage aber schnell wieder zur Seite.
Dann kam mir noch etwas Anderes: In Mooskirchen wohnte mal der Steffel. Auf den hatte ich ein Auge geworfen. Der war so stark und schön gewesen, daß ich hatte immer an ihn denken müßen vorm Einschlafen, damals.
Hab ich den damals angeblinkt!
Aber der wollte mich nicht.
Ich hatte es mit der Zeit verstanden: Ich war nicht fesch genug und meine Mitgift war ja auch nicht sonderlich.
Der hat dann die Stephanie genommen, aber glücklich soll die Ehe nicht gewesen sein, hat es später überall geheißen.
Die sind dann ja auch früh verstorben: Die Stephanie bei der Geburt des zweiten Kindes mit 32. Und er soll sich dann so gegrämt haben, daß er dann auch bald gestorben ist, obwohl er ja erst 43 war. Wenn er mich noch gewollt hätte, hätte er mich sofort haben können. Mein Mann war ja auch schon kränklich, dauernd hatte er es mit dem Kreislauf und dann ist er einfach so mit einem Herzinfarkt von mir gegangen.
Das erste Kind vom Steffel ist damals, als er starb, dann zu den Jesuiten gegangen und das Anwesen ist bis heute immer noch verwaist.
Ich schritt also mitten in der Nacht auf Mooskirchen zu. Die Luft war herrlich und so kam ich an den Waldrand und hielt inne.
Da war also Mooskirchen. Die Lichter der Straßenbeleuchtung glimmten warmgelb und in den Fenstern sah ich auch überall die Wärme der Familien.
Ja, Mooskirchen!
Ich setzte mich an den Waldrand und atmete alles ein.
Dann stand ich wieder auf. Der Weg wurde steiniger und fester und ich erreichte die Ortsgrenze. Als Erstes kam der Friedhof. Der lag so schön am Hang mit Blick auf Mooskirchen, auf die grüne Kuppel des Kirchturms, auf all die weißen Häuser, und alles sah so sauber aus.
Ich ging einfach hinein, in den Friedhof, und setzte mich auf die Bank, die gleich am Eingang war. Der Steffel ist hier begraben, dachte ich sofort, und wenn der wieder aufersteht, hat der so einen Blick. Dem seine Auferstehung wird einfach schön sein.
Je mehr ich so schaute, desto klarer wurde mir, daß ich hier auch begraben sein wollte, nicht nur wegen dem Steffel, sondern allein schon wegen der Aussicht. Ich hatte schon lange überlegt, um welche Uhrzeit die Auferstehung wohl wäre und bin immer wieder darauf gekommen, daß es nur am Morgen sein kann. Am Abend wird es doch wohl keine Auferstehung geben!
Deshalb ist der Friedhof von Mooskirchen einfach besser, als der bei mir. Hier in Mooskirchen scheint schon um neun Uhr die Sonne auf den Friedhof, während sie bei uns erst um Drei am Nachmittag kommt, und das auch nur im Sommer.
Und dann dieser Blick!
Ja, und der Steffel. Der soll sich ja so geärgert haben über seine Frau. Das hatte er davon, daß er nur auf das Äußere geschaut hat und auf die Mitgift. Ich war mehr fürs Herz.
Das fand mein Mann auch immer, und so waren wir dann bestimmt glücklicher als der Steffel.
Also wirklich, wenn ich das hier so sehe, obwohl es schon fast Mitternacht ist, also hier könnte ich mir meine Wiederauferstehung vorstellen.
Man steht ja dann gleichzeitig wieder auf, und so würde ich und der Steffel dann gleichzeitig hier wieder aufstehen, und wir könnten alles bereuen, und er würde mich dann bestimmt nehmen und sein Frau links liegen lassen,
Je mehr ich so saß und so dachte, um so sicherer wurde ich mir: Ich lasse mich in Mooskirchen begraben.
Ein kleiner Wind umwehte mich, wie zur Bestätigung, und ich stand auf.
Steffel war mir sicher, demnächst.
Eine noch tiefere Befriedigung erfasste mich, als ich daran dachte, daß es ja wohl nicht mehr lange dauern würde.
Steffel lag schon bereit und ich würde mein diesiges Leben auch nicht mehr lange machen.
Ein erleichternder Atem entfuhr mir. Die wenige Zeit hier hatte jetzt ein Ziel, ein einziges Ziel: Die Auferstehung mit Steffel!
Schönes Mooskirchen, dachte ich, und verlies den Friedhof, schaute nochmal zurück, und begann mich auf den Heimweg zu machen. Bedächtig und stetig trabte ich bergan.
Eigentlich hätte die Auferstehung doch jetzt gleich sein können. Warum soll ich jetzt noch über den Berg kriechen, ein paar Jahre siechen, dann endlich alles dort aufgeben, um dann da zu landen, wovon ich mich jetzt entfernte?
Ich schleppte mich bergan auf den breiten Wegen des mooskirchner Waldes und mein Bein fing an zu schmerzen.
Ja, ich war gefallen auf der Treppe meines eigenen Hauses und das Bein gebrochen gewesen. Die Ärzte hatten es wieder gut zusammengebaut.
Aber bestimmte Schmerzen vergehen halt nie, nie, wirklich nie.
Eine Beruhigung kam mir durch den Geruch der Nadelbäume und den Waldboden.
Ich atmete beides tief ein, und wieder aus, mit jedem Schritt und ging halt gleichmäßig bergan.
Es lichtete am Himmel, als ich wieder die höchste Höhe erreicht hatte. Als ich mich umdrehte, konnte ich von Mooskirchen nichts mehr sehen, weil der Wald viel zu hoch war. Aber voraus sah ich meinen Ort in der Dämmerung des frühen Morgens wie einen Schmutzfleck an den Rand eines Putzeimers geklebt liegen.
Ich setzte mich auf den Stamm der nächsten umgestürzten Kiefer, und war müde.
Eh ich mich versah, war ich wieder als mein Reporter da und brüllte einfach ins Mikro: 'ICH LIEBE STEFFEL!'
War das ein Ausbruch! Diese Heftigkeit hatte ich an mir noch nie erlebt.
Gehört hat es wohl niemand, denn es gab kein Echo und auch sonst keine Reaktion.
Dann schaute ich erschöpft in den Himmel, der immer dunkler wurde.
Ich glitt vom Stamm und sank erschöpft neben ihm zu Boden, lehnte aber meinen Kopf, wie zum Trost, an ihn.
Eine Wolke wurde immer dunkler. Es krachte. Ich dachte noch an Schnurzi.
Und dann brach mein Herz zusammen. Es war so ein Gebrösel in mir, wie ein Brot zu Semmelbröseln wird.
Auch jegliche Gedanken wurden zu Bröseln.
Es krachte immer mehr und ich dachte schon, es würde mich ganz auflösen. Nur noch meine Hülle war mir in dem Moment.
Und diese Hülle, also mein Äußeres, ist es jetzt, weshalb ich ihnen noch schreiben kann.
Durch einen kleinen Wind wurde meine Hülle wieder zurück, also gegen Mooskirchen, geweht und verfing sich in einer Tanne.
Da sitze ich nun zwischen den Zweigen, warte alles weitere ab.
Sie würden bestimmt genauso gern, wie ich, wissen, wie so eine tiefe Liebe ausgeht. Ich kann es noch nicht sagen.
Also warten wir.
Abends
Das ist ein sehr schöner Text über Erinnerungen, konservierte Sehnsüchte und verpasste Chancen. Geschrieben ohne jegliche Larmoyanz, dennoch wehmütig und humorvoll.
Eine alte Frau beschließt, nach einem mehr oder weniger angenehmen Selbstinterview, einen Spaziergang zu machen. Dieser wird nicht nur ein Gang in den Nachabrort, sondern vor allem ein Reise in die Vergangenheit. Und während der Leser sie begleitet hört so einige Geschichten, über Menschen, die durch das Leben der Frau gehuscht sind - geblieben ist ja keiner.
Diese Geschichten sind schrullig und skuril aber sehr liebenswert, aus der Sicht einer Frau geschrieben, die mit sich selber zwar hadert, auf die anderen aber mit beinahe liebvoller Nachsicht schaut.
Da ist z. B. Schmidtchen mit dem Riesenschniepel, Experte für Sommertulpen, der aber in diesem Jahr irgendwie entweder zu ungeduldig oder einfach erfolglos ist,was seine Züchtungen angeht.
Und dann natürlich Steffel. Vielleicht die einzige große Liebe im Leben der Frau. Diese war dem Steffel aber nicht genug gewesen, und so hat er eine geheiratet, deren Mitgift wertvoller schien, als die Liebe der damals jungen Frau.
Die Frau erreicht auf ihren Spaziergang den Friedhof. Da kann man Sätze lesen, die wirklich wunderbar sind.
Überhaupt sind die Auferstehungsfantasien der Frau der Höhepunkt der Geschichte. MAn kann sowas ja in verschiedene Rihtungen deuten. Für mich sind sie die herzerwärmende Vorstellung der Aussicht auf eine zweite Chance.
Die Frau macht sich auf den Heimweg. Aber die Illusion, der Wunschtraum mit ihrem Steffel in der Auferstehung wieder zusammen zu sein war so stark gewesen, dass ihr die Rückkehr nicht mehr gelingt. Irgendwo im Wald bricht sie erschöpft zusammen. Und stirbt? Ich glaube ja. Sie stirbt und nun weht ihre Seele um die Baumwipfel und sie uss warten, ob sich ihr Wunsch erfüllt, dass sie auf dem gleichen Friedhof begraben wird, wie ihr Steffel. Aber die Chancen stehen schlecht. Genauso schlecht, wie wie die Chancen für jede große Liebe stehen, in dieser Welt.
Für mich ein absolut lesenswerter Text. Humor- und gefühlvoll, ohne jegliches Resentiment. Kein Blick zurück im Zorn, sondern in verständnissvoller Wehmut. Die Kraft des Alters speißt sich sich aus der Masse an Glück oder Unglück, die man in seiner Jugend erlebt hat. Diese Kraft ist hier sehr schön beschrieben worden.
LG
Sam
Eine alte Frau beschließt, nach einem mehr oder weniger angenehmen Selbstinterview, einen Spaziergang zu machen. Dieser wird nicht nur ein Gang in den Nachabrort, sondern vor allem ein Reise in die Vergangenheit. Und während der Leser sie begleitet hört so einige Geschichten, über Menschen, die durch das Leben der Frau gehuscht sind - geblieben ist ja keiner.
Diese Geschichten sind schrullig und skuril aber sehr liebenswert, aus der Sicht einer Frau geschrieben, die mit sich selber zwar hadert, auf die anderen aber mit beinahe liebvoller Nachsicht schaut.
Da ist z. B. Schmidtchen mit dem Riesenschniepel, Experte für Sommertulpen, der aber in diesem Jahr irgendwie entweder zu ungeduldig oder einfach erfolglos ist,was seine Züchtungen angeht.
Und dann natürlich Steffel. Vielleicht die einzige große Liebe im Leben der Frau. Diese war dem Steffel aber nicht genug gewesen, und so hat er eine geheiratet, deren Mitgift wertvoller schien, als die Liebe der damals jungen Frau.
Die Frau erreicht auf ihren Spaziergang den Friedhof. Da kann man Sätze lesen, die wirklich wunderbar sind.
Der Steffel ist hier begraben, dachte ich sofort, und wenn der wieder aufersteht, hat der so einen Blick. Dem seine Auferstehung wird einfach schön sein.
Überhaupt sind die Auferstehungsfantasien der Frau der Höhepunkt der Geschichte. MAn kann sowas ja in verschiedene Rihtungen deuten. Für mich sind sie die herzerwärmende Vorstellung der Aussicht auf eine zweite Chance.
Die Frau macht sich auf den Heimweg. Aber die Illusion, der Wunschtraum mit ihrem Steffel in der Auferstehung wieder zusammen zu sein war so stark gewesen, dass ihr die Rückkehr nicht mehr gelingt. Irgendwo im Wald bricht sie erschöpft zusammen. Und stirbt? Ich glaube ja. Sie stirbt und nun weht ihre Seele um die Baumwipfel und sie uss warten, ob sich ihr Wunsch erfüllt, dass sie auf dem gleichen Friedhof begraben wird, wie ihr Steffel. Aber die Chancen stehen schlecht. Genauso schlecht, wie wie die Chancen für jede große Liebe stehen, in dieser Welt.
Für mich ein absolut lesenswerter Text. Humor- und gefühlvoll, ohne jegliches Resentiment. Kein Blick zurück im Zorn, sondern in verständnissvoller Wehmut. Die Kraft des Alters speißt sich sich aus der Masse an Glück oder Unglück, die man in seiner Jugend erlebt hat. Diese Kraft ist hier sehr schön beschrieben worden.
LG
Sam
Lieber Sam!
Ich danke dir für deinen Kommentar und deine Gedanken dazu.
Inszwischen gibt es eine Lesung von diesem Text, von einer Frau gesprochen, die ungefär dieses Alter hat.
Wenn du Lust hast und über ADSL verfügst kannst du es dir hier anhören:
http://www.story-ecke.de/fotos/abends.mp3
Mit bestem Gruß
Moshe
Ich danke dir für deinen Kommentar und deine Gedanken dazu.
Inszwischen gibt es eine Lesung von diesem Text, von einer Frau gesprochen, die ungefär dieses Alter hat.
Wenn du Lust hast und über ADSL verfügst kannst du es dir hier anhören:
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Mit bestem Gruß
Moshe
Hallo Moshe,
das ist ein - Verzeihung - sauguter Text! Ich könnte mir vorstellen, sowas könnte einen Wettbewerb gewinnen oder zumindest es in eine gute literarische Zeitschrift schaffen oder beides (ich hab keine Ahnung davon, aber ich glaubs halt trotzdem, fühlt sich so an, riecht so, als würden Jurys das mögen).
Ironie und Menschlichkeit -
eine Parabel und doch nicht -
Warmherzig mit Härte oder umgekehrt -
Witzig, gewitzt, ohne selbstgefällig zu sein -
Klug, ohne zu klugscheißern -
etc. einfach gekonnt, wirklich!
Wären noch ein paar Kleinigkeiten zu lektorieren, Rechtschreibung vor allem, und man könnte vielleicht auch noch über den Titel nachdenken (er ist sinnfällig und passt, aber stilistisch mag er mir nicht so recht zum Text schmecken, außerdem wirkt er halt arg beliebig, zieht nicht zum Text hin -) aber ich bin jetzt zu müde.
Glückwunsch und gute Nacht!
Klara
das ist ein - Verzeihung - sauguter Text! Ich könnte mir vorstellen, sowas könnte einen Wettbewerb gewinnen oder zumindest es in eine gute literarische Zeitschrift schaffen oder beides (ich hab keine Ahnung davon, aber ich glaubs halt trotzdem, fühlt sich so an, riecht so, als würden Jurys das mögen).
Ironie und Menschlichkeit -
eine Parabel und doch nicht -
Warmherzig mit Härte oder umgekehrt -
Witzig, gewitzt, ohne selbstgefällig zu sein -
Klug, ohne zu klugscheißern -
etc. einfach gekonnt, wirklich!
Wären noch ein paar Kleinigkeiten zu lektorieren, Rechtschreibung vor allem, und man könnte vielleicht auch noch über den Titel nachdenken (er ist sinnfällig und passt, aber stilistisch mag er mir nicht so recht zum Text schmecken, außerdem wirkt er halt arg beliebig, zieht nicht zum Text hin -) aber ich bin jetzt zu müde.
Glückwunsch und gute Nacht!
Klara
Lieber moshe,
dieser Text hat schon eine Entwicklung hinter sich, oder? Ich erinnere mich aufgrund des Anfangs an frühere Versionen dieses Textes - er hat sich unheimlich toll entwickelt, ich kann Klara nur zustimmen!
Ich habe das Gefühl, hier hast du nicht die Geste gelebt, dass du ein Loslasser bist, sondern wirklich losgelassen und es ist etwas was ganz Feines dabei herausgekommen.
Da ist auch das Kauzige, aber mit echtem Mut. Und darum erzählt der Text von Liebe.
Texte scheinen die besseren Interviewpartner zu sein. Solche Zwischentexte (zwischen Eigenwilligkeit und Offenheit) würde ich gerne öfter von dir lesen!
Liebe Grüße,
Lisa
dieser Text hat schon eine Entwicklung hinter sich, oder? Ich erinnere mich aufgrund des Anfangs an frühere Versionen dieses Textes - er hat sich unheimlich toll entwickelt, ich kann Klara nur zustimmen!
Ich habe das Gefühl, hier hast du nicht die Geste gelebt, dass du ein Loslasser bist, sondern wirklich losgelassen und es ist etwas was ganz Feines dabei herausgekommen.
Da ist auch das Kauzige, aber mit echtem Mut. Und darum erzählt der Text von Liebe.
Texte scheinen die besseren Interviewpartner zu sein. Solche Zwischentexte (zwischen Eigenwilligkeit und Offenheit) würde ich gerne öfter von dir lesen!
Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Liebe Lisa,
du hast recht. Dieser Text hat eine Entwicklung hinter sich.
Orit hat mich immer gedrängelt ihn wenigestens zu einer Kurzgeschichte zu bringen. So habe ich denn nachgegeben.
Freut mich, daß es dir auch gefällt, und so hoffe ich denn, daß ich eine Entwicklung in diese Richtung vor mir habe.
Wir werden sehen was die kühlere Jahreszeit bringt.
Mit bestem Gruß
Moshe
du hast recht. Dieser Text hat eine Entwicklung hinter sich.
Orit hat mich immer gedrängelt ihn wenigestens zu einer Kurzgeschichte zu bringen. So habe ich denn nachgegeben.
Freut mich, daß es dir auch gefällt, und so hoffe ich denn, daß ich eine Entwicklung in diese Richtung vor mir habe.
Wir werden sehen was die kühlere Jahreszeit bringt.
Mit bestem Gruß
Moshe
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