Küchentipp Folge Zehn

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MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 06.02.2007, 11:56

Küchentipp Folge Zehn

Marlene Geselle

Alaaf, Helau und Felsa Schlupfer oder welcher Schlachtruf erschallen mag! Kaum ist die Familie nach den Winterferien wieder beim üblichen Tagewerk, da brechen die Narren rein übers wintermüde Volk. Hilft alles nichts. Schaffe, schaffe, Narrenküchle backe, heißt die Devise. Leerer Magen feiert nicht gerne.

Schmalzgebackenes ist der richtige Fitmacher für durchtanzte Nächte. Aber nur echt mit richtigem Schmalz von echten Schweinen. Finger weg von allem was genmanipuliert und hinterher in Unmassen geklont wurde! Die Folgen könnten ufoähnliche Küchle mit Pistazien-Waldmeister-Geschmack sein.

Zuerst einmal besorgen Sie sich, meine Damen und Herren, auf dem nächstgelegenen Bauernmarkt eine schlachtreife Sau. Schön viel Speck muss dran sein. Ab nach Hause damit und auf den Hometrainer mit der Neuerwerbung. Schon nach wenigen Minuten beginnt das Schwein, das ganze Fett von der Wintermästung wegzuschwitzen. Eine Auffangwanne unters Sportgerät, und sie haben Schmalz für ein halbes Jahr. Narrenküchle unbedingt in der Pfanne ausbacken!

Geben Sie statt Milch oder Wasser Bier in den Hefeteig. Schon nach wenigen Minuten hören Sie aus der Teigschüssel uralte Karnevalslieder aus den Nachkriegsjahren. Sind die Hefekulturen bei den Schlachtgesängen der letzten Handball-WM angelangt, ist der Teig fertig.

Das Portionieren kann in Heidenarbeit ausarten, besonders bei großen Mengen. Machen Sie es sich einfach, meine Damen und Herren, machen Sie den Fernseher an. Hier empfehle ich die Mitternachtstalkshows der dritten Kanäle. Wie von Zauberhand rollt sich auch der größte Teigkloß zu einer endlos langen Wurst und zerteilt sich selbstständig in zahllose dünne Scheiben – ideal zum Ausbacken.

Moderne Schweinezüchter nutzen die Gaben der Natur (hier das Methan unseres sportlichen Schweines), um die Energieprobleme der Gegenwart zu bekämpfen. Mit geringem Aufwand lassen sich die Stoffwechselendprodukte auffangen, vergären und im eigenen Gasherd nutzen. Und nun keine Müdigkeit vorschützen, sondern backen, backen, backen.

Schokoglasur ist der große Renner. Nutzen Sie die Gunst des Zeitgeistes und überziehen Sie die Narrenküchle mit einem feinen Überzug. Die Vereinskasse wird es Ihnen danken. Nicht genug Kuvertüre im Hause? Macht gar nichts. Nehmen Sie ein gutes Pfund der Stoffwechselendprodukte, pürieren diese im Mixer (ganz fein) und schmecken das Ganze mit einem Achtelliter Flüssigöstrogen und einem weiteren Achtelliter Eierlikör ab. Glasieren und trocknen lassen, wie gewohnt.
Jetzt können die tollen Tage kommen!

Lassen Sie sich nicht irritieren, wenn aus der Teigschüssel statt rheinischem Frohgesang bayerische Bierzeltgesänge kommen. Das liegt am bayerischen Bier vom letzten Oktoberfest. Einfach ein Rautenmuster in die Teigscheiben ritzen! Gäste aus München wissen solch freundliche Bewirtung zu schätzen.

Unangenehm kann es werden, wenn sich der Teig nicht von alleine portionieren will. Leihen Sie sich flugs „Kettensägen-Oper IV“. Die Scheiben werden zwar nicht so fein, aber Zackenrand kommt auch gut an. Narren sind keine Perfektionisten!

Reste von der Schokoglasur nicht fortwerfen! Tiefgefroren hält sich die Masse ca. ein halbes Jahr. Schmalbrüstige Teenies wissen solche Geschenke zu schätzen. Schönheits-OPs kosten schließlich ein Vermögen.

Haben Sie es wider Erwarten geschafft, sich vor dem alljährlichen Backmarathon zu drücken? Sind Sie Karnevalsmuffel und auf der Flucht in den sonnigen Süden? Macht nichts! Der freundlichen Nachbarin einfach ein Dutzend abkaufen und dem Osterhasen schenken.

Einen schönen Tag noch.
Ihre
Frau Marlene

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 15.02.2007, 11:12

*lach*

Liebe Marlene,
klasse, die Anleitungen werden immer skurriler. Besonders schön, wie immer die unterschiedlichsten TV-Sendungen unterschiedlichste Backergebnisse zaubern ;-).

Am besten hat mir das tote Schwein auf dem Hometrainer gefallen und die tiefgefrorene Schokolade für die Teenager, aber auch ansonsten schön verdichtet und pointiert. Hat mir wieder einmal gut gefallen!

(Das wäre doch eine Reihe fürs Portal?)

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 15.02.2007, 17:30

Liebe Marlene,

ich finde zwar auch dass dieser Text besser ist, als djener, den du für die Gegner des Narrentums geschrieben hast, aber auch hier habe ich ein ganz ähnliches das Gefühl wie eben bei jenbem, dass ein Zusammenhalt nicht gegeben ist. Stellenweise ist mir das alles zu verkrampft, nicht locker vom Hocker.
Mir ist der Text zu sprunghaft , und er verknüpft nicht so, wie ich das von deinen ersten Rezepttexten gewöhnt war.
Ich habe den Eindruck, und das ist nicht böse oder persönlich gemeint, dass sich das "Kochthema" auf diese Art abgehandelt, so langsam erschöpft. Was nur "normal" ist oder, dass es eine Pkrative Pause für diesen Bereich braucht.
Auf mich wirkt dieser Text eigentlich wie der o. e. Auch etwas zu schnell und hektisch, so dass ich als Leseer nicht genießen kann sondern hetzen muss.

Liebe Grüße
Gerda

Beispiele:

Die tiefgefrorene Kuvertüre, die Lisa gefällt,
Das ist nur etwas für Eingeweihte, die wissen, dass es eine Schokoglasur in den bewussten BHkörbchen ähnlichen Schüsselchen gibt, sonst klappt der Gag nich. Ich finde es auch dann noch nicht so toll, weil das Ganze hart ist und kalt, ... :rolleyes:

Das Abschwitzen, ich weiß nicht recht...
Es ist doch so, dass es im übertragenen Sinn angewendet funktioniert, man spricht zwar vom Fett runterschwitzen", zunächst mal aber tropft der Schweß ... Das Fett geht erst mit der Zeit verloren falls es klappt.
Für mich liegt das nicht nahe genug am Realen, als dass die Überspitzung funktioniert. :confused:

Möglich aber, dass es nur ein paar Ergänzungen braucht.

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 16.02.2007, 16:40

Hallo Lisa,

schön, dass dir mein "Backkurs" gefällt. Hoffentlich probiert nie jemand das Rezept aus!

Das Schwein ist übrigens nicht tot, sonst könnte es ja nicht schwitzen. So gemein bin ja nicht mal ich. Aber dafür macht sich meine Schüssel auf dem Dach so langsam bezahlt. Für etwas ist selbst die Glotze gut.

Liebe Grüße
Marlene

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 16.02.2007, 16:46

Hallo Gerda,

danke, dass du dich so ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt hast. Bei den Ermüdungserscheinungen hatte ich ähnliche Gefühle. Aber besser wissen und besser können sind so manches liebe Mal zwei paar Stiefel. Es ist eine ziemliche Gratwanderung zwischen Normalem und Überspitztem, dazu kann man bei einem "Kochrezept" nicht beliebig vom Schema abweichen. Die Handlungsabläufe in der Küche erlauben da auch nicht alles.
Übrigens, bei der Kuvertüre standen nicht das Becherchen bzw. die Dessous im Vordergrund, sondern das Östrogen und die Vorratshaltung. Kam das nicht klar genug rüber?

Mal gespannt, was den anderen dazu einfällt, zur Serie generell und zum jetzigen Text. Ich hatte insgesamt zwölf Beiträge geplant, bin nun beim zehnten.

Liebe Grüße
Marlene


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